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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.03.2024, RV/7500079/2024

Abstellen des Fahrzeuges und Kennzeichnung mit einem Gratis-Parkschein, dessen Uhrzeiteintragung in der Zukunft lag

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500079/2024-RS1
Die Kennzeichnung eines abgestellten Fahrzeuges mit einem 15-Minuten-Gratisparkschein ist nur dann ordnungsgemäß, wenn auf dem Parkschein die Stunde und die genaue Minute des Abstellvorganges eingetragen sind. Für einen Gratisparkschein gilt nicht die Begünstigung für angefangene Viertelstunden.
RV/7500079/2024-RS2
Die Parkometerabgabepflicht beginnt mit der ersten Minute des Abgestelltseins des Fahrzeuges, wenn nicht die Ausnahme für angefangene Viertelstunden bei der Verwendung eines entgeltlichen Parkscheines wirksam wird. Bei Verwendung eines 15-Minuten-Gratisparkscheines sind auf diesem die Stunde und genaue Minute des Abstellvorganges einzutragen und nicht erst eine spätere Zeit. Die Meinung des Lenkers, dass während seiner Aufhältigkeit im oder beim Fahrzeug noch keine Parkometerabgabepflicht bestünde, sodass erst der Zeitpunkt, an dem er vom Fahrzeug weggehe, auf dem 15-Minuten-Gratisparkschein als Beginnzeit einzutragen wäre, ist unrichtig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch den Richter Mag. Christian Seywald über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, als Abgabenstrafbehörde vom , GZ. MA67/GZ/2023, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Eine Revision durch die Beschwerdeführerin wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Informativ wird mitgeteilt, dass der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (10,00 Euro) zusammen mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro), insgesamt somit 82,00 Euro, an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten sind, wofür weitere Informationen am Ende dieser Entscheidung des BFG und am Ende des angefochtenen Straferkenntnisses des Magistrates zu finden sind.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien (belangte Behörde), Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/GZ/2023, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf. genannt) eine Geldstrafe in Höhe von 60,00 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt, weil sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am um 17:30 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1130 Wien, xStraße gegenüber 2, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, da sich im Fahrzeug lediglich der Parkschein Nr. PSNr befunden habe, welcher insofern unrichtig entwertet gewesen sei, als er die Entwertungen 17:35 Uhr getragen habe. Demnach habe sie die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ein Betrag von 10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Der zu zahlende Gesamtbetrag belief sich daher auf 70,00 Euro.

In der Begründung wurde dargelegt, dass Beweis genommen wurde durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt worden sei, sowie in die von diesem angefertigten Fotos.

Im Einspruch gegen die Strafverfügung habe die Bf. im Wesentlichen eingewendet, dass sie einen 15-Minuten-Gratisparkschein gut sichtbar im Fahrzeug hinterlegt gehabt habe und dass sie auch nach 15 Minuten wieder bei ihrem Fahrzeug gewesen sei. Da die Bf. keinen Strafzettel am Fahrzeug vorgefunden habe, habe sie um Beweise für die angelastete Übertretung ersucht. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme seien ihr die Anzeigeangaben zur Kenntnis gebracht worden. Überdies seien der Bf. die drei im Zuge der Beanstandung durch das meldungslegende Organ angefertigten Fotos des gegenständlichen Fahrzeuges in Kopie übermittelt worden. Anstelle einer Stellungnahme habe die Bf. lediglich Fotos ihres Fahrzeuges übermittelt.

Dazu werde Folgendes festgestellt:

Unbestritten sei sowohl Ihre Lenkereigenschaft der Bf. geblieben, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt gewesen sei.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, müsse gemäß § 5 Abs. 2 der Wiener Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.

Die Abgabe sei mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 51).


Für höchstens fünfzehn Minuten dauernde Abstellungen sei keine Gebühr zu entrichten, aber jedenfalls ein Fünfzehn-Minuten-Parkschein zu entwerten bzw. zu aktivieren (vgl. § 2 Parkometerabgabeverordnung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 51, in Verbindung mit § 2 Abs. 2 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 29/2013, in der geltenden Fassung).


Der Abstellort habe sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereichs befunden, gültig Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr.


Wie den Daten der Organstrafverfügung und der Fotodokumentation zu entnehmen sei, sei das Fahrzeug um 17:30 Uhr vom Meldungsleger beanstandet worden, da der sich im Fahrzeug befindliche 15-Minuten-Parkschein mit 17:35 Uhr entwertet gewesen sei.

