Gegenstandsloserklärung der Beschwerde und Einstellung des Verfahrens nach Verlust der Parteifähigkeit infolge Vermögenslosigkeit der beschwerdeführenden GmbH
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***2***, betreffend die Beschwerde vom ***4*** gegen die Bescheide des ***3*** vom ***5*** betreffend den Dienstgeberbeitrag für die Jahre ***7*** und die Haftungsbescheide Lohnsteuer für die Jahre ***7***, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ nach einer Prüfung lohnabhängiger Abgaben die Haftungs- und Festsetzungsbescheide vom ***5*** betreffend die Lohnsteuer und den Dienstgeberbeitrag für die Jahre ***7***. Zur Begründung verwies es auf den Bericht desselben Tages und die Niederschrift über die Schlussbesprechung.
Die beschwerdeführende Gesellschaft erhob dagegen fristgerecht die Beschwerde vom ***4***.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ***8*** als unbegründet ab.
Dagegen stellte die beschwerdeführende Gesellschaft fristgerecht den Antrag vom ***9*** auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am ***10*** vor.
Mit Schreiben vom ***11*** teilte das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt mit, dem Firmenbuch sei zu entnehmen, dass die beschwerdeführenden Gesellschaft infolge rechtskräftiger Abweisung eines Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens aufgelöst ist und ersuchte unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2023/16/0047 um eine Mitteilung, ob aus der Sicht des Finanzamtes noch ein Abwicklungsbedarf besteht, weil eine Abgabenfestsetzung zu einem Aktivvermögen der Gesellschaft führen könnte.
Das Finanzamt antwortete mit E-Mail vom ***12***, seitens des Finanzamtes sei kein Abwicklungsbedarf gegeben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der von der Beschwerde betroffene Abgabenbetrag in Höhe von ***6*** Euro wurde bislang nicht entrichtet und ist von einer Aussetzung der Einhebung erfasst.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom , 7 S 18/19k wurde das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 71 b IO der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht eröffnet. Die Gesellschaft ist infolge rechtskräftiger Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Sie hat nach der Einreichung des Jahresabschlusses zum ***13*** am ***14*** beim Firmenbuch keinen Jahresabschluss mehr eingereicht.
2. Beweiswürdigung
Der Beschluss über die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und die Auflösung der beschwerdeführenden Gesellschaft infolge rechtskräftiger Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind der Eintragung im Firmenbuch vom ***15*** zu entnehmen. Dem Firmenbuchstand ist auch zu entnehmen, dass der letzte dort eingereichte Jahresabschluss jener zum ***13*** ist.
Die Aussetzung der Einhebung des von der Beschwerde betroffenen Abgabenbetrages wurde dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt bereits im Vorlagebericht mitgeteilt und ergibt sich aus der Buchungsaufstellung in dem vom Finanzamt zur Verfügung gestellten Steuerakt.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 79 Bundesabgabenordnung (BAO) gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozessordnung ist sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 39 Abs. 1 Firmenbuchgesetz (FBG) ist jede in das Firmenbuch einzutragende Gesellschaft außer den in anderen Gesetzen genannten Fällen mit der Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst, durch den das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet oder aufgehoben wird.
Gemäß § 39 Abs. 2 FBG ist die Auflösung von Amts wegen in das Firmenbuch einzutragen.
Gemäß § 40 Abs. 1 FBG kann eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder eines Finanzamtes oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollzählig zum Firmenbuch eingereicht hat und seit dem Zeitpunkt, zu dem der Jahresabschluss für das zweite Geschäftsjahr einzureichen gewesen wäre, mindestens sechs Monate vergangen sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035, unter Bezugnahme auf seine bisherige Judikatur ausgeführt, dass die Löschung einer GmbH im Firmenbuch insofern nur deklarativ wirkt, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist. Die Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH besteht solange fort, als noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind und diese Abgabenfestsetzung zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann, etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern. Ein solcher Abwicklungsbedarf ist nicht gegeben, wenn die Abgabenfestsetzung zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann. Der Verlust der Parteifähigkeit ergibt sich bei einer amtswegigen Löschung einer GmbH wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG daraus, dass kein Abwicklungsbedarf mehr besteht (vgl. ).
Zur Vorschrift, die bei Vollbeendigung der GmbH nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß anzuwenden ist, verweist das oben angeführte Erkenntnis auf § 278 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Bescheidbeschwerde in den Fällen des § 256 Abs. 3 BAO (Zurücknahme der Beschwerde) und des § 261 BAO (Fälle, in denen dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde) mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als gegenstandslos zu erklären ist.
Nach den getroffenen Feststellungen wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom , 7 S 18/19k das Insolvenzverfahren betreffend die beschwerdeführende Gesellschaft mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 71 b IO nicht eröffnet. Sie ist infolge rechtskräftiger Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Die Gesellschaft hat nach der Einreichung des Jahresabschlusses zum ***13*** am ***14*** beim Firmenbuch keinen Jahresabschluss mehr eingereicht. Sie gilt gemäß § 40 Abs. 1 FBG bis zum Beweis des Gegenteils als vermögenslos.
Hinsichtlich der Frage, ob die Rechtspersönlichkeit der GmbH als fortdauernd anzusehen ist, war auch zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der beschwerdeführenden Gesellschaft ergeben könnte.
Der von der Beschwerde betroffene Abgabenbetrag in Höhe von ***6*** Euro wurde bislang nicht entrichtet und ist von einer Aussetzung der Einhebung erfasst.
Daher kann selbst im Falle der vollen Stattgabe der Beschwerde die beschwerdeführende Gesellschaft kein Abgabenguthaben lukrieren, das einen positiven Saldo am Abgabenkonto bewirken könnte.
Mangels abwickelbaren Vermögens in diesen Verfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft fortbesteht.
Auch wenn in den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung die "Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss" nicht vorgesehen ist, entspricht die Sachlage jenen Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG, in denen es zum "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden Gesellschaft kommt, die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen ist.
Da mangels Abwicklungsbedarf kein Fortbestand der Rechtssubjektivität gegeben ist, war die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Beschwerdeverfahren mit Beschluss einzustellen (vgl. ).
Der Beschluss ergeht nach Erlöschen der Parteifähigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft nur an die Amtspartei.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die in der Beschwerdesache aufgetretenen Rechtsfragen wurden anhand der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Dem Beschluss liegt daher nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 39 Abs. 2 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 39 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 40 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 261 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100639.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at