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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.03.2024, RV/7101092/2024

Berichtigung gemäß § 293 BAO; Familienbeihilfenanspruch bei Studienunterbrechung, Treu und Glauben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Name des Richters*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 10.2022-02.2023 SV-Nr.: ***9999-999999***:

  • I.) A.) den Beschluss gefasst:

Der Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , GZ. RV/7100367/2024, mit dem die Beschwerde von ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** als zurückgenommen erklärt worden ist, wird gemäß 293 BAO von Amts wegen berichtigt. Der Beschluss wird aufgehoben.

B.) zu Recht erkannt

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Von der Bf. wurden mit Rückforderungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom die Familienbeihilfe für das Kind ***Name Sohn*** zurückgefordert und begründend ausgeführt:

"Für ein volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. - fortbildung zu. Bei Ihrem Kind trifft diese Voraussetzung nicht zu (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Ihr Sohn ***Vorname Sohn*** [hat] das Studium an der Fachhochschule ***Name FH*** ab Oktober 2022 abgebrochen. Der Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist daher für den angeführten Zeitraum nicht gegeben."

Am brachte die Bf. fristgerecht eine Beschwerde ein und brachte im Wesentlichen vor, dass die Monate Oktober und November 2022 die "Wartezeit" auf den Zivildienst gewesen sein. Der Sohn der Bf. hätte einen sehr späten "Stellungstermin" bekommen, weswegen dieser "im Studienjahr" 2021/2022 sein Studium an der FH (Fachhochschule ***Name FH***) begonnen habe. Wegen des Beginnes des Zivildienstes am habe das Kind sein Studium unterbrechen müssen.

Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und diese Beschwerdevorentscheidung sinngemäß begründet wie folgt: Der Sohn der Bf. habe im Oktober 2021 mit dem ***Studium*** an der Fachhochschule ***Ort der FH*** begonnen und das Studium bis zum Ende des Sommersemesters 2022 betrieben. Seit leistet er den Zivildienst. Von Oktober 2022 bis September 2023 sei er an der Fachhochschule beurlaubt gewesen. Während der Beurlaubung bleibe zwar die Zulassung zum Studium aufrecht, die Teilnahme an Lehrveranstaltungen und die Ablegung von Prüfungen sei jedoch unzulässig (§ 58 Abs. 2 Hochschulgesetz 2005). Der Sohn der Bf. könne im Beurlaubungszeitraum kein ordentliches Studium im Sinne des Familienlastenausgleichs- gesetzes 1967 (FLAG 1967) betreiben, weshalb die diesbezüglichen Vorschriften des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht anwendbar sein. Wartezeiten auf den Zivildienst vermitteln keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

Im fristgereicht eingebachten Vorlageantrag vom brachte die Bf. insbesondere vor, dass ihr Sohn wegen der COVID-Pandemie erst 2022 eine Zivildienststelle bekommen habe, dass dieser - um möglichst wenig Zeit zu verlieren - gleich mit dem Studium begonnen habe, dass sich die Bf. telefonisch erkundigt habe, ob sie für ihren Sohn einen Beihilfenanspruch für die Zeit hätte, in der dieser sein Studium unterbrochen habe, was "von einem Herren zugesagt" worden wäre und dass "die gesetzliche Regelung" vorsehe, "dass der Anspruch auf Familienbeihilfe lückenlos zwischen Ende der schulischen Ausbildung und der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung in den Zwischenzeiten vor und nach dem Zivildienst und vor dem Studium bzw. Fortsetzung der Ausbildung" bestünde.

Abschließend beantragte die Bf., (Zitat:) "für die Rückerstattung der Familienbeihilfe nur die Monate Dezember (Zivildienstbeginn) bis Februar (Ende des Rückforderungszeitraumes des beschwerdegegenständlichen Rückforderungsbescheides) heranzuziehen".

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Klagenfurt
St. Veit Wolfsberg die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Seitens des Bundesfinanzgerichtes wurde am an die Bf. ein Beschluss über den Auftrag zur Mängelbehebung übermittelt, weil beim Vorlageantrag vom die Unterschrift (§ 85 Abs. 2 BAO) fehlte und der Bf. aufgetragen, diesen Mangel binnen einer Frist von 3 Wochen zu beheben. Dieser Beschluss wurde am zugestellt.

Der Mangel wurde mit Eingabe vom behoben, sodass das Anbringen als ursprünglich formrichtig eingebracht anzusehen war.

