Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2024, RV/3100570/2022

Keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei eintägigen Reisen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeiter als Servicetechniker bei den Österreichischen Bundesbahnen. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung wurden u.a. Werbungskosten für Arbeitsmittel in Höhe von 333 €, Fortbildungskosten in Höhe von 1.472,50 € sowie Reisekosten in Höhe von 1.634,45 € geltend gemacht.

Nach einem Vorhaltseverhalten berücksichtigte die Abgabenbehörde in dem von der Erklärung abweichenden Bescheid betreffend Einkommensteuer Werbungskosten unter Anrechnung des Pauschbetrages in Höhe von 667,40 € (197,40 € = 60% der Kosten für ein I-Pad sowie 470 € für Fortbildungskosten) und weitere Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag in Höhe von 470,24 € (Pflichtbeiträge).

In der Bescheidbegründung wurde zu den gekürzten Werbungskosten für das I-Pad ausgeführt, dass die Kosten für das I-Pad um einen Privatanteil von 40 % gekürzt worden seien. Bezüglich der geltend gemachten aber nicht als Werbungskosten anerkannten Reisekosten wurde angemerkt, dass es als erwiesen anzunehmen sei, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit als Servicetechniker bei der ÖBB die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten in den von ihm bereisten Dienstorten soweit bekannt seien, dass ein Verpflegungsmehraufwand ebenso ausgeschlossen werden könne wie bei einem an ein und demselben Ort tätigen Arbeitnehmer.

In der gegen den Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde begründend ausgeführt, dass sich die Beschwerde gegen die Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Reisekosten richte, da diese schon viele Jahre auf die gleiche Art und Weise geltend gemacht würden. Insoweit sei nicht nachvollziehbar, warum diese Kosten nun nicht mehr zu berücksichtigen wären.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wurde dazu begründend ausgeführt, dass Taggelder nur dann als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten, wenn die Dienstreise über den örtlichen Nahbereich (25km) hinausgehen würde. Dabei könnten pro Tag höchstens 26,40 € bzw. pro angefangener Stunde der Dienstreise 2,20 € steuermindernd geltend gemacht werden, wobei die Dienstreise mindestens drei Stunden dauern müsse.

Taggelder könnten jedoch nicht berücksichtigt werden, wenn ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit entstehen würde. Bei einer durchgehenden oder regelmäßigen (1 x wöchentlich) Dienstverrichtung an einem anderen Ort sei das nach 5 Tagen der Fall. Nach dieser Anlauffrist dürfe der Einsatzort für mindestens sechs Monate nicht mehr aufgesucht werden, um für diesen Ort wieder das Taggeld geltend machen zu können. Bei unregelmäßigen Dienstreisen könnten für den Einsatzort für 15 Tage im Kalenderjahr Taggelder geltend gemacht werden.

Daher seien nur für jene unregelmäßig aufgesuchten Dienstorte Taggelder zu berücksichtigen, bei welchen der örtliche Nahbereich überschritten worden sei. Bei den Dienstorten xyz sei der Nahbereich des Dienstortes nicht überschritten worden.

Da vom Arbeitgeber ein Taggeld in der Höhe von 2.310,15 € ausbezahlt worden sei und aus steuerlicher Sicht lediglich 1.652,20 € an Taggelder berücksichtigt werden könnten, sei die Beschwerde abzuweisen.

In weiterer Folge wurde ein Vorlageantrag eingebracht und darin ausgeführt, dass nicht nachvollziehbar sei, welcher Betrag aus den Dienstreisen, die sich nicht im Nahbereich befinden, anerkannt worden seien.

Hinsichtlich der Fortbildungskosten wurde mitgeteilt, dass diese abzüglich aller erhaltenen Förderungen für das Jahr 2019 insgesamt 470 € betragen hätten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr als Servicetechniker bei den Österreichischen Bundesbahnen an unterschiedlichen Einsatzorten tätig, wobei er an den unterschiedlichen Einsatzorten unterschiedlich oft tätig war.

