Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.03.2024, RV/6100002/2021

Aufschließungskosten als Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Drin. Natalie Brennsteiner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb***, ***AdrStb***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom mit der Gemeinde ***L***, Steuernummer ***BF1StNr1***, ErfNr ***123*** zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom mit der Gemeinde ***L*** wird gem § 7 Z 3 GrEStG 1987 von der Gegenleistung iHv € 1.141.276,00 mit € 39.944,66 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom mit der Gemeinde ***L*** iHv € 42.411,32 fest. Dabei wurde als Gegenleistung sowohl der Kaufpreis als auch die (in Streit befindlichen) Aufschließungskosten) herangezogen.

Die steuerlich vertretene Beschwerdeführerin (in weiterer Folge Bf) brachte gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde (zunächst) die bereits eingetretene Verjährung eingewendet.

Mit als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, im Wesentlichen mit der Begründung, dass im Jahr 2015 eine Nachschau stattgefunden habe, die eine Verlängerungshandlung darstellt. Somit sei Verjährung noch nicht eingetreten. Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf zugestellt.

Dagegen wurde von der steuerlichen Vertretung mit Schreiben vom ein Vorlageantrag eingebracht und die mündliche Verhandlung vor dem Senat beantragt.

Die belangte Behörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht vor.

Mit Verfügung des GV-Ausschusses vom wurde die Rechtssache gem § 9 Abs 9 BFGG der nunmehr zuständigen GA zugeteilt.

Mit Beschluss vom wurde die (neue) steuerliche Vertretung ersucht, Fragen iZm der Zustellung und dem vorliegenden Sachverhalt zu beantworten. Darüber hinaus wurde der Vorlagebericht übermittelt.

Mit Schreiben vom übermittelte die nunmehrige steuerliche Vertretung eine Stellungnahme.

Mit Beschluss vom wurden die Parteien gem § 281a BAO in Kenntnis gesetzt, dass aufgrund eines Zustellmangels keine wirksame Erledigung der Beschwerde vorliegt und noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist.

Die belangte Behörde wies daraufhin mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde (erneut) als unbegründet ab.

Dagegen brachte die Bf mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein. Der Einwand der Verjährung wurde nicht mehr aufrechterhalten. Die Aufschließungskosten seien jedoch nicht Teil der Gegenleistung.

Die belangte Behörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht vor.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde mit Schreiben vom zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

  • Mit Kaufvertrag vom , abgeschlossen zwischen ***A***, als Verkäufer und der Bf als Käuferin, wurde die unbebaute Liegenschaft ***X*** bestehend aus dem Grundstück ***X*** mit landwirtschaftlicher Nutzung im Ausmaß von 3.356 m² an die Bf verkauft.

Mit Kaufvertrag vom , abgeschlossen zwischen der Gemeinde ***L***, ***AdrL***, als Verkäuferin und der Bf als Käuferin, wurde das Grundstück ***Y*** der Gemeinde ***L*** mit einer Grundfläche von 27.836 m2 an die Bf verkauft.

Die Bf hat sohin am im Gewerbegebiet ***L/E*** Grundstücke von 2 Eigentümern im Ausmaß von 31.192 m² käuflich erworben.

Der Kaufvertrag vom mit der Gemeinde ***L*** lautet auszugsweise:

III. Kaufpreis
1. Der Kaufpreis wird mit dem Betrage von € 20,00 per m
2 sohin mit dem Gesamtbetrage von 556.720,00 (Euro fünfhundertsechsundfünfzigtausendsiebenhundertzwanzig) vereinbart.
Nachstehende Kosten sind in diesem Kaufpreis nicht enthalten und von der Käuferseite zusätzlich zu bezahlen:
a) Kosten der Errichtung, Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages und der damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen.
b) Anlässlich der Eigentumsübertragung anfallende öffentliche Abgaben, wie die Grunderwerbsteuer und die gerichtliche Eintragungsgebühr, Kosten allfälliger Verwaltungsverfahren, keinesfalls jedoch eine die Verkäuferseite treffende Besteuerung eines etwaigen Veräußerungsgewinn.
c) Die Aufschließungskosten laut Punkt IV. (
gemeint wohl Punkt V.) dieses Vertrages.
[…]

