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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.02.2024, RV/5100121/2024

Keine erhöhte Familienbeihilfe bei 20% Grad der Behinderung (Zöliakie) und keiner dauernden Unfähigkeit, sich den Unterhalt zu verschaffen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Abweisung des Antrages auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung für den Zeitraum ab Mai 2015 vom (beim Finanzamt Österreich eingelangt am ) betreffend ***Sohn*** (***SVNr.***) zu ***Ordnungsnummer*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , beantragte die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für ihren Sohn ***Sohn*** (***SVNr.***) für den Zeitraum ab Mai 2015 aufgrund von Zöliakie.

Das in der Folge eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten des Sozialministeriumsservice vom (Untersuchung vom , vidiert am ) ergab einen Grad der Behinderung von 20% ab 08/2014 (Beginn der Abklärung), wobei Herr ***Sohn*** voraussichtlich nicht dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bf. auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht, wenn:

  1. Der festgestellte Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt

  2. Die Behinderung nicht nur vorübergehend ist, sondern mehr als 3 Jahre andauert

Diese Punkte treffen nicht zu (§ 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Laut Metadaten des Sozialministeriumservice wurde bei ***Sohn*** eine 20% Beeinträchtigung ab festgestellt."

Dagegen brachte die Bf. rechtzeitig am die Beschwerde vom ein und begründete diese wie folgt:

"Bekannte, bei deren Kindern Zöliakie diagnostiziert wurde, erhalten die erhöhte Kinderbeihilfe. Die Diagnose Zöliakie ist für alle gleich. Sie besteht ein Leben lang. Ist nicht heilbar. Das heißt für immer glutenfreie Ernährung. Leider erklärte mir die zuständige Ärztin (Sozialministerium) bei der Untersuchung, dass die Krankheit Zöliakie sich vielleicht "auswächst"!

Wahrscheinlich hat sie wegen ihrem Unwissen über diese Krankheit den Antrag auf erhöhte Kinderbeihilfe negativ bewertet. Ich bitte um eine erneute Vorstellung beim Sozialministerium für Gesundheit."

In der Folge holte die belangte Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten des Sozialministeriumsservice vom (Untersuchung vom , vidiert am ) ein, mit welchem ebenfalls ein Grad der Behinderung von 20% festgestellt sowie eine Unfähigkeit, sich den Unterhalt dauernd selbst verschaffen zu können, abermals verneint wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht, wenn:

  1. Der festgestellte Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt

  2. Die Behinderung nicht nur vorübergehend ist, sondern mehr als 3 Jahre andauert.

Diese Punkte treffen nicht zu (§ 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Metadaten des Sozialministeriumservice vom wurde bei ***Sohn*** eine 20%ige Beeinträchtigung ab festgestellt."

Dagegen brachte die Bf. rechtzeitig eine als Vorlageantrag zu wertende Eingabe vom ein (bei der belangten Behörde eingelangt am ), die sie folgendermaßen begründete:

"Der Grad der Behinderung bei Kindern unter 18 Jahren mit Zöliakie beträgt 50% laut Gesetz. Bei ***Sohn*** wurde er mit 20% eingestuft mit 9 Jahren."

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und brachte dazu im Vorlagebericht im Wesentlichen vor:

"Im gegenständlichen wurde der Grad der Behinderung des Kindes nur mit 20 % festgestellt (siehe die vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen übermittelten anspruchsrelevanten Daten vom und ).

Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 für die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe sind daher nicht erfüllt."

Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht die entsprechenden Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, die auf den eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten basieren, vor.

Das Bundesfinanzgericht forderte die entsprechenden Gutachten am vom Sozialministeriumsservice zur näheren Prüfung an und erhielt diese am .

