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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.04.2024, RV/3100361/2018

Einstellung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 256 Abs 3 BAO wenn GmbH auf Grundlage des § 40 FBG aus dem Firmenbuch gelöscht wurde.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Kufstein Schwaz (nunmehr Finanzamt Österreich, Postfach 260, 1000 Wien) vom betreffend Kapitalertragsteuer 2011, Kapitalertragsteuer 2013, Kapitalertragsteuer 2014 und vom betreffend Körperschaftsteuer 2011, Körperschaftsteuer 2012, Körperschaftsteuer 2013, Körperschaftsteuer 2014, Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2011, Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2012, Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2013, Umsatzsteuer 2011, Umsatzsteuer 2012, Umsatzsteuer 2013, Umsatzsteuer 2014, Umsatzsteuer 2015, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2011, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2012 und Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2013 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang:

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin gegen folgende Bescheide dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

  1. Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013

  2. Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2011, 2012 und 2013

  3. Körperschaftsteuerbescheide 2011, 2012, 2013 und 2014

  4. Umsatzsteuerbescheide 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015

  5. Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer 2011, 2013 und 2014

Aufgrund des in diesem Zuge elektronisch übermittelten Beschwerdeaktes der belangten Behörde, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Beim Beschwerdeführer fand eine Außenprüfung auf Grundlage der §§ 147 ff BAO statt. Prüfungsgegenstand waren die Umsatzsteuer, die Kapitalertragsteuer, die Normverbrauchsabgabe und die Körperschaftsteuer. Der Prüfungszeitraum erstreckte sich von 2010 bis 2014, der Zeitraum der Nachschau von 01/2015 bis 10/2015.

Im Zuge der abgabenrechtlichen Prüfung wurden mit Datum vorläufige Prüfungsfeststellungen an den steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin übermittelt.

Die steuerrechtlich relevanten Feststellungen mündeten in den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO, welcher vom datiert.

  • Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung wurden die Verfahren betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer wiederaufgenommen.

Die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2011 bis 2013 und Umsatzsteuer 2011 bis 2013 datieren vom .

  • Die Körperschaftsteuerbescheide 2011 bis 2013 wurden aufgrund der Wiederaufnahme mit Datum neu erlassen. Der Körperschaftsteuerbescheid 2014, ebenfalls datierend mit erging als Erstbescheid.

Die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2015 wurden am erlassen. Die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2014 ergingen endgültig. Der Umsatzsteuerbescheid 2015 wurde gemäß § 200 (1) BAO vorläufig erlassen.

  • Mit Datum wurden folgende Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer erlassen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
  • Zeitraum
  • Empfänger der Kapitalerträge
  • Kest-Betrag in €
  • 2011
  • ***1***
  • 6.666,00
  • 2013
  • ***1***
  • 14.998,50
  • 2014
  • ***1***
  • 14.998,50

  • Mit Eingabe über FON vom , beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter eine Fristverlängerung für die Anfertigung von Beschwerdeschriften betreffend folgender Bescheide:

  • Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013.

  • Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2011, 2012 und 2013.

  • Körperschaftsteuerbescheide 2011 bis 2014.

  • Umsatzsteuerbescheide 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015.

  • Haftungsbescheide hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2011, 2012 und 2014.

Mittels Bescheid vom wurde dem Antrag entsprochen und somit die Beschwerdefrist bis zum verlängert.

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO. Darin bekämpfte sie die folgenden Bescheide:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bescheid
Datum des Bescheides
Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013
Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens Umsatzsteuer 2011, 2012 und 2013
Körperschaftsteuerbescheide 2011, 2012, 2013 und 2014
Umsatzsteuerbescheide 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015
Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 2011, 2013 und 2014

Mit jeweiligen Bescheiden vom und separat dazu ergangener Bescheidbegründung, wies die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet ab.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde betreffend die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftssteuer 2011, 2012 sowie 2013, die Bescheide über die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 2011, 2012 sowie 2013, die Körperschaftsteuerbescheide 2011, 2012, 2013 sowie 2014, die Umsatzsteuerbescheide 2011, 2012, 2013, 2014 sowie 2015, die Haftungsbescheide hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2011, 2013 und 2014 an das Bundesfinanzgericht.