V. Aufschließungskosten
Die Aufschließung und Anbindung des Vertragsobjektes
***Y*** erfolgt von der ***B*** Landesstraße Grundstück ***9*** über die von der Gemeinde ***L*** auf dem Grundstück ***6*** bereits errichtete Zufahrtstraße, welche in der beiliegenden Plankopie dargestellt ist. Es räumt die Vertragspartei Gemeinde ***L*** als Eigentümerin des Grundstückes ***6*** der Käuferin und deren Rechtsnachfolger im Besitze des Grundstückes ***Y*** das Recht ein, über die in der diesem Vertrage als Beilage ./1 beigeschlossenen Plankopie dargestellten Aufschließungsstraße im Sinne einer öffentlichen Straße zu gehen und zu fahren und darin alle zur Ver- und Entsorgung des Vertragsobjektes und darauf in Zukunft errichteter Baulichkeiten und Anlagen durch Trink-, Brauch- und Abwässer, Energie, Wärme und Telekommunikation erforderliche Leitungen zu verlegen, zu erhalten und gegebenenfalls zu erneuern. Auf eine grundbücherliche Sicherstellung in Form einer Dienstbarkeit wird verzichtet, da diese Straße ins Öffentliche Gut der Gemeinde übernommen wird. Die Käuferin nimmt zur Kenntnis, dass ihr von der Gemeinde, der ***S*** bzw. dem jeweiligen Hersteller des Ver- und Entsorgungsnetzes Kostenersatz und Gebühren für den Anschluss des Grundstückes ***Y*** für Kanal, Strom, Wasser und Telekommunikation und den Betrieb des Ver- und Entsorgungsnetzes vorgeschrieben werden und verpflichtet sich, als nunmehrige Grundstückseigentümern unter Schad- und Klagloshaltung der Gemeinde ***L*** diese Kosten zu bezahlen. Für die Sammlung und Ableitung der auf die Grundparzelle ***Y*** fallenden Niederschlagswässer errichtet die Gemeinde entlang der ***B*** Landesstraße auf Grund stück ***7*** eine Regenmulde und hat bereits auch ein Rückhaltebecken errichtet und schreibt für die Einleitung der auf dem Vertragsobjekt nie ergehenden Oberflächenwässer entweder einen jährlichen Wartungs- und Instandhaltungsbeitrag oder eine einmalige Anschlussgebühr vor, welchen sich jeweils die Käuferpartei zu bezahlen verpflichtet.
[…]

Mit schriftlicher Vereinbarung vom beauftragte die Bf die ***S*** (in weiterer Folge ***S***) mit der Durchführung von Aufschließungsmaßnahmen im Gewerbegebiet ***E*** in der Gemeinde ***L***, konkret mit der Aufschließung des ausgewiesenen Grundstückes ***Y***, mit einem Gesamtausmaß von 31.192 m².

Die schriftliche Vereinbarung lautet auszugsweise:

AUFTRAG

Gewerbegebiet ***E*** in der Gemeinde ***L*** betreffend Durchführung von Aufschließungsmaßnahmen

"I. VORBEMERKUNGEN
Die
***Bf1***, mit Sitz in der ***Bf1-Adr***, vertreten durch Herrn Dipl.-Ing. (FH) ***Gf***, nachfolgend "Auftraggeber" genannt, beauftragt die ***S***, ***S***, ***AdrS*** ***Z***, mit der Aufschließung des in der Vermessungsurkunde des Geometers Dipl.-Ing. ***F*** vom , GZ ***3***, ausgewiesenen Grundstückes ***Y***, mit einem Gesamtausmaß vom 31.192 m². Die ***S*** nimmt den Auftrag hiermit an.

