Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.03.2024, RV/6100093/2021

Wohnungsgebrauchsrecht als Gegenleistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom mit Dr. ***V***, Steuernummer ***BF1StNr1***, ErfNr ***2*** zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 58.662,64 festgesetzt.

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die zuvor selbst berechnete Grunderwerbsteuer betreffend den Kaufvertrag vom iHv € 59.470,32 fest.

In der Bescheidbegründung vom wurde ausgeführt, dass der Verkäufer sich auf die Dauer von 10 Jahren ein befristetes Wohnungsgebrauchsrecht vorbehalten habe. Die von den Vertragsparteien herangezogene fiktive Monatsmiete von € 1.000,-- zur Berechnung des Wohnungsgebrauchsrechtes sei zu niedrig. Die Berechnung des Wertes des Wertes des Wohnungsgebrauchsrechtes habe gem § 15 BewG zu erfolgen. Aufgrund der Größe, Lage und Ausstattung des Objektes erscheine der Ansatz einer Miete iHv € 2.500,-- / Monat in jedem Fall gerechtfertigt.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer (in weiterer Folge Bf) Bescheidbeschwerde ein. Die Begründung richtete sich im Wesentlichen gegen die Höhe der von der belangten Behörde herangezogenen fiktiven Miete.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und eine fiktive Miete iHv € 2.000,-- angesetzt. Ergänzend wurde der Umstand berücksichtigt, dass im Falle des Ablebens des Wohnungsgebrauchsberechtigten die Ehegattin für einen weiteren Zeitraum von 2 Jahren höchstens jedoch bis zum wohnungsberechtigt sei.

Dagegen brachte der Bf einen Vorlageantrag ein, und wiederholte im Wesentlichen seine Begründung, dass der Ansatz iHv € 2.500 zu hoch sei. Auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung wurde nicht eingegangen.

Die belangte Behörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf eine Liegenschaft von Hr Dr ***V***. Im Kaufvertrag wurde dem Verkäufer ein Wohnrecht auf die Dauer von 10 Jahren eingeräumt.

Der Kaufvertrag lautet auszugsweise:

I. Kaufobjekt

Herr Dr. ***V*** ist Eigentümer der Liegenschaft ***L***, Bezirksgericht Salzburg, bestehend aus dem Grundstück ***1*** im angegebenen Gesamtausmaß von 1500 m2. Auf dieser Liegenschaft ist ein Einfamilienhaus errichtet. Diesem Kaufvertrag ist ein Grundbuchsauszug der Vertragsliegenschaft angeschlossen

II. Kaufvereinbarung

Herr Dr. ***V*** verkauft hiermit und übergibt die Liegenschaft ***L*** an Herrn ***Bf1*** und dieser kauft die vorgenannte Liegenschaft samt dem darauf errichteten Einfamilienhaus sowie samt allem erd-, mauer-, niet- und nagelfestem Zubehör um den beiderseits vereinbarten Pauschalkaufpreis von (eine 1.500.000,- EUR Million fünfhunderttausend EURO) sowie der Servitut des Wohnungsgebrauchsrechtes gemäß Punkt VI. dieses Vertrages, welches mit 120.000,- EUR (hundertzwanzigtausend EURO) bewertet wird.

[…]

V. Wohnungsgebrauchsrecht

Der Käufer räumt dem Verkäufer ein befristetes Wohnungsgebrauchsrecht für die Dauer von 10 (zehn) Jahren an der Liegenschaft ein. Dieses Wohnungsgebrauchsrecht ist grundbücherlich sicherzustellen und ist als Dienstbarkeit im Grundbuch im ersten Rang einzutragen. Die Vertragsparteien kommen somit überein, dass aufgrund dieses Vertrages ein Wohnungsgebrauchsrecht im Sinne des § 521 ABGB für Dr. ***V*** eingetragen wird.
Im Zusammenhang mit diesem Wohnrecht treffen die Vertragsparteien folgende Regelungen:
Der Käufer räumt hiermit dem Verkäufer das höchstpersönliche Recht ein, die vertragsgegenständliche Liegenschaft uneingeschränkt und zur Gänze zu benützen. Der Verkäufer ist im Rahmen dieses an sich höchstpersönlichen Wohnungsgebrauchsrechtes berechtigt, Ehegattin, Pflegepersonen, Verwandte und Freunde für die Dauer seines Wohnrechtes aufzunehmen. Nach Erlöschen des Wohnungsgebrauchsrechtes verlieren diese aufgenommen Personen ihre Wohnberechtigung und haben das Haus und die Liegenschaft zu räumen; dies für den Fall einer allfälligen vorzeitigen Beendigung binnen 3 Monaten zum Monatsletzten; im Falle des Ablebens des Verkäufers verliert die Gattin ihre Wohnberechtigung binnen 2 Jahren nach Ableben. Die vorgenannte 10-Jahresfrist darf jedoch keinesfalls ausgedehnt werden.
Das Wohnungsgebrauchsrecht beginnt am und erlischt wenn der Berechtigte das auf der Liegenschaft befindliche Wohnhaus nicht mehr benützt, jedenfalls aber nach Ablauf der Befristung am . Der Begünstigte trägt Betriebskosten, Abgaben und sämtliche, auch außergewöhnliche, Aufwendungen für die Liegenschaft und das darauf befindliche Wohnhaus für die Dauer des Wohnungsgebrauchsrechtes.
Der Begünstigte hat für die Dauer des Wohnungsgebrauchsrechtes auf seine Kosten eine adäquate Feuer- und Sturmversicherung abzuschließen bzw. aufrecht zu erhalten, die Polizze zugunsten des Käufers zu vinkulieren und dies dem Käufer jährlich durch Übersenden einer Kopie der vinkulierten Versicherungspolizze nachzuweisen.

