Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit bei multipler Sklerose
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Edith Stefan über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Susanne Schwarzenbacher, Roßauer Lände 11 Tür 16, 1090 Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , mit welchem der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages für den Zeitraum Juni 2021 bis November 2022 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.), geb. am 1978, brachte durch seine Erwachsenenvertreterin beim Finanzamt am einen Eigenantrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe (Grundbetrag) sowie auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe ein.
Gutachten des Sozialministeriumservice
Dr. ***12*** stellte beim Bf. nach durchgeführter Anamnese und Untersuchung die Diagnose "Multiple Sklerose" und reihte die Erkrankung im Gutachten vom unter die Pos.Nr. der Einschätzungsverordnung mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 90 v.H. rückwirkend ab Oktober 2003 ein (Begründung der Rahmensätze: Mittlerer Rahmensatz bei hochgradiger spastischer beinbetonter Tetraparese mit Rollstuhlpflicht. Kognitive Defizite sowie organisches Psychosyndrom [Erwachsenenvertretung] im Rahmensatz inkludiert. Keine maßgeblichen Sprech- oder Schluckstörung, keine schwere Demenz).
"Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
Rückwirkende Anerkennung kann gemäß vorgelegter Befunde mit 10/2003 (hier erstmals Anregung des Erwachsenenschutzverfahrens aufgrund des organischen Psychosyndroms-siehe hierzu relevante Befunde) gegeben werden.
Herr ***Bf1*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA
Dies besteht seit: 10/2003
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Krankheitsbedingt ist von einer Erwerbsunfähigkeit auszugehen, eine Etablierung auf dem 1. Arbeitsmarkt ist nicht absehbar."
Am erfolgte eine Gesamtbeurteilung der Gutachten durch Dr.in ***13*** SV, SV für Neurologie
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name der/des SV | Fachgebiet | Gutachten vom |
Dr. ***14*** | sign | |
Dr. in ***13*** SV | sign |
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Da zum Zeitpunkt der psychiatrischen Begutachtung kein psychiatrischer Befund vorgelegt wurde, konnte kein GdB eingeschätzt werden.
Stellungnahme zu Vorgutachten: Erstantrag
GdB liegt vor seit: 10/2003
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor
Rückwirkende Anerkennung kann gemäß vorgelegter Befunde mit 10/2003 (hier erstmals Anregung des Erwachsenenschutzverfahrens aufgrund des organischen Psychosyndroms - siehe hierzu relevante Befunde) gegeben werden.
Herr ***Bf1*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen; JA
Dies besteht seit: 10/2003
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit* sich selbst den Unterhalt zu verschaffen;
Krankheitsbedingt ist von einer Erwerbsunfähigkeit auszugehen, eine Etablierung auf dem 1. Arbeitsmarkt ist nicht absehbar.
X Dauerzustand
Bescheide vom
Das Finanzamt legte die im Gutachten getroffenen Feststellungen seiner Entscheidung zu Grunde und wies den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und Erhöhungsbetrag mit Bescheid vom für den Zeitraum ab Juni 2021 bis November 2022 mit der Begründung ab, dass der Bf. Anspruch auf Familienbeihilfe habe, wenn er voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sei. Die Erwerbsunfähigkeit müsse vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein, was beim Bf. nicht zutreffe (Verweis auf § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Laut Fach/Ärztlichem Sachverständigengutachten betrage der Grad der Behinderung 90 % ab . Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit sei ebenfalls ab bescheinigt worden. Da die Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Geburtstag bescheinigt worden sei, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Mit Bescheid, ebenfalls vom , wies das Finanzamt den Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Juni 2021 bis November 2022 mit der Begründung ab, dass der Erhöhungsbetrag wegen einer erheblichen Behinderung als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt werde. Da dem Bf. die allgemeine Familienbeihilfe nicht zustehe, könne auch der Erhöhungsbetrag nicht ausgezahlt werden. Die dauernde Erwerbsunfähigkeit sei nicht vor dem 21. Geburtstag bescheinigt worden.
Beschwerde vom
In der Beschwerde vom wurde vorgebracht, dass der Bf. an Multipler Sklerose leide. Die Erkrankung sei beim Bf im Jahr 1998 nach einer Sehnervenentzündung diagnostiziert und mit mehreren darauffolgenden medizinischen Befunden bestätigt worden.
Entgegen den Ausführungen der Sachverständigen Dr. SV im Gutachten vom liege beim Bf. eindeutig eine vor der Vollendung des 21. Lebensjahrs eingetretene körperliche Behinderung vor, sodass er dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Dem Bf. seien die Familienbeihilfe/erhöhte Familienbeihilfe sowie der Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung jedenfalls zu gewähren.
Beweis: Patientenbrief vom (Satz 4 Anamnese),
Neurologischer Befundbericht vom (Satz 3 Anamnese)
Es werde daher erneut beantragt, dem Bf. ab dem Zeitpunkt der Antragstellung die Familienbeihilfe/erhöhte Familienbeihilfe sowie der Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung zuzusprechen.
Gutachten des SMS vom
Im Zuge der eingebrachten Beschwerde wurde der Bf. untersucht und im Gutachten vom mit folgender Begründung eine Erwerbsunfähigkeit ab Oktober 2003 bescheinigt.
"Diesbezüglich keine Abänderung im Vergleich zum Vorgutachten. Im vorliegenden und von der Sachwalterschaft angeführten Befundberichten aus 6/2013 wird der Beginn der MS mit einer Sehnervenentzündung im Jahr 1998 beschrieben, danach zunehmende Parese der Extremitäten, war vom Jahr 2001 bis 2005 ohne Therapie, danach schwerer Schub mit i.v. Immunglobulingabe von 2005 - 2007. Von 2007 - 2010 wiederum ohne Therapie. Im Patientenbrief von 12/2010 berichtet der AW, dass es in den letzten Monaten zu einer Verschlechterung der Feinmotilität und der Gehfähigkeit gekommen sei, zusätzlich zunehmende Harninkontinenz. Der AW war damals mit dem Rollator etwa 50 m gehfähig, ein organisches Psychosyndrom wird hier nicht diagnostiziert und im Status auch nicht beschrieben. Der AW ist aufgrund seiner körperlichen und kognitiven Einschränkungen im Rahmen des festgestellten Leiden 1 am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erwerbsfähig. Die EU kann seit 10/2003 bestätigt werden (idem zum Vorgutachten). Eine Bestätigung der Erwerbsunfähigkeit vor 10/2003 ist aufgrund der ho. vorliegenden Unterlagen nicht ausreichend möglich."
Beschwerdevorentscheidung vom
Das Finanzamt legte die im Gutachten getroffenen Feststellungen seiner Entscheidung zu Grunde und wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass dem Bf. die allgemeine Familienbeihilfe nicht zustehe, weshalb auch der Erhöhungsbetrag wegen einer erheblichen Behinderung nicht zustehe. Es sei keine Änderung zum Vorgutachten eingetreten.
Vorlageantrag vom
Im Vorlageantrag vom wird von der Erwachsenenvertretung vorgebracht, dass die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom in keiner Weise darauf eingegangen sei, dass bereits im Jahr 1998 die Multiple Sklerose Erkrankung des Bf. ausgebrochen sei, also vor Vollendung des 21. Lebensjahres, wie in der Beschwerde vom dargelegt worden sei und wie aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Patientenbrief vom sowie neurologischem Befundbericht vom hervorgehe.
Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes:
Mit Vorhalt vom wurde seitens des Bundesfinanzgerichtes darum ersucht, allenfalls noch vorhandene relevante ärztliche Befunde, soweit solche noch nicht vorgelegt und berücksichtigt wurden, einzureichen.
Nach wiederholt verlängerter Frist wurden mit Schreiben vom (Befund-) Unterlagen eingereicht, die nach Ansicht der Sachwalterin die vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Bf eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bestätigen würden.