Die Behebung des Mangels wurde aber in der Familienbeihilfendatenbank des Finanzamtes (FABIAN) übersehen und daher durch das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom zur GZ. RV/7100367/2024 die Beschwerde von ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** als zurückgenommen erklärt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Sohn der Bf. hat am seine Reifeprüfung bestanden und im Wintersemester 2021/2022 den Studiengang "***exakte Bezeichnung Studium***" begonnen. Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom wurde der Sohn für den Zeitraum bis zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Mit Antrag vom beantragte der Sohn der Bf. die Unterbrechung des Studiums mit Wiedereinstieg im September 2023. Dieser Antrag wurde am bewilligt. Der Sohn der Bf. leistete den Zivildienst in der Zeit von bis ab und setzte das unterbrochene Studium ab fort.

Die Bf. hat den Beschluss über den Auftrag zur Mängelbehebung des Bundesfinanzgerichts vom (zugestellt am ) mit Schreiben vom beantwortet und den Mangel der fehlenden Unterschrift behoben. Dieses Schreiben wurde in der Familienbeihilfendatenbank des Finanzamtes (FABIAN) übersehen und seitens des Bundesfinanzgerichts der Beschluss vom zur GZ. RV/7100367/2024, mit dem die Beschwerde von ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** als zurückgenommen erklärt worden ist, erlassen.

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den seitens der Bf. dem Finanzamt übermittelten Dokumenten, aus einer Einsicht in die Familienbeihilfendatenbank (FABIAN) des Finanzressorts sowie den seitens des Finanzamtes beigeschafften Unterlagen und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.A. (Aufhebung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichts)

Gemäß § 293 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

Die Berichtigung obliegt (grundsätzlich) jener Abgabenbehörde, die den zu berichtigenden Bescheid erlassen hat. Bei Übergang der Zuständigkeit (nach § 58 BAO idF BGBl I 2019/104) geht auch die Zuständigkeit zur Berichtigung auf die neu zuständige Behörde über (vgl AB 1128 BlgNR 21. GP, 15; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 293 Anm 8).

Die Berichtigung durch das Verwaltungsgericht erfolgt mit einem zum Erkenntnis oder Beschluss hinzutretenden verfahrensrechtlichen Beschluss, der mit Revision an den VwGH oder Beschwerde an den VfGH angefochten werden kann.

Die Unrichtigkeit muss nicht aus dem Bescheid selbst ersichtlich sein. Erkenntnisquelle kann insbesondere auch der Akteninhalt sein (vgl ). Ein Fehler ist offenbar erkennbar, wenn diese Erkennbarkeit für die Parteien des Verfahrens gegeben ist (z.B. ).

Nach § 272 Abs. 5 BAO obliegen Berichtigungen (§ 293, § 293a und § 293b) der vom Einzelrichter erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse dem Einzelrichter.

Die Bf. hat den im Beschluss über den Auftrag zur Mängelbehebung angeführten Mangel der auf dem Vorlageantrag vom fehlenden Unterschrift mit Schreiben vom behoben und dieses Schreiben an das Finanzamt Österreich übermittelt. Das Schreiben, mit dem der Mangel der fehlenden Unterschrift behoben worden ist, bewirkt, dass der Vorlageantrag ursprünglich richtig eingebracht worden ist und handelt es sich bei diesem Schreiben daher - wie beim Vorlageantrag selbst - um ein Anbringen gemäß § 85 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 4).

Die Bf. hat das Schreiben vom , mit dem der Mangel behoben worden ist, da es sich bei diesem um ein Anbringen gemäß § 85 BAO gehandelt hat, bei der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde, dem Finanzamt Österreich, eingebracht. Das seitens der Bf. an das Finanzamt Österreich übermittelte Schreiben vom , mit dem der Mangel der fehlenden Unterschrift behoben worden ist, wurde bei der Erlassung des Beschlusses vom zur GZ. RV/7100367/2024 schlichtweg übersehen, weswegen dieser Beschluss des Bundesfinanzgerichts, mit dem die Beschwerde von ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** als zurückgenommen erklärt worden ist, von Amts wegen zu berichtigen und daher aufzuheben war.

3.2. Zu Spruchpunkt I.B. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. (…)

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, (…).