II. LEISTUNGSUMFANG
Die von der
***S*** in deren Auftrag oder Ober deren Veranlassung von Dritten zu erbringenden Leistungen umfassen:
a) Vermessung samt Parzellierung
b) Erstellen des Bebauungsplanes der Grundstufe samt Ausarbeitung des Gestaltungskonzeptes
c) Ausarbeitung der Unterlagen für die Bauplatzerklärung, jedoch ohne Übernahme der Bescheidkosten
d) Bau der gesamten Infrastruktur laut Planung Dl
***P***, ***Z***:
• Verkehrsanbindung an die
***L*** ***B*** Landesstraße
• interne Aufschließungsstraßen
• Abwasserentsorgung für das Gewerbegebiet (Schmutzwasserkanal)
• Oberflächenentwässerung für das Gesamtareal samt Retentionsmaßnahmen für die Bauparzellen, jedoch ohne Reinigung der betrieblichen Oberflächenwässer
• Bepflanzung
e) Koordination für die Errichtung der Trink-, Nutz- und Löschwasserversorgungswasserleitung. Der Bau erfolgt durch die Wassergenossenschaft auf eigene Rechnung
f) Koordination für die Errichtung der Leitungseinbauten der
***AG***, wie z. B.: Stromverkabelung und Erdgasleitung etc. Der Bau erfolgt durch die ***AG*** auf eigene Rechnung
g) Verlegung des von der Telekom Austria AG beigestellten Telefonkabels
h) die in diesem Zusammenhang erforderliche Planung, Koordination und Kostenermittlung sowie Ausschreibung und Auftragsvergabe
i) die Bauüberwachung
j) Planungs- und Baukoordination laut Bauarbeitenkoordinationsgesetz

Der Auftrag umfasst alle Lieferungen und Leistungen, die zur vollständigen und technisch einwandfreien Durchführung dieser oben beschriebenen Aufschließungsarbeiten erforderlich sind. Im Übrigen werden die Leistungen in der beiliegenden Planung vom Dl ***P*** detailliert dargestellt. Diese Planung kann den geänderten Notwendigkeiten angepasst werden. Ergänzungen und Änderungen obliegen ausschließlich der Auftragnehmerin. Die Auftragnehmerin wird sich für die Durchführung der oben angeführten Leistungen des Zivilingenieurbüros Dl. ***P***, ***Z*** bedienen.

III. LEISTUNGSENTGELT
Für die von der Auftragnehmerin bzw. in deren Auftrag von Dritten zu erbringenden Leistungen verrechnet die Auftragnehmerin dem Auftraggeber ein Pauschalentgelt von € 17,50/m
2 erworbener Baulandfläche exklusive Umsatzsteuer, sohin eine Gesamtsumme von pauschal € 545.860,- exklusive Umsatzsteuer, bzw. € 655.032,- inklusive Umsatzsteuer.
[…]
Nicht in diesen Kosten enthalten sind die vorgeschriebenen Anschlussgebühren an die Ver- und
Entsorgungsunternehmungen, wie z.B. Strom, Wasser, Kanal, Telefon etc. Diese hat der Auftraggeber an die jeweiligen Unternehmen direkt zu leisten.

[…]

Die Gemeinde ***L*** hat bereits im Jahr 2003 im nördlichen Gemeindegebiet Grünland im Ausmaß von ca 17ha angekauft. Dieses befindet sich nördlich und südlich der ***B*** Landesstraße (***L***) anschließend an den Weiler ***E***.

In der Sitzung der Gemeindevertretung vom wurde einstimmig beschlossen, mit der ***S*** einen Geschäftsbesorgungsvertrag für die Aufschließung des Gewerbegebiets ***E*** abzuschließen.

Am wurde einstimmig die Verlängerung des im Jahr 2004 abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages beschlossen.

Der Geschäftsbesorgungsvertrag vom abgeschlossen zwischen der Gemeinde ***L*** und der ***S*** lautet auszugsweise:

§ 1 Gegenstand des Vertrages

Die ***S*** wird das geplante Gewerbegebiet ***L*** ***E*** optimal erschließen. Das Gesamtareal liegt nördlich des Ortskernes direkt an der ***C*** ***L*** Bundesstraße, wird durch die ***L*** ***B*** Landesstraße zweigeteilt und soll im Endausbau ein Gesamtausmaß von ca. 16,5 ha aufweisen. Im zukünftigen Gewerbepark sollen sowohl ortsansässige Unternehmen als auch Neuansiedlungen realisiert werden. Das Angebot soll sowohl Betriebe mit kleinem als auch großen Flächenbedarf gerecht werden. Die Gemeinde ***L*** wirkt bei der wirtschaftlichen Betreuung dieser Maßnahmen nach Maßgabe dieses Vertrages mit.

