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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.03.2024, RV/7104173/2023

Einwendungen gegen den (nicht rechtskräftigen) Grundlagenbescheid in der Beschwerde gegen den abgeleiteten Bescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Corinna Engenhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurden bei der ***MV OG*** für das Jahr 2019 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 12.000, -- festgestellt und der Beschwerdeführerin als deren Gesellschafterin ein Anteil in Höhe von € 6.000, -- zugewiesen.

Aufgrund dieses Feststellungsbescheides wurde der Einkommensteuerbescheid der Beschwerdeführerin für das Jahr 2019 vom mit Bescheid vom dahingehend abgeändert, dass die der Beschwerdeführerin zugewiesenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wurden.

Gegen diesen abgeänderten Bescheid vom richtet sich vorliegende Beschwerde vom , in der zunächst begründend vorgebracht wurde, dass der Feststellungsbescheid, den die belangte Behörde als Grundlage der Abänderung herangezogen habe, nicht wirksam zugestellt worden sei und daher keine Wirksamkeit entfalten habe können.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde mit der Begründung, dass ein Rechtsmittel nur gegen den Feststellungsbescheid zulässig wäre, als unbegründet ab.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Weiters brachte die Beschwerdeführerin erneut vor, dass der angefochtene Bescheid nicht vom herangezogenen Feststellungsbescheid abgeleitet werden könne, da dieser mangels Zustellung weder wirksam geworden noch in Rechtskraft erwachsen sei. Zudem sei der angefochtene Bescheid auch deshalb unrichtig, weil er gegen das "gesetzliche Anonymitätsverbot" verstoße.

Mit ergänzendem Schriftsatz vom räumte die Beschwerdeführerin ein, dass sie aufgrund einer Verwechslung angenommen habe, dass sich der angefochtene Bescheid auf einen anderen Feststellungsbescheid (betreffend ihre Beteiligung an einer weiteren Gesellschaft) bezogen hätte. Den Feststellungsbescheid vom (betreffend ihre Beteiligung an der ***MV OG***) hätten "[sie]" (gemeint wohl: die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte als weiterer Gesellschafter der ***MV OG*** und deren Vertreter gemäß § 81 BAO) erhalten und dagegen sofort ein Rechtsmittel eingebracht. Die in diesem Feststellungsbescheid vorgenommene Aufteilung der Einkünfte sei jedoch unrichtig, da die Aufteilung zwischen den Gesellschaftern nicht jeweils zur Hälfte erfolgen hätte sollen, sondern vereinbart worden sei, dass sämtliche Einkünfte ihrem Ehegatten (und Mitgesellschafter) und der Beschwerdeführerin keine Einkünfte zuzuweisen seien.

Zudem führt die Beschwerdeführerin an, dass betreffend diesen Feststellungsbescheid ein Beschwerdeverfahren anhängig sei und er daher nicht als Grundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen werden könne. Der Grundlagenbescheid erscheine daher in diesem Sinne rechtlich und auch formal (aufgrund mangelhafter Zustellung) "inexistent". Das Finanzamt hätte keine gesetzeskonforme Zustellung nachweisen können. Eine Postwurfsendung stelle jedenfalls keine adäquate Form der Zustellung dar.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurden bei der ***MV OG*** für das Jahr 2019 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 12.000, -- festgestellt und der Beschwerdeführerin als deren Gesellschafterin ein Anteil in Höhe von € 6.000, -- zugewiesen.

Aufgrund dieses Feststellungsbescheides wurde der Einkommensteuerbescheid der Beschwerdeführerin für das Jahr 2019 vom mit Bescheid vom dahingehend abgeändert, dass die der Beschwerdeführerin zugewiesenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wurden.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts wurde der Feststellungsbescheid vom dem Ehegatten der Beschwerdeführerin als Vertreter der ***MV OG*** gemäß § 81 BAO wirksam zugestellt. Er enthält zudem einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 101 Abs. 3 BAO.

Auf dem angefochtenen Bescheid vom ist das "Finanzamt Österreich" als erlassende Behörde angegeben. Aus dem Erscheinungsbild des Bescheides ergibt sich, dass dieser mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt und das Vorbringen der Beschwerdeführerin.

Die Annahme, dass der Feststellungsbescheid vom wirksam zugestellt worden sei, beruht darauf, dass die Beschwerdeführerin selbst angibt, dass sie und ihr Ehegatte diesen Bescheid tatsächlich erhalten und dagegen Beschwerde erhoben hätten. In dieser Beschwerde (die dem Bundesfinanzgericht von der Beschwerdeführerin als Beilage zum ergänzenden Schriftsatz vom übermittelt wurde) wird zudem kein Zustellmangel geltend gemacht. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, dass per "Postwurfsendung" nicht adäquat zugestellt werden könne, kann dieses Vorbringen vom Bundesfinanzgericht nicht nachvollzogen werden. Postwurfsendungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie als Form einer massenhaften Zustellung identer Postsendungen in die Briefkästen der umfassten Haushalte eingeworfen werden, nicht- oder teiladressiert sind und vor allem Werbezwecken dienen. Da es sich sowohl beim Feststellungsbescheid vom als auch beim angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom um einzelne Schriftstücke handelt, die an die Beschwerdeführerin bzw. ihren Ehegatten und somit an einem bestimmten Adressaten gerichtet sind, kann deren Zustellung schon begrifflich keine Postwurfsendung darstellen.