Das Abgabenkonto der Beschwerdeführerin weist derzeit einen Rückstand in der Höhe von € 154.390,99 aus. Die Aussetzung der Einbringung ist am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin angemerkt.

Am wurde am Landesgericht Innsbruck unter der Aktenzahl ***11*** das Konkursverfahren betreffend die Beschwerdeführerin eröffnet. Am wurde seitens des Masseverwalters angezeigt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu bedienen (Masseunzulänglichkeit).

In der Tagsatzung am hat der Masseverwalter einen Verteilungsentwurf vorgelegt. Die Quote für die einzelnen Gläubiger beträgt 0 %.

Mit Beschluss vom wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Auf die Insolvenzgläubiger entfiel eine Quote von 0 %.

Die Beschwerdeführerin befindet sich im Status der Liquidation. Im Firmenbuch scheint die Beschwerdeführerin noch auf.

Mit E-Mail vom wendete sich das Bundesfinanzgericht an die belangte Behörde und forderte diese auf, die folgenden Unterlagen nachzureichen.

  1. Geldrechnung der Betriebsprüfung

  2. Korrigierte begründete Geldrechnung des steuerlichen Vertreters laut Schreiben vom

  3. Unterlagen bezüglich des behaupteten Darlehens von Herrn ***3*** in der Höhe von € 60.000,00

  4. Bestätigung der Eltern des Geschäftsführers betreffend Geldleihgabe in der Höhe von € 45.000,00 am und nochmals € 45.000,00 am

  5. Vorlage der Einvernahmen der Eltern, auf welche in der TZ 1 Erlöszuschätzung 2011, 2013 und 2014 Bezug genommen wird.

  6. Akt der Abgabensicherung

  7. Vorlage der Kopien der Sparbücher mit der Nummer ***4*** mit der Bezeichnung "***12*** od. ***13***" und Sparbuch Nummer ***6*** mit der Bezeichnung "***12*** und ***13***".

Mit E-Mail vom übermittelte die belangte Behörde einen Teil dieser Unterlagen an das Bundesfinanzgericht. Mit E-Mail vom übermittelte die belangte Behörde den Einbringungsakt an das Bundesfinanzgericht, als auch die Insolvenzdatei der Beschwerdeführerin.

Mit Datum nahm das Bundesfinanzgericht Einsicht in das Firmenbuch. Dabei wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit Geschäftsfall Nummer ***8*** gemäß § 40 FBG (eingetragen am ) amtswegig gelöscht wurde.

Der erkennende Richter kontaktierte am das beim Landesgericht Innsbruck lozierte Firmenbuch und bat u.a. um die Übermittlung des Beschlusses über die amtswegige Löschung der Beschwerdeführerin.

Mit E-Mail der zuständigen Mitarbeiterin des Firmenbuches vom selben Tag übermittelte diese die zu den Eintragungsnummern ***7*** und ***8*** korrespondierenden Eintragungsbeschlüsse an das Bundesfinanzgericht.

2. Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und im Firmenbuch unter der Nummer (***9***) eingetragen.

In der Zeit von bis zum war ***14*** als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin tätig. Ab war ***10*** als Geschäftsführer tätig.

Bei der Beschwerdeführerin fand eine Außenprüfung auf Grundlage der §§ 147 ff BAO statt. Prüfungsgegenstand waren die Umsatzsteuer, die Kapitalertragsteuer, die Normverbrauchsabgabe und die Körperschaftsteuer. Der Prüfungszeitraum erstreckte sich von 2010 bis 2014, der Zeitraum der Nachschau von 01/2015 bis 10/2015.

