Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.02.2024, RV/7100401/2024

Einstellung des Verfahrens mangels Gesamtrechtsnachfolge

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache Verlassenschaft nach ***Bf1*** betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Ablauf des Verwaltungsverfahrens
Mit elektronischer Erklärung vom wurde für die Verlassenschaft nach der am tt.mm.2022 verstorbenen ***Bf1*** durch die steuerliche Vertretung die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 beantragt.

In Erledigung des Ergänzungsersuchens vom legte die steuerliche Vertretung mit Schreiben vom den Beschluss des Bezirksgerichts ***BG*** vom vor, aus dem hervorgeht, dass dem Witwer der Verstorbenen die überschuldete Verlassenschaft gemäß § 154 AußStrG an Zahlungsstatt überlassen wird und er ermächtigt ist, Steuererklärungen für die letzten fünf Jahre namens der Verstorbenen beim zuständigen Finanzamt abzugeben.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 zurückgewiesen, da eine Einantwortung unterblieben sei und somit keine Gesamtrechtsnachfolger vorliege. Auf die Möglichkeit der Bestellung eines Verlassenschaftskurators durch das Gericht wurde hingewiesen.
Der Bescheid wurde an die Verlassenschaft nach ***Bf1*** zu Handen der steuerlichen Vertretung gerichtet.

Am brachte die steuerliche Vertretung für die Verlassenschaft nach ***Bf1*** gegen den Bescheid vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein und verwies begründend auf den Beschluss des Bezirksgerichts ***BG***, wonach der Witwer zur Abgabe von Steuererklärungen für die Verstorbene ermächtigt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, da sie sich gegen einen Nichtbescheid gerichtet habe. Die Beschwerdevorentscheidung wurde an die Verlassenschaft zu Handen des Steuerberaters der Verstorbenen gerichtet.

Am langte beim Finanzamt für die Verlassenschaft nach ***Bf1*** ein Vorlageantrag ein.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Wesentlichen wurde darauf hingewiesen, dass es sich beim Bescheid vom um einen Nichtbescheid handeln würde, da der Bescheid nicht an den Antragsteller (***Witwer***) sondern an die Verlassenschaft nach ***Bf1*** ergangen sei.

Festgestellter Sachverhalt
Am tt.mm.2022 ist Frau ***Bf1*** verstorben.

Mit Erklärung vom beantragte die steuerliche Vertretung die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 für die Verlassenschaft nach ***Bf1***.

Aus dem Beschluss des Bezirksgerichts ***BG*** vom geht hervor, dass dem Witwer der Verstorbenen die überschuldete Verlassenschaft gemäß § 154 AußStrG an Zahlungsstatt überlassen wird und er ermächtigt ist, Steuererklärungen für die letzten fünf Jahre namens der Verstorbenen beim zuständigen Finanzamt abzugeben.

Mit dem an die Verlassenschaft nach ***Bf1*** gerichteten Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung zurück, weil mangels Einantwortung keine Gesamtrechtsnachfolge vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Parteienvorbringen und den vorgelegten Aktenteilen, insbesondere aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes ***BG*** vom .

Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 hat eine Arbeitnehmerveranlagung zu erfolgen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren einen diesbezüglichen Antrag stellt. Einen solchen Antrag kann somit nur der Steuerpflichtige selbst, ein in der BAO vorgesehener Vertreter oder der Gesamtrechtsnachfolger stellen.

Am hat die steuerliche Vertretung für die Verlassenschaft der am tt.mm.2022 verstorbenen ***Bf1*** einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung eingebracht.

Die von ***Bf1*** zu deren Lebzeiten erteilte Vollmacht ist mit ihrem Tod erloschen. Es wurden keine Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die von Frau ***Bf1*** erteilte Vollmacht ausnahmsweise über deren Tod hinaus wirken würde. Die steuerliche Vertretung war daher für die Einbringung des Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung nicht legitimiert, sodass der Antrag schon deshalb zurückzuweisen gewesen wäre.

