Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.03.2024, RV/7500093/2024

Strafbeschwerde, erst in der Beschwerde wurden Angaben zu den schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl über die Beschwerde von Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen die zwei Straferkenntnisse der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde (beide) vom , GZen 1) MA67/GZ1/2023 und 2) MA67/GZ2/2023, beide wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit teilweise stattgegeben, als die verhängten Geldstrafen von jeweils 40,00 Euro auf jeweils 30,00 Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 9 auf jeweils 7 Stunden herabgesetzt werden.

Im Übrigen, d.h. auch hinsichtlich des mit dem Mindestbetrag von jeweils 10,00 Euro gemäß § 64 Abs. 2 VStG festgesetzten Beitrages zu den Kosten der behördlichen Verwaltungsstrafverfahren, werden die angefochtenen Straferkenntnisse bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den jeweiligen Kosten der zwei verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zu leisten.

Die Geldstrafen in Höhe von 2 x 30,00 Euro und die Beiträge zu den Kosten der behördlichen Verfahren von 2 x 10,00 Euro sind an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten. Der zu entrichtende Gesamtbetrag beträgt somit 80,00 Euro.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Verfahren 1) GZ. MA67/GZ1/2023:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (D) wurde am um 17:15 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Felderstraße gegenüber 1, vom Kontrollorgan der Parkraumüberwachung DNr1 zur Anzeige gebracht, da zum Beanstandungszeitpunkt ein gültiger Parkschein fehlte. Demnach habe die Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Beschwerdeführerin mit Strafverfügung vom eine Geldstrafe in Höhe von 60,00 Euro verhängt bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auferlegt.

Verfahren 2) GZ. MA67/GZ2/2023:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (D) wurde am um 13:28 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1080 Wien, Zeltgasse 1A, vom Kontrollorgan der Parkraumüberwachung DNr2 zur Anzeige gebracht, da zum Beanstandungszeitpunkt ein gültiger Parkschein fehlte. Demnach habe die Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Beschwerdeführerin mit Strafverfügung vom eine Geldstrafe in Höhe von 60,00 Euro verhängt bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auferlegt.

Verfahren 1) und 2):
Gegen die (zwei) Strafverfügungen vom erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom fristgerecht Einspruch und brachte Folgendes vor:
"Strafverfügungen
GZ: MA67/
GZ1/2023
GZ: MA67/
GZ2/2023
GZ: MA67/
GZ3/2023 [Anmerkung BFG: nicht gegenständlich]
Kennzeichen:
123
Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen die Strafverfügungen vom , hier eingegangen am , zu
oben genannten Aktenzeichen erhebe ich hiermitEinspruchund begründe diesen wie folgt:
Am Montag, den bin ich mit meiner Tochter nach über 20 Jahren wieder einmal für
ein paar Tage in die schöne Stadt Wien gereist.Am , dem Datum der ersten Tatzeit, habe ich in der Innenstadt nach einem Parkplatzauf der Straße Ausschau gehalten und habe in der Felderstraße geparkt. Vorher habe ich michvergewissert, dass dort keinerlei Halteverbotsschilder aufgestellt sind. Als ich gegen 18.00 Uhr zumeinem Auto zurückkehrte, entdeckte ich einen Strafzettel, den ich mir absolut nicht erklären konnte.Ich habe nach einem Halteverbotsschild gesucht und keines gefunden. Dabei sind die Fotos Nr. 1und Nr. 2, siehe Anlage, entstanden. Die Angelegenheit habe ich dann aber auf sich beruhen lassenund unseren Urlaub weiter genossen.
Am , dem Datum der zweiten Tatzeit, habe ich in der Nähe der Innenstadt erneut
nach einem Parkplatz gesucht, der nicht mit Halteverbotsschildern ausgeschildert war und einensolchen in der Zeltgasse gefunden. Jedoch auch hier fand ich nach meiner Rückkehr zum Autoeinen Strafzettel vor. Ratlos habe ich sodann wieder Fotos aufgenommen, in der Anlage als FotoNr. 3 und Foto Nr. 4 gekennzeichnet. Da mir das ganze dann doch komisch vorkam, habe ichangefangen, im Internet zu recherchieren, warum man in Wien auch auf Parkplätzen ohneHalteverbotsschilder Strafzettel bekommt. Erst dadurch habe ich erfahren, dass nach einer neuenVerordnung die gesamte Innenstadt eine Kurzparkzone ist, in der man immer einen Parkscheinbenötigt.
Am , dem Datum der dritten Tatzeit
[Anmerkung BFG: nicht gegenständlich], habe ich nun einen Parkschein erworben und beimParken in der Mechitaristengasse diesen benutzt. Scheinbar habe ich aber nicht alles korrektausgefüllt, dies bemerkte ich, nachdem ich nach der Rückkehr zu meinem Auto erneut einenStrafzettel vorfand.
Am dann, unserem letzten Urlaubstag in Wien, habe ich endlich keinen
Strafzettel mehr bekommen, da ich dann alles vorschriftsgemäß benutzt und ausgefüllt habe.
Ich bitte nun um Aufhebung der genannten Strafverfügungen. Als Tourist, der schon lange nicht
mehr in Wien war, konnte ich davon ausgehen, dass das Parken genauso funktioniert wie inDeutschland: Wenn kein Halteverbotsschild aufgestellt ist und kein Schild auf die Erforderlichkeiteines Parktickets hinweist, dann kann man in dem Bereich auch kostenfrei parken. Ich konnte davonausgehen, dass diese allgemeingültigen Regeln auch in Wien/Österreich gelten. Demgemäß habeich auch nur nach Parkplätzen Ausschau gehalten, die diesen Kriterien entsprachen und wo ichniemanden behindert habe. Nach dem ersten Strafzettel dachte ich zunächst an ein Versehen, erstnach dem zweiten Strafzettel wurde ich stutzig und begann zu recherchieren. Zu keiner Zeit hatteich den Vorsatz, nicht vorschriftsgemäß zu parken, da mir auch bewusst war, dass ein Auto mitausländischem Kennzeichen noch mehr auffällt als ein einheimisches.Da ich nun das Parksystem in Wien kenne, werde ich beim nächsten Besuch sicherlich auch nichtmehr ohne Parkzettel bzw. immer mit richtig ausgefülltem Parkzettel parken.Ich bitte in diesem Fall um Ihr Entgegenkommen und Aufhebung der genannten Strafverfügungen."

