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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.02.2024, RV/6100265/2023

Aufhebung Bescheid zur Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens mangels ausreichender Konkretisierung der betroffenen Amtshandlung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens für die Amtshandlung vom zu Recht erkannt:

I.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FV 3 (Angelegenheiten der Abgabensicherung) und damit in die Zuteilungsgruppe 7007. Auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie der Gerichtsabteilung 7013 zur Entscheidung zugewiesen.

I. Verfahrensgang und Akteninhalt

Die vom Finanzamt Österreich (kurz FA) vorgelegte Beschwerde der Beschwerdeführerin (kurz Bf.), einer österreichischen Anwältin, vom lautet:

"ANTRAG
auf Aufhebung der Pfändung

(Bescheid-Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen vom zu Steuernummer ***## ###/####*** - Bescheid-Verfügungsverbot)
ANTRAG
auf Ratenzahlung

I.
Mir wurde am der Bescheid-Verfügungsverbot vom sowie am der Bescheid-Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahren vom zugestellt.

II.
1. Dagegen erhebe ich binnen offener Frist Beschwerde.

Ich habe die Rate im Dezember 2022, die ordnungsgemäß verfügt, bereits eingerichtete Überweisung, die Rate für Dezember 2022 krankheitsbedingt nicht genehmigen können bzw unverschuldet verabsäumt diese zu genehmigen.
Derzeit bin ich mit meinem Steuerberater dabei zu klären, weshalb die USt derart hoch ist.
Dies ist mir deshalb unerklärlich, da ich krankheitsbedingt vom bis sowie dann im Dezember 2022 ausgefallen bin. Die Leistungen bzw Zahlungseingänge waren in diesen Zeiträumen kurzfristig rückgängig und müsste damit einhergehend die USt-Schuld auf weniger lauten.

Ich habe die fehlende Zahlung für Dezember 2022 aufgrund der gewährten Ratenzahlung geleistet und stelle daher den

ANTRAG

  1. auf Einstellung der Pfändung

  2. auf Aufhebung des Verfügungsverbotes sowie

  3. auf ersatzlose Aufhebung der Pfändungsgebühren samt Auslagenersätze.

2. Zugleich stelle ich neuerlich den

ANTRAG

auf Genehmigung der Ratenzahlungen ä monatlich EUR 500,00."

Auf diese Beschwerde reagierte das Finanzamt Österreich (kurz FA) bislang nur mit der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom . Es sprach aus, dass die BVE bezüglich der Beschwerde gegen den Bescheid Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens vom ergeht, wies diese als unbegründet ab und begründete dies im Kern mit der Vermeidbarkeit des die Pfändung auslösenden Terminverlustes sowie dem Nichtvorliegen einer Einbringungshemmung iSd § 230 Abs. 5 BAO. Eine weitere BVE zu dieser Beschwerde existiert nicht.

Die Bf. reagierte darauf mit Schriftsatz vom , den sie am per Fax einbrachte. Dieser an das FA adressierte Schriftsatz enthält - neben dem hier relevanten und auf die angeführte BVE bezogenen Vorlageantrag (Punkt I und II) - eine große Anzahl weiterer Anträge, für die keine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes existiert (Aufhebung der Pfändung, Ratenzahlung, Beschwerde/Antrag auf Berichtigung gegen die BVE). Zur BVE findet sich weiters unter Punkt IV der Antrag auf ersatzlose Aufhebung der Pfändungsgebühren samt Auslagenersatz.

Unter Punkt III dieses Schriftsatzes finden sich die folgenden Ausführungen zur BVE mit der Bemerkung, diese würden aus anwaltlicher Vorsicht getätigt:

"Der Bescheid wird zur Gänze wegen Verfahrensmangel und Rechtswidrigkeit angefochten und dazu wie folgt ausgeführt:

1. Dagegen erhebe ich binnen offener Frist Beschwerde.
Ich habe die Rate im Dezember 2022, die ordnungsgemäß verfügt, bereits eingerichtete Überweisung, die Rate für Dezember 2022 krankheitsbedingt nicht genehmigen können bzw. unverschuldet verabsäumt diese zu genehmigen.
Derzeit bin ich mit meinem Steuerberater dabei zu klären, weshalb die USt derart hoch ist.
Dies ist mir deshalb unerklärlich, da ich krankheitsbedingt vom bis sowie dann im Dezember 2022 ausgefallen bin. Die Leistungen bzw. Zahlungseingänge waren in diesen Zeiträumen kurzfristig rückgängig und müsste damit einhergehend die USt-Schuld auf weniger lauten.

