Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.02.2024, VH/7100014/2023

Verfahrenshilfeantrag wegen entschiedener Sache mit Beschluss zurückgewiesen, ausschließliches Vorliegen von nova reperta

Beachte

Revision eingebracht. Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/13/0052.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO des Antragstellers ASt, A-1, vertreten durch Haunschmidt & Partner Steuerberatungs GmbH, Julius-Tandler-Platz 6/21, 1090 Wien, vom betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes Wien 1/23 vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO beschlossen:

I. Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe vom wird wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Bescheid vom wurde der Antragsteller gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der gelöschten G-1 in Liqu. (damals G-2) für deren aushaftenden Abgaben zur Haftung herangezogen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, woraufhin der Antragsteller einen Vorlageantrag stellte. Nach Vorlage der Beschwerde wurde er vom Bundesfinanzgericht aufgefordert, einen Gleichbehandlungsnachweis vorzulegen.

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Am brachte der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO beim Bundesfinanzgericht ein und führte aus, beim gegenständlichen Rechtsmittelverfahren handle es sich um schwierige Fragen der Quotenberechnung in Bezug auf ein liquidiertes Unternehmen, sodass er fachlich nicht in der Lage sei, die Anfragen des BFG selbstständig zu beantworten. Weiters gab er an, dass er infolge der Covid-19 Maßnahmen keinerlei Geschäftsführerbezüge beziehen könne und nur mehr seine Alterspension in Höhe von lediglich monatlich ca. € 2.200,00 netto die einzige Einkunftsquelle sei.

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Mit Beschluss vom wies das Bundesfinanzgericht den Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe ab.

Das Bundesfinanzgericht bejahte einleitend, dass beim im Beschwerdefall durch den Antragsteller zu erbringenden Nachweis, keine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt zu haben, die gemäß § 292 Abs. 1 BAO für die Bewilligung von Verfahrenshilfe vorausgesetzten besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art vorliegen würden. Die Rechtsverfolgung könne auch nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos bezeichnet werden.

Zur Frage, ob der Antragsteller außerstande sei, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhalts zu bestreiten, führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, als "notwendiger" Unterhalt iSd § 292 Abs. 1 Z 1 BAO sei ein zwischen dem "notdürftigen" und dem "standesgemäßen" Unterhalt liegender anzusehen. Das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen des Antragstellers in Höhe von € 2.669,52 gehe sowohl über den geforderten "notwendigen" Unterhalt als auch über den "standesgemäßen" Unterhalt hinaus. Ihm stünde damit ein monatlicher Betrag in Höhe der Differenz zwischen seinen durchschnittlichen monatlichen Pensionseinkünften in Höhe von € 2.669,52 und dem notwendigen Unterhalt für die Tragung der Verfahrenskosten zur Verfügung.

Die von ihm angegebenen monatlichen Lebenshaltungskosten von € 1.137,00 könnten inklusive der Krankheitskosten von € 100,00 nicht berücksichtigt werden, weil diese bereits aus dem notwendigen Unterhalt zu bestreiten seien.

Sofern er aushaftende Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von € 15.000,00 gegenüber seiner Schwester und voraussichtliche Honorarverbindlichkeiten für seine steuerliche Vertretung von € 12.960,00 geltend mache, werde darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Darlehensschuld seiner Schwester gegenüber jegliche weiteren Angaben fehlen würden und auch nicht sicher sei, ob diese überhaupt bestünde.

Auch wenn aus dem monatlich dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Betrag und mangels vorhandenem Vermögen keine Einmalzahlung geleistet werden könne, sei es ihm seit Beginn des Verfahrens über die Haftung nach § 9 BAO - somit seit mehr als zwei Jahren - möglich gewesen, monatlich diesen Betrag anzusparen. Mit dem seit Beginn des Verfahrens anzusparenden Betrag hätten beide Verbindlichkeiten bereits fast vollständig getilgt werden können. Ebenso stehe es dem Antragsteller frei, für aushaftende Verbindlichkeiten eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen.

