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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.03.2024, RV/7102457/2022

Eigenanspruch auf Familienbeihilfe einer drittstaatsangehörigen Studentin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Abweisung des Antrags auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem samt Stellungnahme

Mit Eingabe vom stellte die Staatsbürgerschaft ***1*** besitzende Bf. den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem , wobei sie als Beilage betreffend die Anspruchsberechtigung eine Stellungahme nachstehenden Inhalts abgab:

"Ich bin Staatsangehörige von ***2***, geboren am ***3*** und kam im Oktober 2018 nach Österreich. Ich wohne in der ***4*** (Beilage 1: Meldezettel) und habe meinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Ich begann mein Bachelorstudium Architektur an der Technische Universität Wien am , im Wintersemester 2020 (Beilage 2: Studienzeitbestätigung). Insgesamt erzielte ich in den ersten beiden Semestern meines Studiums bisher 25 ECTS Punkte und erfüllte somit den Leistungsnachweis.

Meine monatlichen Ausgaben betrugen im antragsgegenständlichen Zeitraum etwa 840 Euro und setzten sich im Wesentlichen aus:

Miete (inklusive sämtlicher Kosten wie Heizung, Strom und Internet), iHv 285 Euro/Monat;

Lebensmittel-, Kleidungs- und Drogeriekosten iHv 300 Euro/Monat zusammen.

Kosten für Handy in Höhe von 14 Euro /Monat

Kosten für den Studienbeitrag in Höhe von 125 Euro pro Monat

Kosten für das Ticket bei den Verkehrsbetrieben 18 Euro pro Monat

Sonstige Kosten iHv 15 Euro pro Monat (Münzen für Waschmaschine)

Von bis arbeitete ich 20h/Woche bei ***5*** (***6***) und verdiente dort EUR 734 netto/Monat (Beilage 3: Lohnzettel 12/2019 bis 01/2021).

Von bis laufend arbeite ich 18h /Woche bei ***5*** (***6***) und verdiente dort EUR 670 netto/Monat (Beilage 4: Lohnzettel 02/2021 bis laufend).

Ich erhalte keinerlei Beihilfe von einem anderen Staat und im antragsgegenständlichen Zeitraum keinerlei Unterstützung von meinen Eltern oder anderen Verwandten.

Nicht meine Eltern trugen daher im antragsgegenständlichen Zeitraum zum überwiegenden Teil meinen Unterhalt, sondern ich kam selbst überwiegend dafür auf. Ich erfülle daher die Anspruchsvoraussetzungen für einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe.

Ich lebe seit Oktober 2018 nicht mehr bei meinen Eltern. Diese leben im Ausland während ich seit Oktober 2018 den Mittelpunkt meiner Lebensinteressen gemäß § 2 Abs. 8 FLAG in Österreich habe.

Daher habe ich unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise darauf Anspruch hat. Gemäß § 6 Abs. 2 FLAG besteht der Anspruch für Vollwaisen, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden (daher bei Betreiben eines Studiums). § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz FLAG sind für diese ebenfalls anzuwenden. Dementsprechend besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für die vorgesehene Studienzeit plus ein Toleranzjahr.

Der Durchführungsrichtlinie zum FLAG Teil 1 vom ist auf Seite 51 Punkt 2 unter dem Kapitel "06.05 Kinder, die Vollwaisen gleichgestellt sind" zu entnehmen:

"2. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 bezweckt die Gleichstellung von Kindern, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, mit Vollwaisen, für die niemand unterhaltspflichtig ist und die deshalb einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Der Gesetzgeber will mit der betreffenden Bestimmung in jenen Fällen Härten vermeiden, in denen Kinder sich weitgehend selbst erhalten müssen. Somit ist § 6 Abs. 5 FLAG 1967 auch dann anwendbar, wenn Eltern ihrer Unterhaltspflicht aus welchen Gründen immer nicht nachkommen.

Demnach ist nur entscheidend, ob das Kind eines Unterhaltes bedarf. Ob dieser Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen überhaupt realisiert werden kann, ist ohne Bedeutung (siehe ). Daher ist § 6 Abs. 5 FLAG 1967 z.B. auch anwendbar, wenn Eltern (ein Elternteil) mangels ausreichendem Einkommen gar nicht in der Lage sind (ist), den erforderlichen Unterhalt für das Kind tatsächlich zu leisten."

Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) regelt die Frage der Gleichstellung zu Österreichischen Staatsbürgerinnen. Die Bestimmung sieht eine Gleichstellung vor, sofern ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 oder 9 Niederlassung- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vorliegt und sich die Person rechtmäßig in Österreich aufhält. Ich halte mich rechtmäßig in Österreich auf und verfüge über eine Aufenthaltsbewilligung für Studenten (Beilage 5: Aufenthaltstitel).

§ 2 Abs. 8 FLAG normiert den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet als Anspruchsvoraussetzung für die Familienbeihilfe. Nach der Rechtsprechung kommt es für die Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressen nicht auf die Staatsangehörigkeit, den Zweck der Einreise und auch nicht auf einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet an: . 2009/16/0179: "Zur Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Sinn des § 2 Abs. 8 FLAG kommt es nach der hg. Rechtsprechung nicht darauf an, ob der Aufenthalt im Bundesgebiet ein ständiger ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , ZI. 2009/16/0124, mwN)."

. 2009/16/0114: "Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom , ZI. 2008/15/0325, und vom , ZI. 2008/13/0218), auf deren Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass ein zu Studienzwecken lediglich vorübergehend währender Aufenthalt im Bundesgebiet die Beurteilung nicht ausschließt, der Studierende habe den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich."

Der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen ist seit Oktober 2018 klar in Österreich. Ich habe in Österreich bereits viele Freundinnen gefunden und habe daher auch soziale Kontakte hier.

Daher beantrage ich rückwirkend von Oktober 2020 bis laufend sowie für die Zukunft die Familienbeihilfe für mich selbst. Die rückwirkende Geltendmachung der Familienbeihilfe für bis zu fünf Jahre ist durch § 10 Abs. 3 FLAG gedeckt.