Dabei war er einerseits an Dienstorten tätig, die innerhalb des örtlichen Nahbereiches gelegen waren (xyz) und andererseits an insgesamt sieben Einsatzorten tätig, die vom Wohnort bzw. vom Arbeitsort mehr als 25 Kilometer entfernt waren (a; b c).

Nach dem Arbeitsende der Tätigkeiten an den unterschiedlichen Einsatzorten innerhalb und auch außerhalb des Nahbereiches kehrte der Beschwerdeführer jeweils nach Hause zurück und waren daher keine auswärtigen Nächtigungen erforderlich.

2. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit:

"Vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 zu berücksichtigen sind, die für eine

Außendiensttätigkeit (zB Kundenbesuche, Patrouillendienste, Servicedienste),

vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde

gewährt werden, soweit der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 zur Zahlung verpflichtet ist. Die Tagesgelder dürfen die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Kann im Falle des § 68 Abs. 5 Z 6 keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, weil ein Betriebsrat nicht gebildet werden kann, ist von einer Verpflichtung des Arbeitgebers auszugehen, wenn eine vertragliche Vereinbarung für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern vorliegt.

…."

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 lit. a EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge und Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

§ 26 Z 4 EStG 1988 bestimmt soweit verfahrensgegenständlich relevant:

"Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nicht:

Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers

  1. seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt oder

  2. so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann.

Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort (Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt, Familienwohnsitz).

a) …

b) Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.

…."

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen Werbungskosten. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. c EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Reisekosten, soweit sie nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind, nicht abgezogen werden.

Tagesgelder stellen demnach nur bei Vorliegen einer beruflich veranlassten Reise Werbungskosten dar, andernfalls liegen nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung vor.

Ein Verpflegungsmehraufwand iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liegt nur dann vor, wenn durch eine beruflich veranlasste Reise zusätzliche Verpflegungskosten verursacht werden, die über die in typisierender Betrachtungsweise zu beurteilenden üblichen Verpflegungsausgaben der Erwerbstätigen am ständigen Arbeitsort hinausgehen.

Die Rechtfertigung für die Annahme von Werbungskosten bei Reisebewegungen liegt daher in dem dabei in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen, üblichen Verpflegungsaufwendungen.

Im Zusammenhang mit beruflich bedingten eintägigen Reisen ohne Nächtigungserfordernis ist unabhängig von der Geltendmachung von Differenzreisekosten als Werbungskosten durch den Beschwerdeführer die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten.

Dieser geht nämlich davon aus, dass bei Steuerpflichtigen nur dann Tagesgelder steuerlich gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, soweit eine Nächtigung erforderlich ist. In diesem Fall ist - "für den ersten Zeitraum von cirka einer Woche" - der Verpflegungsmehraufwand zu berücksichtigen. Hingegen liegt ein steuerlich zu berücksichtigender Verpflegungsmehraufwand nicht vor, wenn sich der Berufstätige nur während des Tages am Tätigkeitsort aufhält. "Ein allfälliger, aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierender Mehraufwand kann in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden" (vgl. ; ; ; ; ; , RV/7103150/2012; , RV/1100045/2011).

Aus der eingereichten Aufstellung der Dienstreisen gehen keine Nächtigungen hervor.

Daher können im Streitfall keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden, da er sich nur während des Tages an den unterschiedlichen Einsatzorten aufgehalten hat und von ihm somit Verpflegungsmehraufwendungen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden konnten.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassung, dass bei eintägigen Reisen üblicherweise kein Verpflegungsmehraufwand entsteht, auch zu einer sachgerechten Differenzierung im Interesse der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen hinsichtlich der Verpflegungskosten führt. Mit dieser Rechtsauslegung wird im übrigen auch den im Laufe der Jahre eingetretenen Veränderungen im Erwerbsleben und im Konsumentenverhalten sowie den geänderten Verpflegungsmöglichkeiten und Marktangeboten Rechnung getragen.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Nichtanerkennung von Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten bei Fehlen einer Nächtigung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, war die Revision nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at