Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.02.2024, RV/7104126/2023

1. kein Alleinerzieherabsetzbetrag 2. Unterhaltsabsetzbetrag für nachträgl. Unterhaltsleistungen vor AbgÄG 2022 3. halber Familienbonus Plus für 3 Kinder

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, St.Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Bei Einreichung der ArbeitnehmerInnenveranlagung 2020 beantragte der Bf. den Alleinerzie-herabsetzbetrag für drei Kinder, den gesamten Familienbonus Plus für das Kind ***Kind1***, da der Bf. auch die Familienbeihilfe für dieses Kind beziehe. Darüber hinaus beantragte der Bf. jeweils den halben Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3***, die nicht in seinem Haushalt und bei der Mutter der Kinder wohnen.

Mittels Vorhalt vom wurde der Bf. um Nachreichung von Unterlagen betreffend die beantragten Unterhaltsleistungen für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** abverlangt, wo mit Eingabe vom ausgeführt wurde, dass die Entscheidung zum Unterhalt der Kinder seit März 2019 ungeklärt und der nächste Verhandlungstermin am beim Bezirksgericht Donaustadt anberaumt sei. Als Nachweise seien der Zl. ***GZ3***, sowie die Ladung zum Verhandlungstermin für den vorgelegt worden.

In diesem Zusammenhang werde bekanntgegeben, dass das Kind ***Kind1*** zur Gänze und die Töchter, ***Kind2*** und ***Kind3***, in einem Ausmaß von 35% bis 40% im Haushalt des Bf. betreut werden. Zudem wurde erklärt, dass Unterhaltsleistungen geleistet werden, sobald eine gerichtliche Entscheidung vorhanden sei.

1. abweichende Veranlagung:

Im Zuge der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer 2020 wich das Finanzamt von der eingereichten Erklärung insoweit ab, als der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt wurde, da im Kalenderjahr 2020 für nicht mehr als 6 Monate Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag bestanden habe. Für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** seien der Unterhaltsabsetzbetrag und damit der halbe FamilienbonusPlus als Unterhaltszahler nicht berücksichtigt worden, da keine Unterlagen betreffend der Unterhaltszahlungen vorgelegt worden seien. Für das Kind ***Kind1*** sei ebenfalls kein Familienbonus Plus berücksichtigt worden.

Begründend wurde ausgeführt, mangels vorgelegter Nachweise haben der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus nicht berücksichtigt werden können. Darüber hinaus stehe der Alleinerzieherabsetzbetrag nur dann zu, wenn Alleinerziehende im Kalenderjahr für mehr als 6 Monate Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag haben. Dieser werde mit der Familienbeihilfe ausbezahlt.

2. Beschwerde vom :

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 erhob der Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte den Unterhaltsabsetzbetrag für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3***, den Familienbonus Plus je zur Hälfte für die Kinder ***Kind1***, ***Kind2*** und ***Kind3***, sowie den Alleinerzieherabsetzbetrag für das Kind ***Kind1***. Für das Kind ***Kind1*** habe der Bf. die alleinige Obsorge, deswegen beziehe der Bf. die Familienbeihilfe.

Begründend wurde ausgeführt, die Unterhaltshöhe sei gerichtlich ungeklärt. Entsprechende Nachweise dafür habe der Bf. seinem Schreiben mit Eingabe vom beigefügt. Bis zur gerichtlichen Klärung zahle die Mutter keinen Unterhalt an den Bf. als Vater für ***Kind1***, und der Bf. keinen Unterhalt für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** an die Mutter. Die Mutter sei unterhaltspflichtig für das Kind ***Kind1***, und der Bf. als Vater sei unterhaltspflichtig für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3***.

3. Beschwerdevorentscheidung vom :

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 teilweise Folge gegeben. Dabei wurden kein Unterhaltsabsetzbetrag und kein halber Familienbonus Plus für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** gewährt, da keine Unterhaltszahlungen nachgewiesen worden seien.

Für das Kind ***Kind1*** könne der Familienbonus Plus nur zur Hälfte berücksichtigt werden, weil für dieses Kind die andere Hälfte des Familienbonus Plus von der Familienbeihilfenbezieherin beantragt worden sei. Der Beschwerde sei daher teilweise stattzugeben.

Der Alleinerzieherabsetzbetrag könne nicht gewährt werden, da der Bf. nicht mehr als 6 Monate Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag habe. Dieser werde mit der Familienbeihilfe ausbezahlt.