Für die Erschließung im Sinne dieses Vertrages werden folgende Maßnahmen durchgeführt bzw. organisiert

a) Überprüfung und allfällige Abänderung des Regionalentwicklungsprogramms

b) Erstellung des Gesamtkonzeptes zur Umsetzung des Gewerbeparks

c) Überprüfung und gegebenenfalls Abänderung des räumlichen Entwicklungskonzeptes

d) Abänderung des Flächenwidmungsplanes

e) Erstellung des Aufschließungskonzeptes

f) Durchführung der Aufschließungsplanung

g) Erstellung des Bebauungsplanes der Grundstufe

h) Durchführung der Bauplatzerklärung

i) Vermessung samt Parzellierung des Areals

j) Bau der gesamten Infrastruktur; im Detail:

  1. Verkehrsanbindung an das überörtliche Straßennetz

  2. interne Aufschließungsstraßen nach Erfordernis

  3. interne Geh-und Radwege nach Bedarf

  4. Straßenbeleuchtung

  5. Abwasserentsorgung für das Gewerbegebiet

  6. Oberflächenentwässerung für das Gesamtareal. Retentionsmaßnahmen ausschließlich für die öffentlichen Verkehrs-bzw. Aufschließungsflächen

  7. Trink-, Nutz-Löschwasserversorgung

  8. Telefonversorgung

  9. Stromversorgung

  10. Erdgas-, Daten-und Fernsehekabel nach Erfordernis

  11. Planung, Bauleitung und Bauführung

  12. Planung-und Bauarbeitenkoordination

  13. etc.

Zudem ist das Leistungsangebot der ***S*** vom 12-12-2003 an die Gemeinde ***L*** Grundlage für den gegenständlichen Vertrag.
[…]

§ 2 Vertragssumme

Einen integrierenden Bestandteil des Geschäftsbesorgungsvertrages bildet die Kostenabrechnung "Gewerbegebiet ***L*** ***E***", erstellt von der ***S*** am 14-02-2004. Diese Berechnung und die zugrunde liegenden [sic] Erschließungsplan stellt eine Machbarkeitsstudie dar, welche je nach Erfordernis überarbeitet und im Zuge der Umsetzung des Gesamtareals laufend angepasst wird.
[…]

§ 4 Aufgaben der ***S***

a) Abwicklung des Rechnung-und Zahlungsverkehrs in der Form, dass die ***S*** die von der Bauleitung angewiesenen Zahlungen auf eigene Rechnung führt.

b) […]

e) Die ***S*** schließt mit den Grundkäufern bzw. Grundpächtern bzw. Baurechtsnehmern Aufschließungsvereinbarung zur Tragung der anteiligen Gesamtkosten.

f) […]

§ 5 Aufgaben der Gemeinde ***L***

a) […]

d) Die Gemeinde ***L*** verpflichtet die anzusiedeln Firmen zum Abschluss eine Aufschließungsvereinbarung mit der ***S***.

Die Firma ***LI***, ist eine reine Landesgesellschaft und entwickelt Bauland durch den treuhändigen Kauf von Grundstücken für die Gemeinden oder besichert diese per Option für spätere Interessenten. Für die Aufschließung bedient sie sich ihrer Tochtergesellschaft ***S***.

Die Firma wurde im Jahr 1997 als Tochterunternehmen der ***LI*** gegründet und fungiert als Unterstützung der Investoren bei Aufschließungsarbeiten.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf dem Akteninhalt, den vorgelegten Vertragsurkunden und den Erhebung der Betriebsprüfung betreffend das Gewerbegebiet ***E***/***L***.

Darüber hinaus nahm das BFG Einsicht auf der Homepage des Landes ***Z*** (***www***).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Gemäß § 5 Abs 2 Z 1 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Er ist vielmehr im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu zahlen ist (vgl. , mwN).
Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen - somit "inneren" - Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Für die Frage nach der finalen Verknüpfung zwischen Erwerbsgegenstand und Gegenleistung ist es unerheblich, ob mehrere abgeschlossene Verträge nach dem Willen der jeweils vertragschließenden Parteien zivilrechtlich ihren Bestand nach voneinander abhängig sein sollen. Entscheidend für die Qualifikation einer Leistung als Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist, dass die Verpflichtung zur Leistung auf den Erwerb des Grundstücks in dem Zustand, in dem es zum Erwerbsgegenstand gemacht wurde, bezogen ist (, , Ra 2020/16/0018, mwN).