Gerne reiche ich auf Nachfrage weitere benötigte Unterlagen nach und stehe für weitere Informationen zur Verfügung."

Abweisungsbescheid vom

In der Folge wurde der Antrag der Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem vermittels Bescheid vom mit nachstehender Begründung abgewiesen:

Ein Kind kann für sich unter folgenden Voraussetzungen Familienbeihilfe beziehen:

• Das Kind wohnt nicht mehr bei einem Elternteil

• Kein Elternteil leistet überwiegend Unterhalt

• Das Kind ist nicht in einem Heim untergebracht

Diese Voraussetzungen treffen nicht zu (§ 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Die Eltern sind während der Berufsausbildung zum Unterhalt verpflichtet. Die Eltern leben in ***7*** und werden gebeten, die Familienleistungen in ***7*** zu beantragen.

Beschwerde vom

In der Folge erhob die Bf. - unter nochmaliger Nachreichung ihrer Stellungnahme zum Antrag vom - mit Eingabe vom gegen den Bescheid vom eine Beschwerde nachstehenden Inhalts:

1. Bisheriger Verfahrensgang

Am beantragte ich rückwirkend die Familienbeihilfe. Nunmehr lehnt das Finanzamt meinen Antrag mit Bescheid vom ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde auf Grund von Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie auf Grund von inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

2. Inhaltliche Begründung

a. Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhalts

Gem. § 115 Bundesabgabenordnung (BAO) trifft die Abgabenbehörde die Pflicht, die "Fälle zu erforschen und von Amts wegen der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln", welche sie ihren Entscheidungen zu Grunde liegt.

Die Abgabenbehörde hat diesen Grundsatz im vorliegenden Verfahren verletzt. Die Behörde hat die von mir vorgelegten Dokumente offenbar nicht ausreichend gewürdigt. Die Begründung ist schematisch und auf sechs Zeilen gehalten. Hätte die Behörde die umfangreichen Dokumente, die ich im bisherigen Beweisverfahren stets rechtzeitig vorgelegt habe, gewürdigt, hätte sie erkannt, dass ich mich nicht bloß vorübergehend in Österreich aufhalte und mir Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht.

Sollte die Behörde noch Bedarf nach weiteren Unterlagen haben, um meine "intensive Bindung" an Österreich zu ermitteln, bzw. in weiterer Folge ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zu führen, stehe ich gerne jederzeit zur Vorlage weiterer Unterlagen zur Verfügung.

Insgesamt hat die Behörde den zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, sodass sie bereits dadurch den Bescheid mit Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, die sich im Ergebnis zu meinen Ungunsten auswirkt, belastet hat.

b. Begründungspflicht

Gem. § 93 Abs. 3 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) sind Bescheide zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu aus:

"Nach der ständigen Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet" ( mwN).

Die Begründung im vorliegenden Bescheid ist sehr kurz gehalten. Jedenfalls erfüllt die Begründung des Bescheides nicht die Anforderungen, welche der VwGH an die Begründung von Bescheiden anlegt. Insbesondere wird aus dem vorliegenden Bescheid nicht ausreichend ersichtlich, welchen Sachverhalt auf Grund welcher Beweise die Behörde festgestellt hat. Völlig im Unklaren bleibt für mich auch, wodurch die Behörde zum Ergebnis gelangt, dass auf Grund einer vermeintlichen Unterhaltspflicht meiner Eltern kein Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich besteht. Insgesamt hat die Behörde den Bescheid unzureichend begründet, sodass sie dadurch den Bescheid mit Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, die sich im Ergebnis zu meinen Ungunsten auswirkt, belastet hat.

3.Inhaltliche Rechtswidrigkeit

"Die Behörde begründet ihren Bescheid wie folgt:

• Das Kind wohnt nicht mehr bei einem Elternteil

• Kein Elternteil leistet überwiegend Unterhalt

• Das Kind ist nicht in einem Heim untergebracht

Diese Voraussetzungen treffen nicht zu (§ 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Die Eltern sind während der Berufsausbildung zum Unterhalt verpflichtet. Die Eltern leben in ***7*** und werden gebeten, die Familienleistungen in ***7*** zu beantragen."

Diese Begründung ist in sich selbst widersprüchlich. Nachdem die Behörde zunächst richtigerweise die Voraussetzungen für den Eigenanspruch auf Familienbeihilfe iSv § 6 Abs. 5 FLAG zitiert, begnügt sie sich in weiterer Folge damit, lapidar festzuhalten, dass meine Eltern während der Berufsausbildung zum Unterhalt verpflichtet sind.

Damit ist aber nicht das entscheidende Kriterium für den Anspruch auf Familienbeihilfe durch Selbsterhalt angesprochen. Es kommt nämlich darauf an, ob ein Elternteil überwiegend Unterhalt leistet. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts dann nicht der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Ausgaben durch eigene Einkünfte bestritten werden. Daran ändert auch eine teilweise Unterhaltsleistung der Eltern nichts ().

Ich habe mich im Antragszeitpunkt überwiegend selbst erhalten, wie ich auch in einer umfassenden Stellungnahme inklusive umfassender Unterlagen belegt habe. Ich habe in Antrag gegenständlichen Zeitraum keinerlei Unterstützung von meinen Eltern behalten. Die meinen Antrag begleitende Stellungnahme lege ich hiermit nochmals vor, und mache die darin getätigten Ausführungen auch nochmals zum Inhalt meiner Beschwerde.

Sollte die Behörde weitere Unterlagen von mir benötigen, bin ich jederzeit bereit am weiteren Verfahren durch die Vorlage solcher Unterlagen mitzuwirken.

Abschließend stelle ich die Anträge:

  1. Den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und auszusprechen, dass mir Familienbeihilfe zusteht.

  2. Falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls dem BF einen Verbesserungsauftrag zu erteilen;

  3. Eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht durchzuführen."

Vorhalt vom

In der Folge erließ das Finanzamt am einen Vorhalt nachstehenden Inhalts:

Sehr geehrte Frau ***8***!