Das Einlangen der wie folgt eingereichten Befundunterlagen beim Bundesfinanzgericht wurde am wie folgt rückbestätigt:
"1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Krankenhaus der ***3*** vom (Patientenbrief, 3 Seiten);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Zentrum der Stadt Wien- ***4*** vom (Patientenbrief, 1 Seite);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (Patientenbrief, 1 Seite);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (Patientenbrief, 1 Seite);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Krankenhaus der ***3*** vom (Patientenbrief, 3 Seiten);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Krankenhaus der ***3*** vom (Patientenbrief, 3 Seiten);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Krankenhaus der ***3*** vom (Patientenbrief, 3 Seiten);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (Patientenbrief, 4 Seiten);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (Patientenbrief, 3 Seiten);
1 Ärztlicher Befundbericht Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (Patientenbrief, 3 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (2 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (6 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (5 Seiten);
1 Ambulanter Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (2 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Ambulanter Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (2 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Ambulanter Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (2 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Ambulanter Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (2 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (3 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten; Seite 1 und 2 unterer Teil re/li abgetrennt, dh Angaben "Neurologischer Status" unvollständig);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (5 Seiten);
1 Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (4 Seiten);
1 Ambulanter Patientenbrief Neurologisches Zentrum der ***3*** vom (1 Seite);
Beim Bundesfinanzgericht liegen folgende (weitere) Befunde und Gutachten des Sozialministeriumservice (SMS) auf (vgl. auch oa Rückbestätigung vom ):
1 Neurologischer Befundbericht ***2*** vom (2 Seiten);
1 Neurologischer Befundbericht ***2*** vom (2 Seiten);
1 Psychiatrisches Sachverständigengutachten Dr. ***5*** vom (11 Seiten);
1 BSB-Bescheinigung vom Februar 2022 (Kunde nicht erschienen);
1 Gutachten des Sozialministeriumservice vom ;
1 BSB-Bescheinigung vom ;
Beim BFG aufliegende Schreiben und Bestätigungen (vgl. auch Rückbestätigungsschreiben vom ):
1 Schreiben der PVA vom Jänner 2021;
2 Vorschreibungen Fonds Soziales Wien vom und ;
1 Beschluss über die Bestellung eines Sachwalters vom ;
1 Schreiben der Caritas vom ;
1 Bestätigung der PVA ;
1 Versicherungsdatenauszug (6 Seiten);"
Die angeführten Beilagen wurden mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wie hier aufgelistet dem Sozialministeriumservice (Bundessozialamt) zur Stellungnahme (Begutachtung) hinsichtlich des seitens des Bf für den Zeitraum vor Vollendung seines 21. Lebensjahres behaupteten Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit übermittelt.
Am langte das folgende Sachverständigengutachten vom (vidiert am ) beim Bundesfinanzgericht ein:
"…***8***, geb. 1978 Begutachtung durchgeführt am
Begleitperson anwesend JA: Fr. ***6***, Sozialtherapeutin. Begleitperson erforderlich: Nein Name der Sachverständigen: ***7***, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie
Anamnese:
VORLIEGENDE VORGUTACHTEN:
---Gesamtgutachten, FLAG (psychiatrisches Gutachten und neurologisches Gutachten ):
1 Multiple Sklerose GdB 90%
Gesamtgrad der Behinderung 90 v.H
ab 10/2003
Rückwirkende Anerkennung kann gemäß vorgelegter Befunde mit 10/2003 (hier erstmals Anregung des Erwachsenenschutzverfahrens aufgrund des organischen Psychosyndroms -siehe hierzu relvante Befunde) gegeben werden.
Herr ***8*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA
Dies besteht seit: 10/2003
Dauerzustand
---nervenfachärztliches Sachverständigengutachten, FLAG
Sekundär chronisch progrediente Multiple Sklerose GdB 90%
GdB liegt vor seit: 10/2003
Herr ***8*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA
Dies besteht seit: 10/2003
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: Diesbezüglich keine Abänderung im Vergleich zum Vorgutachten. Im vorliegenden und von der Sachwalterschaft angeführten Befundberichten aus 6/2013 wird der Beginn der MS mit einer Sehnennervenentzündung im Jahr 1998 beschrieben, danach zunehmende Parese der Extremitäten war vom Jahr 2001 bis 2005 ohne Therapie, danach schwerer Schub mit i.v. Immunglobulingabe von 2005 - 2007. Von 2007 - 2010 wiederum ohne Therapie. Im Patientenbrief von 12/2010 berichtet der AW, dass es in den letzten Monaten zu einer Verschlechterung der Feinmotilität und der Gehfähigkeit gekommen sei, zusätzlich zunehmende Harninkontinenz. Der AW war damals mit dem Rollator etwa 50m gehfähig, ein organisches Psychosyndrom wird hier nicht diagnostiziert und im Status auch nicht beschrieben. Der AW ist aufgrund seiner körperlichen und kognitiven Einschränkungen im Rahmen des festgestellten Leiden 1 am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erwerbsfähig. Die EU kann seit 10/2003 bestätigt werden (idem zum Vorgutachten). Eine Bestätigung der Erwerbsunfähigkeit vor 10/2003 ist aufgrund der ho. vorliegenden Unterlagen nicht ausreichend möglich Dauerzustand
AKTUELL:
Neuantrag ab Eintritt der Behinderung-Bundesfinanzgericht-Verfahren
ANAMNESE:
11/98 kam es zu einer Sehstörung - Dg.: Sehnerventzündung bds. - neurologische Abklärung folgte und 2/1999 Diagnosestellung einer Multiplen Sklerose. dann viele Schübe über die Jahre mit zunehmender Lähmung der Extremitäten 1998 - 2001 Betaferon, dann 4 Jahre ohne Therapie bis 2005, dann aufgrund eines schweren Schubes i.v. Immunglobuline 15g pro Monat von 2005 - 2007. Von 2007 - 2010 ohne Therapie, von 2010 bis Tysabritherapie. Seit vielen Jahren verwende er den Rollstuhl
Derzeitige Beschwerden:
Er verwende immer den Rollstuhl, er sei windelversorgt.
Behandlung(en)/Medikamente/Hilfsmittel:
Folsan 1x/Wo
Lioresal 25 3x1
Sirdalud 2mg 2x
Trittico ret 150 0-0-1/3
Lactulose
Oleovit
Rollstuhl
Inkontinenzmaterial
Sozialanamnese:
In Serbien aufgewachsen, 8 Klassen Schule Nach der Schule - im 14. Lj - sei er mit den Eltern nach Österreich gekommenBeginn einer Kochlehre mit LAP. Er habe auch AMS Kurse gemacht Er habe auch kurz eine Arbeit gehabt, aber er habe vergessen wann und wie lange. Im 18. Lj habe er eine eigene Wohnung gehabt für ca. 4 Jahre, dann sei er in ein betreutes Wohnen gekommen und dann in intensivteilbetreutes Wohnen, wo 2x am Tag eine Hauskrankenpflege gekommen sei. Ab sei er in ein Pflegeheim gekommen (PH Baumgarten)
Pflegestufe 5
Erwachsenenvertreter: er habe ihn seit ein paar Jahren (lt. den Unterlagen (Gutachten Psychiaterin Dr. ***10*** vom ) wurde ein Erwachsenenvertreter bereits am angeregt. Damals wurde in einem Gutachten ***11*** vom ein pathologisches Glücksspiel und organisches Psychosyndrom bei Enc diss attestiert. Mit Beschluss vom wurde ein Erwachsenenvertreter bestellt)
Führerschein: keiner
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Papierakt des Bundesfinanzgericht:
°Arztbrief neurologisches Krankenhaus ***4***, -: Abklärung bei hochgradigem Verdacht auf das Vorliegen einer Enc. diss. (…) beidseits Retrobulbärneuritis festgestellt. Diagnose: Gesicherte schubhaft verlaufende Enc. diss.
°Ambulanzbefund neurologisches Zentrum ***4***, : Gesicherte multiple Sklerose.
Der Patient erlitt in den letzten zwei Jahren zwei Schübe. Der Behinderungsgrad beträgt EDSS 2,5.
Beginn mit Interferon geplant.
°Neurologisches Krankenhaus ***4***, Ambulanz, : EDSS 2,5.