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Eingabe vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , beantragte die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für ihren Sohn ***Sohn*** (***SVNr.***) für den Zeitraum ab Mai 2015 aufgrund von Zöliakie. Der Sohn der Beschwerdeführerin verfügt seit August 2014 über einen Gesamtgrad der Behinderung von 20% aufgrund von Glutenunverträglichkeit (symptomatische Zöliakie), wobei dies ein Dauerzustand ist. ***Sohn*** ist nicht dauernd außer Stande, sich den Unterhalt selbst zu verschaffen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant und soweit im Folgenden nicht eigens darauf eingegangen wird - unstrittig und ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Parteienvorbringen und den dem Bundesfinanzgericht übermittelten ärztlichen Sachverständigengutachten, welche auch der Beschwerdeführerin vorliegen.

Der Sohn der Bf. leidet an Glutenunverträglichkeit (symptomatische Zöliakie), besuchte zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom die siebte Klasse Gymnasium (berufliche Regelintegration zu erwarten), war aufgrund der seit der Diagnose erfolgten Einhaltung der entsprechenden Diät (glutenfreie Ernährung) laut den Gutachten beschwerdefrei und wies auch sonst einen guten Allgemeinzustand auf. Es lagen keine weiteren Beeinträchtigungen vor. Im Gutachten vom ist festgehalten, dass der Sohn der Bf., ***Sohn***, voraussichtlich nicht dauernd außer Stande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vielmehr sei - wie ausgeführt - eine berufliche Regelintegration zu erwarten. Es läge demnach ein Grad der Behinderung von 20% als Dauerzustand vor.

Das zweite eingeholte Sachverständigengutachten, datiert mit , welches von einem anderen Sachverständigen verfasst wurde, bestätigt diesen Befund im Ergebnis im Wesentlichen unverändert mit 20% Grad der Behinderung als Dauerzustand und ohne Vorliegen einer dauerhaften Unfähigkeit, sich den Unterhalt selbst zu verschaffen.

Die Gutachter haben bei ihrer Einschätzung sämtliche ihnen vorliegenden Unterlagen gewürdigt und hieraus die entsprechenden Schlüsse gezogen. Die beiden der Feststellung des Grades der Behinderung von 20% zugrundeliegenden Sachverständigengutachten weisen jeweils keine Lücken oder sonstige erkennbare Mängel auf und sind in sich und auch in Zusammenschau zueinander schlüssig und nicht ergänzungsbedürftig. Die Gutachten belegen im Ergebnis eine schon seit 08/2014 dokumentierte (dauerhafte) Zöliakie und einen daraus resultierenden Grad der Behinderung des Sohnes der Bf. von 20%.

Durch die Bestimmung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 hat der Gesetzgeber die Frage des Grades der Behinderung und auch die damit in der Regel unmittelbar zusammenhängende Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend waren (z.B. mwN). Daraus folgt, dass de facto eine Bindung der Beihilfenbehörden an die Feststellungen der im Wege des Bundessozialamtes erstellten Gutachten gegeben ist. Die Tätigkeit der Behörden (bzw. des Bundesfinanzgerichtes) hat sich daher im Wesentlichen auf die Frage zu beschränken, ob die Gutachten als schlüssig anzusehen sind (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 29 mwN; ebenso z.B. ; ; , RV/5100810/2014).

Das Bundesfinanzgericht ist daher ebenso wie die Finanzverwaltung an das bzw. die ärztliche(n) Sachverständigengutachten bei vorhandener Schlüssigkeit und fehlender Ergänzungsbedürftigkeit gebunden (; ). Beide genannten Gutachten erscheinen schlüssig und nicht ergänzungsbedürftig.