Bitte beantworten Sie schriftlich unsere Fragen bzw. senden Sie die angeforderten Unterlagen gemeinsam mit diesem Schreiben bis spätestens zurück.

Falls Sie diese Frist nicht einhalten können, vereinbaren Sie bitte mit uns telefonisch eine Fristverlängerung.

Fragen bzw. vorzulegende Unterlagen

Mietvertrag - Beschwerdezeitraum. Wer hat die Kaution bezahlt? Nachweis Zahlung

Stromrechnung-Jahresabrechnung 2020 und 2021

Handyvertrag

Nachweis bezahlter Studienbeitrag ab Oktober 2020

Nachweis bezahlte Tickets Verkehrsbetrieb

Ihre Geburtsurkunde

Bekanntgabe Adresse der Eltern in ***7***

Rechnungen Laptop, Bücher von Ihrem Architekturstudium

Um den NAG Nachweis zu erhalten, ist der Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes notwendig.

Welchen Nachweis haben Sie bei der Erstantragstellung vorgelegt? Nachweis

Sie werden gebeten, die o.a. Unterlagen vollständig vorzulegen."

Vorhaltsbeantwortung vom

Mit Eingabe vom beantwortete die Bf. den Vorhalt der belangten Behörde wie folgt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Hiermit lege ich Ihnen alle vorzulegenden Unterlagen, die den antragsgegenständlichen Zeitraum betreffen, vor. Ich möchte noch erwähnen, dass ich die Familienbeihilfe ab beantrage.

Sobald ich im Dezember 2019 meinen ersten Lohn bekommen habe, haben meine Eltern die Finanzierung eingestellt. Im antragsgegenständlichen Zeitraum seit Oktober 2020 habe ich den Nachweis meines Lebensunterhalts vor der MA 35 stets durch meine Erwerbseinkünfte bestritten, die deutlich über dem erforderlichen Richtsatz gern § 293 ASVG liegen.

Erläuterung einiger Dokumente:

Mietvertrag - Kaution: Die Kaution (400 Euro) wurde von meiner Mutter am gezahlt, als ich noch in ***2*** wohnte.

Stromrechnung: Alle Nebenkosten sind in der Miete inkludiert. Ich habe keine Nebenkosten für Wasser, Strom und Heizung.

Bekannte Adresse der Eltern in ***7***: Meldezettel von Mutter und Vater in ***12*** Sprache.

Rechnungen für Laptops und Bücher des Architekturbüros:

Laptop: Der Laptop, den ich benutze, gehörte meinem Vater, der ihn bekam, als ich 2018 nach Österreich gezogen bin.

Bücher: wir haben alle notwendigen Skripte von der Fakultät in PDF-Form bekommen, die ich zu Hause kopiert habe. Da ich Architektur studiere, brauchen wir viel Material zum Modellbau und Zeichnen, deshalb habe ich alle Rechnungen vom Anfang meines Studiums vorgelegt.

Gerne reiche ich auf Nachfrage weitere benötigte Unterlagen nach und stehe für weitere Informationen zur Verfügung."

Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom

In der Folge erließ die belangte Behörde am eine die Beschwerde der Bf. abweisende BVE und führte hierbei begründend nachstehendes aus:

"Gem. § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Gem. § 2 Abs. 5 lit. b FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn das Kind für Zwecke der Berufsausbildung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausbildung eine Zweitunterkunft bewohnt.

Es ist zwischen Aufenthaltsrecht und Niederlassung zu unterscheiden. Die Aufenthaltsbewilligung "Student" ist unter dem Hauptstück Aufenthaltsrecht und nicht unter Niederlassung geregelt, was auch einen großen Unterschied seitens der Fremdenbehörde ausmacht.

Gem. § 64 Hauptstück Aufenthaltsbewilligung Studenten ist Drittstaatenangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung auszustellen, wenn sie ein ordentliches oder außerordentliches Studium absolvieren. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit richtet sich nach dem AuslBGesetz. Diese Erwerbstätigkeit darf das Erfordernis des Studiums als ausschließlichen Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen.

Die Aufenthaltsbewilligung "Student" ermöglicht einem Drittstaatenangehörigen in Österreich zu studieren. Eine Nebenbeschäftigung wird geduldet, wenn dadurch der Fortgang des Studiums nicht beeinträchtigt ist.

Da für Sie im Zeitraum bis der Aufenthaltstitel "Student" ausgestellt wurde, somit die Haushaltszugehörigkeit zu den Eltern in ***7*** nicht aufgehoben wurde, besteht in Österreich kein Anspruch auf die Familienbeihilfe."

Vorlageantrag vom

In der Folge stellte die Bf. vermittels Eingabe vom den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG, wobei begründend nachstehendes ausgeführt wurde:

1. Bisheriger Verfahrensgang

Mit Antrag vom beantragte ich die Familienbeihilfe rückwirkend seit Oktober 2020 für mich selbst. Meinem Antrag legte ich eine umfangreiche Stellungnahme sowie diverse Dokumente zum Nachweis meines Selbsterhalts bei. Mit Bescheid vom zu oben genanntem Ordnungsbegriff lehnte das Finanzamt meinen Antrag ab. Dagegen erhob ich fristgerecht am Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides sowie auf Grund von Rechtswidrigkeit als Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Mit Unterlagenaufforderung vom ersuchte mich die Behörde um Auskunft sowie Vorlage von Unterlagen. Diesem Ersuchen kam ich mit Schreiben sowie Unterlagenübersendung vom nach. Nunmehr lehnt die Behörde mit der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung meinen Antrag abermals ab. Gegen diese Entscheidung richtet sich der gegenständliche Vorlageantrag zu dem ich ausführe wie folgt.

2. Sachverhalt

Ich bin Staatsangehörige von ***2***, geboren am ***3*** und kam im Oktober 2018 nach Österreich. Ich wohne in der ***4*** (Beilage 1:

Meldezettel) und habe meinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Ich begann mein Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien am , im Wintersemester 2020 (Beilage 2: Studienzeitbestätigung). Insgesamt erzielte ich in den ersten beiden Semestern meines Studiums 25 ECTS Punkte und erfüllte somit den Leistungsnachweis.