Die Mitarbeiter der Kurzparkzonenüberwachung würden sich bei ihrer Tätigkeit eines Digitalen Überwachungsgerätes bedienen, das im Zuge einer Beanstandung die zu dem Zeitpunkt aktuelle Uhrzeit über einen Server beziehe und vorgebe. Das Überwachungsorgan habe diesbezüglich keine Möglichkeit einzugreifen und es könne daher ein Fehler des Mitarbeiters ausgeschlossen werden.

Aufgrund der Aktenlage sei festzustellen, dass die Bf. der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins nicht nachgekommen sei.

Es werde darauf hingewiesen, dass weder ein Rechtsanspruch darauf bestehe, dass Verwaltungsübertretungen nur mittels Organstrafverfügungen geahndet werden, noch darauf, dass im Verwaltungsstrafverfahren verhängte Strafen nur im Ausmaß von in Betracht gekommenen Organstrafverfügungs- oder Anonymverfügungsbeträgen bemessen werden. Um eine Strafe in dieser Höhe zu vermeiden, hätte die Bf. die Möglichkeit wahrnehmen können, den Strafbetrag der Anonymverfügung innerhalb der gesetzlichen Frist zur Einzahlung zu bringen.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Einwendungen der Bf. seien nicht geeignet gewesen, sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Es seien somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung hätten führen können.

Es werde daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung, den Anzeigefotos sowie der Tatumschreibung dieses Straferkenntnisses ersichtlich sei.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genüge zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handle, wer die Sorgfalt außer Acht lasse, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten sei, und deshalb nicht erkenne, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche.

Der Akteninhalt und das Vorbringen der Bf. böten keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie nach ihren persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von ihr verursachten Verkürzungserfolg vorauszusehen, oder dass ihr rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre. Die Bf. habe daher durch die Verletzung der für sie bestehenden und ihr auch zumutbaren Sorgfaltspflicht, somit fahrlässig, die Abgabe verkürzt.

Somit seien sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Die Bf. erhob mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde gegen das Straferkenntnis.
Begründend wurde ausgeführt:
"Ich bedanke mich für das Schreiben der Straferkenntnis.Ich muss jedoch neuerlich darauf hinweisen, dass ich auch diese Straferkenntnis widerrufen möchte.
Folgende Gründe haben mich dazu gebracht:

1. Ich habe nach wie vor keinen ersichtlichen u verständlich nachvollziehbaren Beweis von Ihnen erhalten, dass mein Fahrzeug
tatächlich zu genau der von Ihnen angegebenen Zeit 17:30, am , im xStraße gegnüber 2, 1130 Wiengestanden hat.
Siehe Fotos im Anhang!
Ich bestätige , dass ich zu dieser Zeit bei meinem Fahrzeug an diesem Ort war, ich bestreite jedoch , dass ich mein Auto zu dieser
Zeit bereits verlassen habe.
Ich habe den PKW mit dem Kennzeichen
123 erst zum, am Parkschein ersichtlichen, Zeitpunkt 17:35 verlassen.
Das Foto, welches gemacht wurde, muss daher in der von mir ausgewiesenen Parkzeit von 17:35 bis 17:50 von der
Parkraumüberwachung fälschlicher Weise aufgenommen worden sein. Ich war in diesem Zeitraum von 17:35 bis 17:50 nicht beimeinem PKW, habe den 15Minuten Parkschein für die angegebene Zeit im PKW hinter der Windschutzscheibe ersichtlich hinterlegtund daher kein Parkraumvergehen begangen.
2. Ich habe wie bereits in der ersten Stellungnahme erklärt, garkeinen Strafzettel an der Windschutzscheibe meines PKW
vorgefunden.Eventuell hat der Wind diesen verweht oder ein bösartiger Mensch hat diesen einfach entfernt, oder die Parkraumüberwachunghat garkeinen hinterlassen.Kann ja auch einmal passieren. Eventuell hat das Überwachungspersonal vergessen diese Strafverfügung zu hinterlassen.
Ich bitte auch einen Beweis, dass die Benachrichtigung meiner Verwaltungübertretung an meinem PKW ersichtlich und sicher
hinterlassen wurde.Ich habe ihn nicht vorgefunden!Ich bitte Sie nochmals, mir diese Beweise in einer mir verständlichen und eindeutig ersichtlichen Form vorzulegen.Falls es damit eindeutig und ersichtlich sein würde, dass ich hier eine Verwaltungsübertretung begangen habe, dann werde ich dieErsatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden antreten.Die Geldstrafe von 70€ ist uneinbringlich, da ich zu wenig verdiene, um diese Strafe zusätzlich zu allen Zahlungen undVerpflichtungen , begleichen zu können."