4. Vorlageantrag vom :

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Ergänzend wurde vom Bf. ausgeführt, sein Sohn ***Kind1*** wohne seit ausschließlich in seinem Haushalt. Seine beiden Töchter, ***Kind2*** und ***Kind3***, betreue er annähernd zur Hälfte.

Die Feststellung der Unterhaltshöhe für die Jahre 2020 bis 2023 sei weiterhin strittig und es gebe vor Gericht keine letztgültige Entscheidung. Der Bf. hoffe, dass das Gericht bis spätestens Ende des Jahres 2023 eine endgültige Entscheidung über Unterhalt treffe. Es werde daher seitens des Bf. gebeten, bis zur Entscheidung des Gerichts die Möglichkeit der Bescheidänderung für die Jahre 2020 bis 2023 offen zu lassen.

Andernfalls werde gebeten, den Eltern in Erwartung der beiderseitigen Unterhaltsnachzahlungen den Familienbonus Plus für alle Kinder jeweils zur Hälfte zu teilen.

5. Eingabe vom :

Mit weiterer Eingabe vom reichte der Bf. das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen vom , Zl. ***GZ1***, wonach dem Rekurs des Bf. teilweise Folge gegeben, da der Rekurs teilweise berechtigt sei:

Begründend wurde ausgeführt, ab habe das Betreuungsverhältnis rund 39%:61% zugunsten der Mutter betragen; ab diesem Zeitpunkt erscheine eine Reduktion um 30% angemessen. Demnach würden sich nachstehende reduzierte Beträge ergeben:


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Ansprüche der ***Kind2***:
Ansprüche der ***Kind3***
von:
bis:
Betrag:
von:
bis:
Betrag:
300,00
250,00
300,00
250,00
315,00
260,00

Nach dem beigelegten Schreiben vom zahle der Bf. seiner Ex-Gattin in der Kalenderwoche 37 für das Jahr 2020 für ***Kind2*** und ***Kind3*** insgesamt EUR 7.452,67 (inkl. Zinsen).

Im Gegenzug überweise die Ex-Gattin für ***Kind1*** an Unterhalt in der Kalenderwoche 37 den Betrag von EUR 6.311,70 (inkl. Zinsen).

Nachdem ***Kind1*** nachweislich bis hauptsächlich von seiner Mutter betreut und sohin der Zeitraum bis in Bezug auf die Unterhaltsverpflichtung vom Bf. zu Handen der Ex-Gattin übernommen werden müsse, wäre der Abschluss dann nochmals vom Bf. mit der Unterhaltszahlung für ***Kind1*** für das Jahr 2020 (Zeitraum bis ) zu machen.

Unter Zugrundelegung der Bemessungsgrundlage im Jahre 2020 von EUR 2.639,89 und einer 17%igen Unterhaltsverpflichtung für ***Kind1*** habe der Bf. lt. Beschluss des Erstgerichtes einen monatlichen Unterhalt von EUR 447,00 zu bezahlen. Abzüglich des vom Rekursgericht zugestandenen Drittelabzuges, sohin des Betrages von EUR 149,00, errechne sich die monatliche Unterhaltsverpflichtung für ***Kind1*** iHv EUR 298,00. Dies ergebe für den Zeitraum von bis einen rückständigen Unterhaltsbetrag iHv EUR 1.192,00; dies zuzüglich Zinsen, welche entgegenkommender Weise lediglich bis Ende August 2023 berechnet werden, wenn die Angelegenheit so erledigt werden könnte.

Nach der beiliegenden Aufstellung habe es hinsichtlich des für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** zu leistenden Unterhalts die nachstehenden Abbuchungen (inkl. Zinsen) gegeben:


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Kind:
monatlich 1-11/2020:
monatlich 12/2020:
Jahres-
betrag:
tatsächl.
geleistet:
***Kind2***:
300,00
315,00
3.615,00
4.066,60
***Kind3***:
250,00
260,00
3.010,00
3.386,07

6. Vorlagebericht vom :

Nach den weiteren Ausführungen im Vorlagebericht vom werde seitens des Finanzamtes beantragt, den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag nicht zu gewähren. Des Weiteren werde beantragt, den Familienbonus Plus für das Kind ***Kind1*** für die Monate August bis Dezember 2020 zur Gänze zu berücksichtigen.

ad Alleinerzieherabsetzbetrag:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 sei Alleinerziehender jener Steuerpflichtige, der mit einem Kind gemäß § 106 Abs. 1 EStG mehr als 6 Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebe. Als Kind gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 gelten jene Kinder, für die mehr als sechs Monate ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 zustehe. Der Kinderabsetzbetrag stehe dann zu, wenn auch Familienbeihilfe zustehe. Der Kinderabsetzbetrag werde gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlt.