Meine monatlichen Ausgaben betrugen im antragsgegenständlichen Zeitraum etwa 840 Euro und setzten sich im Wesentlichen aus:

Miete (inklusive sämtlicher Kosten wie Heizung, Strom und Internet), iHv 285 Euro/Monat;

Lebensmittel-, Kleidungs- und Drogeriekosten iHv 375 Euro/Monat.

Kosten für Handy in Höhe von 14 Euro /Monat

Kosten für den Studienbeitrag in Höhe von 125 Euro pro Monat

Kosten für das Ticket bei den Verkehrsbetrieben 18 Euro pro Monat

Sonstige Kosten iHv 22 Euro pro Monat (Münzen für Waschmaschine)

Von bis arbeitete ich 20h /Woche bei ***5*** (***6***) und verdiente dort EUR 734 netto/Monat (Beilage 3: Lohnzettel 12/2019 bis 01/2021).

Von bis laufend arbeite ich 18h /Woche bei ***5*** (***6***) und verdiente dort EUR 670 netto/Monat (Beilage 4: Lohnzettel 02/2021 bis laufend). Ab Jänner 2022 ist mein Lohn auf 710 netto/Monat gestiegen.

Ich erhalte keinerlei Beihilfe von einem anderen Staat und im antragsgegenständlichen Zeitraum keinerlei Unterstützung von meinen Eltern oder anderen Verwandten.

Nicht meine Eltern trugen daher im antragsgegenständlichen Zeitraum zum überwiegenden Teil meinen Unterhalt, sondern ich kam selbst überwiegend dafür auf. Ich erfülle daher die Anspruchsvoraussetzungen für einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe.

Ich lebe seit Oktober 2018 nicht mehr bei meinen Eltern. Diese leben im Ausland während ich seit Oktober 2018 den Mittelpunkt meiner Lebensinteressen gemäß § 2 Abs. 8 FLAG in Österreich habe.

3. Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften

a. Begründungspflicht

Gem. § 93 Abs. 3 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) sind Bescheide zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu aus:

"Nach der ständigen Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet." ( mwN)

Die Begründung im vorliegenden Bescheid ist sehr kurz gehalten, und inhaltlich offensichtlich unzutreffend. Jedenfalls erfüllt die Begründung des Bescheides nicht die Anforderungen, welche der VwGH an die Begründung von Bescheiden anlegt. Insbesondere wird aus dem vorliegenden Bescheid nicht ausreichend ersichtlich, welchen Sachverhalt auf Grund welcher Beweise die Behörde festgestellt hat. Völlig im Unklaren bleibt für mich auch, wodurch die Behörde zum Ergebnis gelangt, dass ich dem Haushalt meiner Eltern zugehöre, bzw. was sie damit rechtlich überhaupt im Sinne des FLAG ausführen will. Die Ausführungen zum Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht sind allesamt nicht mit den gesetzlichen Regelungen des FLAG in Einklang zu bringen, da dieses überhaupt nur einen Aufenthaltstitel nach den §§ 8 und 9 NAG für die Gleichstellung verlangt.

Insgesamt hat die Behörde den Bescheid unzureichend begründet, sodass sie dadurch den Bescheid mit Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, die sich im Ergebnis zu meinen Ungunsten auswirkt, belastet hat.

b. Amtswegige Ermittlungspflicht - Verletzung des Parteiengehörs

Gem. § 115 Bundesabgabenordnung (BAO) trifft die Abgabenbehörde die Pflicht, die "Fälle zu erforschen und von Amts wegen der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln", welche sie ihren Entscheidungen zu Grunde liegt.

Die Abgabenbehörde hat diesen Grundsatz im vorliegenden Verfahren verletzt. Die Behörde hat die von mir vorgelegten Dokumente offenbar nicht ausreichend gewürdigt bzw. gänzlich ignoriert. Die Begründung ist schematisch und besteht offensichtlich aus Textbausteinen. Hätte die Behörde die umfangreichen Dokumente, die ich gemeinsam mit dem Antrag sowie mit den Unterlagenaufforderungen vorgelegt habe, gewürdigt, hätte sie erkannt, dass ich mich selbst erhalte und mir Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht.

Sollte das Bundesfinanzgericht noch Bedarf an weiteren Unterlagen haben, stehe ich gerne jederzeit zur Vorlage weiterer Unterlagen zur Verfügung. Gerne bin ich auch telefonisch in dieser Sache erreichbar.

Insgesamt hat die Behörde den zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, sodass sie bereits dadurch den Bescheid mit Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, die sich im Ergebnis zu meinen Ungunsten auswirkt, belastet hat. Sie hat darüber hinaus sämtliche meiner Eingaben ignoriert bzw. sich nicht in einer erkennbaren Weise damit auseinandergesetzt, sodass sie auch mein Recht auf Parteiengehör verletzt hat.

4. Inhaltliche Rechtswidrigkeit

Ich habe unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise darauf Anspruch hat. Gemäß § 6 Abs. 2 FLAG besteht der Anspruch für Vollwaisen, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden (daher bei Betreiben eines Studiums). § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz FLAG sind für diese ebenfalls anzuwenden. Dementsprechend besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für die vorgesehene Studienzeit plus ein Toleranzjahr.

Der Durchführungsrichtlinie zum FLAG Teil 1 vom ist auf Seite 51 Punkt 2 unter dem Kapitel "06.05 Kinder, die Vollwaisen gleichgestellt sind" zu entnehmen:

"2. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 bezweckt die Gleichstellung von Kindern, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, mit Vollwaisen, für die niemand unterhaltspflichtig ist und die deshalb einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Der Gesetzgeber will mit der betreffenden Bestimmung in jenen Fällen Härten vermeiden, in denen Kinder sich weitgehend selbst erhalten müssen. Somit ist § 6 Abs. 5 FLAG 1967 auch dann anwendbar, wenn Eltern ihrer Unterhaltspflicht aus welchen Gründen immer nicht nachkommen.

