Außergewöhnliche Belastungen wegen eigener und fremder Behinderung auf Grund von Pflegegeldbezug
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Erstverfahren (RV/7102412/2021)
In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 wurden u.a. tatsächliche Kosten aufgrund einer Behinderung der Gattin in Höhe von 2.204,08 € als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Diese setzen sich zusammen aus Pflegeheimkosten, von denen das Pflegegeld bereits abgezogen wurde; Apothekerkosten; Kurkosten; und Fahrtkosten.
Mit Bescheid vom wurden die betreffend die Ehefrau geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen nur zum Teil berücksichtigt. Betreffend die Kosten des Pflegeheims wurde eine Haushaltsersparnis abgezogen. Betreffend Krankheitskosten (Apotheker-, Kurkosten und Fahrtkosten) wurde - zu den Kurkosten - ebenfalls eine Haushaltsersparnis abzogen. In Höhe der (gekürzten) Krankheitskosten wurde aber ein Selbstbehalt angesetzt, sodass sich die Krankheitskosten im Ergebnis nicht auswirkten.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde geltend gemacht, dass für die Pflegegeld beziehende Ehefrau neben den Pflegeheimkosten auch Krankheitskosten zur steuerlichen Berücksichtigung beantragt werden. Im angefochtenen Bescheid seien die Pflegeheimkosten der Ehefrau um eine Haushaltersparnis gekürzt worden, obwohl die Ehefrau im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer lebe und er schon bei seinen Pflegeheimkosten die Haushaltsersparnis in Abzug gebracht habe. Weiters seien die Krankheitskosten der Ehefrau mit der Begründung, dass kein vom Bundessozialamt bescheinigter Behindertengrad vorliege, steuerlich unberücksichtigt geblieben. Die Krankheitskosten stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Ehefrau. Damit seien die Krankheitskosten außergewöhnliche Belastungen, die ohne Abzug eines Selbstbehaltes steuerlich abzugsfähig seien.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom (nunmehr gerichtet an die Verlassenschaft) wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von behinderungsbedingten Kosten sei aber, dass diese in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stünden. Dies treffe auf die Kosten des Pflegeheims zu. Für die übrigen beantragten Kosten sei aber kein Nachweis dafür vorgelegt worden, dass diese Kosten durch die Behinderung bedingt seien. Diese Kosten könnten daher nur mit Selbstbehalt berücksichtigt werden.
Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgericht vom wurde ausgeführt, dass der verstorbene Antragsteller und dessen Ehefrau im Jahr 2016 in einem Wohnpark lebten. Das Bundessozialamt (Sozialministerium Service) habe für das Jahr 2016 nur für den verstorbenen Antragsteller einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 % übermittelt. Für dessen Ehefrau sei von einer dazu berufenen Stelle eine Behinderung weder festgestellt noch mitgeteilt worden. Sowohl der verstorbene Antragsteller als auch dessen Ehefrau hätten im Jahr 2016 Pflegegeld bezogen. Krankheitskosten der Ehefrau wurden nur als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt anerkannt.
Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts wurde Revision erhoben. Darin wurde geltend gemacht, dass die alleinige Zulassung der Bescheinigung einer Behinderung durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einem Beweisaufnahmeverbot und Beweisverwertungsverbot betreffend den hier vorliegenden Pflegegeldbescheid gleichkomme und § 166 BAO außer Kraft setze.
Mit Erkenntnis vom , Ra 2023/13/0016 hat der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Bundefinanzgerichts wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben und dazu ausgeführt (auszugsweise):
"Strittig ist im Revisionsverfahren lediglich, ob ein Selbstbehalt abzuziehen ist. Ob eine Behinderung vorliegt, ist […] gemäß § 166 BAO zu beurteilen. Als Beweismittel kommt somit alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Nach den unbestrittenen Sachverhaltsannahmen bezog die Ehefrau des Vaters des Revisionswerbers im Streitzeitraum Pflegegeld. Da das Pflegegeld nur dann gebührt, wenn auf Grund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder Sinnesbehinderung ein Betreuungs- und Hilfsbedarf besteht (§ 4 Abs. 1 Bundespflegegeldgesetz), indiziert der Bezug des Pflegegeldes das Vorliegen einer Behinderung, zumal auch nicht behauptet wird, dass das Pflegegeld von der Ehefrau zu Unrecht bezogen worden wäre.