Dem Einspruch waren Fotos von den Tatörtlichkeiten beigelegt.

Verfahren 1) GZ. MA67/GZ1/2023:
Mit Straferkenntnis vom wurde der Beschwerdeführerin das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (D) am um 17:15 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Felderstraße gegenüber 1, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, angelastet.
Demnach habe die Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Beschwerdeführerin deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von nunmehr 40,00 Euro verhängt und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 9 Stunden auferlegt. Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) habe die Beschwerdeführerin zudem einen (Mindest)Betrag von 10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage daher 50,00 Euro.

Verfahren 2) GZ. MA67/GZ2/2023:
Mit Straferkenntnis vom wurde der Beschwerdeführerin das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (D) am um 13:28 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1080 Wien, Zeltgasse 1A, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, angelastet.
Demnach habe die Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Beschwerdeführerin deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von nunmehr 40,00 Euro verhängt und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 9 Stunden auferlegt. Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) habe die Beschwerdeführerin zudem einen (Mindest)Betrag von 10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage daher 50,00 Euro.

Verfahren 1) und 2):
Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Sachverhaltes auf das Wesentliche zusammengefasst (in beiden Straferkenntnissen annähernd wortgleich) fest, dass der Beschwerdeführerin in der jeweiligen Strafverfügung keine Übertretung bezüglich vorschriftswidriger Abstellung in einem "Halten und Parken verboten" nach der StVO 1960 angelastet worden sei, sondern die Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Parkometergesetz angelastet worden sei, nämlich die Abstellung des mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dieses mit einem entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.
Der jeweilige Abstellort habe sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches, gültig von Mo.-Fr. (werkt.) v. 9-22 Uhr, befunden.
Kurzparkzonen iSd § 25 StVO seien durch die in § 52 Z 13d und Z 13e StVO genannten Verkehrszeichen (Kurzparkzone, Ende der Kurzparkzone) zu kennzeichnen. Eine Kurzparkzone sei gesetzmäßig gekennzeichnet, wenn an allen für die Einfahrt und Ausfahrt in Frage kommenden Stellen Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13d StVO als Anzeige des Anfangs bzw. nach § 52 Z 13e StVO als Anzeige des Endes aufgestellt seien.
Sei diese Kennzeichnung erfolgt, so seien von der Kurzparkzone alle Straßen in dem von diesen Vorschriftzeichen umgrenzten Gebiet erfasst. Durch § 52 Z 13e StVO sei klargestellt, dass, solange dieses für eine*n Verkehrsteilnehmerin nicht sichtbar werde, die Kurzparkzone fortdauere. Eine - über die Kennzeichnung der Kurzparkzone bei der Einfahrt in die Zone durch ein Verkehrszeichen nach § 52 lit a Z 13d StVO und bei der Ausfahrt aus der Zone durch ein solches nach § 52 lit a Z 13 e - hinausgehende Kenntlichmachung der Kurzparkzone sei zur Gesetzmäßigkeit der Kundmachung nicht erforderlich (). Hinsichtlich der gehörigen Kundmachung einer flächendeckenden Kurzparkzone komme es daher einzig und allein auf die richtige Beschilderung bei der Einfahrt in und die Ausfahrt aus einer solchen Zone an, weitere Verkehrszeichen oder Bodenmarkierungen "vor Ort" seien nicht notwendig.
Somit sei die flächendeckende Kurzparkzone rechtmäßig kundgemacht gewesen. Bei der Einfahrt in den gegenständlichen Bereich habe die Beschwerdeführerin bei einem Verkehrszeichen "Kurzparkzone Anfang" vorbeikommen müssen. Sie hätte daher so lange davon ausgehen müssen, dass sie sich im Kurzparkzonenbereich befunden habe, als sie nicht ein Verkehrszeichen "Kurzparkzone Ende" passiert habe.
Der Umstand, dass in unmittelbarer Nähe des Abstellortes des Fahrzeuges keine Kennzeichnung dieses Ortes als gebührenpflichtige Kurzparkzone zu erkennen sei, könne somit nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin wirken, zumal sie bei Anwendung der für eine*n Fahrzeuglenkerin im Straßenverkehr nötigen Aufmerksamkeit den Bestand der gebührenpflichtigen Kurzparkzone hätte erkennen müssen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen habe, sei jeder*jedem Fahrzeuglenkerin - sohin auch einer*einem außerhalb Wiens wohnhaften Lenkerin - die Kenntnis ordnungsgemäß kundgemachter Abgabenvorschriften durchaus zumutbar.
Vor Antritt der Fahrt nach Wien hätte jede*r ortsunkundige Lenkerin Erkundungen über allfällige Parkbeschränkungen und Gebührenpflichten für das Abstellen von Fahrzeugen am Zielort einzuholen. Dies sei zumutbar, da es auch in anderen Ländern nichts Außergewöhnliches sei, dass in zentralen Bereichen von Großstädten derartige Parkbeschränkungen bzw. Gebührenpflichten bestünden.