Demnach ist nur entscheidend, ob das Kind eines Unterhaltes bedarf. Ob dieser Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen überhaupt realisiert werden kann, ist ohne Bedeutung (siehe ). Daher ist § 6 Abs. 5 FLAG 1967 z.B auch anwendbar, wenn Eltern (ein Elternteil) mangels (ausreichendem) Einkommen gar nicht in der Lage sind (ist), den erforderlichen Unterhalt für das Kind tatsächlich zu leisten."

Die Bestimmung des § 3 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) regelt die Frage der

Gleichstellung zu österreichischen Staatsbürgerinnen. Die Bestimmung sieht eine Gleichstellung vor, sofern ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 oder 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vorliegt und sich die Person rechtmäßig in Österreich aufhält. Ich halte mich rechtmäßig in Österreich auf und verfüge über eine Aufenthaltsbewilligung für Studenten, der in § 8 Abs 1 Z 12 NAG genannt ist (Beilage 5: Aufenthaltstitel).

§ 2 Abs. 8 FLAG normiert den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet als Anspruchsvoraussetzung für die Familienbeihilfe. Nach der Rechtsprechung kommt es für die Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressen nicht auf die Staatsangehörigkeit, den Zweck der Einreise und auch nicht auf einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet an:

: "Zur Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressen im

Sinn des § 2 Abs. 8 FLAG kommt es nach der hg. Rechtsprechung nicht darauf an, ob der Aufenthalt im Bundesgebiet ein ständiger ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , ZI. 2009/16/0124, mwN)."

: "Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom , ZI. 2008/15/0325, und vom , ZI. 2008/13/0218), auf deren Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass ein zu Studienzwecken lediglich vorübergehend währender Aufenthalt im Bundesgebiet die Beurteilung nicht ausschließt, der Studierende habe den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich."

Der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen ist seit Oktober 2018 klar in Österreich. Ich verfüge über einen Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs 1 Z 12 NAG, und bin daher gleichgestellt. Ich habe in Österreich bereits viele Freundinnen gefunden und habe daher auch soziale Kontakte hier.

Abschließend stelle ich in Bezug auf meinen Vorlageantrag die folgenden Anträge:

Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und auszusprechen, dass mir die Familienbeihilfe zusteht.

Falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten in der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls einen Verbesserungsauftrag zu erteilen.

Eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht (BFG) durchzuführen.

Gerne reiche ich auf Nachfrage weitere benötigte Unterlagen nach und stehe für weitere Informationen gerne zur Verfügung."

Vorhalt des

Zwecks Ergänzung des Sachverhalts erließ das BFG am einen Vorhalt nachstehenden Inhalts:

"Sehr geehrte Frau ***8***,

In Ihrer Beschwerdesache werden Sie - ob der Tatsache, dass ob der Bestimmung des § 10 Abs. 2 FLAG der Kalendermonat als Anspruchszeitraum der Familienbeihilfe statuiert ist und ergo dessen dieser auf Monatsbasis zu beurteilen ist - ersucht nachstehende Fragen innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

1. Rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich

In Ansehung der Tatsache, dass zurzeit ein bis zum befristeter "NAG- Titel -Student" aktenkundig ist, werden Sie - unter Vorlage einer Kopie der NAG- Karte - ersucht, dem BFG mitzuteilen, ob bzw. gegebenenfalls bis zu welchem Zeitpunkt dieser Titel verlängert wurde.

2. Studienerfolgsnachweis im Bachelorstudium Architektur ab dem WS 2021/2022

Angesichts der Tatsache, dass dem Verwaltungsgericht lediglich die Ablichtung eines Studienerfolgsnachweises für den Zeitraum bis vorliegt, werden Sie ersucht ihren in oben angeführtem Studium ab dem WS 2021/2022 bis dato erzielten Studienerfolg - durch Nachreichung entsprechender Belege - nachzuweisen.

3. Nichtselbständige Tätigkeit - Bestreitung der monatlichen Lebenshaltungskosten ab April 2022 bis dato

In ihren Vorhaltsbeantwortungen vom sowie vom bezifferten Sie hinsichtlich des Zeitraumes Oktober 2020 bis März 2022 ihre monatlichen Lebenshaltungskosten mit rund 840,00 Euro bei einem in der Bandbereite von 734,00 Euro bzw. von 670,00 Euro angesiedelten Monatsnettoverdienst.

Sie werden ersucht, dem BFG - unter Nachreichung von Belegen - das ungefähre betragsmäßige Ausmaß der ab April 2022 bis laufend angefallenen monatlichen Lebenshaltungskosten sowie den ab diesem Zeitpunkt aus der Erwerbstätigkeit lukrierten Nettomonatsverdienst bekanntzugeben."

Beantwortung des Vorhalts vom

In der Folge wurde seitens der Bf. der Vorhalt des Verwaltungsgerichtes mittels Eingabe vom samt Nachreichung von an unterer Stelle angeführten Beilagen wie folgt beantwortet:

"Sehr geehrter Herr Ri,

am ist Ihr Brief, Steuernummer ***BF1StNr1***, bei mir eingelangt, in dem Sie um Unterlagen zur Klärung des Anspruchs auf Familienbeihilfe ersuchen. In diesem Schreiben haben Sie um die folgenden Unterlagen nachgefragt, die ich Ihnen als Anlage zukommen lasse:

1. Rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich

In den Unterlagen finden Sie ein gescanntes Aufenthaltsvisum - Student. Das Visum wurde am verlängert und ist bis zum gültig. Gesetzlich wird das Studentenvisum jedes Jahr verlängert. Das Studentenvisum wurde bereits zum fünfte Mal verlängert.

2. Studienerfolgsnachweis im Bachelorstudium Architektur ab WS 2021/2022

Sie erhalten von mir einen Studienerfolgsnachweis für den Zeitraum vom bis zum , sowie einen Nachweis für den Zeitraum vom WS2021/2022 bis dato.