Im Kalenderjahr 2020 sei dem Bf. ausschließlich in den Monaten August bis Dezember für das Kind ***Kind1*** die Familienbeihilfe zuerkannt worden. Es sei demnach auch nur für diese 5 Monate der Kinderabsetzbetrag für ein Kind zugestanden. Da der Alleinerzieherabsetzbetrag auf das Vorhandensein eines Kindes im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 abstelle, sei für die Beurteilung des Alleinerzieherabsetzbetrages somit der Familienbeihilfenbezug maßgeblich (weil einhergehend mit dem Kinderabsetzbetrag).

Das Erfordernis um als Kind gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 zu gelten werde somit nicht erfüllt, weil der Kinderabsetzbetrag nicht mehr als sechs Monate zustehe. Dadurch folgend könne der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden.

ad Unterhaltsabsetzbetrag:
Im Kalenderjahr 2020 seien keine Unterhaltszahlungen geleistet worden. Mit den Unterlagen vom seien Zahlungen ausschließlich im Jahr 2023 nachgewiesen worden. Aufgrund des Abflussprinzips seien Zahlungen ausschließlich im Jahr der Zahlung zu berücksichtigen. Dies sei auch mit AbgÄG 2022 im § 33 Abs. 4 Z 3 lit. e EStG 1988 klargestellt worden. Mangels Zahlungen im Jahre 2020 könne der Unterhaltsabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden.

ad Familienbonus Plus:
Der Familienbonus Plus könne beim Unterhaltsverpflichteten nur für Monate beantragt werden, in denen der Unterhaltsabsetzbetrag zustehe.

Da dem Bf. mangels geleisteter Zahlungen kein Unterhaltsabsetzbetrag zustehe, könne für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** kein Familienbonus Plus berücksichtigt werden.

Für das Kind ***Kind1*** könne für die Monate Jänner bis Juli ebenfalls kein Familienbonus Plus berücksichtigt werden, weil der Bf. in diesen Monaten Unterhaltsverpflichteter gewesen sei, jedoch der Unterhaltsabsetzbetrag nicht zustehe. Für die Monate August bis Dezember könne der Familienbonus Plus als Familienbeihilfenbezieher jedoch zur Gänze berücksichtigt werden.

7. Eingabe vom :

Mit Vorhaltsbeantwortung vom wurde ausgeführt, dass der rückständige Unterhalt für das Kind ***Kind1*** von der Rechtsanwältin der Mutter der Kinder aufgrund des Beschlusses für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** wie folgt berechnet worden sei:


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Unterhalt für Kind ***Kind1***:
Betrag:
Zeitraum -:
3.162,41
Zeitraum -:
1.360,98
SUMME:
4.523,39

Der rückständige Unterhalt für das Kind ***Kind1*** im Gesamtbetrag von EUR 4.523,39 sei am auf das Konto der Mutter überwiesen worden.

Die weiteren rückständigen Beträge für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** seien vom Bf. am auf das Konto der Mutter überwiesen worden. Demnach seien für das Jahr 2020 die folgenden Unterhaltsbeträge vom Bf. mit 11. bzw. geleistet worden:


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Kind:
Zeitraum:
Betrag:
***Kind1***:
-:
1.360,98
***Kind2***:
-:
4.066,60
***Kind3***:
-:
3.386,07
SUMME:
8.813,65

Des Weiteren sei darauf zu verweisen, obgleich das Kind ***Kind1*** bereits ab im Haushalt des Bf. wohnte, sei dem Bf. die Familienbeihilfe erst ab bewilligt worden.

Der Vorhaltsbeantwortung vom wurde der Obsorgebeschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , Zl. ***GZ2***, beigelegt, aus dem sich ergibt, dass der Mutter ***Ehegattin*** gemäß § 181 Abs. 1 ABGB die Obsorge für das Kind ***Kind1*** entzogen und diese dem Bf. übertragen werde.