°Ambulanzbefund neurologisches Zentrum ***4***, Ambulanz, : (…) Hitzebelastungen können zu schweren neurologischen Symptomen führen, der Patient ist vom Beruf Koch, eine Umschulung wäre begrüßenswert.
°Arztbrief neurologisches Krankenhaus ***4***, 29.06.-: Erneuter Schub mit plötzlich aufgetretener Gangunsicherheit.
°Arztbrief Neurologisches Krankenhaus ***4***, -: Diagnose: Verschlechterung einer spastischen Parese links, linkes Bein im Sinne eines Schubes im Rahmen einer schubhaft verlaufenden multiplen Sklerose.
°Arztbrief neurologisches Krankenhaus ***4***, -: Diagnose: Schubhafte Enc. diss. mit aktivem Herd zervikal, akute Belastungsreaktion mit Alkoholabusus.
Gang: Breitbeinig-ataktisch mit Falltendenz nach links nur mit Hilfe. (…) vorbekanntes organisches Psychosyndrom mit läppisch-euphorischer Komponente (…)
°Arztbriefneurologisches Zentrum ***4***, - und -: (…) bei mangelnder Compliance keine Indikation für Mitoxantron, daher Beginn mit Immunglobulinen. Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss. mit OPS und Ataxie und Tetraspastik, unreife Persönlichkeit, länger dauernde depressive Episode mit sekundärer Spielsucht.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose:Schubhafte Enzephalitis disseminata, rezividierende depressive Störung derzeit mittelgradig, OPS
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schub mit Retrobulbärneuritis links bei bekannt schubhaft verlaufender Enc. diss. mit OPS und Ataxie, aktueller EDSS 4,5 bei Entlassung, länger dauernde depressive Episode.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Akuter Schub, EDSS 4,5.
° Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schub bei bekannter Enc. diss. mit OPS und Ataxieaktueller EDSS 4,5.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schub mit Parese der echten OE bei schubhaft verlaufender Enc. diss.
°Ambulanzbefund neurologisches Zentrum ***4***, : (….) Die Gehstrecke ist ansonsten 300-400 Meter (…)
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schub mit Parese der rechten OE, schubhaft verlaufende Enc. diss., EDSS 6,0, erniedrigtes TSH bei Euthyreose, Nikotinabusus, OPS
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Gesicherte schubhaft verlaufende Enc. diss. mit EDSS 6,0, sanierungsbedürftiger kariöser Zahnstatus.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss., Zustand nach AE und TE, Zustand nach Meningitis im achten Lebensjahr, Nikotinabusus.
°Ambulanzbrief neurologisches Zentrum ***4***, : Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss., Diagnosestellung seit 1998, seit 2004 unter Venimmun, EDSS 6,5, OPS
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, 18.02.-: Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss.
° Ambulanzbrief neurologisches Zentrum ***4***, : Diagnose: Gesicherte schubhaft verlaufende Enc. diss., 1998 diagnostiziert, EDSS 6,5, Patient ist besachwaltet, OPS, Nikotinabusus.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, 28.01.-: Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schubhaft verlaufende multiple Sklerose, Diagnose 1998, organisches Psychosyndrom, EDSS 6,0.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, 05.07.-: Diagnose: Status febrilis bei Harnwegsinfekt, schubhaft verlaufende Enc. diss. seit 1998, EDSS 6,0, organisches Psychosyndrom, neurogene Blasenentleerungsstörung.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schubhaft verlaufende MS, OPS
°Ambulanzbrief neurologisches Zentrum ***4***, : Diagnose: Rezenter Schub bei Enc. diss., OPS
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Multiple Sklerose, OPS, Zustand nach Meningitis mit acht Jahren, neurogene Blasenentleerungsstörung.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Enc. diss., EDSS 6,5.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Gesichert schubhaft verlaufende Enc. diss, EDSS 6,5.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss, EDSS 6,5.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Multiple Sklerose.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Enzephalitis disseminata, rezidivierender Harnwegsinfekt.
°Arztbrief neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: AZ-Verschlechterung bei fieberhaftem Infekt, Enzephalomyelitis disseminata unter Tysabri-Therapie, rezidivierende Harnwegsinfekte.
°Neurologisches Zentrum ***4***, -: Diagnose: Schubhaft verlaufende Enzephalitis disseminata.
°Ambulanzbrief neurologisches Zentrum ***4***, Augenabteilung, : Der Visus beidseits seit 2004 gleichgeblieben. Damals rechts 0,4, links 1/24.
°Neurologischer Befund ***2***, : Multiple Sklerose, schubförmiger Verlauf, EDSS 7,0.
°Ambulanzbrief ***2*** Neurologie, : Multiple Sklerose, sekundär progressives Stadium, EDSS 7,0.
°Psychiatrisches Sachverständigengutachten Dr. ***5***, , bezüglich Erwachsenenvertretung: Psychiatrische Diagnose: Organisches Psychosyndrom mit leichter Hirnleistungsschwäche vor allem im Bereich der Konzentration. Somit zeigen sich auch fassbare Symptome einer organischen Persönlichkeits- und Verhaltensstörung. Diese sind sicherlich hier im Zusammenhang mit der neurologischen Grunderkrankung zu sehen. Von neurologischer Seite besteht eine seit Jahren verlaufende Enzephalitis disseminata. (….) Eine gerichtliche Erwachsenenvertretung weiterhin vorliegend (…)
zur Untersuchung mitgebrachte Unterlagen: Diagnoseblatt PH Baumgarten - Aufnahme : Dg.: Enzephalitis dissemninate Erstdiagnose 1998 sekundär. progredient (letzter Schub lt. Arztbrief 2012)
Tetrasymptomatik mit ausgeprägter Paraspastik HOPS Strabismus Presbyopie Astigmantismus Gesichtsfeldeinschränkungen Harn-Stuhlinkontinenz
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: 44 jähriger in gutem AZ
Ernährungszustand: gut Größe: 191,00 cm Gewicht: 72,00 kg Blutdruck
Status (Kopf/Fußschema) -Fachstatus: internukleäre Ophthalmoplegie links mit Up beat Nystagmus bds. rechtsbetonte spastische Paraparese, die Arme werden angehoben und gehalten UE hochgradige Parese mit KG 2 proximal und KG 0 distal
Rollstuhl
Sprache leicht dysarthrisch
Gesamtmobilität - Gangbild
Der AW kommt im Rollstuhl, geschoben von seinem Wohnbetreuer
Psycho(patho)logischer Status:
Kooperativ und freundlich, gibt bereitwillig, aber einsilbige Antworten, verlangsamt, bewußtseinsklar, zur Person orientiert, zeitlich unscharf, Gedankenductus: geordnet, kohärent für einfache Inhalten, Ductus verlangsamt, Auffassung reduziert, Konzentration und Antrieb reduziert, Stimmungslage ausgeglichen, stabi, affizierbar
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Rahmensätze | Pos.Nr. | GdB % |
1 sekundär chronisch progrediente Multiple Sklerose Mittlerer Rahmensatz, da hochgradig spastisch beinbetonte Tetraparese, rollstuhlpflichtig, organisches Psychosyndrom, Harn- und Stuhlinkontinenz | 90 |
Gesamtgrad der Behinderung 90 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
---
Stellungnahme zu Vorgutachten:
keine Änderung zum Vorgutachten 4/2023
GdB liegt vor seit: 10/2003
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor: lt Vorgutachten (lt. den Unterlagen Zeitpunkt der Anregung eines Erwachsenenvertreters bei gutachterlich festgestellter Diagnose eines pathologischen Glücksspiel, organisches Psychosyndrom und Enzephalitis disseminata.