3. Nichtselbständige Tätigkeit - Bestreitung der monatlichen Lebenshaltungskosten ab April 2022 bis dato

1. Gehaltslisten im Zeitraum von April 2022 bis heute (21 Lohnlisten)

2. Zahlungsnachweis für die Studentenheim ***9*** Österreich.

Die aktuelle Miete beträgt 310,00 Euro/Monat

3. Zahlungsbestätigung der Fakultät

Als ausländischer Student bin ich verpflichtet, 749,42 Euro/Semester zu zahlen, inklusive 20,20 Euro ÖH Betrag (andere Studenten zahlen nur diese Kosten), die Sie in den Unterlagen sehen können.

4. Drei Telefon- und Internetkosten

Aufgrund der Vorlesungen auf Online-Plattformen während der Corona-Pandemie war ich zwangsweise verpflichtet, das Internet zu nehmen, damit ich die Pflichtvorlesungen an der Universität online verfolgen kann.

5. Kontoauszug von der Bank über die Bezahlung von Lebensmitteln im Zeitraum vonApril 2022 bis dato

Ein Auszug aus der George-App zur Einsicht in die Ausgaben für den Zeitraum ab April 2022 bis dato.

Alle Ausgabenbelege sind von meinem Bankkonto. Auf diese Weise kann ich Ihnen am besten die tatsächliche finanzielle Situation zeigen. Ich hoffe, dass diese Dokumente Ihnen bei der Entscheidung behilflich sein werden. Wenn Sie weitere Unterlagen benötigen, stelle ich Ihnen diese gerne zur Verfügung."

Ergänzung der Vorhaltsbeantwortung vom inklusive Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Am langte beim BFG eine Eingabe der Bf. nachstehenden Inhalts ein:

"Sehr geehrter Herr Ri,

hiermit teile ich Ihnen die Rücknahme die mündliche Verhandlung mit, weil ich glaube, dass Sie mit der ersten und zweiten Unterlagenergänzung einen vollständigen Einblick in die Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe haben. Ich stehe Ihnen für jede zusätzliche

Frage zur Verfügung, und wenn Sie es für notwendig halten, weitere Ergänzungen der Unterlagen vorzunehmen.

Mit dieser zweiten Ergänzung wende ich mich an Sie gemäß Ihrem oben genannten Brief. In dem Anhang dieses Briefes/ Dokumentes sende ich Ihnen folgende Informationen zu:

1. Universitätskosten (Modelle)

Ich konnte fast alle Skripte und Vorlesungen online finden, aber die größten Kosten für meine Fakultät entstehen durch die Modelle, die wir im Rahmen der Übungen entwerfen müssen. Daher sende ich Ihnen die Kosten aus den Geschäften, in denen ich die meisten Materialien gekauft habe. Bitte beachten Sie, dass es sich dabei nur um Kosten handelt, die mit der Karte bezahlt wurden.

2. Kosten für öffentliche Verkehrsmittel

Als Studentin habe ich das Recht, zweimal im Jahr ein Semesterticket zu kaufen, das 75 Euro kostet, und für zwei Monate im Sommer (Juli/August), die nicht Teil des Studententickets sind, das jeweils etwa 29,5 Euro kostet. (Preise direkt über die Wien Mobil-App, Onlineshop).

3. Reisekosten (Besuch bei meinen Eltern)

Etwa alle 3 Monate im Kalenderjahr. Ich sende Ihnen eine Kopie des Bustickets (als Studentin zahle ich 52 Euro für Hin- und Rückfahrt), das ist die billigste Art der Transportmöglichkeit, denn das Flugticket Minimum 127 Euro (Austrian Airlines, Sarajevo-Wien) kostet.

4. Integration und soziales Leben

Schon seit meiner Ankunft in Wien unterhalte ich mich aktiv mit meiner Cousine, die in Österreich geboren wurde und auch österreichische Staatsbürgerin ist. Sie hat dieses Jahr ihr 30. Geburtstag gefeiert, deshalb sind unsere Lebensinteressen sehr ähnlich. Im Übrigen haben wir eine sehr gute Beziehung aufgebaut.

Außerdem habe ich auch eine sehr gute Beziehung mit meiner ehemaligen Mitbewohnerin (mit der ich fast 3 Jahre lang zusammengelebt habe), die mittlerweile umgezogen ist, um mit ihrem Freund zusammenzuleben. Nach ihrem Umzug hatte ich eine neue Mitbewohnerin aus der Ukraine, die bis zum im Rahmen des Erasmus-Programms in Wien war.

Ich bin sehr zufrieden damit, dass das Kollektiv bei der Arbeit angenehm ist. Obwohl es sich um eine kleine Filiale mit insgesamt sechs Mitarbeitern handelt, sind wir alle ein gutes Team, wo ich eine gute Freundin gefunden habe.

Besonders möchte ich sagen, dass ich gleich am ersten Tag und in der ersten Unterrichtsstunde der deutschen Sprachschule eine langjährige Freundin kennengelernt habe, die aus Baku in Aserbaidschan kommt.

An der Fakultät für Architektur sind alle Übungen als Gruppenarbeiten konzipiert, und deshalb habe ich bisher in jedem Semester neue Kontakte geknüpft.

5.Lebensinteressen

Wien wurde nicht umsonst als die beste Stadt zum Leben gewählt. Die Möglichkeiten, die die Stadt zu jeder Jahreszeit bietet, sind mit Sicherheit einer der Faktoren, die meine Entscheidung, mein Studium in Wien zu absolvieren und in dieser Stadt zu bleiben, begründet haben. Im weiteren Leben sowohl in beruflichen als auch in privaten Aspekten.

Neben allen Aufgaben, die die Fakultät und die studentische Arbeit mit sich bringen, spreche ich mit einem Architekturbüro über die Durchführung eines unbezahlten Praktikums, das für das Studium der Architektur notwendig ist.

Auch wenn ich neben all meinen Aufgaben wenig Zeit für mich selbst habe, nutze ich diese gerne für Spaziergänge und um die Stadt zu entdecken. Nach einem langen Tag an der Fakultät gehe ich am liebsten durch den ersten Bezirk nach Hause. Im Sommer ersetze ich die Öffis gerne durch das Fahrrad und genieße auf diese Weise das Flair der Stadt.

