Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten auch in Zeiträumen des Bezuges von Arbeitslosengeld, wenn dieses steuerpflichtig behandelt wird
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 zu Recht:
I)
Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) reichte am bei der belangten Behörde die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2021 ein. Die belangte Behörde erließ am den Einkommensteuerbescheid 2021.
Der BF brachte mit Schreiben vom eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 bei der belangten Behörde ein. Bei der Berechnung der Arbeitnehmerveranlagung seien Werbungskosten in der Höhe von € 228,97 (Gewerkschaftsbeitrag) nicht berücksichtigt worden. Außerdem habe er vergessen, Kosten für Familienheimfahrten sowie Kosten für doppelte Haushaltsführung geltend zu machen. Er beantrage die Berücksichtigung der Kosten für doppelte Haushaltsführung in der Höhe von € 320,00. Er mache auch die Kosten für Familienheimfahrten geltend. Er fahre mindestens 20 - 22 Mal im Jahr nach Slowenien und habe in einer Richtung 400 km zu fahren. Er fahre mit dem eigenen PKW. Die Kosten für Hin- und Rückfahrt würden € 336,00 pro Besuch betragen.
Mit Ergänzungsersuchen vom forderte die belangte Behörde den BF auf, die beantragten Werbungskosten (Gewerkschaftsbeitrag) nachzuweisen sowie eine Kostenaufstellung der Aufwendungen am Beschäftigungsort (Wohnungskosten) bzw der Fahrtkosten für die Familienheimfahrten vorzulegen. Weiters wurde der BF aufgefordert, diverse Fragen zum Familienwohnsitz in Slowenien zu beantworten und einen Einkünftenachweis der Partnerin (Formular E9) vorzulegen.
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2021 insofern abgeändert, als die Indexierung des Familienbonus Plus beseitigt wurde. Hinsichtlich der beantragten Werbungskosten wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da die entsprechenden Nachweise trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden seien.
Der BF brachte mit Schreiben vom einen Vorlageantrag bei der belangten Behörde ein. Er habe die Aufforderung, die Nachweise über die beantragten Werbungskosten zu erbringen, leider übersehen. Seite Gattin MM und die gemeinsame Tochter SM würden in L, Slowenien leben. Die Gattin sei berufstätig und die Tochter studiere. Eine Familienzusammenführung sei nicht möglich. Er fahre mit dem in Österreich zugelassenen PKW Passat, Kennzeichen XY, mindestens zweimal im Monat zur Familie. Die Entfernung zwischen dem Wohnsitz in Österreich und dem Wohnsitz in Slowenien betrage 400 km. Für die Wohnung in Österreich zahle er Miete in der Höhe von € 250,00 und für den Strom € 60,00. Im Beschwerdejahr 2021 habe er € 241,00 pro Monat Miete und € 30,00 pro Monat für den Strom bezahlt. Er beantrage für die doppelte Haushaltführung € 3.252,00 an Werbungskosten. Im Jahr 2021 habe er laut beiliegender Bestätigung an Gewerkschaftsbeiträgen € 228,97 bezahlt.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der BF aufgefordert, binnen einer Frist von sechs Wochen die beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten entsprechend aufzuschlüsseln (Vorlage einer Kostenaufstellung) und diverse Fragen zum Familienwohnsitz in Slowenien zu beantworten sowie ein von der slowenischen Finanzverwaltung betätigtes Formular E9 hinsichtlich der von der Gattin im Jahr 2021 erzielten Einkünfte vorzulegen.
Das angeführte Ergänzungsersuchen blieb unbeantwortet.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der BF nochmals aufgefordert, das Ergänzungsersuchen vom zu beantworten. Weiters wurde der BF darauf hingewiesen, dass bei erneuter Nichtbeantwortung des Ergänzungsersuchens die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes anhand der vorliegenden Aktenlage im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffen werden würde.