Herr ***8*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA
Dies besteht seit: 10/2003
Anmerkung bzw Begründung betreffend die Fähigkeit bzw voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: Lt. den Unterlagen ist 2/1999 die Diagnose einer multiplen Sklerose gestellt worden. Damals bestanden die ersten Symptome im Sinne einer passageren Sehstörung bds (Beginn der Sehstörung ca. 11/1998 dokumentiert), wo am linken Auge eine ca. 30% Sehschwäche als Residuum blieb (Ambulanzbefund ***4*** ). In einem Ambulanzbefund vom wurde ein EDSS Score von 2,5 (was eine minimale Behinderung in 2 funktionellen Systemen bedeutet) beschrieben. In einem Ambulanzbefund wird ebenfalls ein EDSS von 2,5 beschrieben mit Visusminderung links, geringer Bewegungsstörung der OE und einem leichten organischem Psychosyndrom. Daraus leiten sich keine Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß ab, dass eine daraus resultierende anhaltende Selbsterhaltungsunfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt zu diesem Zeitpunkt vorlag.
Im Verlauf kam es zu einem Fortschreiten der Erkrankung und ab ca. 09/2003 wird in den Befunden eine deutliche Verschlechterung des Zustandes (ataktische Störung mit Gangunsicherheit, sehr unsicher, sturzgefährdet, zuvor gut gehfähig und selbständig und mobil) beschrieben auch mit Entwicklung eines mittelgradigen organischen Psychosyndrom (Arztbrief 02 10- ). Dadurch und durch die Spielsucht sind auch viele soziale Probleme beschrieben, sodass 10/2003 eine Erwachsenenvertretung und ein betreutes Wohnen angeregt wurde. Ab diesem Zeitpunkt ist -nach den Unterlagen -eine Selbsterhaltungsunfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt anzunehmen.
X Dauerzustand
Gutachten erstellt am von ***7***
Gutachten vidiert am von ***
Dieses Gutachten wurde der Einschreiterin durch das Bundesfinanzgericht mit übermittelt, nachdem eine diesbezügliche Rückfrage ergeben hatte, dass das Gutachten seitens des Sozialministeriums oder der Abgabenbehörde nicht an die Ewachsenenvertretung, Frau ***9***, übermittelt worden war.
Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Festgestellter Sachverhalt:
Herr ***16*** (Bf) wurde am 1978 geboren und vollendete das 21. Lebensjahr am tt.mm.1999 (das 25. Lebensjahr am tt.mm.2003).
Der Bf ist Koch, hat diesen Beruf aber nach seinen eigenen Angaben nicht ständig bzw nur über jeweils kurze Zeiten ausgeübt.
Laut SV-Datenauszug war der Bf bis zum 19. Lebensjahr Lehrling ( bis ) und bis zum 20. Lebensjahr sowie danach teils als Arbeiter beschäftigt, teils ohne Beschäftigung mit Arbeitslosengeldbezug ( bis ; bis ; bis , bis , bis ). Es folgten abwechselnd Kassenleistungen und Sozialleistungsbezüge. Der Bf. übte letztmalig vom bis bei der ***20*** mbH eine Beschäftigung aus.
Der Bf. bezieht seit bis laufend eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit und seit 2012 eine Invaliditätspension. Weiters bezieht der Bf. Pflegegeld der Stufe 5. Er wohnt im vollbetreuten Wohnen und hat seit einen Erwachsenenvertreter.
Der Bf. leidet an Multipler Sklerose (Enzephalitis disseminata = chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems).
Im Gutachten des SMS vom und im Gutachten vom wurde dem Bf. eine Erwerbsunfähigkeit rückwirkend ab Oktober 2003 wegen einer Multiplen Sklerose bescheinigt.
Im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht erfolgte nach Vorlage (Nachreichung) einer Reihe von auch alten Befunden eine neuerliche Begutachtung des Bf beim Sozialministeriumservice (vgl. die nachgereichten Befunde ua des Neurologischen Zentrums ***4*** wie oben).
Im Gutachten vom wurde die Erwerbsunfähigkeit des Bf neuerlich rückwirkend für den Zeitraum seit Oktober 2003 festgestellt. Begutachtungsergebnis wie oben:
1 sekundär chronisch progrediente Multiple Sklerose Mittlerer Rahmensatz, da hochgradig spastisch beinbetonte Tetraparese, rollstuhlpflichtig, organisches Psychosyndrom, Harn- und Stuhlinkontinenz, Pos. Nr. , GdB 90 v.H.
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.
Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind. Als erheblich behindert gilt gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind (für Begutachtungen nach dem Stichtag ) § 14 Abs. 3 des Behindertenein-stellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 105/2002 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Voraussetzung für die Zuerkennung des Erhöhungsbetrags zur Familienbeihilfe bei erwachsenen Personen:
Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht (vgl FLAG Kommentar, Csaszar/Lenneis/Wanke, § 8, Rz 5). Das bedeutet, dass bei volljährigen Personen, denen nicht schon aus anderen Gründen als aus dem Titel der Behinderung der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht, der Grad der Behinderung ohne jede Bedeutung ist, und würde er auch 100 % betragen. Besteht also keine vor dem 21. (bzw. bei Berufsausbildung bis 25. Lebensjahr) eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, stehen weder Grund-, noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, stehen sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (FLAG Kommentar, Csaszar/Lenneis/Wanke, § 8, Rz 21; vgl. ; ; ).
Allgemeines zur Begutachtung durch das Sozialministeriumservice:
Nach den Bestimmungen des § 8 Abs 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice (früher: Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen (vgl z.B. ; ; ; ).
Das nach diesen Bestimmungen abzuführende qualifizierte Nachweisverfahren durch ein ärztliches Gutachten (vgl. dazu , und , sowie ) hat sich im Fall, dass eine volljährige Person die erhöhte Familienbeihilfe beantragt, darauf zu erstrecken, ob die Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetreten ist (vgl. etwa ).
Die sachverständigen Ärzte des Sozialministeriumservice ziehen für ihre zu treffenden Feststellungen, wie hoch der Grad der Behinderung bzw. wann die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, neben der durchgeführten Anamnese und Untersuchung des Antragstellers die Kenntnisse der Medizin und ihr eigenes Fachwissen heran. Unerlässlich für die Feststellungen sind auch Befunde und besonders hilfreich "alte" Befunde und Arztbriefe oder sonstige Unterlagen, die darauf schließen lassen, dass die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit auf Grund der Erkrankung/Behinderung bereits vor dem 21. Lebensjahr (bzw. wenn sich der Antragsteller noch in schulischer Ausbildung befand, das 25. Lebensjahr) eingetreten ist (vgl. , , , Ro 2017/16/0009).
Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhaltes durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen, verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen, stützen.
Eine zu einer Erwerbsunfähigkeit führende geistige oder körperliche Erkrankung kann durchaus schon seit längerem vorliegen. Erst wenn die Erkrankung zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 2 Abs 1 lit. c bzw. § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche erstmals äußert oder diagnostiziert wird, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend)einer Behinderung führt. Maßgeblich ist nur der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt (vgl. , , ).
Es genügt nach den maßgebenden Bestimmungen des FLAG 1967 also nicht, dass das betreffende Kind bzw der Anspruchswerber vor Vollendung des 21. (25.) Lebensjahres an einer körperlichen oder geistigen Behinderung gelitten, oder, dass eine spätere Behinderung in dieser Zeit ihren Anfang genommen hat, sondern muss diese körperliche oder geistige Behinderung bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres ein derartiges Ausmaß angenommen haben, dass zum damaligen Zeitpunkt von einer damit einhergehenden Erwerbsunfähigkeit auszugehen war. Ein vor dem 21. Lebensjahr schon bestehendes Leiden, das sich erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres derart manifestiert, dass von einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit gesprochen werden kann, vermag einen aus § 6 Abs. 5 FLAG 1967 iVm § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 abgeleiteten Familienbeihilfenanspruch nicht zu begründen ().
Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen sein könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachverhalt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen (vgl. z.B. ; ).
Es würde den Gutachten an Schlüssigkeit fehlen, wenn die untersuchenden Sachverständigen den Beginn der Erwerbsunfähigkeit ohne Untermauerung durch entsprechende Befunde zu einem bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, feststellten (vgl. zB ). Schlüssig ist vielmehr, den Beginn der Erkrankung unter Heranziehung der vorliegenden Befunde und/oder anderer geeigneter Nachweise zu bestimmen.