Gemäß § 58 Abs. 1 bis 3 Hochschulgesetz sind Studierende auf Antrag für ein oder mehrere Semester wegen
1. Leistung eines Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes oder
2. Erkrankung, die nachweislich am Studienfortschritt hindert, oder
3. Schwangerschaft oder
4. Kinderbetreuungspflichten oder anderen gleichartigen Betreuungspflichten oder
5. Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres oder
6. vorübergehende Beeinträchtigung im Zusammenhang mit einer Behinderung
bescheidmäßig zu beurlauben.
Weitere Gründe können in der Satzung festgelegt werden.

Die Beurlaubung ist bis längstens zum Beginn des jeweiligen Semesters zu beantragen. Bei unvorhergesehenem und unabwendbarem Eintritt eines Beurlaubungsgrundes gemäß Abs. 1 Z 2 bis 4 und 6 kann die Beurlaubung auch während des Semesters beantragt werden. Bis zum Zeitpunkt der Beurlaubung erbrachte Studienleistungen (insbesondere abgeschlossene Lehrveranstaltungen und Prüfungen) bleiben gültig.

Die Beurlaubung wirkt für alle Studien der Bildungseinrichtung, an welcher diese beantragt wurde und bei gemeinsam eingerichteten Studien für alle Studien der beteiligten Bildungseinrichtungen. Während der Beurlaubung bleibt die Zulassung zum Studium aufrecht. Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, die Ablegung von Prüfungen sowie die Einreichung und Beurteilung wissenschaftlicher sowie künstlerischer Arbeiten ist unzulässig.

Gemäß § 14 Fachhochschulgesetz (FHG) ist eine Unterbrechung des Studiums bei der Studiengangsleitung zu beantragen. Die Gründe der Unterbrechung und die beabsichtigte Fortsetzung des Studiums sind nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In der Entscheidung über den Antrag sind zwingende persönliche, gesundheitliche oder berufliche Gründe zu berücksichtigen. Während der Unterbrechung können keine Prüfungen abgelegt werden.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Hierunter fallen auch Universitätslehrgänge (). Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen ().

Nach dieser Judikatur weist jede anzuerkennende Berufsausbildung ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang; die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausübung anzusehen sein und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen.

Nach einhelliger Auffassung der Literatur, der Judikatur (vgl. etwa ) und auch der Verwaltungspraxis ist die Ableistung des Zivildienstes nicht als Ausbildung für einen Beruf iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG anzusehen. Während der Leistung des Zivildienstes besteht sohin kein Anspruch auf Familienbeihilfe (). Die Ableistung des Zivildienstes (i.S.d. § 58 Abs. 1 Z 1 Hochschulgesetz) rechtfertigt auch nicht - da es sich dabei nicht um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 bis 4 und 6 Hochschulgesetz handelt - die Beurlaubung während eines (laufenden) Semesters.

In Ansehung des Rückforderungszeitraumes Dezember 2022 bis Februar 2023 ist festzuhalten, dass während dieses Zeitraumes der Sohn der Bf. den Zivildienst abgeleistet hat. Die Ableistung des Zivildienstes ist nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzusehen, weswegen ein Anspruch auf Familienbeihilfe für diesen Zeitraum nicht zusteht. Selbst die Bf. hat im Vorlageantrag vom ausgeführt, dass "für die Rückerstattung der Familienbeihilfe nur die Monate Dezember (Zivildienstbeginn) bis Februar" herangezogen werden mögen. Damit hat die Bf. ihrerseits eingestanden, dass für den Zeitraum des Zivildienstes des Sohnes, nämlich für die Zeit von Dezember 2022 bis Februar 2023 ein Beihilfenanspruch für ihren Sohn nicht bestanden hat.

Die Beschwerde war daher in Ansehung des Zeitraumes Dezember 2022 bis Februar 2023 abzuweisen.

Hinsichtlich des Zeitraumes Oktober 2022 bis November 2022 ist festzuhalten, dass der Sohn der Bf. am eine Unterbrechung des vom Sohn der Bf. betriebenen Studienganges "***exakte Bezeichnung Studium***" beantragt hat und dass diese Studienunterbrechung am bewilligt worden ist. Während der Unterbrechung des Studiums bleibt die Zulassung zu diesem Studium zwar aufrecht, eine Teilnahme an Lehrveranstaltungen oder die Ablegung von Prüfungen ist aber unzulässig. Da der Sohn der Bf. in Ansehung des unterbrochenen Studiums keine Lehrveranstaltungen besuchen kann, zu keinen Prüfungen antreten kann und ein unterbrochenes Studium nicht die überwiegende Zeit des Sohnes in Anspruch nimmt, stellt das unterbrochene Studium keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 dar.