Der Beschwerde waren die drei aktenkundigen Fotografien des Parkraumüberwachungsorganes beigelegt, welche der Bf. mit Schreiben der belangten Behörde vom (Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme) übermittelt wurden.

Der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde), Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die Bf. stellte das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 123 (A) am spätestens um 17:30 Uhr in der im 13. Wiener Gemeindebezirk befindlichen gebührenpflichtigen Kurzparkzone xStraße gegenüber 2, ab, ohne dieses mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein zu kennzeichnen oder einen elektronischen Parkschein ordnungsgemäß zu aktivieren. Stattdessen hinterlegte sie im Fahrzeug hinter der Windschutzscheibe einen erkennbaren 15-Minuten-Gratisparkschein mit den Entwertungen Stunde: 17 und Minute: 35.
Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan hat um 17:30 Uhr festgestellt, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug abgestellt war, ohne dass für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt 17:30 Uhr gültigen Parkschein gesorgt worden ist, da der im Fahrzeug hinterlegte Parkschein mit 17:35 Uhr entwertet war.
Da auch kein elektronischer Parkschein gebucht war, war das Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt 17:30 Uhr ohne gültigen Parkschein abgestellt.

Ob sich die Bf. zwischen 17:30 und 17:35 Uhr bei ihrem Fahrzeug befunden hat, ist wegen der Parkometerabgabepflicht ab der ersten Minute des Abgestellt-Seins des Fahrzeuges (ohne Rücksicht auf das Sitzen des Lenkers im Fahrzeug oder seine Aufhältigkeit beim Fahrzeug) nicht relevant, sodass diesbezüglich keine Sachverhaltsfeststellung erfolgt.
Ebenso irrelevant ist, ob sich in dem Papierstapel unter dem einzig lesbaren Gratisparkschein weitere Parkscheine befunden haben.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt, insbesondere aus den Wahrnehmungen des Parkraumüberwachungsorgans und den entsprechenden Anzeigedaten mit den drei aktenkundigen Fotografien, auf denen sich hinter der Windschutzscheibe nur ein erkennbarer Parkschein (welcher auf einem Stapel anderer gleichformatiger Papiere, wahrscheinlich anderen 15-Minuten-Parkscheinen, liegt) befindet. Der einzige erkennbare Parkschein trägt die Eintragungen Stunde: 17 und Minute: 35. Das digitale Gerät, das die Überwachungsorgane dienstlich verwendet, dokumentiert die Uhrzeit der Beanstandung zuverlässig.

[...]

Für das Bundesfinanzgericht haben sich - in Wahrnehmung seiner amtswegigen Ermittlungspflicht - keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln.

Folglich sieht das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen als erwiesen an.

Das Beschwerdevorbringen, die Bf. habe nach wie vor keinen Beweis dafür erhalten, dass ihr Fahrzeug am Beanstandungstag um 17:30 Uhr am Tatort gestanden sei, widerspricht der Angabe der Bf. in der Beschwerde, dass sie zu diesem Zeitpunkt am Tatort bei ihrem Fahrzeug gewesen sei. Die Bf. geht möglicherweise davon aus, dass für ein in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestelltes Fahrzeug solange keine Parkometerabgabepflicht bestehe, als man sich noch beim Fahrzeug aufhalte. Jedenfalls wäre ein solcher Irrtum nicht entschuldbar, weil jeder Lenker sich über die Regelungen betreffend Parkometerabgabe in dem von ihm angepeilten Zielgebiet, in welchem er sein Fahrzeug abstellen will, informieren muss.