Nach der beiliegenden Kopie seien die Unterhaltsleistungen des Bf. für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** jeweils für 1-12/2020 im Gesamtbetrag von EUR 7.452,67 (d.s. EUR 4.066,60 für ***Kind2*** zuzüglich EUR 3.386,07 für Kind ***Kind3***) jeweils mit geleistet worden.

8. Eingabe vom :

Mit Eingabe vom wird hinsichtlich der Vorhaltsfrage, mit welchem Gerichtsbeschluss seien für das Kind ***Kind1*** die Unterhaltsleistungen für den Zeitraum 1-4/2020 endgültig herabgesetzt worden, da lt. Vergleich vom ursprünglich monatlich EUR 430,00 zu entrichten gewesen seien, diese ursprünglich ausgeführt:

Die Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages für das Kind ***Kind1*** sei über einen Vergleich der Rechtsanwälte und auf Grundlage des Gerichtsurteiles für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** erzielt worden. Die Rechtsanwältin der Mutter, RA Dr. ***, habe die Beträge in ihrem Schreiben vom berechnet und der Bf. habe diese Beträge auf das Konto der Mutter eingezahlt.

Anschließend sei das Verfahren durch wechselseitige Rücknahme der Anträge beendet worden - in diesem Zusammenhang werde auf den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen vom verwiesen.

Aus dem beiliegenden Schreiben der Rechtsanwältin der Mutter, RA Dr. ***, vom ergibt sich, dass der Sohn ***Kind1*** nachweislich bis von der Mutter betreut worden sei. Nach diesem Schreiben wären für den Sohn ***Kind1*** im Jahre 2020 vom Bf. Unterhaltsleistungen iHv EUR 1.360,98 zu entrichten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob dem Bf. der Alleinerzieherabsetzung für das bei ihm ab Mai 2020 wohnende Kind ***Kind1*** zusteht, wenn die Obsorge für dieses Kind mit Beschluss des Bezirksgerichts Wien-Donaustadt vom dem Bf. zugesprochen und die Familienbeihilfe vom Bf. für das Kind ***Kind1*** erst ab bezogen wird.

Des Weiteren ist strittig, ob und in welchem Ausmaß dem Bf. der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus für seine drei Kinder zusteht. Dies insbesondere, wenn die Unterhaltsleistungen für den Zeitraum 2020 und somit vor dem AbgÄG 2022 für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** - und anteilig für den Sohn ***Kind1*** - erst aufgrund der gerichtlichen Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen vom mit 11. und nachbezahlt wurden und es sich somit um Unterhaltsnachzahlungen in einem späteren Kalenderjahr handelt.

Im Zuge der im Jahre 2016 erfolgten Ehescheidung wurde zwischen den Ehepartnern, dem Bf. und seiner Ehegattin wurde die Obsorge für die Kinder des Bf., ***Kind1***, ***Kind3*** und ***Kind2***, zunächst seiner Ehegattin als Mutter zugesprochen. Seit ***Datum1*** ist die Ehegattin des Bf., ***Ehegattin***, nicht mehr am bisherigen Familienwohnsitz des Bf. polizeilich gemeldet.

Aufgrund des vor dem Bezirksgericht Wien-Donaustadt am , Zl. 38 Pu 64/17z-44, geschlossenen Vergleichs ist der Bf. zu monatlichen Unterhaltsleistungen für seinen Sohn ***Kind1*** iHv EUR 430,00, für seine Tochter ***Kind2*** von EUR 355,00 und für seine Tochter ***Kind3*** von EUR 315,00 verpflichtet.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wien Donaustadt vom wurde der Mutter die Obsorge für ihren Sohn ***Kind1*** entzogen diese dem Bf. als Vater übertragen. Der Sohn ***Kind1*** wohnt ab beim Bf. als seinen Vater. Ab wurde dem Bf. als Vater der Bezug der Familienbeihilfe zugesprochen.

Damit ist nach der Aktenlage die Mutter unterhaltspflichtig für den ab 5/2020 bei seinem Vater wohnenden Sohn ***Kind1***, und der Bf. ist unterhaltspflichtig für die bei der Mutter wohnenden Töchter ***Kind2*** und ***Kind3***.

Bei Einreichung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 beantragte der Bf. jeweils den halben FamilienbonusPlus für die Kinder ***Kind1***, ***Kind2*** und ***Kind3*** sowie den Unterhaltsabsetzbetrag für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3***, da das Kind ***Kind1*** zur Gänze beim Bf. lebe und dieser auch die Familienbeihilfe beziehe.