Alle Ausgabenbelege sind von meinem Bankkonto. Auf diese Weise kann ich Ihnen am besten die tatsächliche finanzielle Situation zeigen. Ich hoffe, dass diese Dokumente Ihnen bei der Entscheidung behilflich sein werden. Wenn Sie weitere Unterlagen benötigen, stelle ich Ihnen diese gerne zur Verfügung."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Die, die Staatsbürgerschaft ***10*** besitzende am ***3*** geborene Bf. ist seit Oktober 2018 in Wien wohnhaft, respektive seit dem an der TU Wien im Bachelorstudium Architektur inskribiert, wobei sie bestätigter Maßen im Studienjahr 2020/2021 Prüfungen im Ausmaß von 25 ECTS, im Studienjahr 2021/2022 solche im Ausmaß von 28 ECTS, im Studienjahr 2022/2023 solche im Ausmaß von 42 ECTS bzw. im WS/2023/2024 am eine Prüfung im Ausmaß von 1 ECTS positiv absolviert hat.

Aufgrund des Betreibens vorgenannten Studiums verfügt die Bf. im Bundesgebiet über einen - nunmehr bis zum verlängerten - Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 12 NAG.

Die im Zuge des verwaltungsbehördlichen sowie verwaltungsgerichtlichen Verfahrens seitens der Bf. nachgereichten Unterlagen erhellen, dass die im Zeitraum vom 1.Oktober 2020 bis zum im Ausmaß von rund2.400,00 Euro (800,00 Euro x 3), von rund 10.200,00 Euro (850,00 Euro x 12 für das Jahr 2021), von rund10.800,00 Euro (900,00 Euro x 12 für das Jahr 2022) sowie von rund 11.400,00 Euro (950,00 Euro x 12 für das Jahr 2023) angefallenen, die Bereiche - Miete, Nahrungs-, Bekleidungs- und Kosmetikartikel, Studiengebühren, Handy und Internetkosten, Lehrmittel für das Studium, Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel sowie für den Besuch der Eltern - umfassenden Lebenshaltungskosten der Bf. durch aus ihrer nichtselbständigen Tätigkeit stammenden, belegmäßig nachgewiesenen Nettolöhne von 2.938,19 Euro(10/2020 bis 12/2020), von 7.990,85 Euro zuzüglich einer aus der Arbeitnehmerveranlagung 2020 resultierenden Gutschrift von 800,00 Euro (2021), von 11.333,85 Euro zuzüglich einer aus der Arbeitnehmerveranlagung 2021 resultierenden Gutschrift von 903,00 Euro (2022) sowie von 11.415,03 Euro zuzüglich einer aus der Arbeitnehmerveranlagung 2022 resultierenden Gutschrift von 1.329,00 Euro(2023) mit Ausnahme des Jahres 2021 gedeckt sind, sodass umgekehrt gesprochen diese sich nahezu gänzlich den Unterhalt verschafft hat.

Bezogen auf den Streitzeitraum ist in Anbetracht des Lernaufwandes für das erfolgreiche Betreiben des Studiums der Architektur sowie für die Entfaltung der - zum Teil auch Überstunden umfassenden - nichtselbständigen Tätigkeit die Bf. diese schon in temporärer Hinsicht als fest in Wien "verwurzelt" zu betrachten, respektive legt dieser Umstand vice versa auch das ins Treffen geführte Pflegen sozialer Kontakte mit ihrer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Cousine sowie anderer in Wien domizilierter Freunde geradezu nahe.

2. Streitgegenstand

Vor dem unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalt steht die Anspruchsberechtigung der Bf. auf Familienbeihilfe ab dem auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Während die Bf. in ihrer Beschwerde die Rechtmäßigkeit des Anspruches auf die Parameter ihrer Stellung als Vollwaise im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG 1967, des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet inklusive des in Österreich befindlichen Mittelpunkt der Lebensinteressen sowie des erfolgreichen Betreibens des Studiums der Architektur stützt, vertritt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass die Eltern der Bf. die Unterhaltspflicht in Richtung Finanzierung des Studiums treffe und insoweit etwaige Familienleistungen bei den ***12*** Behörden zu beantragen seien.

Wenn nun die Bf. in der am beim FA Österreich eingelangten Vorhaltsbeantwortung ihren ursprünglichen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem nunmehr auf Gewährung ab dem "erstreckt", ist sie darauf hinzuweisen, dass ob der mittels Bescheid vom erfolgten Abweisung des Antrags ab dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren exklusiv das Befinden über die Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit nämlichen Ausspruchs (= Abweisung ab dem ) den Streitgegenstand vor dem BFG bildet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 3 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:

(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 6 Abs. 1 FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Nach § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden.

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3) ……………

§ 6 Abs. 7 FLAG 1967 normiert in seiner lit. b, dass sich die Anspruchsdauer nach Abs. 2 lit. a bis c und für lit. f bis i im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Studium infolge der COVID- 19 - Krise abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer hinaus, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr verlängert.

§ 10 Abs. 2 und Abs. 3 lauten:

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In Bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

Nach § 13 FLAG 1967 hat das Finanzamt Österreich über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

3.2. Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Rechtmäßiger Aufenthalt der Bf. in Österreich

§ 2 FLAG 1967 legt die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen fest, unter denen jemand Anspruch auf Familienbeihilfe hat. § 3 FLAG 1967 stellt ergänzend für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, weitere besondere Voraussetzungen auf.

§ 3 Abs. 1 FLAG 1967 bezieht sich auf Anspruchsberechtigte für den Bezug von Familienbeihilfe (§ 2), die nicht österreichische Staatsbürger sind.

Für Bürger aus Drittstaaten gelten die Aufenthaltstitel nach § 8 NAG (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 3 Rz 1 und 3f).

Neben dem rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich müssen die Anspruchsberechtigten (§ 3 Abs. 1 FLAG 1967) einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich und den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich haben (s § 2 Abs. 8 FLAG 1967), jedenfalls, wenn es sich um Drittstaatsangehörige (Staatenlose) handelt (vgl. und Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 3 Rz 5).