[…]

VIII. Ausstattungszustand

Mit diesem Kaufvertrag werden allenfalls die im Objekt befindlichen Einrichtungsgegenstände, welche einvernehmlich mit einem Verkehrswert von € 7.000,-- bewertet werden, nach Erlöschen des Wohnungsgebrauchsrechtes mitveräußert. Das Entgelt hierfür ist im Pauschalkaufpreis enthalten. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, noch irgendwelche Investitionen am Kaufobjekt vorzunehmen. Vielmehr wird das Kaufobjekt im abgewohnten Zustand vom Käufer nach Ablauf des Wohnungsgebrauchsrecht übernommen. Der Verkäufer ist auch nicht verpflichtet, das Kaufobjekt frisch ausmalen zu lassen. Die vom Verkäufer bzw. den Vorbesitzern seinerzeit allenfalls bezahlten Anschlusskosten für Strom, Wasser, Kanal und Zufahrtsstraße sind Kaufobjekt.[…]

Die Liegenschaft befindet sich in der Gemeinde *** in einer sehr guten Wohnlage, mit der ***Adr***. Das auf der Liegenschaft befindliche Gebäude wurde zwischen 1961 und 1970 errichtet.
Das Wohnrecht wurde auf einer Liegenschaft mit einer Grundfläche von 1.500m² und einer Baufläche von 197m² eingeräumt. Das Gebäude hat oberirdisch 2 Geschoße und eine überbaute Grundfläche von 160 m². Die Wohnnutzfläche beträgt 200m² und besteht aus 9 Wohnräumen. Dem Verkäufer wurde die uneingeschränkte und gänzliche Nutzung der vertragsgegenständlichen Liegenschaft auf 10 Jahre eingeräumt

Der Richtwert für das gesamte Bundesland Salzburg im Zeitraum bis zum betrug € 7,71.

Der Verkäufer und Wohnungsgebrauchsberechtigte wurde am tt.mm.1943 geboren. Seine Gattin wurde am tt.mm.1937 geboren.

Im Falle des Ablebens des Verkäufers wurde vereinbart, das die Gattin ihre Wohnberechtigung binnen 2 Jahren nach Ableben verliert, wobei die 10-Jahresfrist nicht ausgedehnt werden darf (Pkt V des Vertrages).

2. Beweiswürdigung

Seitens des Bundesfinanzgericht wurde Einsicht in das Abgabeninformationssystem des Bundes, das Grundbesitzinformationssystem, das Grundbuch und das darin enthaltene Grundstücksverzeichnis genommen.

Der Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis stellt sich wie folgt dar:

[...]

Weiters wurde auf GoogleMaps Einsicht genommen, um die Lage des Objekts festzustellen:

[...]

Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen - soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen - der Grunderwerbsteuer.

Nach § 4 Abs 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist bei einem Kauf Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Dies gilt auch für andere einen Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäfte, zumal der Begriff der Gegenleistung in § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt ist ().

Unter die dem Verkäufer bzw dem Übergeber des Grundstückes vorbehaltenen Nutzungen iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 gehört insbesondere auch ein diesem verbliebenes Wohnrecht (; vgl zB auch ; ; ).

Im vorliegenden Fall wurde die Einräumung eines dinglichen Wohnungsrechtes zugunsten des Verkäufers vereinbart (vgl dazu Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 521 Rz 4). Die (Personal-)Dienstbarkeit der Wohnung wurde demgemäß verbüchert und wirkt als absolutes Recht nicht nur inter partes, sondern gegenüber jedermann und wird auch durch eine allfällige Veräußerung des Grundstückes nicht berührt (vgl Koziol - Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Rz 1348).

Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Bewertung des Wohnungsrechtes der Höhe nach.