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung kam es zu einer Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2011, 2012 und 2013, Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013, neu erlassenen Körperschaftsteuerbescheiden 2011 bis 2014, neu erlassenen Umsatzsteuerbescheiden 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 und letztlich Haftungsbescheiden hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2011, 2012 und 2014.

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO. Darin bekämpfte sie die folgenden Bescheide:


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Bescheid
Datum des Bescheides
Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013
Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens Umsatzsteuer 2011, 2012 und 2013
Körperschaftsteuerbescheide 2011, 2012, 2013 und 2014
Umsatzsteuerbescheide 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015
Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 2011, 2013 und 2014

Am wurde am Landesgericht Innsbruck unter der Aktenzahl ***11*** das Konkursverfahren betreffend die Beschwerdeführerin eröffnet. Am wurde seitens des Masseverwalters angezeigt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu bedienen (Masseunzulänglichkeit).

In der Tagsatzung am hat der Masseverwalter einen Verteilungsentwurf vorgelegt. Die Quote für die einzelnen Gläubiger beträgt 0 %.

Mit Beschluss vom wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Auf die Insolvenzgläubiger entfiel eine Quote von 0 %.

Das Abgabenkonto der Beschwerdeführerin weist derzeit einen Rückstand in der Höhe von € 154.390,99 aus. Die Aussetzung der Einbringung ist am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin angemerkt.

Mit Eintragungsbeschluss vom erfolgte die amtswegige Löschung der Beschwerdeführerin auf Grundalge des § 40 FBG.

3. rechtliche Würdigung:

Das Gesetz vom über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz - GmbHG) normiert in seinem III. Hauptstück die Auflösung der Gesellschaft. Die §§ 84 - 88 regeln die Auflösung, die §§ 89 - 95 das sich in der Regel daran anschließende Liquidationsverfahren (Abwicklungsverfahren). Die §§ 96 - 101 haben die Verschmelzung als Sonderfall der Beendigung einer Gesellschaft unter Ausschluss der Abwicklung zum Gegenstand.

Durch die Auflösung wird die Gesellschaft noch nicht beendet, sie verliert nicht ihre rechtliche Existenz. Vielmehr tritt an die Stelle des ursprünglichen Gesellschaftszweckes nunmehr der Abwicklungszweck. Der durch die Auflösung geänderte Geschäftszweck besteht nicht mehr in der gewinnbringenden Führung des Unternehmens, sondern in der Verwertung des vorhandenen Aktivvermögens und der Abwicklung der Gesellschaft. Die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bleibt unberührt (Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 84 Tz 5 mit Judikatur- und Literaturnachweisen).

Infolge der Auflösung tritt die Gesellschaft in eine neue, letzte Phase ihrer Existenz: Es beginnt die Liquidation oder Abwicklung (§§ 89 ff). Im Zuge der Liquidation werden die Geschäfte der Gesellschaft abgewickelt und das Gesellschaftsvermögen verwertet. Nach Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger wird das verbleibende Vermögen an die Gesellschafter verteilt (Zehetner, a.a.O. § 84 Tz 6).

Nach Abschluss der Liquidation erfolgt die Löschung im Firmenbuch. Vor ihrer Beendigung ist die Gesellschaft also zu liquidieren (Zehetner, a.a.O., § 84 Tz 12).

Die Gesellschaft ist erst beendet, wenn kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden und die Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Nur die tatsächlich vermögenslose Gesellschaft verliert also mit ihrer Löschung ihre Existenz. Die Löschung ist aber nicht bloß "deklarativ", sondern gemeinsam mit dem Eintritt der Vermögenslosigkeit konstitutiv. Daher sollte man beide Voraussetzungen als "konstitutiv" für die Beendigung der Rechtspersönlichkeit bezeichnen; sie sind kumulativ konstitutiv (Zehetner, a.a.O., § 84 Tz 13 mwN; Haberer/Zehetner, a.a.O., § 93 Tz 25 und 26).