Im Bereich aller Wiener Stadteinfahrten seien Informationsschilder mit der Aufschrift "Kurzparkzonen in Wien gebührenpflichtig" und dem Hinweis, wo Parkscheine erhältlich seien, aufgestellt (z.B.: in Geldinstituten, Trafiken, Vorverkaufsstellen der Wiener Verkehrsbetriebe etc.). Die Beschwerdeführerin hätte daher auf dem Weg zu ihrem Bestimmungsort Parkscheine besorgen oder aber auf die Abstellung des Kraftfahrzeuges innerhalb der Kurzparkzone verzichten und beispielsweise eine der öffentlichen Parkgaragen benützen können. Ausführliche Informationen zu den Kurzparkzonen in Wien könne sie auch im Internet unter https://www.wien.gv.at/verkehr/parken/kurzparkzonen/ finden. Informationen, u.a. über Verkaufsstellen für Parkscheine (Trafiken, Tankstellen, Zigarettenautomaten, Postfilialen, Vorverkaufsstellen der Wiener Linien, Fahrscheinautomaten der Wiener Linien in allen Wiener U-Bahn-Stationen, Autofahrerorganisationen ARBÖ und ÖAMTC, Stadthauptkasse und alle Stadtkassen, sowie Geschäfte, Hotels und so weiter, die mit der Stadt einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hätten), finde man unter https://www.wien.gv.at/verkehr/parken/kurzparkzonen/gebuehren/index.html. In Gesetze und Verordnungen rund ums Parken in Wien könne die Beschwerdeführerin auf der Seite https://www.wien.gv.at/verkehr/parken/strafen/gesetze.html Einsicht nehmen.
Stelle der Beschuldigte sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ab, ohne vorher Parkscheine besorgt zu haben, so sei ihm Fahrlässigkeit zur Last zu legen (vgl. ).
Es sei der Beschwerdeführerin zuzugestehen, dass in einer fremden Großstadt die Wahrnehmung der Parkzonen nicht einfach sei. Nach der angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sei sie aber als ortsunkundige Lenkerin verpflichtet gewesen, sich bereits vor Fahrtantritt über die Kurparkzonenregelung in Wien zu informieren und gegebenenfalls die nötigen Vorkehrungen zu treffen, das heißt insbesondere (Papier-)parkscheine zu erwerben bzw. die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um am elektronischen System "Handyparken" teilnehmen zu können.
Weil die Beschwerdeführerin dies unterlassen habe und auch sonst aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich gewesen seien, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, sei von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin seien somit nicht geeignet gewesen, sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.
Die Beschwerdeführerin habe sohin den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach der im Spruch zitierten Bestimmung verwirklicht und sei die angelastete Übertretung daher als erwiesen anzusehen.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Jede*r Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, müsse gemäß § 5 Abs. 2 der Wiener Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.
Dieser Verpflichtung sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen. Sie habe die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt an, dass im Hinblick der Einwände der Beschwerdeführerin und ihre gezeigte Schuldeinsicht die Strafe spruchgemäß festgesetzt habe werden können.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde und brachte eingangs vor, sie beziehe sich auf das Schreiben der belangten Behörde vom und bedanke sich zunächst ausdrücklich für die Umwandlung der Strafverfügung betreffend der (nicht gegenständlichen) Tatzeit in eine Ermahnung.
Begründend führte die Beschwerdeführerin aus:
"Ich bitte darum, die Geldstrafe von nunmehr insgesamt EUR 100,00 auf insgesamt EUR 50,00 zureduzieren. In der Begründung zu den Straferkenntnissen heißt es: ,Die verhängte Geldstrafe soll durch ihreHöhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.' Zudem wird erläutert, dass bei der Strafbemessung die Einkommens- und Vermögensverhältnisseberücksichtigt werden.Eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt EUR 50,00 ist für mich bereits für die Erkenntnisausreichend, dass ich zukünftig nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Städten mich im Vorfeldinformieren muss, wie die Parkverhältnisse sich darstellen und nicht davon ausgehen kann, dassdieselben Regeln gelten wie in Deutschland, vor allem wenn die abweichenden Regeln nicht auf denersten Blick für einen Stadtfremden erkennbar sind.Diese Höhe ist für mich aber auch deswegen bereits ausreichend, da meine derzeitigenEinkommensverhältnisse die Zahlung einer höheren Summe nicht erlauben. Ich bin alleinerziehend,mein Konto befindet sich aufgrund besonderer Umstände in der Vergangenheit dauerhaft im Minus(Nachweis kann in Form eines Kontoauszugs erbracht werden) und ich verfüge über keinnennenswertes Vermögen. Die wenigen Tage letztes Jahr in Wien waren für mich und meine Tochterder erste Urlaub seit fünf Jahren.Ich bitte daher nochmals um ein Entgegenkommen der Behörde unter diesen besonderenUmständen und bedanke mich bereits jetzt für Ihren hoffentlich positiven Bescheid."