Überdies habe er im Jahr 2020 Überweisungen von € 3.000,00 und € 2.700,00 an die G-2 getätigt, ohne dass aus dem geführten Verrechnungskonto eine Verbindlichkeit des Antragstellers gegenüber dieser Gesellschaft ersichtlich sei.

Weiters stünden ihm die aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen im Veranstaltungsbereich ausbleibenden Geschäftsführerbezüge bei Aufhebung der Beschränkungen wieder zur Verfügung.

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Gegen diesen Beschluss richtete sich die Revision an den Verwaltungsgerichtshof vom , in der zur Zulässigkeit im Wesentlichen ausgeführt wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Ersparnisse während eines laufenden Rechtsmittelverfahrens anzulegen seien.

Weiters habe das Bundesfinanzgericht die monatlichen Fixkosten von € 1.000,00 nicht berücksichtigt, ebenso wie die bisher geleisteten Zahlungen an den steuerlichen Vertreter. Das Bundesfinanzgericht lasse offen, wie hoch die konkreten Ansparungsmöglichkeiten tatsächlich gewesen wären. Zur Frage, ob das Bundesfinanzgericht bei seiner Begründung hinsichtlich der Ansparungsmöglichkeiten nicht auch im Wege der Sachverhaltsermittlung zu klären habe, ob und welche Zahlungen bisher an den ausgewiesenen Vertreter bzw. an die Schwester des Antragstellers geleistet worden seien, fehle es ebenfalls an Rechtsprechung durch den Verwaltungsgerichtshof.

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Mit Beschluss vom , Ra 2021/13/0025, wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision zurück und führte begründend aus:

Zum Zulässigkeitsvorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Ersparnisse während eines laufenden Verfahrens anzulegen seien, sei zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof mit dem - nach Erhebung der vorliegenden Revision - erlassenen Erkenntnis vom , Ra 2019/13/0107, ausgesprochen habe, dass einem Verfahrenshilfewerber ab Beginn des Verfahrens die Bildung von Rücklagen zur Deckung der (voraussichtlich) anfallenden Verfahrenskosten zugemutet werden könne. Dass das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Beschluss von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, sei nicht erkennbar.

Das Bundesfinanzgericht habe sich - anders als der Revisionswerber vermeine - auch mit der Frage auseinandergesetzt, welche Ersparnisse er seit Beginn des Haftungsverfahrens hätte erzielen können. Das dazu erstmalig in der Revision erstattete Vorbringen, es seien bereits Kosten für die Vertretung im laufenden Haftungsverfahren angefallen und diese Kosten seien bei der Berechnung des möglichen Ansparbetrages zu berücksichtigen (siehe dazu erneut , wonach schon angefallene Kosten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Partei und damit auch ihre Fähigkeit zur Tragung der "Kosten der Führung des Verfahrens" beeinträchtigen könnten), verstoße gegen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aus § 41 erster Satz VwGG abzuleitende Neuerungsverbot und sei schon aus diesem Grund nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

Soweit sich der Revisionswerber gegen die fehlende Berücksichtigung seiner monatlichen Fixkosten von ca. € 1.000,00 wende, sei zu erwidern, dass Verfahrenshilfe insoweit zu bewilligen sei, als die Partei außerstande sei, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten (§ 292 Abs. 1 Z 1 BAO). Der notwendige Unterhalt werde in einer Weise ermittelt, dass er - auch unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles (etwa Gesundheitszustand des Antragstellers) - eine die Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidene Lebensführung gestatte (vgl. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2016). Die vom Revisionswerber angesprochenen Fixkosten (z.B. Miete) seien aber gerade jene Kosten, die zur Deckung der Bedürfnisse des Antragstellers erforderlich seien. Diese seien daher vom "notwendigen Unterhalt" umfasst, also - wie vom Bundesfinanzgericht zutreffend ausgeführt - aus dem insoweit ermittelten Betrag zu bestreiten und nicht zusätzlich zu berücksichtigen. Dass die Höhe des notwendigen Unterhalts - auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (hier etwa Krankheitskosten von € 100,00) - unzutreffend ermittelt worden wäre, werde im Zulässigkeitsvorbringen nicht behauptet.

