Fehlen der Angabe eines Wiederaufnahmegrundes als Aufhebungsgrund nach § 299 BAO
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RV/5100471/2023-RS1 | Die Angabe eines Wiederaufnahmegrundes ist ein essentieller Bestandteil eines Wiederaufnahmebescheides, weshalb das gänzliche Fehlen einer derartigen Angabe allein schon zur Unrichtigkeit des Bescheides führt. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat 6008-1 besetzt mit dem Senatsvorsitzenden Mag. Johann Fischerlehner, der beisitzenden Richterin Maga. Ulrike Stephan, sowie den fachkundigen Laienrichtern Michael Hinterreiter, LL.B. und Leopold Pichlbauer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schwarz Kallinger Zwettler Wirtschaftsprüfung GmbH, Bahnhofstraße 13, 4400 Steyr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom mit dem der Antrag gemäß § 299 Abs. 1 Bundesabgabenordnung vom , eingebracht am , betreffend den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vom abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Bescheid vom , mit dem die belangte Behörde zu Einheitswertaktenzeichen EW-AZ die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BeWG zum verfügt hat, aufgehoben wird. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom erging an die beschwerdeführende Partei betreffend den Grundbesitz BETRIEBSGRUNDSTÜCK (§§ 59 und 60 BewG 1955), bewertet als gemischt genutztes Grundstück GSt laut teilweiser Auflistung im Anhang B ein FESTSTELLUNGSBESCHEID zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 (4) BewG).
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Bescheid vom verfügte die belangte Behörde zu Einheitswertaktenzeichen EW-AZ die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BeWG zum und der Einheitswertbescheid vom wurde aufgehoben.
Der Bescheid war wie folgt gestaltet:
[...]
Gleichzeitig mit dem Wiederaufnahmebescheid erging ein Einheitswertbescheid zum (Art- und Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 BewG 1955), welcher folgende Begründung enthielt:
"Die Fortschreibung war erforderlich, weil die Gebäude S-Str fertiggestellt wurden.
Es wurde ein Artfortschreibung auf ein Mietwohngrundstück durchgeführt, da es sich hierbei um Gebäude mit mehr als einer Wohnung handelt."
Die Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.
Mit Anbringen vom beantragte die beschwerdeführende Partei die Aufhebung des Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vom zu EWAZ EW-AZ betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG zum gemäß § 299 BAO. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Laut Begründung zum Bescheid vom erfolgte die Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO. Weiters wird in der Begründung angeführt, dass die Feststellung aufgrund der Aktenlage erfolgte.
Der Bescheid ist aufgrund von Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, da keiner der Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vorliegt.
Aufgrund der oben beantragten Aufhebung gem. § 299 BAO des Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §303 Abs. 1 BAO vom 2112.2021 zu EWAZ EW-AZ betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG zum sind daher auch folgende darauf basierende Bescheide aufzuheben
- Einheitswertbescheid zum 01012015 vom zum Einheitswertaktenzeichen EW-AZ
- Grundsteuermessbescheid zum 01012015 vom zu Einheitswertaktenzeichen EW-AZ
- Einheitswertbescherd zum 01.01,2018 vom zum Einheitswertaktenzeichen EW-AZ
- Einheitswertbescheid zum vom zum Einheitswertaktenzeichen EW-AZ
- Einheitswertbescheid zum vom zum Einheitswertaktenzeichen EW-AZ- Einheitswertbescheid zum vom zum Einheitswertaktenzeichen EW-AZ
- Einheitswertbescheid zum vom zum Einheitswertaktenzeichen EW-AZ"
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Antrag gemäß § 299 Abs. 1 Bundesabgabenordnung vom , eingebracht am betreffend Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 BAO vom abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Der Spruch des Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO betreffend die Zurechnungsfortschreibung zum vom erweist sich als richtig, da die Tatsache der Fertigstellung des Gebäudes im abgeschlossenem Verfahren neu hervorgekommen ist und diese Tatsache bereits zum Zeitpunkt der Erstellung des Feststellungsbescheides zum - Zurechnungsfortschreibung vom existiert hat.