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde mit (2 x) Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (D) war am
Verfahren 1): um 17:15 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Felderstraße gegenüber 1, abgestellt;
Verfahren 2): um 13:28 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1080 Wien, Zeltgasse 1A, abgestellt.

An den vorher genannten Abstellorten besteht von Montag bis Freitag (werktags) von 9 bis 22 Uhr Gebührenpflicht (Parkdauer: 2 Stunden).

Diese flächendeckenden Kurzparkzonen waren ordnungsgemäß kundgemacht.

Die Beschwerdeführerin war (jeweils) die Lenkerin des auf sie zugelassenen tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges.

Zu den Beanstandungszeitpunkten (17:15 Uhr und 13:28 Uhr) befand sich im Fahrzeug kein gültiger Parkschein und es war auch kein elektronischer Parkschein gebucht.

Der jeweilige Abstellort, der jeweilige Beanstandungszeitpunkt und die Tatsache, dass (jeweils) kein Parkschein ordnungsgemäß hinterlegt war und auch (jeweils) kein elektronischer Parkschein gebucht war, ist unstrittig.

Die Beschwerdeführerin bekämpft mit der gegenständlichen Beschwerde ausschließlich die Höhe der jeweils verhängten Geldstrafe (Strafhöhe), somit war entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer Teilrechtskraft des jeweiligen Schuldspruches auszugehen (vgl. z.B. ).

Dem Bundesfinanzgericht oblag daher nur die Überprüfung der verhängten Geldstrafen.

Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:
"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen. ..."

§ 19 VStG normiert:
"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

"Wenngleich im VStG (ebenso wie im StGB) von Prävention keine ausdrückliche Rede ist,sind auch Umstände der Spezial- und Generalprävention bei der Strafbemessung nicht zuvernachlässigen." (Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 6. Auflage (2004) 1332 mwN; ).