Mit Schreiben vom wurde das Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom BF beantwortet. Seitens des BF wurde vorgebracht, dass seine Frau in Slowenien ihre Berufstätigkeit ausübe und die gemeinsame Tochter mit ihrer Mutter in L lebe. Er habe im Jahr 2021 € 236,00 für Miete und Betriebskosten sowie € 30,00 für Strom bezahlt. Er fahre zweimal pro Monat nach L. Wegen dieser Familienheimfahrten fahre er mindestens 1600 km pro Monat. Er habe als Werbungskosten das große Pendlerpauschale bzw € 336,00 pro Besuch in Slowenien geltend gemacht. Beim Familienwohnsitz in Slowenien handle es sich um eine Mietwohnung in Adr 2. Das sei eine Einzimmerwohnung (24,60 m²) und handle es sich dabei um eine Dienstwohnung seiner Gattin. Sie zahle für Miete, Betriebskosten und Strom € 149,96 pro Monat. Das Formular E9 werde er nachträglich übermitteln, sobald er persönlich an einem Arbeitstag nach Slowenien fahre.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der BF nochmals aufgefordert, ein von der slowenischen Finanzverwaltung bestätigtes Formular E 9 hinsichtlich der von seiner Gattin im Jahr 2021 erzielten Einkünfte vorzulegen.
Mit Email vom übermittelte der BF ein von der slowenischen Finanzverwaltung unterfertigtes Formular E 9 hinsichtlich der von seiner Gattin MM im Jahr 2021 erzielten Einkünfte sowie zwei Bestätigungen der Universität P, Fakultät für Tourismusstudien, betreffend die Tochter des BF, SM.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurden die Eingaben des BF vom und 30.092023 der belangten Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt und dieser Gelegenheit gegeben, hinsichtlich der Eingaben des BF eine entsprechende Stellungnahme abzugeben. Insbesondere wurde die belangte Behörde aufgefordert, bekannt zu geben, ob hinsichtlich der vom BF beantragten Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung (laut Eingabe vom monatlich € 236,00 Miete und Betriebskosten sowie € 30,00 Strom) und für Familienheimfahrten (zweimal monatlich Fahrtkosten nach L) der Höhe nach Einwendungen bestehen würden.
Mit Eingabe der belangten Behörde vom wurde von dieser mitgeteilt, dass nunmehr aufgrund der Vorlage des Formulars E9 die Aufwendungen für die Familienheimfahrten und die doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach für jene Zeiträume, in denen ein aufrechtes Dienstverhältnis bestanden habe, zustehen würden. Dem Grunde nach würden der belangten Behörde die Mietzahlungen auf Grundlage des vorgelegten Mietvertrages, des laut den ZMR-Daten seit 2016 bis heute fortbestehenden Mietverhältnisses an der verfahrensgegenständlichen Adresse ***Bf1-Adr*** als glaubhaft erscheinen.
Für Zeiträume, in denen der BF steuerfreie Einkünfte (Arbeitslosengeld nach § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG 1988) bezogen habe, seien die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten aufgrund der angeführten Judikatur nicht abzugsfähig. Im Sinne der Bestimmung des § 20 Abs 2 EStG 1988 seien Aufwendungen, die sowohl mit steuerpflichtigen als auch mit steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen würden, zu aliquotieren. Daher seien die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung bzw für die Familienheimfahrten im vorliegenden Fall zeitlich abzugrenzen. Für die Monate Jänner und Februar, in welchen durchgehend Arbeitslosengeld bezogen worden sei, würden daher weder Aufwendungen für die Familienheimfahrten noch für die doppelte Haushaltsführung zustehen. Für die Monate April bis November würden die Aufwendungen für Familienheimfahrten begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale in Höhe von € 2.448,00 (€ 306,00 x 8) und Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung in Höhe von € 2.128,00 (€ 266,00 x 8) zustehen. Für die Monate März und Dezember könnten nachgewiesene Familienheimfahrten in der Zeit des aufrechten Dienstverhältnisses bis zum maximalen Höchstbetrag von € 306,00 pro Monat geltend gemacht werden. Die Mietaufwendungen in den Monaten März und Dezember könnten aliquot geltend gemacht werden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der BF erzielte im Beschwerdejahr 2021 vom bis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der Fa. R und vom bis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der Fa. M.
Der BF erzielte im Jahr 2021 Einkünfte von der BUAK.
Der BF erhielt im Jahr 2021 im Zeitraum vom bis und vom bis Arbeitslosengeld vom Arbeitsmarktservice Österreich. Das Arbeitslosengeld vom Arbeitsmarktservice Österreich wurde auf Grund der Kontrollrechnung nach § 3 Abs 2 EStG 1988 im Einkommensteuerbescheid 2021 vom steuerpflichtig behandelt.