Im Zuge der Veranlagung des Bf. zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 wich das Finanzamt von der eingereichten Erklärung insoweit ab, als kein Alleinerzieherabsetzbetrag gewährt wurde, da dieser nur zustehe, wenn Alleinerziehende im Kalenderjahr für mehr als 6 Monate Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag haben.

Darüber hinaus wurden kein Unterhaltsabsetzbetrag für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** sowie kein halberFamilienbonus Plus für alle drei Kinder gewährt, da keine Nachweise betreffend geleistete Unterhaltszahlungen vorgelegt worden seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben, als lediglich der halbe Familienbonus Plus für das Kind ***Kind1*** gewährt wurde, weil für dieses Kind die andere Hälfte des Familienbonus Plus von der Mutter als Familienbeihilfenbezieherin beantragt worden sei.

Hingegen wurden mit Beschwerdevorentscheidung vom der Unterhaltsabsetzbetrag sowie der Familienbonus Plus für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** nicht gewährt, da keine Unterhaltszahlungen geflossen seien.

Sämtliche Kinder haben für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1 Alleinerzieherabsetzbetrag:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt

  1. bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

  2. bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten nach § 106 Abs. 1 EStG 1988 Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu.

Mit mindestens einem Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 bedeutet ferner, dass dem Alleinerzieher mindestens für sieben Monate (sechs Monate sind nicht ausreichend) ein Kinderabsetzbetrag zusteht (vgl. GZ. RV/0992-W/05; Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 33, Rz. 49, S. 89). Der Kinderabsetzbetrag ist an die Familienbeihilfe gekoppelt, allgemeine Voraussetzung für den Kinderabsetzbetrag ist einzig und allein das Vorliegen des Anspruches auf Familienbeihilfe für mehr als sechs Monate (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 33, Rz. 52).

Ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 grundsätzlich nur für haushaltszugehörige Kinder. Ein Kind gehört zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, § 33, II. Absetzbeträge, Rz. 20).

Für die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 muss demnach ein Kind im steuerlichen Sinne vorhanden sein, für das dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 zusteht (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, § 33, II. Absetzbeträge, Rz. 67). Der Anspruch auf Unterhaltsabsetzbetrag ist demnach nicht ausreichend (vgl. Zl. 2008/15/0213).

Ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe erfüllt sind oder nicht, bestimmt sich nach dem Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) - und unabhängig vom Zeitpunkt der behördlichen Beurteilung - nach den Verhältnissen im Anspruchszeitraum (vgl. Zl. 2005/13/0038).

Wird eine Familienbeihilfe rückwirkend gewährt, schlägt dies auch rückwirkend auf den Kinderabsetzbetrag durch (vgl. GZ. RV/0670-G/02). Dabei gilt (wegen Gesetzeslücke im EStG) zu § 10 Abs. 3 FLAG eine Frist von höchstens fünf Jahren (vgl. Zl. 2004/14/0106).

Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu berücksichtigen, dass dem Bf. erst mit Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , Zl. ***GZ2***, die Obsorge über den Sohn ***Kind1*** übertragen und der Bf. erst ab die Familienbeihilfe für den Sohn ***Kind1*** zugesprochen wurde. Der Umstand, dass der Sohn ***Kind1*** bereits ab dem Haushalt angehörte, reicht für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages nicht aus.

Demnach bestand kein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, da dem Bf. Familienbeihilfe für seinen Sohn ***Kind1*** nicht mehr als sechs Monate bezogen hat.

Die Beschwerde war in diesem Punkt somit als unbegründet abzuweisen.

2.2 Unterhaltsabsetzbetrag:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I 135/2022 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

  1. das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und

  2. für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Der Unterhaltsabsetzbetrag soll gesetzliche Unterhaltspflichten gegenüber nicht haushaltszugehörigen Kindern steuerlich berücksichtigen und setzt daher voraus, dass der Steuerpflichtige den gesetzlichen Unterhalt tatsächlich leistet. Da der Unterhaltsabsetzbetrag an die tatsächliche Leistung des Unterhalts geknüpft ist, steht er nur jener Person zu, die zur Leistung des Unterhalts gesetzlich verpflichtet ist (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, § 33, II. Absetzbeträge, Rz. 72f). Der gesetzliche Unterhalt ergibt sich dabei aus §§ 140ff ABGB.