Wenn die Revision mit dem sonstigen Zulässigkeitsvorbringen schließlich verschiedene Verfahrensmängel - wie etwa Ermittlungs-, Begründungs- und Feststellungsmängel - geltend mache, sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden müsse. Dies setze voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt würden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler sei in konkreter Weise darzulegen (vgl. , mwN).

Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Mangelhaftigkeit der Darlegungen des Bundesfinanzgerichts zur Nichtgefährdung des notwendigen Unterhaltes bei selbstständiger Kostentragung könne die Revision mit ihrem unsubstantiierten Vorbringen nicht aufzeigen.

In der Revision würden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision sei daher zurückzuweisen gewesen.

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Daraufhin wurde der Antragsteller mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom erneut ersucht, einen Gleichbehandlungsnachweis zu erbringen, wobei aufgrund der Änderung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/13/0067, dieser Nachweis nicht mehr nur zum jeweiligen Fälligkeitstag, sondern für jede Abgabe gesondert ab ihrem Fälligkeitstag bis zur Beendigung der Geschäftsführungstätigkeit am zu erbringen sei.

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Mit Eingabe vom ersuchte der Antragsteller erneut um Gewährung von Verfahrenshilfe und übermittelte als Nachweise den Bescheid über seinen Pensionsbezug der Jahre 2022 und 2023 sowie die Saldenliste für den Zeitraum 01-08/2023.

Wie sich daraus ergebe, habe er keinen Geldmittelfonds für die Vertretungskosten in der angeführten Beschwerdesache aufgrund des Verlustes seines nicht protokollierten Einzelunternehmens. Dieser resultiere daraus, dass er wegen der Corona-Pandemie noch immer keine entsprechenden Umsätze erzielen könne, denn der Betriebsgegenstand seiner gewerblichen Tätigkeit sei das Vermieten von Möbeln für private Feste und sonstige Veranstaltungen. Nach wie vor sei dieses Geschäft nur schleppend angesprungen, sodass er zwar hoffe, in Hinkunft wieder positive Ergebnisse zu erzielen, derzeit dies jedoch nicht der Fall sei.

Da er aber nunmehr binnen vier Wochen dem Vorhalt vom zu entsprechen habe, ersuche er daher, ihm Verfahrenshilfe zu gewähren und als Verfahrenshelfer Herrn Wirtschaftsprüfer und Steuerberater P-1, A-2, zu bestellen.

Es sei wohl auf der Hand liegend, dass er nicht über die Fachkenntnisse verfüge, um die vom BFG geforderten Berechnungen durchzuführen, weshalb die Beigebung eines Verfahrenshelfers unbedingt notwendig sei.

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Antragsteller um Bekanntgabe seiner wirtschaftlichen Verhältnisse anhand des beigelegten Fragebogens sowie um Vorlage von Auszügen seiner privaten und betrieblichen Bankkonten für den Zeitraum Jänner bis September 2023.

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In Beantwortung dieses Ersuchens überreichte der Antragsteller den ausgefüllten Fragebogen samt den angeforderten Kontoauszügen. Bezüglich seiner Schulden übermittelte er noch den Bescheid über die Pfändung seiner Pensionsbezüge vom , was den Abzug bei seinen Pensionsbezügen erkläre.

Er ersuche daher, wie bisher, um Gewährung der Verfahrenshilfe, da er nicht über die nötigen Finanzmittel verfüge, um die Kosten des Verfahrens, welche aufgrund der aktenkundigen Komplexheit des Verfahrens anfallen würden, zu tragen.

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Magistrat der Stadt Wien MA 6 Dezernat Rechnungswesen - Buchhaltungsabteilung 33 um Übermittlung des dem Pfändungsbescheid vom zugrundeliegenden Rückstandsausweises hinsichtlich eines damals vom Antragsteller geschuldeten Betrages von € 32.540,10 inklusive der jeweiligen Fälligkeiten der darin enthaltenen Abgaben sowie um Bekanntgabe des derzeit aushaftenden Rückstands.