2. Auch wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin am einen Antrag gestellt hat. Wegen Voriiegen einer Nichtzahlung der Honorarnoten, dass der Betrag von EUR 34.570,40, welche von mir in dem Zeitraum von 2012 bis 2017 abgeführte 20 %ige USt in Höhe von EUR 34.570,40 mit meiner USt-Steuer-Schuld gegenzurechnen und beantragte die Überweisung der Gutschrift über den Restbetrag auf das Konto bei der Sparkasse Salzburg, […].
Eine Gutschrift von EUR 34.570,40 abzüglich der aushaftenden Steuerschuld, ergibt sich eine beträchtliche Gutschrift und wird gestellt der

Antrag

das Verfahren einzustellen."

Die Bf. führte weiter aus, sie habe die fehlende Zahlung für Dezember 2022 aufgrund der gewährten Ratenzahlung geleistet.

Das FA legte daraufhin diese Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vor. Im Vorlagebericht vom listete das Finanzamt unter dem Punkt "Folgende Bescheide sind angefochten" zweimal das folgende Feld auf:

Über Nachfrage des Bundesfinanzgerichts vom teilte das Finanzamt mit, dass sich der Vorlagebericht ausschließlich auf die Beschwerde vom gegen den zugleich übermittelten Bescheid vom betreffend die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens bezieht (siehe Sachverhalt).

Mit dem Vorlagebericht wurden zwei mit datierte Pfändungsbescheide und ein Rückstandsausweis vom selben Datum vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht konfrontierte die Bf. mit Beschluss vom mit diesen Tatsachen und forderte sie zur Stellungnahme auf. Sie reagierte darauf nur mit Mail vom , beantragte eine Fristverlängerung um 14 Tage sowie um die Angabe um welche Beschwerde und um welchen Bescheid es konkret geht. Das Bundesfinanzgericht erteilte diese Auskünfte mit Mail vom . Weitere Reaktionen der Bf. sind nicht aktenkundig.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Kern des Spruches des hier zu beurteilenden Bescheides lautet:

Die angesprochene Amtshandlung und die Ermittlung der Auslagenersätze wurden in diesem Bescheid nicht näher konkretisiert.

Am ergingen zwei Bescheide an zwei (vermeintliche) Schuldner der Bf., mit denen wegen eines Gesamtbetrages von EUR 5.395,95 (Abgabenschulden von EUR 5.334,37 zuzüglich eines nicht näher aufgegliederten Betrages für "Gebühren und Barauslagen" von EUR 61,58) die der Bf. "angeblich" gegen die ***Bank A*** und die ***Bank B*** zustehenden Forderungen in unbekannter Höhe gemäß § 65 AbgEO gepfändet wurden. Gepfändet wurden dabei Guthaben sämtlicher Konten bei diesen Geldinstituten, bei der Hauptanstalt, den Zweigniederlassungen und Filialen, insbesondere mehrere näher spezifizierte Kontonummern.

Die oben angesprochenen Abgabenschulden decken sich mit dem ebenfalls aktenkundigen Rückstand laut Rückstandsausweis vom , in dem die folgenden Abgabenschulden als vollstreckbar ausgewiesen wurden.

Aus dem Abgabenkonto ist ersichtlich, dass die mit vorgeschriebene Pfändungsgebühr und die Auslagenersätze darauf (nur) einmal belastet wurden.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

§ 26 AbgEO lautet:

(1) Der Abgabenschuldner hat für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:
a) Die Pfändungsgebühr anlässlich einer Pfändung im Ausmaß von
1% vom einzubringenden Abgabenbetrag; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.
b) Die Versteigerungsgebühr anlässlich einer Versteigerung (eines Verkaufes) im Ausmaß von 1½% vom einzubringenden Abgabenbetrag.
Das Mindestmaß dieser Gebühren beträgt 10 Euro.