Die Fertigstellung des Bauvorhabens "S-Str" wurde am beim Magistrat der Stadt Steyr gemeldet. Die Bewertung der Liegenschaft erfolgte daher zum nächsten 01.01. (= ). Die Artfortschreibung auf ein Mietwohngrundstück wurde durchgeführt, da es sich nach der Fertigstellung des Bauvorhabens um kein gemischt genutztes Grundstück mehr handelt, sondern um ein Gebäude mit mehr als einer Wohnung. Die Nutzflächen wurden vom Adress-, Gebäude- und Wohnungsregister übernommen."
In der gegenständlichen Bescheidbeschwerde vom führte die beschwerdeführende Partei aus:
"Der Spruch des Bescheides vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO betreffend die Zurechnungsfortschreibung zum ist nicht richtig, es liegt kein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vor.
Die Fertigstellungsanzeige erfolgte bereits im Jahr 2014 und somit vor Ausstellung des Feststellungsbescheides zum - Zurechnungsfortschreibung, vom ;
Die Tatsache der Fertigstellung des Gebäudes ist im abgeschlossenen Verfahren nicht neu hervorgekommen. Es liegt kein Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vor."
Es wurde die Stattgabe des Antrags auf Aufhebung gemäß § 299 BAO des Bescheids über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vom zu EWAZ EW-AZ betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG zum beantragt und nach § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO der Antrag auf Entscheidung durch den Senat gestellt.
Sollte das Finanzamt dieser Beschwerde nicht im eigenen Wirkungsbereich entsprechen, wurde der Antrag gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO gestellt, über diese Beschwerde eine mündliche Verhandlung vor dem Senat unter Ausschluss der Öffentlichkeit anzuberaumen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Am wurde das Verfahren betreffend Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG zum wiederaufgenommen, da die Gebäude S-Str laut den übermittelten Daten der Gemeinde aus dem Adress-, Gebäude- und Wohnungsregister (AGWR) nachträglich bewertet wurden. Bis dahin war das Grundstück als gemischt genutzt bewertet, mit der Wiederaufnahme erfolgte die Bewertung als Mietwohngrundstück.
Mit Schreiben vom wurde die Aufhebung gemäß § 299 BAO des Bescheides vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO zu EWAZ EW-AZ betreffend Zurechnungsfortschreibung gern. § 21 Abs. 4 BewG zum beantragt. Begründet wurde der Antrag damit, dass keiner der Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vorliege.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, dass sich der Spruch des Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens gern. § 303 Abs. 1 BAO betreffend Zurechnungsfortschreibung zum vom als richtig erweist, da die Tatsache der Fertigstellung des Gebäudes im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen ist und diese Tatsache bereits zum Zeitpunkt der Erstellung des Feststellungsbescheides vom existiert hat.
In der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid wurde ausgeführt, dass die Fertigstellungs anzeige bereits im Jahr 2014 erfolgt sei und die Tatsache der Fertigstellung des Gebäudes im abgeschlossenen Verfahren nicht neu hervorgekommen sei.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Maßgeblich ist dabei, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB ; , 2006/15/0006; , 2011/15/0157).
Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren wiederaufgenommen, weil nachträglich die Gebäude S-Str laut den übermittelten Daten der Gemeinde aus dem Adress-, Gebäude- und Wohnungsregister (AGWR) erfasst wurden. Die Fertigstellung der Gebäude wurde zwar im Jahr 2014 der Gemeinde gemeldet, dem Finanzamt ist die Fertigstellungsanzeige allerdings nicht zugegangen. Das Finanzamt erlangte erst im Jahr 2021 aufgrund der Übermittlung der Daten aus dem AGWR Kenntnis von der Fertigstellung. Diese Daten sind für die Abgabenbehörde im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen, sodass die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO zu Recht erfolgt ist.
In der Folge war auch der Antrag auf Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides gemäß § 299 BAO abzuweisen, da Voraussetzung einer solchen Aufhebung ist, dass sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist. Der Spruch des Wiederaufnahmebescheides vom ist allerdings aufgrund der neu hervorgekommenen Tatsache der Fertigstellung der Gebäude richtig."
