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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 08.03.2024, RV/7100798/2023

Zurückweisung des Vorlageantrags gegen, an eine bereits beendete KG (§142 UGB) gerichtete "BVE", als unzulässig

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Corinna Engenhart in der Beschwerdesache ***H*** ***W***, ***RNFAdr*** als Rechtsnachfolgerin der ***Bf1***, ***Bf1-Adr1***, vertreten durch ***StB GmbH***, ***StB GmbH Adr***, diese vertreten durch ***Substitut***, ***SubstAdr***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2015, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2011 bis 2015 sowie betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2011 bis 2016, Steuernummer ***BF1StNr2***, den Beschluss:

Die Vorlageanträge gegen die als Beschwerdevorentscheidungen intendierten Erledigungen werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Bescheiden vom wurden gegenüber der ***Bf1*** die Verfahren betreffend Umsatzsteuer sowie Feststellung von Einkünften jeweils betreffend die Jahre 2011 bis 2015 aufgehoben, Einkünfte aus Gewerbebetrieb betreffend die Jahre 2011 bis 2016 festgestellt, sowie Umsatzsteuer betreffend die Jahre 2011 bis 2016 festgesetzt.

Gegen diese Bescheide erhob die ***Bf1*** mit Schriftsatz vom Beschwerde.

Mit Antrag vom wurde die Löschung der ***Bf1*** im Firmenbuch beantragt. Mit wurde die Gesellschaft aufgrund der Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch ***H*** ***W*** im Firmenbuch als aufgelöst und gelöscht eingetragen.

Mit als Beschwerdevorentscheidungen intendierten Erledigungen vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Erledigungen waren an die "***Bf1*** zHd ***W*** ***H***" gerichtet.

Mit Schriftsätzen vom beantragte ***Substitut*** (als Vertreter der ***StB GmbH*** unter Berufung auf eine Substitutionsvollmacht) im Namen der "***Bf1***" die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit die Vorlageanträge ergänzendem Schriftsatz vom brachte ***Substitut*** (als Vertreter der ***StB GmbH*** wiederum unter Berufung auf die Substitutionsvollmacht) nunmehr im Namen der "***H*** ***W*** (ehemals ***Bf1***)" vor, dass die ***Bf1*** seit aufgelöst und gelöscht sei und der Bescheidadressat der "Beschwerdevorentscheidungen" daher unrichtig sei und diese daher als Nichtbescheide zu qualifizieren seien.

Die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erfolgte am .

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet die bloße Löschung und Auflösung einer Personengesellschaft des Handelsrechts noch nicht deren Vollbeendigung, weshalb die Gesellschaft auch im Abgabenverfahren ihre Angelegenheiten betreffend die Parteifähigkeit beibehält, solange nicht eine Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse u.a. zum Abgabengläubiger erfolgt ist (vgl. ). Allerdings trifft dies nicht zu, wenn die Personengesellschaft beendet wird und, wie etwa im Fall des § 142 UGB, ein Gesamtrechtsnachfolger vorhanden ist (vgl. ).

Eine Geschäftsübernahme gemäß § 142 UGB (sog. Anwachsung) bewirkt die Vollbeendigung der Personengesellschaft, deren Geschäft durch den übernehmenden Gesellschafter ohne Liquidation fortgeführt wird (vgl. ).

Gem. § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (vgl. ).

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge - wie etwa bei einer Vermögensübernahme nach § 142 UGB - die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über (vgl. ). Sämtliche Bescheide - auch für Zeiträume vor der Vermögensübernahme und liquidationslosen Vollbeendigung der bisherigen Gesellschaft - können grundsätzlich nur mehr an den Rechtsnachfolger der Personengesellschaft gerichtet werden (vgl. ; ). Hingegen kann eine an das rechtlich nicht mehr existierende Gebilde gerichtete Erledigung keine Rechtswirkungen entfalten, und zwar auch dann nicht, wenn sie dem Rechtsnachfolger zukommt (vgl. ).

Abweichend davon hat gemäß § 191 Abs. 2 BAO der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften an diejenigen zu ergehen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind, wenn eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit (wie etwa eine Kommanditgesellschaft) in dem Zeitpunkt, in dem ein Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendet ist. Ein solcher Bescheid ist daher im Falle der Beendigung einer Kommanditgesellschaft nicht an den Gesamtrechtsnachfolger, sondern an diejenigen zu richten, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall sind die als Beschwerdevorentscheidungen intendierten Erledigungen vom anstelle an ***H*** ***W*** als deren Rechtsnachfolgerin (hinsichtlich der Erledigungen betreffend Umsatzsteuer) bzw. an deren ehemalige Gesellschafter als diejenigen, denen in den betreffenden Zeiträumen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind (hinsichtlich der Erledigungen betreffend die Feststellung von Einkünften) an die zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr existente ***Bf1*** gerichtet worden. Da die Erledigungen daher ins Leere gingen und keine Rechtswirkung entfalten konnten, kommt ihnen keine Bescheidqualität zu.