Rechtsgrundlagenund rechtliche Würdigung:

Gemäß § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung beträgt die Abgabe für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,10 Euro [zum Tatzeitpunkt, aktuell 1,25 Euro], wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist. Beträgt die gesamte Abstellzeit nicht mehr als 15 Minuten, ist ein Abgabenbetrag nicht zu entrichten, wenn der hierfür vorgesehene Parkschein vorschriftsmäßig angebracht und entwertet oder aktiviert ist.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Gemäß § 5 der Verordnung des Wiener Gemeinderates über die Art der zu verwendenden Kontrolleinrichtungen in Kurzparkzonen (Kontrolleinrichtungenverordnung) sind Parkscheine bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen mit Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese gut erkennbar, bei anderen mehrspurigen Kraftfahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen. Folglich ist der hinter der Windschutzscheibe einzig erkennbare, mit lesbaren Eintragungen versehene 15-Minuten-Parkschein maßgebend. Allfällige in einem Papierstapel darunter liegende Parkscheine sind irrelevant. Im Übrigen wäre eine Kombination des einzigen, mit lesbaren Eintragungen versehenen Parkscheines mit anderen Parkscheinen in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge gemäß § 4 Kontrolleinrichtungenverordnung unzulässig.

Der einzige hinter der Windschutzscheibe mit erkennbaren Eintragungen gelegene Parkschein ist ein solcher nach Anlage 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, auch 15-Minuten-Parkschein oder Gratisparkschein genannt. Für einen solchen Parkschein nach Anlage I der Kontrolleinrichtungenverordnung gilt keine begünstigte Regelung für angefangene Viertelstunden, wie es sie bei den Parkscheinen nach Anlage II und III der Kontrolleinrichtungenverorndung gibt. Vielmehr bestimmt § 3 Abs. 3 der Kontrolleinrichtungenverordnung: "Die Entwertung des Parkscheines nach Anlage I hat durch deutlich sichtbares und haltbares Eintragen der Stunde und Minute zu erfolgen. Bei einstelligen Stunden- oder Minutenangaben ist eine Null vorzusetzen." Die Eintragungen haben folglich Minuten-genau zu erfolgen. Die gegenständliche Eintragung von 17:35 Uhr bedeutete, dass von 17:30 Uhr bis 17:34 Uhr die Parkometerabgabe nicht entrichtet wurde und mangels ordnungsgemäßer Kennzeichnung für diesen Zeitraum mit einem 15-Minuten-Gratisparkschein die Begünstigung des § 2 Satz 2 Parkometerabgabeverordnung (Parken ohne Pflicht zur Entrichtung der Parkometerabgabe) nicht eintrat.

Der Verwaltungsgerichtshof brachte in seinem Erkenntnis vom , 96/17/0354, deutlich zum Ausdruck, dass eine "Kulanzzeit" zwischen Abstellen des Fahrzeuges und der Entrichtung der Parkometerabgabe in der in der Kontrolleinrichtungsverordnung vorgesehenen Form nicht vorgesehen sei. Bereits der Wortsinn "Beginn des Abstellens" lege die Interpretation dahin nahe, dass die Parkometerabgabe mit der Verwirklichung des "Abstellens" zu entrichten sei. Entferne sich der Lenker vom "abgestellten" Fahrzeug (auch nur zur Besorgung von Parkscheinen), so verwirkliche er bereits den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 des (Wiener) Parkometergesetzes.

Indem die Bf. ihr Kfz in einer ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzone ohne gültig entwerteten Parkschein abgestellt hat, hat sie § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung verletzt und damit die Parkometerabgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt. Im Straferkenntnis ist die belangte Behörde von Fahrlässigkeit ausgegangen. Die Eintragung einer in der Zukunft liegenden Zeit auf einem 15-Minuten-Gratis-Parkschein deutet hingegen auf vorsätzliche Hinterziehung der Parkometerabgabe hin, was aber gemäß § 42 VwGVG zu keiner Erhöhung der Strafe durch das Verwaltungsgericht führen darf.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Mit dem Beschwerdeeinwand, die Bf. habe keine Organstrafverfügung am Fahrzeug vorgefunden, lässt sich für die Bf. nichts gewinnen, da dem Organ der öffentlichen Aufsicht ein Wahlrecht eingeräumt ist, ob es eine Anonymverfügung gemäß § 49a VStG (im Falle eines Organs der Verwaltungsstrafbehörde selbst) bzw. eine Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG (im Falle eines Organes der Landespolizeidirektion Wien) oder eine Anzeige erstattet (Lewisch/Fister/Weilguni, Verwaltungsstrafgesetz, § 50 Tz 4), durch die das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §§ 40 ff. VStG gegen eine bestimmte Person als Lenker des Fahrzeuges eingeleitet wird.