§ 93 GmbHG regelt mit der Löschung somit den finalen Schritt des Liquidationsverfahrens. Der Antrag auf Löschung beendet das klassische Liquidationsverfahren nach den §§ 89 ff. Wurde die Gesellschaft dagegen gemäß § 40 FBG oder § 10 Abs. 2 oder 3 FBG aufgelöst, findet kein Löschungsverfahren auf Antrag der Liquidatoren statt, sondern erfolgt dieses von Amts wegen. Auch nach Aufhebung des Konkursverfahrens und Verteilung der Masse sowie bei Auflösung durch Gesamtrechtsnachfolge ist die Bestimmung des § 93 GmbHG nicht anwendbar (Haberer/Zehetner, a.a.O., § 93 Tz 1 ff).

Erst wenn die Liquidation der Gesellschaft beendet ist, kann ihre Löschung beantragt werden bzw. erst wenn die Gesellschaft kein ihr zuordenbares Vermögen mehr besitzt, gilt die Liquidation als beendet (Haberer/Zehetner, a.a.O., § 93 Tz 5 und 6).

Von der Frage der relevanten Vermögensbestandteile zu unterscheiden ist das Recht des Verfahrensgegners, einen anhängigen Prozess auch nach Eintritt der Löschung der Gesellschaft fortzusetzen, also die Frage der Parteifähigkeit im Zivilprozess. Dazu judiziert der OGH in ständiger Rechtsprechung, dass ein derartiges Verfahren gegen die Gesellschaft als Beklagte auf Betreiben des Klägers fortzusetzen ist. Strebt der Kläger hingegen die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft nicht an, ist die Klage zurückzuweisen und das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären. Der Grund für dieses Wahlrecht liegt in der besonderen Bedeutung, die der Wahrung der Grundsätze eines fairen Verfahrens gemäß Art. 6 EMRK zukommt, mit denen es unvereinbar wäre, wenn die beklagte Partei durch rechtliche Änderungen in ihrer Sphäre, auf die der Kläger keinen Einfluss hat, eine Entscheidung über einen gerichtlich geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch vereiteln könnte. Verfolgt die Gesellschaft als Klägerin einen vermögenswerten Anspruch, so steht dieser einer Beendigung der Liquidation entgegen. Damit wird eine Vollbeendigung auf Klägerseite praktisch nicht relevant sein (Haberer/Zehetner, a.a.O., § 93 Tz 7 und 8 mwN).

Für den Bereich des Abgabenverfahrens vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass die Löschung einer GmbH im Firmenbuch "insofern" nur "deklarativ" wirkt, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. dazu die Nachweise bei Ritz, BAO7, § 79 Tz 11; ebenso etwa auch die Entscheidung des , GES 2014/6, 283, wonach die Vermögenslosigkeit der aus diesem Grund gelöschten GmbH aber "bis zum Beweis des Gegenteils ... anzunehmen" sei). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof den Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH bejaht, "solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind" (z.B. ).

Die dabei zunächst nicht angesprochene Frage, ob dies auch gilt, wenn "die Abgabenfestsetzung in keiner denkbaren Konstellation - etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern - zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann", ließ der Verwaltungsgerichtshof im , ausdrücklich offen. Eine Kommunalsteuer betreffende Beschwerde einer nach Liquidation (und vor Erlassung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides) gelöschten GmbH wurde mit diesem Beschluss zurückgewiesen, weil die Zustellung der bekämpften Erledigung an die bisherigen Vertreter der Gesellschaft jedenfalls nicht wirksam gewesen war.

Der Verwaltungsgerichtshof hob unter Hinweis auf Literatur hervor, mit der Löschung verliere die Gesellschaft ihre organschaftliche Vertretung. Die Funktion der Liquidatoren sei erloschen und ihre Legitimation lebe von selbst für keine Rechtshandlung auf. In der Kostenentscheidung fand Berücksichtigung, dass die Beschwerde - mit deren Erhebung der Beschwerdevertreter von den ehemaligen Geschäftsführern und Liquidatoren beauftragt worden war - keinem Rechtssubjekt zugerechnet werden konnte.