Wird von geschiedenen Eltern eine gemeinsame Obsorge vereinbart, kann auch nur jener Elternteil den Unterhaltsabsetzbetrag geltend machen, bei dem sich das Kind nicht überwiegend aufhält und auch tatsächlich Alimente geleistet werden. So jeder Elternteil ein Kind überwiegend in seinem Haushalt betreut und für das andere Kind Alimente bezahlt, stehen bei solchen wechselseitigen Unterhaltsverpflichtungen nicht nur die Kinderabsetzbeträge, sondern auch die Unterhaltsabsetzbeträge jeweils zu ( Zl. 2003/13/0063; , Zl. 2001/15/0167; , Zl. 2008/15/0108). Es ist dann keine Kompensation der Unterhaltsverpflichtungen vorgesehen (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/ Zorn, EStG, § 33, Rz. 61 und 63).

Die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung ist gegebenenfalls durch schriftliche Unterlagen (Einzahlungsbelege, Empfangsbestätigung) des Empfangsberechtigten nachzuweisen. Der Steuerpflichtige hat diesbezüglich einen Zahlungsnachweis durch Vorlage schriftlicher Unterlagen zu erbringen (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, a.a.O., § 33, Rz. 78).

Bei einer Unterhaltsverpflichtung und -leistung für mehrere Kinder hat eine Beurteilung auf das einzelne Kind bezogen zu erfolgen (vgl. Zl. Ro 2015/13/0008).

Nachzahlungen sind in Zeiträumen vor dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl I 108/2022, dann zu berücksichtigen, wenn sie bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Veranlagungsbescheides geleistet und geltend gemacht werden (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 44 zu § 33; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Rz. 8 zu § 33 EStG). Demgemäß wurden 2007 getätigte nachträgliche Unterhaltszahlungen für das Jahr 2005 berücksichtigt, als die Rechtskraft des betreffenden Steuerbescheides noch nicht eingetreten war (vgl. GZ. RV/7103692/2015; GZ. RV/1006-L/10; -I/07).

In den der UFS-Entscheidung vom , GZ. RV/0626-I/07, zugrundeliegenden Fall wurden im Jahre 2007 getätigte Unterhaltsnachzahlungen für 2005 bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2005 berücksichtigt (vgl. GZ. RV/0626-I/07).

Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich des Unterhaltsabsetzbetrages für das Kind ***Kind1*** zu berücksichtigen, dass dieser im Zeitraum 1-4/2020 bei seiner Mutter und im Zeitraum ab beim Bf. als seinem Vater wohnhaft war, für den jedoch der Bf. erst ab 8/2020 die Familienbeihilfe für den Sohn ***Kind1*** zugesprochen wurde.

Für den Zeitraum 1-4/2020 einigten sich der Bf. und die Mutter letztlich auf vom Bf. monatlich zu entrichtenden Unterhaltsleistungen iHv EUR 340,25, welche vom Bf. mit entrichtet wurden. Im Zeitraum 8-12/2023 wurde dem Bf. aufgrund der Übertragung des Sorgerechts für das Kind ***Kind1*** der Bezug der Familienbeihilfe zugesprochen. Für das Kind ***Kind1*** kann daher der Unterhaltsabsetzbetrag für die Monate 1-4/2020 gewährt werden.

So im vorliegenden Fall jeweils der Unterhaltsabsetzbetrag für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** beantragt wurde und sich aufgrund des weiteren Vorhalteverfahrens ergibt, dass die Unterhaltsleistungen für die Kinder ***Kind2*** iHv EUR 4.066,60 und ***Kind3*** iHv EUR 3.386,07 mit und damit bis zur Rechtskraft des angefochtenen Bescheides entrichtet wurden, wird der Unterhaltsabsetzbetrag für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** gewährt.

So nach den Ausführungen des Finanzamtes nur bereits im Beschwerdezeitraum getätigte und keine in späteren Kalenderjahren geleisteten Unterhaltszahlungen berücksichtigt wurden, ist darauf zu verweisen, dass mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) insofern eine Änderung eintrat, als nach der Neufassung des § 34 Abs. 3 lit. e EStG 1988 idF BGBl I 194/2022 Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen sind.

Nach § 34 Abs. 4 Z 3 lit. e EStG 1988 in der ab geltenden Fassung, BGBl I 194/2022, können Unterhaltsnachzahlungen für den Unterhaltsabsetzbetrag in den Vorjahren nicht mehr berücksichtigt werden, sondern ausschließlich für den Unterhaltsabsetzbetrag im Jahr der Zahlung (vgl. ErlRV BlgNR XXVII. GP, 13; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, § 33, II. Absetzbeträge (§ 33 Abs. 2 bis 6), Rz. 78, S. 1721).