Zum Beschwerdevorbringen "die Geldstrafe von 70 € ist uneinbringlich, da ich zu wenig verdiene, um diese Strafe zusätzlich zu allen Zahlungen und Verpflichtungen, begleichen zu können", ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Verhängung einer Geldstrafe selbst dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (vgl. ; ), bzw. sich dieser in Privatinsolvenz befindet (vgl. ).

Nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Der Akteninhalt und das Beschwerdevorbringen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Bf. nach ihren persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von ihr verursachten Erfolg vorauszusehen, oder dass ihr rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre. Bei Einhaltung der gebotenen und der Bf. zumutbaren Sorgfalt wäre die Übertretung zu vermeiden gewesen. Die Bf. hat damit auch das subjektive Tatbild der Fahrlässigkeit - wie es ihr im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen worden ist - verwirklicht. (Durch die Eintragung einer in der Zukunft liegenden Zeit auf einem 15-Minuten-Gratis-Parkschein hat die Bf. genau genommen subjektiv die vorsätzliche Hinterziehung der Parkometerabgabe verwirklicht.)

Zur Strafbemessung:

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 Euro zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Gemäß § 10 Abs. 1 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit im VStG nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, dass ein öffentliches Interesse an der Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht oder unrichtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben. Angesichts der hohen Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).

Im vorliegenden Fall ist von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen, weil die Bf. diesbezüglich keine konkreten Angaben gemacht hat. Die ohne konkrete Darstellung ihrer wirtschaftlichen Lage von der Bf. behauptete Uneinbringlichkeit der Geldstrafe kann nicht zu einer Verminderung der Geldstrafe führen. Sorgepflichten hat die Bf. nicht vorgebracht. Die - bereits dargestellte - vorsätzliche Tatbegehung kann gemäß § 42 VwGVG in der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht (hier: Bundesfinanzgericht) nicht zu einer höheren Geldstrafe oder einer höheren Ersatzfreiheitsstrafe führen.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen sind die verhängte Geldstrafe in Höhe von 60,00 Euro und die mit 14 Stunden bemessene Ersatzfreiheitsstrafe keinesfalls als überhöht zu betrachten. Die Geldstrafe wurde im untersten Bereich des bis zu 365,00 Euro reichenden Strafrahmens angesetzt.

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die in der Begründung des angefochtenen Bescheides (Straferkenntnisses) des Magistrates der Stadt Wien angeführten Verweise auf § 99 Abs. 3 lit. a StVO und den Strafrahmen von 726,00 Euro verfehlt sind, aber keine Auswirkung auf die von der belangten Behörde verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe hatten, denn 60,00 Euro bzw. 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe sind genau das Standardstrafmaß, welches die belangte Behörde erfahrungsgemäß verhängt.

Zum Entfall einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

Von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG abgesehen, weil im Sinne von Z 3 leg.cit. eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt worden ist.

Kostenentscheidung

Da die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind, mindestens jedoch mit 10,00 Euro, wurden sie somit in Höhe von 10,00 Euro korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere 12,00 Euro als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Zur Bestimmung der Vollstreckungsbehörde

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde als zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, weil das Erkenntnis angesichts der eindeutigen Rechtslage nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhinge, der grundsätzliche Bedeutung zukäme; und zwar selbst dann, wenn zu der anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. ; ; ; ; , RNr. 10).

Die beurteilten Tatfragen und die Strafbemessung können nicht Thema einer ordentlichen Revision sein. Soweit für die vorliegende Entscheidung des BFG Tatfragen (Sachverhaltsfeststellungen, Beweiswürdigung) zu lösen waren, welche keine Rechtsfragen sind, ist diesbezüglich die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig (vgl. ). Die Strafbemessung betrifft jeweils nur einen Einzelfall. Eine nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. ; ).

Für die Beschwerdeführerin hingegen geht die absolute Unzulässigkeit einer Revision gemäß § 25a Abs. 4 VwGG vor (siehe auch Rechtsmittelbelehrung), welche im letzten Satz von Art. 133 Abs. 4 B-VG auch verfassungsrechtlich vorgezeichnet ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 3 Abs. 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500079.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at