Für die Beurteilung dürfen andere als behinderungskausale Gründe (wie z.B. mangelnde oder nicht spezifische Ausbildung, die Arbeitsplatzsituation, Arbeitsunwilligkeit, oÄ) ebenso wenig herangezogen werden wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (etwa auch durch Folgeschäden) nach Vollendung des 21. Lebensjahres (vgl ).
Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung:
Die vorliegend getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Familienbeihilfenakt, dem SV-Datenauszug und den vom Bf. vorgelegten Unterlagen und Befunden.
Gutachten im Bereich des Familienbeihilfenrechts sind Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren. Sie unterliegen wie alle anderen Beweismittel der freien behördlichen/richterlichen Beweiswürdigung (vgl. ).
Die Behörde und das Gericht haben unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs 2 BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Ein Arzt kann die Beeinträchtigung durch eine Erkrankung bzw. Behinderung naturgemäß nur zum Zeitpunkt der Untersuchung mit Sicherheit feststellen und eine Einschätzung über Zeiträume, die bereits mehrere Jahre zurückliegen, in den meisten Fällen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in aller Regel nur bei Vorliegen von relevanten Befunden vornehmen.
Die Ausführungen im Gutachten vom , wonach eine Bestätigung der Erwerbsunfähigkeit vor Oktober 2003 aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht ausreichend möglich war, erfolgten aufgrund der zum Begutachtungszeitpunkt bekannten Befundlage und erscheinen einleuchtend und überzeugend.
Mitwirkungspflicht durch den Antragsteller bzw. die Antragstellerin bei Begünstigungsvorschriften:
Nach der Judikatur des VwGH besteht bei Begünstigungsvorschriften, so auch, wenn eine Person die Familienbeihilfe (Grundbetrag) und den Erhöhungsbetrag wegen Erkrankung/Behinderung beantragt, insofern eine erhöhte Mitwirkungspflicht, als die Vorlage von "alten" relevanten Unterlagen (Befunden, Bestätigung über Spitalsaufenthalte oder Therapien etc.) seitens des Antragstellers erforderlich ist. Fehlen relevante Befunde oder können solche, warum auch immer, nicht vorgelegt werden, können die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen nur mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tatsachen entsprechen. Der Grund dafür liegt darin, dass die meisten Erkrankungen unterschiedlich stark ausgeprägt sind, verschiedene Verlaufsformen haben und/oder sich mit zunehmendem Alter verschlechtern (). Dies gilt auch für die Erkrankung "Multiple Sklerose" (zu den verschiedenen Verlaufsformen als schubförmig remittierend, sekundär progredient oder primär progredient, vgl. die Ausführungen am Ende der Entscheidungsgründe).
Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurden dem BFG weitere, auch alte Befunde vorgelegt.
Im daraufhin neuerlich beauftragten Gutachten vom wurde die Erwerbsunfähigkeit des Bf unverändert für den Zeitraum seit Oktober 2003 festgestellt und sind die seitens der Erwachsenenvertretung wie oben vorgelegten bzw nachgereichten älteren ärztlichen Befunde - vor allem Ambulanzberichte des Neurologischen Zentrums ***4*** - begründend besprochen worden.
Zu den relevanten Befunden und Gutachten des Sozialministeriumservice:
Nach einem ambulanten Aufenthalt in der Nervenklinik ***4*** vom - wurde beim Bf nach Abklärung eine gesicherte schubhaft verlaufende Multiple Sklerose festgestellt. Davor waren die ersten Symptome im Sinne einer passageren Sehstörung bds. mit Beginn der Sehstörung seit ca. 11/1998 dokumentiert, wo am linken Auge eine ca 30% Sehschwäche als Residuum blieb (vgl. diesbezüglich Hinweis auch im Ambulanzbefund ***4*** vom ). In diesem Befund (Patientenbrief) des Neurologischen Krankenhauses ***4*** vom (stationärer Aufenthalt vom bis ; vgl. unter relevante Befunde im Gutachten des Sozialministeriumservice vom ) wurde aufgrund der Anamnese einer Opticusneuritis auf beiden Augen im November des Vorjahres sowie nun klinisch einer Ataxie sowie auch Sensibilitätsstörungen sowie dem Vorliegen eines mit einer Enc. diss. vereinbaren Kernspindbefundes, pos. Liquorbefund mit oligoklonalen Banden, sowie pos. Evozierten Potentialen (siehe oben) eine gesicherte schubhaft verlaufende Enc. diss. diagnostiziert. Indiziert war eine Einleitung einerBasistherapienach Bewilligung durch die Krankenkasse (vgl. Krankheitsverlauf/Therapievorschlag).
Im Befund Neurologischen Krankenhauses ***4*** vom (Behandlungsdatum ; vgl. unter relevante Vorbefunde im oa Gutachten des Sozialministeriumservice mit Behandlungsdatum ) wurde durch die Multiple Sklerose Ambulanz eine beim Bf bestehende schubhaft verlaufende, klinisch und anhand der Zusatzbefunde gesicherte Multiple Sklerose bestätigt. Der Patient erlitt in den letzten 2 Jahren 2 Schübe. Der Behinderungsgrad EDSS nach Kurztke betrug zu diesem Zeitpunkt 2,5. Behandlung mit Interferon Beta 1A.
Am wurde der Bf erneut in der Multiple Sklerose Ambulanz des Neurologischen Krankenhauses ***4*** vorstellig und wurde ärztlicherseits bestätigt, dass er dort seit November 1998 in Behandlung gestanden hat. Festgestellt wurde eine bestehende klinisch sowie paraklinisch (positive MRI, positive Lumbalpunktion, positive EP) gesicherte, schubhaft remittierend verlaufende Enc. diss.. Die Sicherung der Diagnose erfolgte während des stat. Aufenthaltes h.o. vom 3.2. - , diesbezüglich wird auf den Entlassungsbrief verwiesen. Bei der ambulanten KO am besteht bei dem Pat. ein geringgradiges OPS, eine Visusverminderung li bei ansonst unauff. HN-Status, an den OE findet sich im Armhalteversuch ein geringer Ruhetremor sowie eine Endstücksataxie bds. im FNV, an den UE findet sich ein unauff. Status, im Rhomberg unauff, Unterberger-Tretversuch eine Drehtendenz nach re. bis 45°. Strichgang ist unsicher, Sensibilität unauff. . Insgesamt ist der Pat. bis auf die Visusverminderung beschwerdefrei.Der derzeitige EDSS nach Kurztke beträgt 2,5. Eine Basistherapie mittels Betainterferon 1A (Avonex) bewilligt. Nach ausführlichen Gesprächen ist aufgrund eines leichten OPS eine sichere Kompliance des Pat. derzeit noch nicht gegeben, sodass die intramuskuläre Verabreichung 1 x wöchentlich von Avonex durch die praktische Ärztin mit dem Pat. vereinbart wurde…nächste KO erfolgt 1 Monat nach Beginn der Therapie.
Der Ambulanzbefund des Neurologischen Zentrums ***4*** vom (vgl. unter relevante Vorbefunde im oa Gutachten des Sozialministeriumservice mit Behandlungsdatum ) bestätigte die schubhaft verlaufende Encephalomyelitis disseminata. Festgestellt wurde dabei, dass im Rahmen dieser Erkrankung anhaltende körperliche Arbeiten oder Hitzebelastung zu schweren neurologischen Symptomen führen können. Da der Pat. Koch von Beruf ist, wäre eine berufliche Umschulung begrüßenswert.
In den Folgebefunden wurde die Diagnosestellung einer Multiplen Sklerose und die beschriebene Sehstörung mit Beginn 11/1998 bei einer ca 30%-igen Sehschwäche am linken Auge als Residuum jeweils berücksichtigt (vgl. dazu ua der angeführte Ambulanzbefund ***4*** ). Der vorgelegte Ambulanzbefund vom , in dem ein EDSS Score von 2,5 beschrieben worden war, was eine minimale Behinderung in 2 funktionellen Systemen bedeutete, wurde bei der Begutachtung ebenso angesprochen wie der Ambulanzbefund , in dem ebenfalls ein EDSS von 2,5 - dies mit Visusminderung links, geringer Bewegungsstörung der OE und einem leichten organischen Psychosyndrom - beschrieben wurde.