Der BF hat im Jahr 2021 von 01.01. bis 31.12. eine Wohnung in ***Bf1-Adr*** gemietet. Der BF bezahlte im Jahr 2021 monatlich Miete (inklusive Betriebskosten) in Höhe von € 236,00 sowie Strom in Höhe von € 30,00.
Die Frau des BF, MM, und seine Tochter, SM, leben in Slowenien an der Adresse Adr 2 in einer Mietwohnung. Der Familienwohnsitz des BF mit seiner Familie liegt in Slowenien.
Die Frau des BF erzielte im Jahr 2021 in Slowenien Einkünfte in Höhe von € 14.976,15.
Die einfache Wegstrecke von der österreichischen Wohnadresse in ***Bf1-Adr*** zur slowenischen Wohnadresse in Adr 2 beträgt 394 Straßenkilometer.
Der BF ist im Beschwerdezeitraum zweimal im Monat zum Familienwohnsitz in Slowenien und wieder zurück an die österreichische Wohnadresse gefahren.
Vom BF wurden im Beschwerdejahr Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von € 228,97 entrichtet.
2. Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Die Feststellungen hinsichtlich der vom BF im Jahr 2021 erzielten Einkünfte bzw der steuerpflichtigen Behandlung des Arbeitslosengeldes ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid.
Die Feststellungen bezüglich der vom BF angemieteten Wohnung an der Adresse ***Bf1-Adr*** sowie der Höhe vom BF getätigten Miet- und Stromzahlungen ergeben sich aus den vom BF diesbezüglich vorgelegten Unterlagen und werden diese auch nicht von der belangten Behörde in Zweifel gezogen.
Dass der BF mit Frau MM verheiratet ist, er eine Tochter, SM, hat und es sich beim Wohnsitz des BF in Slowenien um den Familienwohnsitz handelt, erschließt sich schlüssig aus den vorgelegten Unterlagen und dem Vorbringen des BF.
Die Höhe der von der Ehegattin des BF im Jahr 2021 in Slowenien erzielten Einkünfte ergibt sich aus dem von der slowenischen Finanzverwaltung bestätigten Formular E9.
Die einfache Wegstrecke von der österreichischen Wohnadresse zum Familienwohnsitz in Slowenien ergibt sich aus einer Abfrage beim Routenplaner Google Maps.
Die Feststellung, dass der BF im Beschwerdejahr im Beschwerdezeitraum zweimal im Monat zum Familienwohnsitz in Slowenien und wieder zurück an die österreichische Wohnadresse gefahren, ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des BF und wird dies auch von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen.
Dass vom BF im Beschwerdejahr Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von € 228,97 entrichtet wurden, ergibt sich aus den vorgelegten Zahlungsbelegen.
Vor diesem Hintergrund können die unter Punkt 1 getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).
Werbungskosten sind gem. § 16 Abs 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gem. § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dies gilt gem. § 20 Abs 1 Z 2 lit a leg cit auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten und eine doppelte Haushaltsführung dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehepartners haben (vgl zB ; ). Diese Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl ) und muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben (vgl ).
Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht.
Im vorliegenden Fall ist also zuerst zu überprüfen, ob dem BF im Beschwerdejahr 2021 die Verlegung des Familienwohnsitzes unzumutbar ist.
Im Lichte der Rechtsprechung des VwGH ist die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Tätigkeitsort dann unzumutbar, wenn der Ehepartner am Ort des Familienwohnsitzes berufstätig ist (vgl ; ). Für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechende Gründe stellen steuerlich relevante Erwerbseinkünfte iSd § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 des anderen Ehe(Partners) am Familienwohnsitz dar, die bei dessen Verlegung verloren gingen (zB ). Als steuerlich relevante Einkünfte des anderen (Ehe)Partners sind solche anzusehen, die für das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind ().