Im Vorlageantrag vom wurde ergänzend vorgebracht, dass der Spruch des Bescheides vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO betreffend die Zurechnungsfortschreibung zum nicht richtig ist; es liege kein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §303 Abs. 1 BAO vor.
Die Fertigstellungsanzeige sei bereits im Jahr 2014 erfolgt und somit vor Ausstellung des Feststellungsbescheides zum - Zurechnungsfortschreibung-vom . Die Tatsache der Fertigstellung des Gebäudes ist im abgeschlossenen Verfahren nicht neu hervorgekommen. Es liege kein Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vor.
Neben der Stattgabe der Beschwerde wurde nach § 272 Abs. 2 Z 1 lit. b BAO die Entscheidung durch den Senat beantragt. Zudem wurde ausgeführt: "Sollte das Verwaltungsgericht dieser Beschwerde nicht im eigenen Wirkungsbereich entsprechen, wird bereits jetzt der Antrag gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. b BAO gestellt, über diesen Vorlageantrag eine mündliche Verhandlung vor dem Senat unter Ausschluss der Öffentlichkeit anzuberaumen."
Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. In der Stellungnahme der belangten Behörde wurde ausgeführt:
"Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist zu prüfen, ob die Abweisung des Antrages auf Aufhebung (§ 299 BAO) des Wiederaufnahmebescheides rechtmäßig war.
Nach § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Spruch des Wiederaufnahmebescheides vom ist allerdings richtig, da die Daten aus dem AGWR für die Abgabenbehörde im Jahr 2021 neu hervorgekommen sind: Im Oktober 2018 wurde das alte IT-Verfahren ("I-Verfahren") der Einheitsbewertung abgeschaltet und die Bearbeitung sollte ab November 2018 im neuen System GRUIS erfolgen (siehe "Projektinformation XII vom "). Die Produktivsetzung von GRUIS verzögerte sich allerdings bis Oktober 2019 (siehe "Projektinformation XX vom "). In der Zwischenzeit konnten bzw. durften diese Fälle nicht bearbeitet werden (siehe "Projektinformation XV vom "). Ab Oktober 2019 erfolgte die Bearbeitung stufenweise chronologisch, beginnend mit dem ältesten Stichtag. Der gegenständliche Fall wurde sodann 2021 bearbeitet.
Im Rahmen der Bearbeitung erlangte das Finanzamt erstmals Kenntnis von der Fertigstellung der Gebäude S-Str.
Der Antrag auf Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides wurde daher zu Recht abgewiesen."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Bescheid vom verfügte die belangte Behörde zu Einheitswertaktenzeichen EW-AZ die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BeWG zum . Der Einheitswertbescheid vom wurde aufgehoben und durch den Einheitswertbescheid zum (Art- und Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 BewG 1955) vom ersetzt.
Der Wiederaufnahmebescheid vom enthielt weder im Spruch noch in der Begründung einen Tatsachenkomplex, der als Wiederaufnahmegrund angesehen werden kann. Der bloße Hinweis auf die Aktenlage allein, ohne konkretisierende Angaben jener Gründe, die Anlass für die Wiederaufnahme des Verfahrens waren, kann nicht als Tatsachenkomplex iSd. § 303 BAO angesehen werden.
Die beschwerdeführende Partei beantragte die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides vom und führte als Aufhebungsgrund an, dass keiner der Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vorliegt.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage, welche in der Darstellung des Verfahrensablaufes wiedergegeben wurde.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
§ 299 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt."