Der Arztbrief des Neurologischen Zentrums ***4*** vom (Anf. ; vgl. unter relevante Befunde im Gutachten des Sozialministeriumservice vom ) bestätigt die Begutachtung vom bis : …, da es vor 2 Tagen zu einer plötzlichen Veränderung im Bereich der re UE im Sinne von einer Schwäche, vor allem beim Gehen kam, wobei der Pat. beim Gehen den re Fuß nachschleifen müßte. Zudem ist es heute Vormittag zu einer Sensibilitätsstörung im Bereich der re OE gekommen, sodass der Pat. ho. vorstellig wurde. Er ist seit ca. 2 Jahren in Behandlung in der MS-Ambulanz bei Herrn Dr. ***15***, erhält seither Interferon 1x pro Woche. Die Enc. diss. ist seit 1998 bekannt, war damals h.o. stationär und wurde mittels Liquorpunktion und evozierten Potentialen diagnostiziert. … Residuum eine ca. 30%ige Sehschwäche im Bereich des li. Auge erhalten blieb. Danach war er ein Jahr symptomfrei. Danach kam es zu einer Sensibilitätsstörung im Bereich der li. UE, die sich unter Cortisontherapie vollständig rückbildete. In diesem Jahr kam es im Feb. und im Mai zu erneuten Schüben, wobei einmalig es zu einem lt. Pat. komischen Stechen im Bereich des re. Knies kam. Diesbezüglich erhielt der Pat. jeweils an der Neurologischen Ambulanz Cortisoninfusionstherapie, worauf es zu einer vollständigen Rückbildung der Symptomatik kam(vgl. Anamnese). ….Krankheitsverlauf/Therapie: Bei Herrn ***16*** ist seit 1998 eine Encephalomyelitis disseminata mit primär schubhaftem Verlauf bekannt, die jetzige stat. Aufnahme erfolgte aufgrund eines erneuten Schubes mit einer plötzlich auftretenden Gangunsicherheit und Schwäche im Bereich der re. UE. Während des stat. Aufenthaltes erfolgte unter Magenschutz mit Ulsal eine Cortison-Stoßtherapie mit 1 g Solu Decortin über 5 Tage. Zum Zeitpunkt der Entlassung besteht weiterhin eine Gangunsicherheit sowie eine diskrete Schwäche im Bereich der re. UE. Es wurde mit dem Pat. vereinbart, einen ambulanten Termin bei Herrn Dr. ***15*** in ca. 3 Wochen zu vereinbaren. …..Ein längerer Aufenthalt zur Durchführung einer intensiven physikalischen Therapie wurde von dem Pat. abgelehnt. Diagnose: Schubhafte Encephalomyelitis disseminata bei neuerlichem Schub. Vgl. dazu die im Gutachten des Sozialministeriumservice vom unter Bezugnahme auf den in diesem Arztbrief bestätigten stationären Aufenthalt unter der Diagnose: Erneuter Schub mit plötzlich aufgetretener Gangunsicherheit.
Ein weiterer stationärer Aufenthalt wird mit Arztbrief des Neurologischen Krankenhauses ***4*** vom für den Zeitraum vom bis bei Verschlechterung einer spastischen Parese links, linkes Bein im Sinne eines Schubes im Rahmen einer schubhaft verlaufenden multiplen Sklerose bestätigt (vgl. Angaben zum relevanten Vorbefund im oa Gutachten des SMS). In der Anamnese dieses Arztbriefes ist ein Bericht des Bf über einen hoch fieberhaften Infekt vor 3 Wochen mit Temperaturen bis zu 40° und Schmerzen im Bereich der re. Flanke, wobei der Pat. durch den Hausarzt Clamoxyl erhalten, sich diese Therapie aber nach drei Tagen abgesetzt hat, festgehalten. Vor einer Woche kam es zu belastungsabhängigen Schmerzen i.B. des linken Knies und li. OSCH mit einer Verminderung der Gehstrecke auf 200 m. Vor 3 Tagen sei es zu einer Hemihypaesthesie li. für ca 2 h gekommen. Derzeit sei der Patient fieberfrei, vonseiten der Parese der li. UE sowie der schmerzhaften Spastik li. ohne Besserungstendenz.Bezüglich Voranamnese (…). Krankheitsverlauf/Therapie: Die Aufnahme des Pat. erfolgte wegen eines Schubes im Anschluß an einen fieberhaften Infekt (Pyelonephritis). Während des stat. Aufenthaltes erhielt der Pat. eine i.V. Cortisontherapie mit 1g Soludacortin über 5 Tage, sowie eine oralen Gabe von Zantac. In gebessertem Zustand kann der Pat. am wieder nach Hause entlassen werden. Therapievorschlag: Avonex MiU 1x pro Woche i.m. Procedere: Weitere Kontrollen in der MS-Ambulanz bei Herrn Dr. ***15***.
Vom bis war der Bf neuerlich stationär in der Multiple Sklerose Ambulanz des Neurologischen Krankenhauses ***4*** aufgenommen (vgl. Angaben zu diesem relevanten Vorbefund und Diagnose: Schubhafte Enc. diss. mit aktivem Herd zervikal, akute Belastungsreaktion mit Alkoholabusus. Gang: Breitbeinig-ataktisch mit Falltendenz nach links nur mit Hilfe … vorbekannten organisches Psychosyndrom mit läppisch-euphorischer Komponente…lt Gutachten des SMS vom ). Krankheitsverlauf/Therapie: Die stat. Aufnahme des Pat. wegen Verdacht auf Schub bei bekannter schubhaft verlaufender Enc. diss. unter dem Verdacht eines cervikal gelegenen Entzündungsherdes. Nach Ausschluss eines akuten Infektes sowie einer Alkoholisierung wurde eine Schubtherapie mittels 1 g Solu Dacortin i.v. über 5 Tage eingeleitet. In einer MR-Kontrolle konnte ein frisch entzündlicher Plaque in Höhe c2 intramedullär festgestellt werden. Unter der Cortisontherapie kam es zu einer Verbesserung der Mobilität des Pat., sodass der Pat. wieder selbständig gehfähig war. Zur weiteren neurologischen Rehabilitation mittels Physiotherapie und Ergotherapie blieb der Pat. bis zum stationär, die Details bezgl. Therapie… . Am Wochenende vor der Entlssung des Pat. erfuhr der Pat. über die massive Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Mutter, welche dann am verstarb. Der Pat. kam vom Ausgang alkoholisiert zurück, der Pat. meinte dennoch, er werde mit der Situation gut fertig und wünschte den zuvor geplanten Entlassungstermin wahrzunehmen. Eine Weiterbetreuung durch den Hausarzt, zu welchem eine gute Gesprächsbasis besteht, wird von uns dringend empfohlen und unterstützt. Die Intervalltherapie mit Avonex wurde unverändert beibehalten. Diagnose: Schubhafte Enc. diss mit aktiven Herden cervikal (C4 und C2) Akute Belastungsreaktion mit Alkoholabusus.
Das zuletzt begutachtende Ärzteteam hat nach diesen Befunden keine Funktionseinschränkungen feststellen können, die auf eine daraus resultierende anhaltende Selbsterhaltungsunfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt zu diesem Zeitpunkt hätten mit Sicherheit schließen lassen.