(2) Die im Abs. 1 genannten Gebühren sind auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.

(3) Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Zu diesen zählen auch die Entlohnung der bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens verwendeten Hilfspersonen, wie Schätzleute und Verwahrer, ferner bei Durchführung der Versteigerung durch einen Versteigerer dessen Kosten sowie die Kosten der Überstellung.

(4) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 161/2005)

(5) Gebühren und Auslagenersätze werden mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).

(6) Im Falle einer Einstellung nach § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 2 oder § 16 Abs. 1 Z 2, 3, 4 oder 7 sind Gebührenfestsetzungen gemäß Abs. 1 und 3 aufzuheben.

Obwohl die Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig werden und gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden können, sind sie also mit Bescheid festzusetzen (§ 26 Abs. 5 erster Halbsatz AbgEO), wodurch dem die Möglichkeit der Anfechtung gegeben ist (Liebeg, AbgEO2, § 26 Rz 15).

Die Pfändungsgebühr ist eine Amtshandlungsgebühr (). Die Lösung der Frage, ob eine einheitliche oder aber mehrere gesonderte Pfändungsgebühren vorzuschreiben sind, hängt davon ab, ob lediglich eine Amtshandlung (Pfändung) oder aber mehrere Amtshandlungen (Pfändungen) vorzunehmen sind (vgl. auch ). Liegen mehrere Amtshandlungen vor, ist die Pfändungsgebühr für jede Amtshandlung getrennt vorzuschreiben (vgl. auch ).

Daraus folgt, dass im Bescheid über die Vorschreibung der Pfändungsgebühren anzugeben ist, welche Amtshandlung damit abgedeckt werden soll. Nur so ist gewährleistet, dass die Sache des Bescheides und damit in der Folge auch des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht ausreichend umrissen ist.
Der hier bekämpfte Bescheid verweist nur auf die "Amtshandlung vom ". Da an diesem Tag zwei Pfändungsbescheide erlassen wurden, ist nicht feststellbar, auf welche dieser beiden Amtshandlungen sich der strittige Bescheid bezieht.

Gem. § 279 Abs. 1 BAO hat das Bundesfinanzgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Änderungsbefugnis ("nach jeder Richtung") ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (; , 2012/15/0161; , Ra 2020/16/0137; , Ra 2018/16/0121).

Wie Ritz/Koran in BAO7, § 279 Rz 11 zutreffend aufzeigen, darf daher ein Erkenntnis nicht eine Abgabe erstmals (; , 96/15/0118; , 2010/17/0128; , 2010/17/0196; , Ra 2018/13/0048) oder eine andere Abgabe als jene des angefochtenen Bescheides vorschreiben (; , 2000/16/0317; , 2003/17/0017). In Gebührenbescheiden darf es etwa auch nicht den Gebührentatbestand austauschen ().

Die Änderungsbefugnis des Verwaltungsgerichts darf damit nicht zu einer Entscheidung führen, die nicht Sache (also Gegenstand des Verfahrens) vor der Abgabenbehörde war. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat ( mit weiteren Nachweisen).

Da sich der hier zu beurteilende Fall nur auf eine "Amtshandlung vom " bezieht, an diesem Tag vom FA aber mindestens zwei Amtshandlungen getätigt wurden, kann nicht geklärt werden, welche dieser beiden Maßnahmen gemeint ist. Dies wurde vom FA am heutigen Tag telefonisch bestätigt.

Ist die Sache eines Bescheides nicht oder so mangelhaft umschrieben, dass sie nicht mit Sicherheit feststellbar ist, so ist der Bescheid aufzuheben (so etwa auch ), was das FA nicht daran hindert, einen neuen Bescheid zu erlassen, in dem der die Abgabenvorschreibung auslösenden Sachverhalt bzw. auf den konkreten Fall bezogen die betroffene Amtshandlung ausreichend klar konkretisiert wird.

2.2. Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag ( mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100265.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at