Im Erkenntnis vom , 91/16/0031, verweist der VwGH zunächst in diesem Zusammenhalt auf seine langjährige Judikatur zur sog. "Bauherrenproblematik", wonach dann, wenn sich ein Erwerber in ein vorgegebenes Baukonzept einbinden lässt, alle diesbezüglichen Verträge - dh. neben dem Kaufvertrag über einen Grundstücksanteil ebenso der Werkvertrag über die Errichtung eines Gebäudes, dies selbst bei Verschiedenheit zwischen dem Grundstücksveräußerer und dem Bauführer - in den grunderwerbssteuerrechtlichen Erwerbsvorgang einzubeziehen sind. Selbst eine solche Personenverschiedenheit hindere die Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage nicht, wenn die Abreden über einen Grundstückskauf und über die Betrauung mit der Errichtung eines Wohnhauses - wirtschaftlich gesehen - eine Einheit bilden und wenn der wohlverstandene, einheitliche Vertragswille auch in diesem Fall auf den Erwerb einer fertigen Wohnung samt ideellem Grundstücksanteil gerichtet war (vgl. , 0212, uva). Laut VwGH läßt sich diese Rechtsprechung zwanglos auf jene Fälle übertragen, in denen - wie im Gegenstandsfalle - in Streit gezogen ist, ob Aufschließungskosten als Gegenleistung zu qualifizieren sind bzw. ob der wohlverstandene, einheitliche Vertragswille auf den Erwerb einer aufgeschlossenen Parzelle gerichtet war. Selbst wenn der VwGH beispielsweise im Erkenntnis vom , 1879/79, betreffend Aufschließungskosten entschieden habe, dass eine bereits den Verkäufer treffende Leistungsverpflichtung dann, wenn sie vom Käufer übernommen wird und er diesbezüglich den Verkäufer schad- und klaglos hält, als "übernommene sonstige Leistung" iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 zu beurteilen ist, dann sei damit noch nicht gesagt, dass nur unter dieser Voraussetzung eine derartige Leistung zur Gegenleistung zu rechnen ist. Vielmehr komme es nicht darauf an, ob die Leistung ausschließlich dem Bf (= Käufer) zugutekam oder ob im Zeitpunkt des Erwerbsvorganges für die Verkäufer bereits die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Kosten bestand, sondern letztlich darauf, ob der wohlverstandene, einheitliche Vertragswille auf den Erwerb einer aufgeschlossenen Parzelle gerichtet und der Erwerb der Parzelle im unaufgeschlossenen Zustand faktisch gar nicht möglich oder undenkbar war. Dabei sei es lt. VwGH auch ohne jegliche rechtliche Bedeutung, dass etwa die Kaufpreissumme einerseits und die Kosten der Bauaufschließung andererseits an voneinander verschiedene (natürliche oder juristische) Personen zu entrichten waren.

Es werde in diesem Zusammenhalt insbesondere verkannt, dass nicht die Bereicherung des Veräußerers, sondern der Erwerb des Käufers besteuert wird (siehe ).

Nach dem BFH-Urteil vom , II R 39/99, BStBl. 2002 II S 93, stellen Erschließungskosten nur dann kein Entgelt für den Erwerb eines Grundstückes dar, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages das noch unerschlossene Grundstück als solches ("unerschlossen") zum Gegenstand der Übereignung gemacht wurde und der Erwerber gleichzeitig gegenüber zB der Gemeinde die Verpflichtung übernimmt, für die zukünftige Erschließung des Grundstückes einen bestimmten Betrag zu bezahlen. Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht wurde. Sind im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bereits öffentliche Erschließungsanlagen vorhanden, dann kann Gegenstand des Vertrages nur das "erschlossene" Grundstück sein, selbst wenn lt. Vertragsinhalt das Grundstück als "unerschlossen" erworben werden sollte. Denn es liege nicht in der Willensmacht der Beteiligten, ein Grundstück in einem Zustand zum Gegenstand des Erwerbsvorganges zu machen, den es eben nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten soll. Diesfalls ist neben dem Kaufpreis für das Grundstück auch ein gesondert ausgewiesener Betrag, mit dem die bereits vorhandene Erschließung des Grundstückes abgegolten werden soll, Entgelt und damit Gegenleistung für den Grundstückserwerb (vgl. zu vor auch: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer, Rz. 98-99 zu § 5 GrEStG sowie -I/08).

