Abweisung eines Antrages um Aussetzung der Einhebung, wenn keine Beschwerde mehr anhängig ist und keine Nachforderung besteht
Revision eingebracht. Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/16/0031.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Antrag auf Aussetzung der Einhebung, ***1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Verfahrensgang
Mit Eingabe vom stellte Herr ***Bf1*** einen Antrag auf Aufhebung bzw. Nachsicht von Eingabegebühren gemäß § 24a VwGG in Höhe von EUR 240,00 wegen Härte. Die Gebührenforderung resultierte aus einem Wiederaufnahmeantrag im Revisionsverfahren betreffend Forstgesetz, welchen der Beschwerdeführer (Bf) am beim ***2*** eingebracht hatte. Mit Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabeschuldigkeiten vom , nachweislich übernommen am , wies das Finanzamt den Antrag ab. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde eingebracht und gleichzeitig der "Antrag auf Aussetzung der Einhebung im Sinne des § 112a BAO", gemeint vermutlich § 212a BAO, gestellt. Die Beschwerde über die Abweisung der Nachsicht von Eingabegebühren wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Gleichzeitig mit der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom in der Nachsichtsangelegenheit wies das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit Bescheid mit folgender Begründung ab:
"Begründung:
Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Ergebnis ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung.
Ein AEH-Antrag wurde bereits mit Beschwerdevorentscheidung vom durch das Finanzamt Österreich erledigt. Dagegen wurde seitens des Beschwerdeführers auch ein Vorlageantrag eingebracht. Dieses Verfahren wird seitens des Finanzamt Österreich dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und wird der Beschwerdeführer bzw dessen ausgewiesener Rechtsvertreter nach Vorlage an das Bundesfinanzgericht davon mittels Vorlagebericht gesondert verständig werden. Ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung steht die bereits entschiedene Sache des Finanzamtes Österreich über den Antrag auf Aussetzung der Einhebung entgegen. Der Beschwerdeführer wird durch diese Entscheidung auch nicht in seinen Rechten verletzt, da das Verfahren betreffend Aussetzung der Einhebung dem Bundesfinanzgericht vorgelegt wird. Der gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher zu Recht abzuweisen."
Über den in der Nachsichtsangelegenheit eingebrachten Vorlageantrag wurde bereits mit Erkenntnis des GZ. RV/7104192/2023, entschieden.
Mit Schriftsatz vom brachte der Bf "aus prozessualer Vorsicht" Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung ein. Der Bf begründete, er beziehe eine Mindestpension unterhalb des Existenzminimums. Infolgedessen sei er pfändungsfrei. Der gegenständliche Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung solle ihn jedoch vor allfälligen Nachteilen und Widrigkeiten einer seitens der Finanzbehörde dennoch durchgeführten, vorzeitigen Exekution schützen.
Mit der am ergangenen Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt die Beschwerde mit folgender Begründung ab:
"Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde vom zusammenfassend aus, dass er den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus prozessualer Vorsicht wiederhole. Auch nimmt der Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass dieses so bezeichnete Verfahren bereits als AEH-Verfahren geführt und seitens der Abgabenbehörde entschieden und dem Bundesfinanzgericht vorgelegt wird. In der Begründung zum abgewiesenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (III. Bescheid vom ) hat das Finanzamt konkret festgehalten, dass dem Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die bereits entschiedene Sache des Finanzamtes Österreich über den Antrag auf Aussetzung der Einhebung entgegenstehe (Beschwerdeentscheidung vom ).
Der Beschwerdeführer hat in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde nicht dargelegt, dass tatsächliche oder rechtliche Gründe gegen die Annahme einer entschiedenen Sache sprechen. Auch das Finanzamt hat noch nochmaliger Prüfung der Beschwerdeausführungen und der mit dem Beschwerdeschriftsatz vom vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte feststellen können, die gegen die Annahme einer entschiedenen Sache sprechen. Da das beschwerdegegenständliche Verfahren betreffend der beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bereits als Verfahren betreffend Aussetzung der Einhebung geführt wird, war spruchgemäß zu entscheiden."
Dagegen wurde mit Schriftsatz vom vom Parteienvertreter (PV) Vorlageantrag eingebracht.