Personen, die weder die österreichische Staatsbürgerschaft noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates der EU (oder eines Vertragsstaates des EWR oder die Schweizer Staatsbürgerschaft) besitzen (Drittstaatsangehörige und Staatenlose), müssen zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Familienbeihilfe auch die in § 3 festgelegten Bedingungen erfüllen (vgl. ).

Bei ausländischen Staatsangehörigen und Staatenlosen genügt ein inländischer Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt im Inland (s § 2 Abs. 1) sowie der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland (s § 2 Abs. 8) für den Anspruch auf die Familienbeihilfe nicht. Bei Fremden (Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen), die Familienbeihilfe beantragen, müssen zusätzlich die in § 3 Abs. 1 angeführten qualifizierten Voraussetzungen vorliegen.

Fehlt nur eine der vom Gesetz geforderten Tatbestandsvoraussetzungen, um einen Familienbeihilfe-Anspruch als ausländischer Staatsangehöriger zu begründen, kann einem Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe kein Erfolg beschieden sein (vgl. -K/06).

In Ansehung der Tatsache, dass die Bf. im gesamten Streitzeitraum über einen in § 8 Abs. 1 Z 12 NAG normierten - mit Gültigkeit bis zum ausgestatteten - Aufenthaltstitel -Student - verfügt, obwalten nach Auffassung des BFG an ihrem rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, sprich mit anderen Worten an der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 FLAG 1967 keinerlei Bedenken.

3.2.2. Mittelpunkt der Lebensinteressen

Zur Frage wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person befindet, führt der VwGH im Erkenntnis vom , 89/14/0054, Folgendes aus:

"Unter persönlichen sind dabei all jene Beziehungen zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen aufgrund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden, während den wirtschaftlichen Beziehungen nur eine weitergehenden Zwecken dienende Funktion zukommt (vgl. Zl. 1001/69). Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die stärkste persönliche Beziehung eines Menschen im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem er regelmäßig mit seiner Familie lebt, dass also der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheirateten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird. Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie als weiteren Umstand das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen voraus (vgl. Zl. 83/16/0177 = VwSlg. Nr 6006/F sowie die darin zitierte Vorjudikatur; ferner vom , Zl. 86/16/0198, , Zl. 88/16/0068 und , Zl. 88/16/0229).

Bei von der Familie getrennter Haushaltsführung kommt es auf die Umstände der Lebensführung, wie etwa eine eigene Wohnung, einen selbständigen Haushalt, gesellschaftliche Bindungen, aber auch auf den Pflichtenkreis einer Person und hier insbesondere auf ihre objektive und subjektive Beziehung zu diesem an (vgl. Zl. 2365/78, 2051/79 = VwSlg. Nr 5401/F)."

Nach der ständigen Rechtsprechung kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben (vgl. ).

Zu beachten ist, dass es für die Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressen gemäß der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder auf die Staatsangehörigkeit, den Zweck der Einreise noch auf einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet ankommt ( ZI. 2009/16/0124, mwN sowie vom , 2009/16/0179).

In Ansehung obiger Ausführungen und der Darlegung der Ermittlungsergebnisse des BFG unter Punkt 1 letzter Absatz auf welche - schon um Wiederholungen zu vermeiden - verwiesen wird, hegt das Verwaltungsgericht keine Zweifel daran, dass sich - ungeachtet fallweiser Besuche der in ***2*** wohnhaften Eltern - der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. in Österreich befindet.

3.2.3. Erfüllung des Status einer "Sozialwaise" im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG 1967

Der Wortlaut des § 6 Abs. 5 FLAG 1967 legt nahe, dass es ausschließlich auf das tatsächliche (überwiegende) Leisten oder Nichtleisten von Unterhalt durch die Eltern ankommen soll und zwar unabhängig davon, ob diese eine Unterhaltspflicht trifft oder ob die allfällige Leistung eines Unterhalts freiwillig, d. h. ohne rechtliche Verpflichtung, erfolgt (vgl. ).

Es hängt einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab, ob eine Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend getragen hat. Ohne zumindest schätzungsweise Feststellung der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind lässt sich in der Regel nicht sagen, ob die Unterhaltsleistung in einem konkreten Fall eine überwiegende war (vgl. ).

Ausgehend von den unter Punkt 1 angeführten finanziellen Eckdaten, auf welche - schon um Wiederholungen zu vermeiden - verwiesen wird, gelangt das BFG zur Überzeugung, dass in Übereinstimmung mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Bf., diese durch Ausübung einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit, inklusive der aus nämlicher Tätigkeit lukrierten Abgabengutschriften (nahezu) zur Gänze für ihre Lebenshaltungskosten aufgekommen ist, sprich sohin sich selbst den Unterhalt verschafft hat, diese unzweifelhaft den Status einer "Sozialwaise" im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt.

3.2.4. Erfüllung des Status "des in Berufsausbildung Befindens" ab dem

Unter nochmaliger Bezugnahme auf die Anzahl bzw. das in ECTS Punkten zum Ausdruck gebrachte Ausmaß der im Zeitraum vom bis zum positiv absolvierten Prüfungen sind nach Ansicht des BFG die in § 2 Abs. 1 lit. b 12. Und 13. Satz FLAG 1967 normierten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, respektive obwalten andersrum gesprochen an dem - den Anspruch auf Familienbeihilfe - begründenden Status der Bf. "des in Berufsausbildung Befindens" kein Bedenken.

3.2.5. Conclusio

In Ansehung der Ausführungen unter den Punkten 3.2.1. bis 3.2.4 besteht für die Bf. ab dem - unter Berücksichtigung des § 6 Abs. 7 lit. b FLAG 1967 - bis laufend ein Anspruch auf Familienbeihilfe und war ergo dessen wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Erfüllung der Voraussetzung nach § 2 Abs. 8 FLAG in freier Beweiswürdigung erfolgte bzw. die Verifizierung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen direkt auf den gesetzlichen Bestimmungen des FLAG 1967 fußt.

Wien, am

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