Die Bf. bestreitet hingegen den festgestellten Gesamtgrad der Behinderung von 20% und brachte in der Beschwerde vor, dass Bekannte, bei deren Kindern Zöliakie diagnostiziert wurde, ebenfalls erhöhte Familienbeihilfe erhalten würden und dass diese Krankheit nicht heilbar sei und ein Leben lang bestehe. Im Vorlageantrag brachte die Bf. vor, dass der Grad der Behinderung bei Kindern unter 18 Jahren mit Zöliakie "50% laut Gesetz" betrage und dass ihr Sohn mit 9 Jahren mit 20% Grad der Behinderung eingestuft worden sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, relevante Zweifel an den durch zwei ärztliche Sachverständigengutachten festgestellten Grad der Behinderung von 20% zu begründen. Zunächst entspricht es nicht den Tatsachen, dass Zöliakie "laut Gesetz" automatisch zu einem Grad der Behinderung von 50% führen würde, diese Einschätzung obliegt den untersuchenden Ärzten der zuständigen Stelle, die die entsprechenden Gutachten auch in diesem Fall erstattet haben. Weiters kann aufgrund der jeweils erforderlichen und im Beschwerdefall auch tatsächlich zwei Male erfolgten individuellen Untersuchung des betroffenen Kindes nicht vom Gesundheitszustand anderer Kinder auf jenen des Kindes der Bf. geschlossen werden, zumal neben unterschiedlichen Schweregraden der Erkrankung bzw. deren Auswirkungen auch Kumulationen von mehreren Einschränkungen (Behinderungen oder sonstige Leiden) möglich sind, welche beim Kind der Bf. laut Gutachten im Übrigen ohnehin nicht vorliegen. Weiters ist es auch nicht erklärlich, warum tatsächlich ein Grad der Behinderung von mindestens 50% und womöglich eine Unfähigkeit, sich dauernd den Unterhalt verschaffen zu können, vorliegen soll, wenn das Kind zum Zeitpunkt der 2. Untersuchung regulär das Gymnasium in der 8. Klasse besucht, keine Beschwerden hat (dank bzw. bei glutenfreier Ernährung) und auch laut Gutachten eine Regelintegration in den Arbeitsmarkt erwarten kann. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin erschöpft sich in den erwähnten unsubstantiierten Behauptungen, ohne konkrete Indizien zu nennen, die für einen höheren Grad der Behinderung als festgestellt sprechen würden. Das entsprechende von der Bf. unterfertigte Antragsformular betreffend die erhöhte Familienbeihilfe, datiert mit , enthielt folgenden Hinweis:

"Zur Feststellung ob eine erhebliche Behinderung vorliegt, werden Sie von der/dem ärztlichen Sachverständigen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zur ärztlichen Untersuchung Ihres Kindes eingeladen. Ein Termin wird Ihnen schriftlich bekannt gegeben werden. Zu dieser ärztlichen Untersuchung sind sämtliche Behandlungsunterlagen des Kindes in Kopie mitzubringen und müssen im Fall der rückwirkenden Antragstellung auch die Vergangenheit betreffen (siehe Erläuterungen)".

Die Bf. wurde, da sie (auch) eine rückwirkende Gewährung beantragte, somit bereits im Rahmen der Antragstellung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch sämtliche die Vergangenheit betreffende Unterlagen, vorzulegen waren.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass nicht nur Ergänzungsersuchen, sondern auch eine Beschwerdevorentscheidung (; , 94/15/0024; , 98/15/0108; , 2000/14/0194; , 2008/15/0288) und ein (der Bf. zugestellter) Vorlagebericht (; , RV/5101642/2019; , RV/5101811/2018) Vorhaltscharakter aufweisen und auch insoweit Gelegenheit für die Bf. bestand, entsprechendes Vorbringen zu erstatten und Beweismittel wie beispielsweise ärztliche Gutachten, die ihre Behauptungen stützen, vorzulegen. Ein weiteres Ergänzungsersuchen durch das Gericht erscheint daher nicht zweckmäßig, weshalb davon Abstand genommen wird.

Nach dem in § 167 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat sich die Abgabenbehörde und in der Folge das Bundesfinanzgericht - ohne an formale Regeln gebunden zu sein, aber unter Wahrung aller Verfahrensgrundsätze (ordnungsgemäß und vollständig durchgeführtes Ermittlungsverfahren) - Klarheit über den maßgebenden Sachverhalt zu verschaffen. Dabei ist unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die dazu vorzunehmende Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Von mehreren Möglichkeiten ist jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. zB ; ; ; siehe auch Ritz, BAO7, § 167 Tz 8 ff).

Grundsätzlich kennt das Abgabenrecht keine Beweisregeln: § 167 BAO Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, lautet:

"(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."