Nach stationären Aufenthalten vom bis und vom bis lt. Arztbrief Neurologisches Zentrum ***4*** (vgl. relevanter Vorbefund lt oa Gutachten des Sozialministeriumservice: …bei mangelnder Compliance keine Indikation für Mitoxantron, daher Beginn mit Immunglobulinen. Diagnose: Schubhaft verlaufende Enc. diss. mit OPS und Ataxie und Tetraspastik, unreife Persönlichkeit, länger dauernde depressive Episode mit sekundärer Spielsucht)…Krankheitsverlauf und Therapie in diesem Befund:
"Die Aufnahme des Pat. erfolgte zunächst zur Schubbehandlung bei Verschlechterung der ataktisch vorbekannten Gangstörung mit Z.n. Sturz. Der Pat. erhielt 5-tägig eine Soludacortin-Infusion, jeweils 1g i.v. . Aufgrund einer depressiven Episode mit deutlichen Durchschlafstörungen wurde der Pat. zunächst auf Tolvon eingestellt. Aufgrund zunehmend verwahrlostem Zustand des Pat. und der fehlenden Tagesstruktur und Therapie wurde der Pat. im ***17*** Tageszentrum für MS-Pat. in der ***18*** vorgestellt. In weiterer Folge war eine Übernahme an unsere REHAB-Station am 1.10. geplant. Weiters war eine kardiologische Abklärung geplant wegen einer eventuellen Mitoxantron-Therapie. Diese Therapie wäre aufgrund einerseits der raschen Progression der Erkrankung, andererseits bei fehlender Wirksamkeit der Interferontherapie mittels Avenox sowie Unverträglichkeit zuletzt dieser Therapie als therapeutische Option in Betracht gezogen worden. Der Pat. kam jedoch am 1.10. von einem therapeutischen Ausgang nicht wie geplant zurück und wurde entlassen. Am 2.10. war der Pat. jedoch wieder vorstellig und zeigte das Bild einer akuten Belastungsreaktion. Es stellten sich multiple soziale Probleme (nicht bewohnbare Wohnung, kein Warmwasser, keine Möblierung, keine Heizungsmöglichkeit), ….wurde der Pat. wegen der akuten Belastungssituation und zur Lösung der multiplen sozialen sowie psychiatrischen Probleme neuerlich auf unserer Allgemeinstation aufgenommen. Es erfolgte eine Erweiterung der antidepressiven Therapie mittels Seroxat, vorübergehend mußten Benzodiazepine in Form von Lexotanil verabreicht werden. ….Nach Einschalten des Sozialarbeiters konnten folgende Lösungen gefunden werden: 1. Aufgrund der unreifen Persönlichkeit, des mittelgradigen organischen Psychosyndroms im Rahmen der Multiplen Sklerose sowie des Spielverhaltens im Rahmen der depressiven Entwicklung wurde eine Besachwalterung des Pat. eingereicht. …Anbindung des Pat. beim PSD im 2. Bezirk 3. Wegen der neurologischen Grunderkrankung erfolgt eine Therapie im ***17*** Tageszentrum… Vonseiten der Enc. diss. besteht bei der mangelnden Compliance des Pat. keine Indikation für Mitoxantron. Es wurde daher während des stat. Aufenthaltes eine immunmodulatorische Therapie mittels intravenösen Immunglobulinen (15 g Venimmun 1x/Monat) eingeleitet. Diese Therapie wurde gut vertragen. Der aktuelle EDSS-Score beträgt 5,0. Neurologisch zeigte der Pat. bei der Entlassung eine li. und UE betonte Ataxie, eine Dysarthrie, ein mittelgradiges OPS in Form einer läppisch-euphorischen Stimmungslage sowie ein paraspastisch ataktisches Gangbild. Zur besseren Compliance wurden engmaschige Kontrollen an unserer MS-Ambulanz im monatlichen Abstand für die nächsten 3 Monate vereinbart. Die weiteren Immunglobulingaben sollten bei der WGKK Wienerberg erfolgen. ….Bezüglich der Spielsucht wurde der Pat. über die Möglichkeit des Vereines für anonyme Spieler informiert, Adressen und Telefonnummer mitgegeben.
Weitere stationäre Aufenthalte im Neurologischen Zentrum ***4*** sind für den Zeitraum vom bis zum und vom bis bzw später evident (vgl. unter relevante Befunde lt Gutachten des Sozialministeriumservice vom mit Diagnose: "Schubhafte Enzephalitis disseminata, rezidivierende depressive Störung derzeit mittelgradig, OPS und Diagnose: Schub mit Retrobulbärneuritis links bei bekannt schubhaft verlaufender Enc.diss. mit OPS und Ataxie, aktueller EDSS 4,5 bei Entlassung, länger dauernde depressive Episode).
Im Ambulanzbefund vom wurde festgehalten: "…letzter stationärer Aufenthalt h.o. im September 2003 im Rahmen eines Schubes zur 5 tägigen Cortisonfussion. Damals Einleitung einer Besachwalterung, Anbindung an den PSD des 2. Bezirks sowie Rehabilitation im ***19***, die der Patient nicht wahrgenommen hat. Ebenfalls eingeleitet wurde eine Therapie mit Immunglobulinen, die der Pat zuletzt am erhalten hat. Vom Hausharzt vor kurzem die antidepressiven Therapie umgestellt: aus unklarem Grund wurde Seroxat abgesetzt und Tolvon auf 3x tägl. gesteigert. Ein geplanter Termin in unserer Ambulanz am wurde vom Pat. nicht wahrgenommen. Zwischendurch gab es eine Vorstellung wegen Schmerzen in den Beinen, weswegen der Pat. Parkemed erhalten hat. Pat. berichtet über eine heute 19.00 Uhr plötzlich aufgetretene Schwäche in beiden Beinen. In den Vorbefunden ist eine Gangunsicherheit und Ataxie jedoch kein Kraftdefizit beschrieben. ….Aufnahme wegen eines MS-Schubs mit akut aufgetretener proximal betonter Paraparese in beiden UE bei seit 1998 bekannter Encephalitis disseminata. Es folgte eine Therapie mit 1g Solodacortin pro Tag über 5 Tage…antidepressive Therapie mit 45 mg Tolvon Der Pat. konnte am 6. Tag in gebessertem Zustand nach Hause entlassen werden. Kontrolltermin für den . Weiters empfehlen wir die Fortsetzung der intravenösen Immunglobulintherapie ….einmal im Monat …Zuletzt hat der Pat. am Immunglobuline erhalten. Diagnose: Schubhaft verlaufende Encephalitis disseminata, rezidivierende depressive Störung derzeitig mittelgradige Episode OPS…" (vgl. Ambulanzbefund vom und weitere Vorbefunde lt. Gutachten des Sozialministeriumservice).
Zusammenfassung der Befunde:
Nach den hier angeführten Alt-Befunden wurde erstmals Anfang 1999 eine Multiple Sklerose festgestellt (Patientenbrief Neurologisches Krankenhaus ***4*** vom ) und mit Patientenbrief vom bestätigt (in den letzten beiden Jahren 2 Schübe). Es wurde zunächst eine Basistherapie mit Betainterferon angeordnet. Der Behinderungsgrad EDSS nach Kurztke betrug zu diesem Zeitpunkt 2,5.
Der vorgelegte Ambulanzbefund vom , in dem ein EDSS Score von 2,5 beschrieben worden war, was eine minimale Behinderung in 2 funktionellen Systemen bedeutete, wurde bei der Begutachtung ebenso besprochen wie der Ambulanzbefund , in dem ebenfalls ein EDSS von 2,5 - dies mit Visusminderung links, geringer Bewegungsstörung der OE und einem leichten organischen Psychosyndrom - beschrieben wurde.
Im Ambulanzbefund vom war nach ausführlichen Gesprächen aufgrund eines leichten OPS eine sichere Kompliance des Pat. als derzeit noch nicht gegeben angeführt, sodass die intramuskuläre Verabreichung 1 x wöchentlich von Avonex durch die praktische Ärztin mit dem Pat. vereinbart wurde. KO 1 Mo nach Therapie. Insgesamt war der Patient bis auf die Visusminderung beschwerdefrei. Der EDSS nach Kurtzke betrug 2,5.
Im Ambulanzbefund vom August 1999 wurde eine Umschulung als begrüßenswert empfohlen.
Festgehalten wurde im Befund vom ua, dass der Bf eine intensive physikalische Therapie abgelehnt hat. Er sei seit 2 Jahren in Behandlung in der MS-Ambulanz.