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In Beantwortung des Ersuchens übermittelte der Magistrat der Stadt Wien am den Pfändungsbescheid und den Rückstandsausweis, weiters eine Aufstellung über die Rückstandsdetails und alle Drittschuldnerzahlungen. Da insgesamt € 12.565,58 überwiesen worden seien, betrage der Restrückstand somit € 19.974,52.

Der Rückstand habe sich wie folgt zusammengesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag in €
Kommunalsteuer
2010
4.419,09
Säumniszuschlag
88,38
Kommunalsteuer
2011
5.675,34
Säumniszuschlag
113,50
Kommunalsteuer
2012
7.657,21
Säumniszuschlag
153,14
Kommunalsteuer
2013
6.261,98
Säumniszuschlag
125,23
Kommunalsteuer
2014
4.566,21
Säumniszuschlag
91,32
Dienstgeberabgabe
2010
247,68
Dienstgeberabgabe
2011
272,88
Säumniszuschlag
5,45
Dienstgeberabgabe
2012
749,36
Säumniszuschlag
11,92
Dienstgeberabgabe
2013
980,00
Säumniszuschlag
19,60
Dienstgeberabgabe
2014
756,00
Säumniszuschlag
15,12
gesamt
32.209,41


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Mit Schreiben vom brachte das Bundesfinanzgericht dem Antragsteller zu Handen seines steuerlichen Vertreters den Schriftsatz des Magistrates der Stadt Wien samt Beilagen zur Kenntnis und räumte ihm Gelegenheit zu einer allfälligen Stellungnahme ein.

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Daraufhin teilte der steuerliche Vertreter am mit, dass das Vollmachtsverhältnis mit dem Antragsteller aufgelöst worden sei und daher auch der Antrag auf Bestellung des Steuerberaters P-1 zurückgezogen werde.

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Mit eMail vom teilte der Antragsteller mit, dass er seinem bisherigen Vertreter, Herrn P-1, bereits € 45.336,00 für Honorare bezahlt habe. Da er weitere Zahlungen in der von ihm verlangten Höhe nicht leisten könne, habe er das Vollmachtsverhältnis im Dezember 2023 aufgelöst. Sein Ersuchen um Aushändigung des Aktes habe sein bisheriger Vertreter abgelehnt. Er wäre nur bereit, gegen Bezahlung weiterer € 1.200,00 Kopien anzufertigen und seinem neuen Vertreter, Herrn P-2, zu übergeben.

Deshalb ersuche er um Akteneinsicht und Erlaubnis, den Akt bei Gericht kopieren zu dürfen.

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In Beantwortung des Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes vom , dass die Bundesabgabenordnung Anträge per eMail nicht zulasse, und des darin enthaltenen Ersuchens, seine derzeit aktuelle Adresse bekanntzugeben, übermittelte der Antragsteller die eMail mit Schreiben vom postalisch und ersuchte um Beantwortung des Antrages auf Akteneinsicht direkt an seinen nunmehrigen Vertreter. Er selbst sei derzeit bei seiner Tochter in Deutschland.

Das Schreiben des sei auch an P-1 gegangen, der es ihm weitergeleitet habe. Warum die Post es von seiner Anschrift mit dem Vermerk "verzogen" zurückgeschickt habe, sei dem Bf. nicht erklärlich. Er erteile bei Ortsabwesenheit einen Nachsendeauftrag und sollte die Post, wenn dieser aufrecht sei, weitergeschickt werden. Dass dies gelegentlich nicht passiere, habe er schon einmal erlebt.

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Daraufhin übermittelte das Bundesfinanzgericht am die Verfahrenshilfeakten in Kopie dem neuen Vertreter und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den bisherigen Beweiserhebungen.