Den Aufhebungsgrund bestimmt bei der Aufhebung auf Antrag die betroffene Partei. Sie gibt im Aufhebungsantrag an, aus welchen Gründen sie den Bescheid für inhaltlich rechtswidrig erachtet. Die Sache, über die in der Beschwerde gegen einen Bescheid, mit welchem der Aufhebungsantrag abgewiesen wird, zu entscheiden ist, wird bei der beantragten Aufhebung somit auch durch die Partei im Aufhebungsantrag festgelegt. Erweist sich ein mit Antrag geltend gemachter Aufhebungsgrund im Beschwerdeverfahren gegen den das Antragsbegehren abweisenden Bescheid als berechtigt, so hat das Verwaltungsgericht der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass der Bescheid, dessen Aufhebung beantragt wurde, aufgehoben wird (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall führt die beschwerdeführende Partei an: "Der Bescheid ist aufgrund von Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, da keiner der Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vorliegt." Demnach ist im Verfahren nach § 299 BAO zu prüfen, ob im Bescheid vom , mit dem die belangte Behörde zu Einheitswertaktenzeichen EW-AZ die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BeWG zum verfügt hat, überhaupt angeführt hat. Dies ist zu verneinen, da weder im Spruch, noch in der Begründung des Bescheides ein Wiederaufnahmsgrund auch nur angedeutet wurde. Es wurde lediglich auf die Aktenlage verwiesen, was ein allgemeiner unkonkreter Hinweis ist, aus dem in keiner Weise ersichtlich ist, welche Aktenlage die belangte Behörde dem Bescheid zu Grunde gelegt hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört der maßgebliche Wiederaufnahmstatbestand in den Spruch des Wiederaufnahmebescheides (vgl. ; ; ; ). Lässt der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen, so ist die Begründung als Auslegungsbehelf heranzuziehen. Diesfalls sind die Wiederaufnahmsgründe in der Begründung anzuführen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 307 Tz. 3). Dies ist notwendig, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ; ; , 0188) sich die Rechtsmittelbehörde bei der Erledigung der gegen die Verfügung der Wiederaufnahme gerichteten Rechtsmittels auf keine neuen Wiederaufnahmsgründe stützen kann. Die fehlende Angabe der Wiederaufnahmsgründe in der Begründung ist selbst in einer Beschwerdevorentscheidung nicht "nachholbar" (vgl BMF, AÖF 2006/192, Abschn 4; (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 307 Tz. 3). Daher ist auch der Versuch der belangten Behörde, im gegenständlichen Beschwerdeverfahren Wiederaufnahmegründe nachzuholen untauglich und ändert nichts daran, dass der Bescheid vom , mit dem die belangte Behörde zu Einheitswertaktenzeichen EW-AZ die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt hat, keine Wiederaufnahmegründe enthalten hat. Somit erweist der Spruch dieses Bescheides als nicht richtig, weil er keinen Wiederaufnahmegrund enthält und auch ein solcher nicht aus dessen Begründung erschließbar ist. Die Angabe eines Wiederaufnahmegrundes ist ein essentieller Bestandteil eines Wiederaufnahmebescheides, weshalb das gänzliche Fehlen einer derartigen Angabe allein schon zur Unrichtigkeit des Bescheides führt.
Der Aufhebungsantrag der beschwerdeführenden Partei ist somit berechtigt, sodass dem Beschwerdebegehren dahingehend zu folgen ist, dass der Bescheid vom , mit dem die belangte Behörde zu Einheitswertaktenzeichen EW-AZ die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BeWG zum verfügt hat, aufzuheben ist.
"Neue" Wiederaufnahmsgründe könnten nach der Aufhebung des Wiederaufnahmsbescheides mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes neuerlich zu einer Verfügung der Wiederaufnahme durch die Abgabenbehörde führen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 307 Tz. 3).
Gemäß § 307 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Eine explizite Aufhebung jener Bescheide, die auf Grund der Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens erlassen wurden, ist nicht erforderlich, da dieser Rechtszustand bereits mit der Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides vom ex lege eintritt. Das Mehrbegehren ist daher abzuweisen.
Die beschwerdeführende Partei beantragte die Entscheidung durch den gesamten Senat, sodass die Entscheidung durch den zuständigen Senat 6008-1 des Bundesfinanzgerichtes zu treffen ist.
Beim Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung handelt es sich jedoch um eine bedingte Prozesserklärung, welche unwirksam ist (vgl. ). Zudem kann nach der Rechtsprechung des EGMR und - ihm folgend - des VfGH eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl VfSlg 18.994/2010, VfSlg 19.632/2012, ). Da im gegenständlichen Fall lediglich eine Rechtsfrage in einer Sache, die keine besondere Komplexität aufweist, zu entscheiden war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Gericht der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war keine Rechtsfrage zu klären, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100471.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at