In dem eine Umsatz- und Körperschaftsteuer betreffende Beschwerde eines (während des Berufungsverfahrens) aufgelösten Vereins zurückweisenden , sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, es sei "zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen des Beschwerdeführers ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit des Vereins insoweit als fortdauernd anzusehen wäre". Da im Beschwerdefall keine Zahlungen auf die strittige Abgabenschuld erfolgt seien, somit keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch bestehe und das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens "und damit Abwicklungsbedarfes" nicht behauptet werde, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspersönlichkeit des aufgelösten Vereines fortbestehe.

Der Verwaltungsgerichtshof verwies dazu auf den , mit dem das verwaltungsgerichtliche Verfahren über eine Ortstaxe betreffende Beschwerde eines Vereins wegen Gegenstandslosigkeit eingestellt wurde, weil sich der Verein, der auf die strittige Abgabenschuld keine Zahlungen geleistet hatte, nach Einbringung der Beschwerde ohne Liquidation aufgelöst hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof nahm in diesem Einstellungsbeschluss auf die Gründe Bezug, aus denen dem Kläger im Zivilprozess die Fortsetzung des Verfahrens gegen eine vollbeendete Kapitalgesellschaft ermöglicht werde, und verneinte das Vorliegen vergleichbarer Gründe für eine Fortsetzung des Verfahrens über die Beschwerde des aufgelösten Vereins gegen eine Abgabenvorschreibung. Da das Verfahren nach dem "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden Partei nicht fortgeführt werden könne, sei es in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen.

Im Erkenntnis , in dem der Verwaltungsgerichtshof die eben erwähnte Rechtsprechung zusammengefasst dargestellt hat, sprach dieser aus, dass bei unbestrittener Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zu prüfen sei, ob (im Hinblick auf eine eingebrachte Beschwerde) noch Abwicklungsbedarf besteht. Davon wäre dann auszugehen, wenn das beim Bundesfinanzgericht anhängige Verfahren direkt oder indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten GmbH betreffen würde.

Da dies in jenem Verfahren nicht der Fall gewesen sei, wäre die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss zu Recht erfolgt. Die Bestimmung des § 278 Abs. 1 lit. b BAO entspräche inhaltlich § 33 Abs. 1 VwGG und damit der Vorschrift, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß anzuwenden ist, wenn es zu einem "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden (revisionswerbenden) Partei kommt.

Im gegenständlichen Fall wurde mit Beschluss des LG Innsbruck vom das Konkursverfahren betreffend die Beschwerdeführerin eröffnet.

Am wurde seitens des Masseverwalters angezeigt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu bedienen (Masseunzulänglichkeit).

In der Tagsatzung am hat der Masseverwalter einen Verteilungsentwurf vorgelegt. Die Quote für die einzelnen Gläubiger beträgt 0 %.

Mit Beschluss vom wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Auf die Insolvenzgläubiger entfiel eine Quote von 0 %.

Mit Eintragung vom wurde die Beschwerdeführerin aufgrund Vermögenslosigkeit auf Grundlage des § 40 FBG amtswegig gelöscht.

Zur Vollbeendigung der Gesellschaft und damit zum Verlust der Rechtspersönlichkeit kommt es aber wie oben aufgezeigt erst dann, wenn auch tatsächlich kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist und solches auch nicht nachträglich hervorkommt. Wird die Gesellschaft gelöscht, obwohl sie noch über verwertbares Vermögen verfügt, das aus welchen Gründen auch immer zunächst nicht berücksichtigt wurde, so ist ihre Rechtspersönlichkeit eben noch nicht erloschen. Kommt nachträgliches Vermögen hervor, ist von einer Identität und Kontinuität des Rechtsträgers auszugehen, weshalb auch eine notwendig werdende Nachtragsliquidation keine neue, sondern eine Fortsetzung der bisherigen Liquidation ist (Haberer/Zehetner, a.a.O., § 93 Tz 33 und 35).