Es ist bei der Strafbemessung nach der Rechtsprechung somit - jedenfalls auch - darauf abzustellen, den/die TäterIn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen, aber auch andere von der Verwirklichung dieser strafbaren Tatbestände abzuhalten.

"Die Generalprävention wirkt durch Abschreckung verbrechenshemmend auf dieAllgemeinheit, sie bestärkt aber auch deren Rechtstreue und das Rechtsbewusstsein.Die Spezialprävention will die Verbrechensverhütung durch Einwirkung auf den Tätererreichen; man spricht deshalb auch von Individualprävention. Der Täter soll vonweiteren Delikten abgehalten und gebessert werden." (Foregger/Serini, StGB und wichtige Nebengesetze, 4. Auflage (1988) 5. Die Fokussierung auf Kriminalprävention ist dem Gegenstand des Werkes geschuldet, die Begriffsbestimmung gilt für das Verwaltungsstrafrecht mutatis mutandis.)

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. und ).

Von Relevanz ist jedenfalls, dass bei der Bemessung von Geldstrafen als wichtiges Kriterium auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des/der Beschuldigten zu berücksichtigen sind. Daraus folgt zwingend, dass Geldstrafen, um die Betroffenen in gleicher Weise zu belasten, geringer als bei gut verdienenden Personen zu bemessen sind, wenn der/die Beschuldigte ein niedriges Einkommen hat, über keine Vermögenswerte verfügt und überdies unterhaltspflichtig ist.

Die Beschwerdeführerin, geboren am tt.mm.1970, hat zu ihren Einkommensverhältnissen erstmals in der Beschwerde vorgebracht, sie sei alleinerziehend (Tochter) und dass sich ihr Konto aufgrund besonderer Umstände in der Vergangenheit dauerhaft im Minus bewege. Sie verfüge über kein nennenswertes Vermögen.

Die der jeweiligen Bestrafung zu Grunde liegende Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das als bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat (fahrlässige Abgabenverkürzung) erweist sich daher in den vorliegenden Fällen, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering.

Wie bereits ausgeführt, sind Verwaltungsübertretungen wie die fahrlässige Verkürzung der Parkometerabgabe gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 jeweils mit Geldstrafen bis zu 365,00 Euro zu bestrafen.

Die belangte Behörde hat in ihren in Beschwerde gezogenen zwei Straferkenntnissen vom die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowohl allfällige Sorgepflichten berücksichtigt, soweit diese der Behörde zum Entscheidungszeitpunkt bekannt gewesen seien (im Einspruch gegen die Strafverfügungen hat die Beschwerdeführerin noch keine Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht), zudem hat sie auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen, als sie die Geldstrafen mit jeweils 40,00 Euro und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe mit jeweils 9 Stunden festgesetzt hat.

Zwar bewegen sich die festgesetzten Strafhöhen im vorgenannten Ausmaß im unteren Rahmen, wurde damit der Strafrahmen von 365,00 Euro doch lediglich zu einem geringen Teil ausgeschöpft. Jedoch erweist sich die Verhängung einer Strafe in der Höhe von jeweils 30,00 Euro unter Berücksichtigung aller Umstände und auch vor dem Hintergrund, dass sich die Beschwerdeführerin geständig und reumütig zeigt, sowohl aus general- als auch als individualpräventiven Gründen unter Einbeziehung der nunmehr mitgeteilten schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse und der Sorgepflicht als vertretbar. Eine darüber hinausgehende Herabsetzung der Strafen - wie im Beschwerdevorbringen beantragt - kam nicht in Betracht.

Die Ersatzfreiheitsstrafen waren entsprechend anzupassen.

Bei den gegebenen Verhältnissen wird die Höhe der Geldstrafe als ausreichend erachtet, die Beschwerdeführerin von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung kann gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 und 3 VwGVG abgesehen werden, wenn sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet (Z 2) oder im angefochtenen Bescheid (Straferkenntnis) ein 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (Z 3). Diese beiden Gründe für den Entfall der mündlichen Verhandllung liegen hier vor, wobei bereits einer der Gründe für den Entfall hinreichen würde.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, weil das Erkenntnis angesichts der eindeutigen Rechtslage nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. ). Die beurteilten Tatfragen und die Strafbemessung können nicht Thema einer ordentlichen Revision sein.

Für die Beschwerdeführerin hingegen geht die absolute Unzulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 4 VwGG vor, welche im letzten Satz von Art. 133 Abs. 4 B-VG auch verfassungsrechtlich vorgezeichnet ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500093.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at