Soweit sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen generell gegen die Zustellung durch die Post richten sollte, ist ihr zu entgegnen, dass die Zustellung abgabenbehördlicher Erledigungen gemäß § 3 Zustellgesetz durch einen Zustelldienst (wie die Post) vorgenommen werden kann und auch nicht zwingend mit Zustellnachweis (wie etwa RSa oder RSb) erfolgen muss.

Dass der angefochtene Bescheid mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde, ergibt sich aus seinem Erscheinungsbild. Es ist deutlich ersichtlich, dass der Bescheid unter Zuhilfenahme eines Textverarbeitungssystems und unter Verwendung von Textbausteinen erstellt wurde (vgl. ).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass aufgrund des betreffend den Feststellungsbescheid vom anhängigen Beschwerdeverfahrens dessen Feststellungen nicht als Grundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen werden können. Zudem sei die im Feststellungsbescheid vorgenommene Aufteilung der Einkünfte unrichtig. Weiters macht sie geltend, dass der Bescheid gegen das "gesetzliche Anonymitätsverbot" verstoße.

Soweit die Beschwerdeführerin rügt, dass der angefochtene Bescheid "anonym" erlassen worden sei, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass sie sich damit gegen den Umstand richtet, dass der Bescheid keine konkrete Person als Genehmigenden der Erledigung nennt bzw. keine Unterschrift enthält.

Gemäß § 96 Abs. 1 BAO müssen alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat, bzw. mit der Beglaubigung, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.

Gemäß § 96 Abs. 2 BAO bedürfen Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt.

Im gegenständlichen Fall wird im Kopf des angefochtenen Bescheids das "Finanzamt Österreich" als Behörde, der die Ausfertigung zuzurechnen ist, ausgewiesen. Der gegenständliche Bescheid wurde offensichtlich mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt und enthält keine Unterschrift oder Beglaubigung. Er gilt damit aufgrund von § 96 Abs. 2 BAO als durch den Leiter des Finanzamtes Österreichs genehmigt. Es mag der Beschwerdeführerin dahingehend zuzustimmen sein, dass dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden, wer (nicht entsprechend der gesetzlichen Fiktion des § 96 Abs. 2 BAO, sondern tatsächlich) die Erledigung genehmigt hat. Dieser Umstand entspricht jedoch - wie dargelegt - den gesetzlichen Vorgaben und belastet den angefochtenen Bescheid nicht mit einer Rechtswidrigkeit, die vom Bundesfinanzgericht aufzugreifen wäre.

In der gegenständlichen Beschwerde wird weiters vorgebracht, dass die im Feststellungsbescheid vorgenommene Aufteilung der festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unrichtig sei und dass die Feststellungen des Feststellungsbescheides, da gegen diesen eine Beschwerde anhängig ist, nicht als Grundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen hätten werden dürfen.

Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig ist, zugrunde gelegt.

Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er gemäß § 295 Abs. 1 BAO ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Abänderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

Gemäß § 252 Abs. 1 BAO können Bescheide, denen Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin steht der Umstand, dass hinsichtlich des Feststellungsbescheides ein Beschwerdeverfahren anhängig ist, einer Heranziehung der darin enthaltenen Feststellungen als Grundlage für den angefochtenen Bescheid nicht entgegen. § 192 BAO normiert ausdrücklich, dass auch in noch nicht rechtskräftigen Feststellungsbescheiden getroffene Feststellungen den von diesen abgeleiteten Bescheiden zugrunde zu legen sind. Zwar kann mit der Abänderung des abgeleiteten Bescheides gemäß § 295 Abs. 1 BAO zugewartet werden, bis der entsprechende Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist, der Steuerpflichtige hat jedoch keinen Rechtsanspruch darauf (vgl. ). Es bedarf auch keiner Begründung, wenn mit der entsprechenden Abänderung nicht bis zum Eintritt der Rechtskraft zugewartet wird (vgl. ).

Die von der Beschwerdeführerin als unrichtig monierte Aufteilung der Einkünfte wurde im Feststellungsbescheid vom vorgenommen und dieses Ergebnis dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt. Diese Einwendung gegen die Rechtsmäßigkeit des Feststellungsbescheids als Grundlagenbescheid des angefochtenen Bescheids kann im Beschwerdeverfahren gegen den Feststellungsbescheid vorgebracht werden. Es kann damit jedoch gemäß § 252 Abs. 1 BAO keine Rechtswidrigkeit des abgeleiteten Bescheides im gegenständlichen Beschwerdeverfahren begründet werden.

Es war daher aus den dargelegten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihren Schriftsätzen auch eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes im Beschwerdeverfahren betreffend den Feststellungsbescheid vom begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass Sache des gegenständlichen Verfahrens ausschließlich die Beschwerde gegen den Bescheid vom ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, dass auch die Feststellungen eines nicht rechtskräftigen Feststellungsbescheides als Grundlage für die Abänderung eines abgeleiteten Bescheides herangezogen werden können und kein Rechtsanspruch darauf besteht, dass die Abgabenbehörde gemäß § 295 Abs. 1 BAO mit der Abänderung zuwartet, bis der zugrundliegende Feststellungsbescheid rechtskräftig ist (vgl. ). Die Inhaltserfordernisse mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellter Bescheide und die Einschränkung der Einwendungen gegen abgeleitete Bescheide ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es liegt daher keine Rechtsfrage vor, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 96 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 96 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104173.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at