Nach Auffassung des VwGH ist für die Beurteilung der Relevanz die Relation zum Familieneinkommen ausschlaggebend. Vernachlässigbar sind Einkünfte jedenfalls dann, wenn sie "deutlich unter einem Zehntel" der Einkünfte des anderen Ehegatten liegen (). Kein Maßstab ist es danach, ob das Zusatzeinkommen die Kosten für den Doppelwohnsitz (Wohnungskosten, Fahrtkosten) abdeckt. Die Finanzverwaltung erkennt eine steuerliche Relevanz der Einkünfte des Ehepartners ab einer Höhe von mehr als 6.000 Euro an (vgl. LStR 2002 Rz 344). Unabhängig von dieser Grenze, die im Lichte der Rechtsprechung des VwGH zur Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes keine normative Wirkung entfaltet (vgl wiederum ), ist davon auszugehen, dass die Einkünfte der Ehefrau in Höhe von € 14.976,15 im Streitjahr 2021 nicht vernachlässigbar sind (vgl wiederum ; Hammerl, Berufsbedingter Doppelwohnsitz: 2.200-Euro-Grenze überholt, RdW 2004, 756; Kofler, Die steuerliche Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung, taxlex 2008, 8 (11); Zorn/Engelmann, in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg) EStG19 (2017) § 4 Rz 347). Bei Erwerbstätigkeit des (Ehe)Partners am Familienwohnsitz im Ausland sind das dortige Einkommensniveau und die Kaufkraftunterschiede zu berücksichtigen und kaufkraftkonform umzurechnen ( mwN).
Die Einkünfte der Ehefrau sind daher im Lichte der Rechtsprechung des VwGH nicht vernachlässigbar. Für den BF ist somit die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Tätigkeitsort im Beschwerdejahr 2021 jedenfalls unzumutbar.
Neben der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes, muss auch die tägliche Rückkehr vom Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz unzumutbar sein. Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt (). Diese Voraussetzung ist aufgrund des festgestellten Sachverhaltes erfüllt.
Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen liegt der Familienwohnsitz des BF in Slowenien so weit von seinem Beschäftigungsort entfernt, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht möglich ist.
Zur Höhe der anzuerkennenden Werbungskosten:
Hinsichtlich der Ausführungen der belangten Behörde, wonach für Zeiträume, in denen der BF steuerfreie Einkünfte (Arbeitslosengeld gem. § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG 1988) bezogen habe, die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten nicht abzugsfähig seien (§ 20 Abs 2 EStG 1988; Verweis auf ; ; ), ist festzuhalten, dass im beschwerdegegenständlichen Fall das vom BF bezogene Arbeitslosengeld steuerpflichtig behandelt wurde (siehe getroffene Feststellungen unter Punkt 1) und die von der belangten Behörde angeführte Judikatur daher nicht anwendbar ist.
Die vom BF geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten sind infolgedessen nach den allgemeinen Grundsätzen des § 16 EStG 1988 zu beurteilen.
Doppelte Haushaltsführung:
In den Monaten April 2021 bis November 2021 sind die vom BF geltend gemachten Kosten der doppelten Haushaltsführung jedenfalls anzuerkennen.
Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes stehen die Kosten der doppelten Haushaltsführung auch in den Monaten März 2021 (Arbeitsaufnahme mit ) und Dezember 2021 (Arbeitsende ) zu, da die Anmietung der Wohnung in Österreich in den angeführten Zeiträumen unzweifelhaft der Erzielung der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit gedient hat und es sich dabei um unvermeidbare Aufwendungen in diesen Monaten handelt. Eine Aliquotierung der Kosten kommt aufgrund der steuerpflichtigen Behandlung des Arbeitslosengeldes nicht in Betracht. Im Übrigen wird auch von der Verwaltungspraxis vertreten, dass ein voller Monatsbetrag auch für angefangene Kalendermonate der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit zusteht (vgl. LStR 2002, Rz 356).
Die Kosten der Anmietung der österreichischen Wohnung in den Monaten Jänner und Februar 2021 können demgemäß nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, da in diesen Monaten ausschließlich Arbeitslosengeld vom BF bezogen wurde und die Mietkosten naturgemäß nicht der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitslosengeldes dienen, auch wenn dieses im gegenständlichen Fall steuerpflichtig behandelt wurde.
Die anzuerkennenden Kosten für doppelte Haushaltsführung im Beschwerdejahr 2021 betragen daher € 2.660,00 (€ 266,00 x 10).
Familienheimfahrten:
Da die Voraussetzungen einer steuerlich relevanten doppelten Haushaltsführung vorliegen, sind auch die Familienheimfahrten grundsätzlich steuerlich zu berücksichtigen. Als Fahrtkosten sind jene Aufwendungen anzuerkennen, die tatsächlich anfallen. Aufwendungen für Familienheimfahrten sind bei einem steuerlich anerkannten Doppelwohnsitz insoweit abzugsfähig, als sie innerhalb angemessener Zeiträume, also in angemessener Frequenz, erfolgen. Es bestehen keine gesetzlichen Regelungen über die Häufigkeit der Familienheimfahrten (vgl. ). Bei einem verheirateten Steuerpflichtigen sind idR wöchentliche Familienheimfahrten zu berücksichtigen (vgl ).