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Mit Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter des Antragstellers zum Verfahrenshilfeantrag mit, dass die Erhebungen ergeben hätten, dass dieser tatsächlich nicht in der Lage sei, die Vertretungskosten in der gegenständlichen Beschwerdesache selbst zu tragen. Das ergebe sich aus dem Pensionsbescheid, vor allem aber auch aus den Angaben zu den Vermögensverhältnissen und dem Pfändungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien.

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In Beantwortung eines Ersuchens des Bundesfinanzgerichtes vom um Bekanntgabe der im Haftungsverfahren voraussichtlich anfallenden zukünftigen Kosten teilte der steuerliche Vertreter des Bf. mit Schreiben vom mit, dass er bei Erfüllung aller Arbeiten einen Zeitaufwand von mindestens 40 Stunden zu je € 250,00 habe. Somit sei mit einem Gesamtaufwand von mindestens netto € 10.000,00 zu rechnen.

Erwägungen

§ 292 BAO lautet auszugsweise:

(1) Auf Antrag einer Partei (§ 78) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,

1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und

2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.

(5) Offenbar aussichtslos ist eine Beschwerde insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei unbehebbarem Beweisnotstand. Bei einer nicht ganz entfernten Möglichkeit des Erfolges liegt keine Aussichtslosigkeit vor. Mutwillig ist eine Beschwerde dann, wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewusst ist oder bewusst sein muss.

Entschiedene Sache

Entschiedene Sache, also Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der in einem neuen Antrag liegt dann vor, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (zB ).

Im Abgabenverfahren sind neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig (sogenanntes Wiederholungsverbot). Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die bereits entschiedene Sache ident mit jener ist, deren Entscheidung im Wege des neuerlichen Antrages begehrt wird. Abgesehen von der Identität des Begehrens und der Partei (Parteien) muss Identität des anspruchserzeugenden Sachverhaltes gegeben sein, damit das Verfahrenshindernis der res iudicata vorliegt ().

Die materielle Rechtskraft eines Bescheides bewirkt u.a. das Hindernis der entschiedenen Sache und verbietet eine neuerliche Entscheidung in derselben Sache (vgl. etwa ; ; , und , sowie Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 234 f).

Im gegenständlichen Fall wurde über den Antrag vom auf Zuerkennung von Verfahrenshilfe bereits mit dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , VH/7100015/2020, (abweisend) entschieden. Darüber hinaus wurde die dagegen erhobene Revision vom Verwaltungsgerichtshof am , Ra 2021/13/0025, zurückgewiesen.

Es erhebt sich daher die Frage, ob hinsichtlich des neuerlichen Antrages auf Gewährung der Verfahrenshilfe das Hindernis der entschiedenen Sache vorliegt, somit ob der Antrag zurückzuweisen oder andernfalls darüber meritorisch zu entscheiden ist.

Zur Klärung dieser Rechtsfrage ist ausschlaggebend, ob nunmehr neue Tatsachen vorliegen, und wenn ja, ob diese bereits im Zeitpunkt der Entscheidung vom existent waren, aber erst später hervorkommen sind (nova reperta), oder erst danach entstanden sind (nova producta) (vgl. ), da nur bei ausschließlichem Vorliegen von nova reperta von einer entschiedenen Sache gesprochen werden kann.

Diese Rechtsauslegung ergibt sich aus der Rechtsprechung des VwGH zur Wiederaufnahme vom , 2009/11/0059:

"Nach dem die Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens betreffenden § 69 Abs. 1 Z 2 AVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) oder neu hervorgekommene Beweismittel - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (Hinweis auf 98/20/0467)."

Dazu sind die jeweils bekanntgegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gegenüber zu stellen:

  1. Höhe der Alterspension

Da die Pensionszahlungen (ohne Sonderzahlungen) von monatlich netto € 2.227,54 (12/2020) auf € 2.477,84 (10/2023, vor dem sonstigen Abzug aufgrund der Pfändung, siehe nächster Punkt) gestiegen sind, liegen keine Änderungen vor, die die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes als zweifelhaft erscheinen lassen.