Der PV wendet ein, die Abweisung sei zu Unrecht erfolgt. Alle gegenteiligen Ausführungen in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung würden hiermit bestritten. Entgegen den Ausführungen in der Begründung der Berufungsvorentscheidung habe der Bf aufgrund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Fall der Nichtzahlung der vorgeschriebenen Gebühren mit laufenden Erhöhungen (Säumniszuschlag) zu rechnen. Der Bf erachtet sich aus diesem Gesichtspunkt rechtlich beschwert und beantragte völlig zurecht gegen den Bescheid vom die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung; insbesondere solange die Verfahren vor dem VwGH zu GZ Ra 2022/15/0070 und Ra 2022/16/0075, anhängig seien.
Der PV hat mit Schreiben vom mitgeteilt, dass er nicht mehr als Zustellungsbevollmächtigter auftrete. Er habe das Vollmachtsverhältnis zu ***Bf1*** gekündigt, alle behördlichen Schriftstücke sowie allfällige Ladungen seien direkt an ***3***, zuzustellen.
II. Beweiserhebung
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die auf elektronischem Wege vorgelegten Akten des Finanzamtes.
III. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
III.1. Beweiswürdigung
Die sachverhaltsrelevanten Feststellungen wurden seitens des Bundesfinanzgerichts im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen angenommen. Das Bundesfinanzgericht konnte sich dabei auf die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakten stützen.
III.2. Rechtliche Beurteilung
§212a BAO lautet auszugsweise:
"§ 212a.
(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
….
(2b) Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung ist zurückzuweisen, wenn
1. keine Beschwerde eingebracht wurde,
2. der Bescheid keine Nachforderung im Sinne des Abs. 1 ausweist,
3. er nach Ergehen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren eingebracht wird oder
4. zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist.
(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.
(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§ 279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.
…."
Wenn das Finanzamt davon ausgeht, dass in gegenständlichem Fall res iudicata, also bereits entschiedene Sache vorliegt, weil das Verfahren bereits als AEH-Verfahren geführt, seitens der Abgabenbehörde entschieden und dem Bundesfinanzgericht vorgelegt worden sei, ist zu sagen, dass damit der Bescheid vom über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom angesprochen ist, welcher im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom betreffend die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gestellt worden ist. Dieses Verfahren wurde zur Zahl GZ. RV/7103777/2023 mit Erkenntnis vom entschieden.
Gegenstand vorliegenden Verfahrens ist hier ausschließlich Punkt III des Bescheides vom , womit der Antrag vom auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - vom Finanzamt gewertet als Antrag auf Aussetzung der Einhebung - abgewiesen wird, welcher gleichzeitig mit der Beschwerde gegen die Abweisung des Nachsichtsansuchens gestellt wurde.
Ergänzend wird demzufolge ausgeführt, dass die Aussetzung von streitverfangenen Abgaben gemäß § 212a BAO nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung voraussetzt, dass eine Beschwerde, von deren Erledigung die Höhe einer Abgabe abhängig ist, noch anhängig ist. Dies ergibt sich in Analogie zu § 212a Abs. 5 BAO, wonach ein Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung im Falle des Ergehens einer das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen ist.
Gegenständlich wurde über die Beschwerde vom gegen die Abweisung des Nachsichtsansuchens vom mit Erkenntnis des GZ. RV/7104192/2023, entschieden.
Demnach ist keine Beschwerde mehr anhängig, welche eine Aussetzung der Einhebung rechtfertigen würde.
Im Übrigen wurden offensichtlich in dem Verfahren, auf das sich der verfahrensgegenständliche Aussetzungsantrag bezieht, keine Abgaben (Gebühren) festgesetzt, womit keine Nachforderung besteht und auch diese tatbestandsmäßige Voraussetzung des § 212a BAO nicht gegeben ist, wofür § 212a (2b) leg.cit. grundsätzlich bereits eine Zurückweisung des Antrages vorsieht.
Bemerkt wird, dass die genannten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Ra 2022/15/0070 und Ra 2022/16/0075 inzwischen mit Beschlüssen vom und beendet worden sind.
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie unterbleiben, da der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und das gefertigte Gericht auch bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis gelangen hätte können.
Die Beschwerde war nach dem oben Gesagten in jedem Fall als unbegründet abzuweisen.
IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die getroffene Entscheidung entspricht sowohl der Judikatur des VwGH (; , 93/15/0235; , 96/16/0200; , 2003/16/0496) als auch der Rechtsprechung des BFG ().
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100509.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at