Nach den getroffenen Feststellungen ist der BF im Beschwerdezeitraum zweimal im Monat zum Familienwohnsitz in Slowenien und wieder zurück an die österreichische Wohnadresse gefahren.
Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) sind gem. § 20 Abs 1 Z 2 lit. e EStG 1988 nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.
In den Monaten April 2021 bis November 2021 stehen demgemäß Kosten für Familienheimfahrten (begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale in Höhe von € 306,00 monatlich) in Höhe von € 2.448,00 (€ 306,00 x 8) zu.
Im März 2021 (Arbeitsbeginn ) und Dezember 2021 (Arbeitsende ) ist jeweils eine Fahrt von Slowenien nach Österreich bzw von Österreich nach Slowenien als Werbungskosten zu berücksichtigen, da davon auszugehen ist, dass der BF im März 2021 lediglich einmal vom Familienwohnsitz in Slowenien nach Österreich gefahren ist, um seine Arbeitstätigkeit in Österreich ab aufzunehmen, bzw, dass der BF im Dezember 2021 nach Beendigung seiner Arbeitstätigkeit in Österreich zum Familienwohnsitz nach Slowenien gefahren ist. Allfällige weitere Fahrten im Zeitraum zwischen und bzw zwischen und sind grundsätzlich nicht als Werbungskosten anzuerkennen, da - wie oben bereits angeführt - in diesen Zeiträumen ausschließlich Arbeitslosengeld vom BF bezogen wurde und angefallene Kosten für Familienheimfahrten nicht der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitslosengeldes dienen, auch wenn dieses im gegenständlichen Fall steuerpflichtig behandelt wurde.
Aus der festgestellten Entfernung von 394 Straßenkilometer zwischen den Wohnorten in Österreich und Slowenien ergibt sich daher jeweils ein Betrag von € 165,48 an Werbungskosten für März bzw Dezember 2021.
Die als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen für Familienheimfahrten betragen daher insgesamt € 2.778,96 (€ 2.448,00 +€ 165,48 + € 165,48).
Weiters sind die vom BF im Beschwerdejahr entrichteten Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von € 228,97 als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Hinsichtlich des im angefochtenen Bescheid indexierten Familienbonus Plus ist auf das zu verweisen, wonach Art. 67 VO 883/2004 dahin auszulegen ist, dass die Familienleistungen, die ein Mitgliedstaat Erwerbstätigen gewährt, deren Familienangehörige in diesem Mitgliedstaat wohnen, exakt jenen entsprechen müssen, die er Erwerbstätigen gewährt, deren Familienangehörige in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Die Mitgliedstaaten dürfen gemäß dieser Verordnung die Familienleistungen nicht nach Maßgabe des Wohnstaats der Kinder des Begünstigten anpassen (Rn. 51). Eine Indexierung von Sozialleistungen für Kinder, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen als der Arbeitnehmer, wäre, selbst wenn dies das Sekundärrecht zuließe, nach dem Primärrecht der Union (Art. 45 AEUV) ungültig (Rn. 57 unter Hinweis auf , Pinna, EU:C:1986:1). Als Reaktion auf dieses Urteil des EuGHs wurde diese Bestimmung mit BGBl. I Nr. 135/2022 aufgehoben. Gem. § 124b Z 410 lit. a EStG 1988 ist diese Aufhebung für Kinder, die sich ständig in Slowenien aufhalten, schon ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2019 (und damit rückwirkend) anzuwenden.
Der Familienbonus Plus ist daher (wie von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung bereits umgesetzt) in voller Höhe zu berücksichtigen.
Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gem. Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl mit vielen weiteren Nachweisen).
Zudem kommt einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalls allenfalls auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt folglich in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinne zu (vgl ; ).
Die im Beschwerdefall vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Auslegung der Zumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes wirft somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG auf. Hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit der von der belangten Behörde zitierten Rechtsprechung (; ) ist auf die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zu verweisen (steuerpflichtige Behandlung des bezogenen Arbeitslosengeldes), weshalb gem. § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 124b Z 410 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 45 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 25a Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100084.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at