  1. Pfändung

In diesem Zusammenhang war auch zu überprüfen, ob die bekanntgegebene Pensionskürzung von € 421,50 monatlich eine neue Tatsache darstellt, die den neuerlichen gegenständlichen Verfahrenshilfeantrag rechtfertigen könnte. Dazu ist festzustellen, dass diese auf dem Pfändungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom basiert, wonach der Antragsteller laut Auskunft der Behörde sowie laut dem vorgelegten Rückstandsausweis Kommunalsteuern, Dienstgeberabgaben und Säumniszuschläge der Jahre 2010-2014 in der Gesamthöhe von ursprünglich € 32.540,20 (nunmehr aushaftend € 19.974,52) schuldete.

Da sowohl die Entstehung der Steuerschuld als auch die Fälligkeit dieser Abgaben wie auch deren Feststellungen in der GPLA vom bereits lange vor dem ersten Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe vom bzw. der darüber ergangenen Entscheidung des , eintraten, handelt es sich bei diesen Pensionsabzügen um nova reperta.

  1. Ansprüche aus selbstständiger Erwerbstätigkeit

Da sowohl 2020 als auch im laufenden Jahr 2023 Verluste erwirtschaftet wurden, liegt keine Sachverhaltsänderung vor. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Verluste dem BFG im Zeitpunkt der Entscheidung 01/2021 mangels Bekanntgabe durch den Antragsteller und infolge erst am (2020) bzw. (2021) erfolgter Einkommensteuerveranlagungen nicht bekannt waren, da der Verlust 2020 eine bereits im Zeitpunkt der Entscheidung 01/2021 bestandene und nunmehr lediglich neu hervorgekommene Tatsache, somit ein novum repertum, darstellt.

  1. Geschäftskonto

Im 12/2020 übermittelten Vermögensnachweis wurde lediglich das bei der Bank eingerichtete Pensionskonto mit einem geringen Guthabensstand von € 95,13 (Saldo zum von € 2.591,14) gemeldet, nunmehr auch das Geschäftskonto (Saldo zum von € 584,79), obwohl dieses schon damals bestanden hat.

Von einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann daher nicht ausgegangen werden, zumal in beiden Fällen Bankverbindlichkeiten laut Bekanntgaben des Antragstellers nicht bestanden und vom Geschäftskonto im Zeitraum - seinem privaten Vermögen zuzurechnende Barauszahlungen in Höhe von insgesamt € 77.000,00 getätigt wurden.

  1. Mietrecht

Bereits vor der Anmeldung bei der Meldebehörde am verfügte der Antragsteller über eine Genossenschaftswohnung, die im Vorverfahren nicht gemeldet wurde, weshalb im Hinblick auf die am erlassene BFG-Entscheidung keine nova producta vorliegen. Im Übrigen ließe sich für ihn wegen des Vermögenswertes des Genossenschaftsanteiles ohnehin nichts gewinnen.

  1. Darlehen P-3

Da das seiner Schwester noch 12/2020 in Höhe von € 15.000,00 geschuldete Darlehen jetzt nicht mehr aushaftet, ist auch hier keine Änderung ersichtlich, die die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes als zweifelhaft erscheinen lässt, zumal durch den Wegfall dieser Verbindlichkeit sogar eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Antragstellers eingetreten ist. Darüber hinaus war anzunehmen, dass das Darlehen entweder nicht existierte oder der Bf. dieses tatsächlich tilgte, woraus sich aber erschließen würde, dass er über mehr liquide Mittel als angegeben verfügt.

  1. Kosten der Führung des Verfahrens

Auch bei den im Haftungsverfahren voraussichtlich anfallenden zukünftigen Kosten ist es zu keiner grundlegenden Änderung gekommen, wurden diese doch ursprünglich mit € 10.800,00 netto angegeben, hingegen nunmehr mit € 10.000,00 netto in ähnlicher Höhe.

Ergebnis

Da bei Gleichbleiben der Verhältnisse neuerliche Anträge wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind (zB ), war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:VH.7100014.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at