Aus den Verträgen, deren innerer Verschränkung, dem Zusammenwirken von Verkäufer, Aufschließungsgesellschaft und Stadtgemeinde, ist zu ersehen, dass Vertragsabsicht - auch aus der Intention und dem Zweck der Baulandsicherung und Schaffung eines Gewerbegebiets begründbar - die Veräußerung und demzufolge auch der Erwerb aufgeschlossener Grundstücke war.

So geht aus Sitzung der Gemeindevertretung vom und dem Geschäftsbesorgungsvertrag vom eindeutig hervor, dass die Aufschließung bereits im Jahr 2004 mit der Firma ***S*** vereinbart worden ist, 6 Jahre vor Abschluss des Kaufvertrages mit der Bf.

Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die Gemeinde die anzusiedelnden Firmen zum Abschluss einer Aufschließungsvereinbarung mit der ***S*** verpflichtet.

Die Firma ***S*** war dadurch mit der Gesamtaufschließung des Bauareals beauftragt und hatte mit den Aufschließungsmaßnahmen, bzw. mit der Vergabe von Aufträgen an die ausführenden Unternehmen, bereits begonnen, bevor die Grundstücke des Gewerbegebiets von den späteren Käufern (darunter auch die Bf) erworben wurden.

Die Käuferin konnte somit weder entscheiden, ob sie die Kaufliegenschaft aufschließen lassen würde, noch stand ihr die Auswahl des Aufschließungsunternehmens offen. Überdies war sie mit Unterfertigung des Auftrages unwiderruflich an diesen gebunden.

Dadurch sollte der wirtschaftliche Zweck, nämlich die Aufschließung des Gesamtareals durch einen Gesamtunternehmer gewährleistet werden.

Nicht nur aus der vertraglichen Gestaltung des Kaufvertrages, welcher in der Realisierung eines gesamten Bebauungsprojektes eingebettet war und der zeitnahen Beauftragung der Firma ***S*** mit der Aufschließung, geht hervor, dass Vertragsabsicht die Veräußerung eines aufgeschlossenen Grundstückes war, sondern auch in der tatsächlichen Abwicklung dieses Projektes, welches der Käuferin der Liegenschaft den Ankauf derselben im unaufgeschlossenen Zustand tatsächlich verunmöglichte.

Die Aufschließungskosten stehen somit in unmittelbarem tatsächlichen, vertraglichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb und sind somit Bestandteil der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

Bemessungsgrundlage

Die Bemessungsgrundlage setzt sich aus dem Kaufpreis und den Aufschließungskosten zusammen. Der Kaufpreis beträgt € 556.720,00.
Der Auftrag betreffend die Durchführung der Aufschließungsmaßnahmen mit der Firma ***S*** vom beinhaltet sowohl die Kosten iZm mit dem Kaufvertrag mit der Gemeinde ***L*** für den Kauf einer Fläche von 27.836m² als auch die Kosten iZm mit dem Kaufvertrag mit ***A*** für den Kauf einer Fläche von 3.356m².
Die mit dem Kaufvertrag mit der Gemeinde ***L*** in Zusammenhang stehenden Kosten für die erworbenen 27.836m² betragen € 584.556,00 (inkl USt).

Die Bemessungsgrundlage beträgt sohin (entgegen der Berechnung im Erstbescheid) in Summe € 1.141.276,00 und ist entsprechend anzupassen. Die Grunderwerbsteuer beträgt gem § 7 Z 3 GrEStG 1987 3,5% von der Gegenleistung und wird sohin iHv € 39.944,66 festgesetzt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis folgt der oben zitierten höchstgerichtlichen Judikatur, welche bei einer Sachverhaltskonstellation wie im gegenständlichen Beschwerdefall die Aufschließungskosten als in unmittelbarem tatsächlichen, vertraglichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zum Grundstückserwerb stehend als Bestandteil der Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage ansieht aus diesen Gründen war die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

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-I/08
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100002.2021

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