Der Sohn der Bf. hatte zwar in den Semestern vor der Studienunterbrechung den Studiengang "***exakte Bezeichnung Studium***" ernsthaft und zielstrebig betrieben, er hatte aber unmittelbar vor Absolvierung des Zivildienstes keine Berufsausbildung abgeschlossen, weswegen der vorliegende Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 nicht erfüllt.

Da der Sohn der Bf. unmittelbar nach Ende des Zivildienstes () am seinen Studiengang "***exakte Bezeichnung Studium***" wieder fortgesetzt hat, war im vorliegenden Fall für ihn auch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 nicht anwendbar, wobei der Vollständigkeit halber festzuhalten ist, dass Zeiträume zwischen Beendigung des Zivildienstes (am ) und Fortsetzung des Studiums (am ) vom nunmehr beschwerdegegenständlichen Rückforderungsbescheid nicht umfasst waren beziehungsweise sind.

Zu dem Vorbringen der Bf. (Zitat:) "Ich habe mich, bevor er mit dem Studium begann, beim Finanzamt telefonisch erkundigt, ob mein Sohn in der Zeit, die er sich in der FH beurlauben lassen musste, aber noch keinen Zivildienst hat (bzw. keinen Zivildienst mehr hat, und das nächste Studienjahr noch nicht begonnen hat), auch Anspruch auf Familienbeihilfe hat, wie zwischen Matura und Zivildienst bzw. Zivildienst und Studium, und das wurde mir von einem Herren zugesagt. Mich darauf verlassend, haben wir dann diesen viel Zeit sparenden Weg gewählt.", ist festzuhalten, dass die Bf. mit diesem Vorbringen den Grundsatz von "Treu und Glauben" ins Treffen führt.

Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben wird verstanden, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (z.B. ). Dieser Grundsatz ist auch im Abgabenrecht zu beachten (z.B. , 0209).

Nach ständiger Judikatur (z.B. ; ) ist das Legalitätsprinzip (Art. 18 Abs. 1 B-VG) grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben.

Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt einen Vollzugsspielraum voraus (z.B. , 0180; ; ), somit einen Auslegungsspielraum (Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe) oder einen Rechtsanwendungsspielraum (bei Ermessensübung). Darüber hinaus ist eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben, dass die Partei im Vertrauen auf die Auskunft Dispositionen getroffen hat, die sie bei Kenntnis der Unrichtigkeit der Auskunft nicht bzw. anders getroffen hätte.

Vorweg ist durch das Bundesfinanzgericht an dieser Stelle festzuhalten, dass dem Vorbringen nicht entnommen werden kann, welche Frage (genau) gestellt worden wäre, an wen diese Frage gestellt worden sei und welche Antwort die Bf. (exakt) erhalten habe.

Selbst für den Fall, dass eine telefonische Anfrage die Studienunterbrechung des Sohnes und den weiteren Beihilfenbezug während dieser Studienunterbrechung zum Thema gehabt hätte und die Bf. von der zuständigen Stelle des Finanzamtes die Auskunft erhalten hätte, dass trotz einer Studienunterbrechung vor Ableistung des Zivildienstes sowie während des Zivildienstes ein Beihilfenanspruch bestanden hätte, ist festzuhalten, dass nach dem Vorbringen der Bf. in dem eingebrachten Vorlageantrag der Sohn der Bf. nach Ableistung des Zivildienstes im Wintersemester 2022/2023 nicht mehr mit dem Studiengang "***exakte Bezeichnung Studium***" hätte beginnen können und diesfalls noch wesentlich mehr Zeit verloren hätte. Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Sohn der Bf. die gewählte Vorgangsweise auch dann eingeschlagen hätte, wenn die Auskunft erteilt worden wäre, dass während der Studienunterbrechung kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hätte. Die Bf. hat daher auf die vorgebrachte Rechtsauskunft keine Dispositionen getroffen, die sie bei Kenntnis der Unrichtigkeit der (von der Bf. vorgebrachten) Auskunft nicht bzw. anders getroffen hätte, weswegen auch aus dieses Vorbringen die Beschwerde nicht zum Durchbruch zu verhelfen mag.

Aus den oben angeführten Gründen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht von der oben dargelegten höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht abgewichen ist, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 14 FHG, Fachhochschulgesetz, BGBl. Nr. 340/1993
§ 38 Abs. 1 bis 3 Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101092.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at