Es gilt also der Grundsatz der "freien Beweiswürdigung", nach dem Gebot des ausreichenden Erhebens des Sachverhalts und schlüssigen Erwägung aller Ergebnisse dieses Prozesses, auf den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechende Weise (herrschende Lehre und Judikatur; siehe für viele: Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 (2021) Rz 4 ff zu § 167)). Dabei genügt es von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber den anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Insoweit trifft die Verwaltungsbehörde und auch das Bundesfinanzgericht nach § 115 Abs. 1 BAO die Ermittlungspflicht.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift jedoch bei abgabenrechtlichen Begünstigungen, bei welchem, wie schon das Finanzamt in seinem Vorlagebericht ausgeführt hat, der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen der Umstände darzulegen hat, auf welche die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind ( mit Verweis auf Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III B, Tz 7 zu § 34 Abs. 1; , , 2001/15/0109).

Da die Bf. keinerlei nachprüfbare Beweise für ihre Behauptung, ihr Sohn ***Sohn*** sei erheblich behindert (im Sinne von mindestens 50% Grad der Behinderung), vorlegte und auch auf Grund der beiden insoweit übereinstimmenden Gutachten nicht von einem höheren Grad der Behinderung als den festgestellten 20% auszugehen ist, wird der Entscheidung in freier Beweiswürdigung ein Grad von 20% zugrunde gelegt.

Hinsichtlich der Frage, ob der Sohn der Bf. außer Stande war und ist, sich dauerhaft den Unterhalt zu verschaffen, kann ebenfalls auf die insoweit klaren Feststellungen der Gutachten verwiesen werden, wonach eine Regelintegration in den Arbeitsmarkt zu erwarten ist und daher eine Unfähigkeit, sich den Unterhalt selbst zu verschaffen, jedenfalls nicht vorliegt. Zu dieser Frage hat die Bf. im Übrigen weder in der Beschwerde, noch im Vorlageantrag einschlägiges oder gar dem widersprechendes Tatsachenvorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um die in dieser Bestimmung angeführten Beträge.

Nach § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt als erheblich behindert ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) dem Finanzamt Österreich durch eine Bescheinigung auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Das ärztliche Sachverständigengutachten ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) gegen Ersatz der Kosten aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen an die antragstellende Person zu übermitteln, eine Übermittlung des gesamten ärztlichen Sachverständigengutachtens an das Finanzamt Österreich hat nicht zu erfolgen. Der Nachweis des Grades der Behinderung in Form der Bescheinigung entfällt, sofern der Grad der Behinderung durch Übermittlung der anspruchsrelevanten Daten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) aufgrund des Verfahrens nach § 40 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, zur Ausstellung eines Behindertenpasses, nachgewiesen wird (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967).

Gemäß § 10 Abs. 3 FLAG 1967 für Zeiträume, die weiter als fünf Jahre, gerechnet vom Beginn des Monats der Antragstellung, zurückliegen, Familienbeihilfe nicht zu gewähren.

3.1.2. Erwägungen

Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung des Kindes lediglich mit 20 % festgestellt (siehe die vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen der belangten Behörde übermittelten anspruchsrelevanten Daten vom und sowie die dem Bundesfinanzgericht am übermittelten entsprechenden ärztlichen Sachverständigendengutachten).

Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 für die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe sind daher nicht erfüllt.

Mit dem im April 2023 eingebrachte Antrag begehrte die Bf. den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe für Zeiträume ab Mai 2015. Nach § 10 Abs. 3 FLAG 1967 ist für Zeiträume, die weiter als fünf Jahre, gerechnet vom Beginn des Monats der Antragstellung, zurückliegen, Familienbeihilfe nicht zu gewähren. Mit Ablauf dieser Frist ist der Anspruch auf Familienbeihilfe für weiter zurückliegende Zeiträume erloschen ( mit Verweis auf ). Anträge für davorliegende Zeiträume sind daher grundsätzlich schon aus diesem Grund inhaltlich abzuweisen.

Die Beschwerde war daher insgesamt zur Gänze abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab (Feststellung des Grades der Behinderung sowie Überprüfung der Schlüssigkeit und Vollständigkeit der ärztlichen Sachverständigengutachten).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100121.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at