Der Beschwerde war in diesem Punkt Folge zu geben.

2.4 Familienbonus Plus:

Gemäß § 33 Abs. 3a Z 1 lit. a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus für jeden Kalendermonat bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, EUR 125,00 zu.

Nach § 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988 ist der Familienbonus Plus in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  1. Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  2. beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  1. Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  2. beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen.

Der Familienbonus Plus soll erwerbstätige Steuerpflichtige, die Kinder haben, und dadurch weniger leistungsfähiger sind als Kinderlose mit gleichem Einkommen, ab steuerlich entlasten. Damit soll dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem daraus abgeleiteten subjektiven Nettoprinzip, das eine Berücksichtigung zwangsläufiger privater, die Leistungsfähigkeit vermindernder Ausgaben verlangt, Rechnung getragen werden (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, 16. Auflage, § 33 II. Absetzbeträge, Rz. 30).

Nach § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht der Familienbonus Plus für ein Kind zu, für das Familienbeihilfe nach dem FLAG gewährt wird. Dieser Anspruch ist auf das einzelne Kind bezogen, wobei eine monatsweise Betrachtung gilt. Bei Beginn und Ende des Bezugs von Familienbeihilfe während eines Kalenderjahres steht daher der Familienbonus Plus nur für Kalendermonate zu, für die Familienbeihilfe bezogen wurde (vgl. Hilber in Hofstätter/Reichel, EStG, § 33, Rz. 18, S. 4; ErlVR 190 BlgNR XXVI. GP, S. 9).

Anspruchsberechtige für den Familienbonus Plus sind nach Z 3 u.a. der Familienbeihilfenberechtigte sowie der Unterhaltsverpflichtete, der für das Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet und dem ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht (vgl. Hilber in Hofstätter/Reichel, EStG, § 33, Rz. 45, S. 12).

Den Familienbonus Plus können der Familienbeihilfenberechtigte und/oder dessen Ehegattin so in Anspruch nehmen, dass entweder einer der beiden den vollen Familienbonus Plus oder beide Elternteile den Familienbonus Plus jeweils zur Hälfte beanspruchen. Das Wahlrecht für eine der beiden Varianten wird durch die Antragstellung in der Steuererklärung ausgeübt (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, § 33, Rz. 38).

Die Entscheidung, ob einer der beiden den ganzen Familienbonus Plus oder beide jeweils die Hälfte in Anspruch nehmen, kann aber nur für das ganze Jahr einheitlich getroffen werden. Ein unterjähriger monatsbezogener Wechsel der Aufteilung ist bei gleichbleibenden Verhältnissen nicht möglich. Gleichbleibende Verhältnisse liegen insbesondere dann vor, wenn sich während des Jahres an der familiären Situation nichts ändert (zB ganzjährig aufrechte Ehe bzw. Lebensgemeinschaft) (vgl. Hilber in Hofstätter/Reichel, EStG, § 33 Rz. 54, S. 14).

So im vorliegenden Fall jedoch mit Beschluss des Bezirksgerichts Wien-Donaustadt vom , Zl. ***GZ2***, der Mutter die Obsorge für ihren Sohn ***Kind1*** entzogen diese dem Bf. als Vater übertragen wurde, war jedoch eine entsprechende Änderung der familiären Verhältnisse gegeben.

Besteht zwischen den Elternteilen kein Einvernehmen über die Inanspruchnahme des Familienbonus Plus, dann haben beide Elternteile nur jeweils Anspruch auf den halben Familienbonus Plus. Das Gesetz sieht in diesem Zusammenhang für keinen der Anspruchsberechtigten eine Priorität vor, weshalb der Familienbeihilfenberechtigte und eine Person, der der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, gleichberechtigt sind. Der Anspruch eines Unterhaltsberechtigten verdrängt allerdings insoweit den Anspruch des Partners (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, § 33, Rz. 40).

Wird der Absetzbetrag bzw. Familienbonus Plus in einer Höhe beantragt, die den Höchstbetrag des Familienbonus Plus für ein Kind insgesamt überschreitet, da zB zwei Anspruchsberechtigte für ein Kind den gesamten Absetzbetrag beantragen, so ist ex lege jeweils die Hälfte des Absetzbetrages zu berücksichtigen. Die Beantragung in einer den Gesamtbetrag überschreitenden Höhe wird nach den ErlRV als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO behandelt (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, § 33 Rz. 40).