Dies entspricht auch der im , dargestellten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Rechtspersönlichkeit insoweit als fortdauernd anzusehen wäre, als sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen ergeben könnte.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Rechtspersönlichkeit der Beschwerdeführerin auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch fortbestanden hätte, wenn es im zu Grunde liegenden Beschwerdeverfahren zu einem Abgabenguthaben auf dem Abgabenkonto und damit einhergehend zu einem Rückzahlungsanspruch und daran anknüpfend zu einem abwickelbaren Vermögen der Gesellschaft kommen könnte.

In diesem Fall bestünde die Gesellschaft als Rechtssubjekt weiter und - nur in diesem Fall - käme dem Verwahrer der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft im Sinne des § 93 Abs. 3 GmbHG gemäß § 80 Abs. 3 BAO auch die Funktion eines Vertreters der fortbestehenden Gesellschaft zu; diese Vertretungsregelung gilt nur für eine noch parteifähige GmbH (Ritz, BAO7, § 80 Tz 13).

Die festgesetzten Abgaben wurden von der Beschwerdeführerin jedoch gänzlich nicht entrichtet.

Selbst eine gänzlich stattgebende Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes würde daran nichts ändern, käme es damit doch zu keinem rückzahlbaren Guthaben am Abgabenkonto und damit zu einem im Zuge einer Nachtragsverteilung abwickelbaren Vermögen der Gesellschaft.

Damit ist aber die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft erloschen. Diese Vollbeendigung der Gesellschaft trat gegenständlich bereits mit der nach durchgeführter Liquidation erfolgten Löschung im Firmenbuch ein, da die Gesellschaft bereits damals vermögenslos war und auch in weiterer Folge (insbesondere in den beim Bundesfinanzgericht anhängigen Beschwerdeverfahren) kein abwickelbares Vermögen hervorkam bzw. auch bei vollinhaltlich stattgebenden Erledigungen nicht entstehen könnte.

Aufgrund fehlender Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft war das beim Bundesfinanzgericht anhängige Verfahren in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 278 Abs. 1 lit. b BAO und des § 261 Abs. 1 BAO mit Beschluss einzustellen.

Zur Frage einer allfälligen haftungsrechtlichen Verantwortung des ehemaligen Geschäftsführers der Gesellschaft hat bereits der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom darauf hingewiesen, dass bei einem nicht mehr existierenden Erstschuldner der Haftende von vornherein und allein zur Leistung herangezogen werden kann. Damit erübrigt sich auch unter diesem Gesichtspunkt eine Vorschreibung von Abgaben an die Gesellschaft, die aufgrund deren Vermögenslosigkeit aus Sicht der Abgabeneinbringung ohnehin nutzlos wäre.

Gemäß § 274 Abs 3 Z 2 BAO kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde als gegenstandslos (§ 256 Abs 3 oder §261) zu erklären ist. Gemäß § 272 Abs 4 BAO obliegt die Erlassung von Gegenstandsloserklärungen im Sinne der §§ 256 Abs 3 und 261 BAO bei Beschwerden, über welche der Senat zu entscheiden hat, dem Berichterstatter als Einzelrichter.

Der vorliegende Beschluss hatte somit durch den Einzelrichter zu ergehen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage des gegenständlichen Verfahrens wurde durch den Verwaltungsgerichtshof bereits hinreichend geklärt (auf die im Beschluss angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird an dieser Stelle verwiesen). Zudem ergibt sich die Gegenstandsloserklärung aus dem Gesetzestext, nämlich § 261 BAO iVm § 272 Abs 4 BAO.

Aus den oben angeführten Gründen war die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100361.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at