Im Ambulanzbefund vom wurde festgehalten, dass der Pat. bei einem fieberhaften Infekt die hausärztlich verordnete Clamoxyltherapie abgebrochen hatte. Der Patient wurde danach aus der stationären Aufnahme in gebessertem Zustand entlassen.
Unter der Cortisontherapie kam es im Zuge eines Ambulanzaufenthaltes Anfang Mai 2002 zu einer Verbesserung der Mobilität des Pat., sodass der Pat. wieder selbständig gehfähig war. Zur weiteren neurologischen Rehabilitation mittels Physiotherapie und Ergotherapie blieb der Pat. bis zum . Am erfolgte eine Entlassung aus dem Neurologischen Krankenhaus, nachdem der Pat. alkoholisiert vom Ausgang zurückgekommen war (akute Belastungsreaktion mit Alkoholabusus wg Krebserkrankung bei der Mutter).
Stationäre Aufenthalte vom bis und vom bis folgten (Krankheitsverlauf/Therapie im Einzelnen wie oben).
Im September/Oktober-November 2004 wurden zusätzlich zur Grunderkrankung bzw damit in Verbindung eine längere depressive Episode und sekundäre Spielsucht festgehalten. Hinsichtlich der Grunderkrankung (MS) erfolgte eine Therapieabklärung. Laut Befund hatte der Bf multiple soziale Probleme (drohende Wohnungskündigung, kein Warmwasser, keine Möblierung, keine Heizmöglichkeit). Ua auch deshalb wurde der Bf stationär aufgenommen und eine Betreuung durch den PSD organisiert. Der Bf wurde auch über die zur Spielsucht bestehenden Beratungsmöglichkeiten informiert (vgl. oa Ambulanzbefund vom und die diesbezügliche Diagnose lt. letztem Gutachten des Sozialministeriumservice).
Die anamnestischen Angaben im Gutachten vom berichten davon, dass der Bf in den Jahren 2001 bis 2005 nicht unter - gemeint wohl "laufender" bzw "durchgehender" -Therapie gestanden hat. Dies kann nach den hier wiedergegebenen Befunbdberichten für die Zeiten, in denen der Bf nicht ambulant oder stationär behandelt wurde, zutreffen. Nach einem schweren Schub (iV mit Immunglobulingabe von 2005 bis 2007) sei der Bf in der Zeit von 2007 bis 2010 wiederum ohne Therapie gewesen war. Zuletzt war im Patientenbrief von 12/2010 angegeben worden, dass der Bf von einer in den letzten Monaten eingetretenen Verschlechterung der Feinmotilität und der Gehfähigkeit sowie von einer Harnkontinenz berichtet hat (vgl. dazu auch die weiteren Angaben in den angeführten Gutachten).
Die späteren Befundberichte befinden eine Verschlechterung des Zustandes. Der Bf befindet sich inzwischen im vollbetreuten Wohnen.
Bindung der Finanzämter und des Bundesfinanzgerichtes an die Gutachten des SMS:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Sozialministeriumservice (früher: Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen) zugrundeliegenden Gutachten gebunden () und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen (z.B. ; und 2009/16/0310).
Unter Einbezug von an das Bundesfinanzgericht nachgereichten, auch älteren Befunden wurde eine neuerliche Begutachtung durch das Sozialministeriumservice beauftragt.
Dabei konnte, was in diesem Gutachten anhand der verfügbaren ärztlichen Atteste (Ambulanzbefunde und Patientenbriefe), insbesondere anhand der nachgereichten Unterlagen dargestellt worden ist, kein von den Vorgutachten abweichendes Ergebnis festgestellt werden. Aus den vorgelegten Befunden hat das Sozialministeriumservice auch anlässlich dieser letzten Begutachtung nicht ableiten können, dass die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten war.
Dass die begutachtenden Ärzteteams ihre Feststellungen unter Einbezug der zum Begutachtungszeitpunkt jeweils gegebenen Befundlage getroffen haben, ist nachvollziehbar. Die unverändert vorgenommene rückwirkende Einschätzung des Erwerbsfähigkeitsstatus wurde anhand der wie oben angeführten einzelnen (Alt-) Befunde auch schlüssig begründet.
Ergebnis:
Bei der schubförmigen remittierenden Verlaufsform entwickeln sich während eines akuten Schubes oft Symptome, die sich in der Regenerationsphase wieder mehr oder weniger zurückbilden. Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, welche Symptome bleiben und sich nicht zurückbilden. Es ist kaum möglich, eine genaue Vorhersage über den Verlauf dieser Erkrankungsform der Multiplen Sklerose zu machen.
In manchen Fällen kommt es zur Ausbildung einer sekundär progredienten Form von Multipler Sklerose. Dabei verläuft die Krankheit - wie auch bei der schubförmigen remittierenden Verlaufsform - in Schüben. Allerdings kann sich der Gesundheitszustand der Betroffenen zwischen den Schüben wieder verbessern oder aber stetig verschlechtern. Die schubförmig remittierende Verlaufsform kann in eine sekundär progrediente Form der Multiplen Sklerose übergehen.
Die primär oder chronisch progrediente Verlaufsform der Multiplen Sklerose ist eher selten. Dabei schreitet die Erkrankung nicht in Schüben fort, sondern die Symptome entwickeln sich allmählich - sie schreitet langsam, aber unaufhaltsam voran (entnommen von https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/erkrankungen/multiple-sklerose-ms/ ).
Alleine das Bestehen einer Möglichkeit bzw einer (wenn auch überwiegenden) Wahrscheinlichkeit ist in Anbetracht der bestehenden Unsicherheiten für die gutachterliche Feststellung des Vorliegens einer dauernden Erwerbsunfähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt als Faktum nicht ausreichend (, vgl. hierzu auch das Erkenntnis des ).
Die Erkrankung Multiple Sklerose bedeutet daher für sich allein noch nicht, dass eine Person, welche an dieser Erkrankung seit vielen Jahren leidet, niemals imstande war, einer Arbeit nachzugehen bzw dass die Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem 21. Lebensjahr bestanden hat.
Beim Bf konnte ärztlicherseits erst für den Zeitraum ab 10/2003 eine derartige Verschlechterung des Leidens (Multiple Sklerose) nachvollziehbar festgestellt werden, welche mit einer behinderungsbedingten Berufsunfähigkeit einherging.
Ein anderer als der auch bis zuletzt rückwirkend festgestellte Erwerbsfähigkeitsstatus konnte auch aus den von der Erwachsenenvertreterin nachgereichten (Ambulanz-) Befunden nicht nachvollzogen werden.
Das Vorliegen von weiteren - bisher noch nicht berücksichtigten - alten Befunden oder Gutachten kann ausgeschlossen werden.
Die Befundlage wurde in den Gutachten des SMS nachvollziehbar besprochen (vgl. ; ).
Insgesamt gesehen erweisen sich die vorliegenden ärztlichen Gutachten, in denen der Eintritt der dauernden Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Bf verneint wurde, als schlüssig und waren daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.
Es kann daher mit höchster Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der in den Gutachten mit Oktober 2003 festgestellte Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.
Hinweise darauf, dass der Bf in der Zeit zwischen Vollendung seines 21. und 25. Lebensjahres in Ausbildung gestanden hätte, ergeben sich im Übrigen weder aus den anamnestischen Angaben, noch aus den Beschwerdeausführungen und war auch auf die derzeit bestehende Unterbringung im vollbetreuten Wohnen nicht mehr gesondert einzugehen.
Da im gegenständlichen Fall die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG für die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht konnte abgesehen werden, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt im Zuge des Vorhalteverfahrens vor dem BFG durch die Vorlage der oben angeführten Befundunterlagen und deren Einbezug in die Begutachtung durch das Sozialministeriumservice vom festgestellt wurde.
Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Frage, ob eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt, handelt es sich um eine Tatfrage und ist das Bundesfinanzgericht an das vom Sozialministeriumservice erstellte ärztliche Gutachten de facto gebunden. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Da das gegenständliche Erkenntnis der geltenden Gesetzeslage sowie der ständigen Judikatur des VwGH folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102789.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at