Da die als Beschwerdevorentscheidungen intendierten Erledigungen Nichtbescheide darstellen, die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung jedoch eine unabdingbare Voraussetzung für die Stellung eines Vorlageantrags ist, sind die Vorlageanträge als unzulässig zurückzuweisen (vgl. ).

***Substitut*** trat bei der Einbringung der Vorlageanträge als Substitut der ***StB GmbH*** im Namen der - zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr existenten - ***Bf1*** auf. Die falsche Bezeichnung des Einschreiters stellt kein Formgebrechen dar. Ein Vertreter kann immer nur als Vertreter jener Person gesehen werden, für die er nach außen hin auftritt. Vertritt er dabei irrtümlich eine Person, der im Abgabenverfahren keine Parteistellung zukommt, so wird dieser Legitimationsmangel nicht dadurch zu einem bloßen - behebbaren - Formgebrechen, dass derselbe Vertreter auch zur Vertretung der Partei selbst befugt gewesen wäre (vgl. ). Ebenso wenig kann im gegenständlichen Fall das Auftreten im Namen der nicht mehr existenten ***Bf1*** als - einer Mängelbehebung zugängliches - Formgebrechen der Vorlageanträge beurteilt werden und diese an Stelle der ***Bf1*** ***H*** ***W*** als deren Rechtsnachfolgerin zugerechnet werden.

Da die ***Bf1*** zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existierte, konnte von ihr keine Bevollmächtigung zur Erhebung der Vorlageanträge vorliegen und die Vorlageanträge sind daher dem einschreitenden Vertreter zuzurechnen (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall ist unmittelbarer Einschreiter ***Substitut***, der allerdings im Namen der ***StB GmbH*** tätig wird und sich dabei auf seine Substitutionsvollmacht beruft. Die Substitution begründet keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zwischen dem vertretenen Steuerpflichtigen und dem Substituten (vgl. zur Substitution bei Rechtsanwälten unter Hinweis auf 6 Ob299/62). Sie begründet vielmehr ein vom - zwischen dem Steuerpflichtigen und seinem substituierenden Vertreter bestehenden -Vollmachtsverhältnis unabhängiges weiteres Vollmachtsverhältnis. Die Beendigung der ***Bf1*** führt nicht zum Erlöschen des zwischen der ***StB GmbH*** und ***Substitut*** bestehende Substitutionsverhältnisses.

Da ***Substitut*** in den Vorlageanträgen im Namen der ***StB GmbH*** auftritt, sich dabei auf seine Substitutionsvollmacht beruft und somit als deren Vertreter tätig ist, ist sein Handeln (die Erhebung der Vorlageanträge) der ***StB GmbH*** zuzurechnen.

Der gegenständliche Beschluss ist daher an die ***StB GmbH*** als Einschreiterin zu richten und auch dieser zuzustellen. Substitutionsbevollmächtigte gelten in der Regel nicht als Zustellbevollmächtigte iSd § 9 ZustG (vgl. zur Substitution bei Rechtsanwälten ), wobei in der jeweiligen Substitutionsvollmacht wohl auch eine Zustellbevollmächtigung vorgesehen werden kann. Im gegenständlichen Fall kann die Vereinbarung einer solchen Zustellbevollmächtigung im Rahmen der Substitutionsvollmacht jedoch schon deshalb ausgeschlossen werden, weil auch der ***StB GmbH*** (laut den vorgelegten Akten) hinsichtlich an die ***Bf1*** ergehender Erledigungen keine Zustellvollmacht zukam.

Gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO obliegt die Entscheidung über eine Bescheidbeschwerde dem Senat, wenn dies in der Beschwerde beantragt wird. In diesem Fall können gemäß § 272 Abs. 4 BAO die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 BAO eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegt auch zunächst die Zurückweisung eines Vorlageantrags gemäß § 260 BAO.

Gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde beantragt wird. Der Senat kann gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO ungeachtet eines Antrages von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260 BAO). Dies gilt gemäß § 264 Abs. 4 lit. f BAO auch für den Fall, dass ein Vorlageantrag als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist.

Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so ist nach § 274 Abs. 5 BAO § 274 Abs. 3 BAO sinngemäß anzuwenden; hierbei sind die Obliegenheiten und Befugnisse des Senatsvorsitzenden dem Einzelrichter auferlegt bzw. eingeräumt.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

An wen Erledigungen betreffend eine beendete Personengesellschaft zu richten sind, ergibt sich, ebenso wie die Rechtsfolge der Zurückweisung eines Vorlageantrags nach Ergehen einer als Beschwerdevorentscheidung intendierten, an eine nicht mehr existente Personengesellschaft gerichteten Erledigung, unmittelbar aus dem Gesetz. Mangels einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, war die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100798.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at