Nach § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Gegenständlich wurde das Nachlassvermögen an Zahlungsstatt überlassen (§ 154 AußStrG). Es erfolgte also keine Einantwortung und es kam zu keiner Gesamtrechtsnachfolge (vgl. Ritz/Koran, BAO7, 2021, § 19, Tz 13, mit Verweis auf , SZ 59/13; zu § 73 AußStrG, , EvBl 1993/112). Der Beschluss über die Überlassung an Zahlungsstatt stellt keinen Erwerbstitel für die Erbschaft dar, sondern nur für die im Beschluss bezeichneten einzelnen Bestandteile und führt zur Einzelrechtsnachfolge. Allfällige abgabenrechtliche Verpflichtungen und Ansprüche des Erblassers können nicht im Weg des § 19 BAO übergehen. Der Zustand des ruhenden Nachlasses bleibt erhalten.

Die Ermächtigung des Witwers der verstorbenen ***Bf1*** durch das Verlassenschaftsgericht bewirkt nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung der Verlassenschaft nach ***Bf1*** und berechtigt diesen daher nicht zur Antragstellung nach § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 31988 für die Verlassenschaft. (vgl. )

Als juristische Person bedarf es eines Vertreters, der für diese juristische Person (Verlassenschaft) handelt. Solche Vertreter können ein Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder der bzw. die erbserklärten Erben sein.

Gibt es jedoch - wie gegenständlich - keinen Vertreter der juristischen Person "ruhender Nachlass", der für diese Person rechtsgeschäftliche Handlungen vornehmen kann, kann es auch niemanden geben, der für die juristische Person einen Bescheid oder eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes entgegennehmen kann. Ohne einen Vertreter für die Verlassenschaft ist auch eine gewillkürte Vertretung durch einen Steuerberater oder Wirtschaftstreuhänder nicht denkbar, weil die Bevollmächtigung ja durch den Vertreter der Verlassenschaft erfolgen müsste.

Zusammengefasst ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass mangels Einantwortung keine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, sodass keine Rechte oder Pflichten, vor allem nicht verfahrensrechtliche Rechtspositionen, wie das Recht zur Erhebung einer Beschwerde oder zum Empfang von behördlichen Schriftstücken, übergegangen sind.

Ein an eine " Verlassenschaft " gerichteter Bescheid wird nicht wirksam, wenn er einer Person zugestellt wird, die erst nach dem Zustelltag vom Gericht zur Vertretung der Verlassenschaft (§ 810 ABGB) ermächtigt wird. Daher ist auch eine rückwirkende Sanierung des unterlaufenen Fehlers bei der Bescheidadressierung ausgeschlossen (). Auf den gegenständlichen Beschwerdefall bezogen bedeutet dies, dass die Erledigungen des Finanzamtes (Bescheid vom , Beschwerdevorentscheidung vom 18.01.204) gar nicht wirksam wurden, weil es keine Person gab, welche berechtigt war, die Verlassenschaft zu vertreten.

Gem. § 82 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn es die Wichtigkeit der Sache erfordert, auf Kosten des zu Vertretenden (die Verlassenschaft) die Betrauung eines gesetzlichen Vertreters (§ 1034 ABGB) beim zuständigen Gericht (§ 109 JN) beantragen. Dasselbe gilt sinngemäß, wenn zweifelhaft ist, wer zur Vertretung einer Verlassenschaft befugt ist (§ 82 Abs. 2 BAO). Gem. § 269 Abs. 1 BAO haben im Beschwerdeverfahren die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.

Da selbst bei einer antragsgemäßen Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 die laut Beschluss des Bezirksgerichtes ***BG*** festgestellte Verlassenschafts-überschuldung von 9.138,49 € lediglich verringert, aber nicht beseitigt würde, würde die Bestellung eines Verlassenschaftskurators vermeidbare Kosten und hohen Verwaltungsaufwand verursachen, weshalb in Ausübung des eingeräumten Ermessens von einem Antrag auf Bestellung mangels Erforderlichkeit Abstand genommen wird.

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist daher mit Beschluss einzustellen.

Der diesbezügliche Beschluss des Bundesfinanzgerichtes kann rechtswirksam nur an die Amtspartei ergehen, weil aus den bereits genannten Gründen an die Verlassenschaft ohne Bestellung eines Verlassenschaftskurators nicht zugestellt werden kann und das Bundesfinanzgericht eine derartige Bestellung nicht als geboten erachtet.

Zur Unzulässigkeit einer Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung (siehe oben) ausreichend geklärt, nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.
Damit liegt hier kein Grund vor, eine ordentliche Revision zuzulassen.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 154 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
§ 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 82 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100401.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at