Ist die Steuer von der Gegenleistung zu erheben, ist diese Gegenleistung nach den Bestimmungen des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (§§ 2 - 17 BewG 1955) zu bewerten (§ 1 Abs 1 BewG 1955; vgl dazu Fellner, Grunderwerbsteuer-Kommentar15 zu § 5 GrEStG 1987 Rz 22 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).

Der Wert von Nutzungen und Leistungen, die nicht in Geld bestehen, ist gemäß § 17 Abs 2 BewG 1955 mit den üblichen Mittelpreisen des Verbraucherortes anzusetzen. Eine in Sachwerten bestehende Leistung (hier das Wohnungsgebrauchsrecht) ist somit nach dem Wert zu beurteilen, den sie objektiv gesehen, für den Leistungsempfänger hat. Das bedeutet, dass der Geldbetrag errechnet werden muss, den der Leistungsempfänger aufwenden müsste, um sich die Leistung am Verbraucherort zu beschaffen. Als Wert eines Wohnungsrechtes kann somit ein fiktiver Mietzins angesetzt werden, der auch unter Fremden erzielbar wäre (vgl zum Ganzen Fellner, Grunderwerbsteuer-Kommentar15 zu § 5 GrEStG 1987 Rz 28).

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall die Schätzung (§ 184 BAO) des fiktiven Mietzinses sowohl anhand den Bestimmungen des Richtwertgesetzes, als auch anhand der Lage und der besonderen Größe des Objekts vorgenommen.

Die Grundstücksfläche beträgt 1.500 m², die Baufläche 197 m². Die Vereinbarung umfasst die gänzliche Nutzung des gesamten Objekts. Die belangte Behörde bewertete das Wohnrecht zunächst iHv € 2.500,--

Der Beschwerdeführer wendete sich lediglich gegen die Höhe der vorgenommenen Schätzung, nämlich, dass aufgrund der Dauer des Nutzungszeitraumes von 10 Jahren keine Miete wie bei üblichen kurzfristigen Verträgen erlaubt sei und darüber hinaus das Haus sich im abgewohnten Zustand befände. Weiters habe sich der Verkäufer und Begünstigte verpflichtet, sämtliche Aufwendungen, auch außergewöhnliche Reparaturen am Haus selbst zu tragen, weshalb ein Abschlag von € 500,00 gerechtfertigt schien.

Die belangte Behörde ging in der Beschwerdevorentscheidung auf die Einwendungen des Bf ein und zog als Wertansatz für das Wohnrecht € 2.000,-- heran. Dies entspricht einem durchschnittlichen Mietwert betreffend die Wohnnutzfläche von € 10,00 je m² und wird seitens des Bundesfinanzgerichts aufgrund des Richtwerts, der guten Wohnlage und der Größe des Objekts und der Nutzungsmöglichkeit des Verkäufers als angemessen gewertet, kann doch von diesem aufgrund des vertraglich festgehaltenen Wohnungsgebrauchsrecht (Pkt V des Vertrages) das gesamte Objekt genutzt werden und ist einerseits die Nutzfläche 200m² und andererseits das komplette Grundstück 1.500m² groß.
Einschränkungen hinsichtlich der nutzbaren Fläche (weder der Wohnnutzfläche, noch des Grundstückes) wurde im Vertrag nicht vorgenommen.

Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen oder Leistungen ist nach den Bestimmungen des § 16 BewG 1955 zu ermitteln.
Nach § 16 Abs 1 BewG 1955 ergibt sich der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen, der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sowie dauernden Lasten abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung). Gem Abs 2 ist der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, an Hand anerkannter Methoden durch Verordnung festzusetzen, von welchen Erlebenswahrscheinlichkeiten auszugehen ist.

Da den Vertragsbestimmungen nach im Falle des Ablebens des Wohnungsberechtigten die Ehegattin (geboren am ) für einen weiteren Zeitraum von 2 Jahren höchstens jedoch bis zum wohnungsberechtigt ist, musste dies bei der Bewertung des kapitalisierten Barwertes ebenfalls berücksichtigt werden.

Der gem § 16 BewG für das Wohnungsrecht errechnete Kapitalwert ergibt sohin € 183.075,55 (der maßgeblicher Barwertfaktor entspricht unter Berücksichtigung des Unterjährigkeitsfaktors 7,628148).

Die Gegenleistung gem § 5 GrEStG 1987 setzt sich aus dem Kaufpreis und dem Kapital für das Wohnungsrecht zusammen und ergibt als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer € 1.676.075,55.

Die Grunderwerbsteuer beträgt gem § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG 1987 3,5% von der Gegenleistung und wird iHv € 58.662,64 festgesetzt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung ist im vorliegenden Fall nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. der Schwerpunkt des Verfahrens lag auf der Sachverhaltsebene, die einer Revision nicht zugänglich ist (vgl. zB , unter Hinweis auf den Beschluss vom , Ra 2016/16/0006).

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Salzburg, am

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