Die Hälfteaufteilung des Familienbonus Plus ist daher dann im Rahmen einer Pflichtveranlagung vorgesehen, wenn beide Elternteile den Familienbonus Plus insgesamt zu hohen Ausmaß beantragt haben.

Im vorliegenden Fall wurden vom Bf. hinsichtlich der bei der Mutter lebenden Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** für das Jahr 2020 die rückständigen Unterhaltsleistungen für das Jahr 2020 mit entrichtet, sodass nebst dem Unterhaltsabsetzbetrag der halbeFamilienbonus Plus für die Kinder ***Kind2*** und ***Kind3*** für das Jahr 2020 zu gewähren war.

Betreffend das Kind ***Kind1*** ist zu beachten, dass dieses für den Zeitraum 1-4/2020 bei der Mutter lebte und erst ab dem Haushalt des Bf. angehörte. Demgemäß leistete der Bf. für das Kind ***Kind1*** für den Zeitraum 1-4/2020 Unterhaltszahlungen an die Mutter. Zum Umstand, dass das Kind ***Kind1*** ab dem Haushalt seines Vaters angehörte, wird auf die Begründung des Zl. ***GZ3***, verwiesen.

Ab bezog der Bf., dem nunmehr das Sorgerecht für das Kind ***Kind1*** mit Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , Zl. ***GZ2***, zugesprochen wurde, auch die Familienbeihilfe für seinen Sohn ***Kind1***.

Dem Bf. wird daher der halbe Familienbonus Plus auch für das Kind ***Kind1*** für das Jahr 2020 gewährt.

Soweit jedoch die Ehegattin im Zuge ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer 2020 allenfalls den ganzen Familienbonus Plus für ihre Kinder ***Kind1***, ***Kind2*** und ***Kind3***, beantragt hatte, müsste diesen allenfalls mit einer anteiligen Rückzahlung des Familienbonus Plus rechnen, als die Berücksichtigung der Hälfte des Familienbonus Plus beim Bf. als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO anzusehen wäre.

Der halbe Familienbonus Plus wird demnach für das Jahr 2020 für die Kinder ***Kind1***, ***Kind2*** und ***Kind3*** gewährt.

2.5 rechnerische Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen:

Der gewährte Unterhaltsabsetzbetrag hinsichtlich der Kinder ***Kind1***, ***Kind2*** und ***Kind3*** wird für das Jahr 2020 demnach wie folgt ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Unterhaltsabsetzbetrag:
Betrag:
Monate:
Produkt:
Kind ***Kind2***:
29,20
12
350,40
Kind ***Kind3***:
43,80
12
525,60
Kind ***Kind1***:
58,40
4
233,60
SUMME:
1.109,60

Der weiters beantragte halbe Familienbonus Plus hinsichtlich der Kinder ***Kind1***, ***Kind2*** und ***Kind3*** beträgt wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Familienbonus PLUS:
Betrag:
Monate:
Produkt:
½ Familien
bonus Plus:
Kind ***Kind1***:
125,00
9
1.125,00
562,50
Kind ***Kind2***:
125,00
12
1.500,00
750,00
Kind ***Kind3***:
125,00
12
1.500,00
750,00
SUMME:
2.062,50

3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, als sich die Nichtberücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages aus dem eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 ergibt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe werden für das Jahr 2020 wie folgt ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung:
Betrag:
***1***:
33.319,57
Pauschbetrag für Werbungskosten:
- 132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte:
33.187,57
-
Sonderausgaben gemäß § 18 EStG:
- 730,00
Einkommen:
32.457,57
-
0% für die ersten 11.000,00:
-
20% für die weiteren 7.000,00:
1.400,00
35% für die weiteren 13.000,00:
4.550,00
42% für die restlichen:
612,18
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge:
6.562,18
Verkehrsabsetzbetrag:
- 400,00
Familienbonus Plus:
- 2.062,50
Unterhaltsabsetzbetrag:
- 1.109,60
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge:
2.990,08
-
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
-
0% für die ersten 620,00:
-
6% für die restlichen 5.004,38:
300,26
Einkommensteuer:
3.290,34
anrechenbare Lohnsteuer:
- 6.743,85
Differenz:
- 3.453,51
festgesetzte Einkommensteuer:
- 3.454,00

Wien, am

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