Wäre aber davon auszugehen, dass eine Behinderung der Ehefrau des Vaters des Revisionswerbers vorlag, ist - wie bereits von der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung dargelegt - entscheidend, ob es sich um Mehraufwendungen "aus dem Titel der Behinderung" handelt. Es muss sich damit um Kosten handeln, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Betreffen die Kosten hingegen etwa die Behandlung von Krankheiten, die mit der Behinderung nicht in Zusammenhang stehen, so können sie nur nach Abzug des Selbstbehaltes berücksichtigt werden (vgl. ; , Ro 2016/13/0010, mwN; vgl. auch ).
Die zwischen den Verfahrensparteien strittige Frage, ob die geltend gemachten Kosten in einem derartigen Zusammenhang mit der Behinderung stehen, wurde vom Bundesfinanzgericht, das von einer anderen Rechtsansicht ausgegangen ist, nicht geprüft."
Fortgesetztes Verfahren
Auskunftsersuchen an die Pensionsversicherungsanstalt
Das Bundesfinanzgericht richtete ein Auskunftsersuchen an die Pensionsversicherungsanstalt und ersuchte um sämtliche Unterlagen, auf Grund derer das Pflegegeld gewährt wurde, zu übermitteln und bekannt zu geben, welche Behinderung(en) durch die Pensionsversicherungsanstalt festgestellt wurde(n).
In der Gesamtbeurteilung des ärztlichen Gutachtens zum Antrag auf Zuerkennen des Pflegegeldes ist festgehalten, dass auf Grund von Abnützungserscheinungen bzw der Hüft-TEP Einschränkungen bestehen und daher für manche Verrichtungen des täglichen Lebens Hilfe und Pflege benötigt werde, insbesondere im Haushalt, bei der Zubereitung warmer Mahlzeiten, bei der gründlichen Körperpflege und für die Begleitung bei Wegen außer Haus.
Mit Beschluss vom wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs ersucht, jene Angaben zu machen, die notwendig sind, um zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten im Zusammenhang mit der Behinderung stehen, wobei zunächst festzustellen ist, welche Behinderung vorliegt.
Mit Schreiben vom wurde durch die steuerliche Vertretung - per E-Mail - bekannt gegeben, dass im Patientenbrief vom (nach der Behandlung eines Oberschenkelhalsbruchs) auch Nahrungsergänzungsmittel verordnet wurden und alle Medikamente im Zusammenhang "mit dem Sturz am und seinen Folgen und damit im Zusammenhang mit ihrer Behinderung, welche ab Juli 2015 mit dem Bezug von Pflegegeld bescheinigt ist", stehen würden.
Zum Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt führt die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers aus, dass es bei der Prüfung der geltend gemachten Kosten darum gehe, festzustellen, in wieweit die Kosten mit den körperlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang stehen und nicht darum, welche Art der Behinderung vorliege.
Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer und seine Gattin lebten im Jahr 2016 im ***Ort1***, 1190 ***Ort1***. Die Wohnsitznahme im ***Ort1*** erfolgte im September 2015. Die dafür angefallenen Kosten (Appartmentkosten, Frühstückspension, Garagengebühr, Kabelfernsehen) betrugen € 19.706,40 für den Beschwerdeführer und € 2.455,88 (Aufpreis 2. Person, Frühstückspension) für die Gattin des Beschwerdeführers. Apothekenkosten wurden für den Beschwerdeführer in Höhe von € 210,05 und für die Gattin des Beschwerdeführers in Höhe von € 872,25 nachgewiesen, wobei Kosten in Höhe von € 191,80 auf Nahrungsergänzungs- bzw. Körperpflegeprodukte entfallen. Für die Gattin des Beschwerdeführers wurden zusätzlich Kurkosten in Höhe von € 461,25 sowie Fahrtkosten in Höhe von € 157,40 nachgewiesen.
Das Bundessozialamt (Sozialministerium Service) übermittelte für das Jahr 2016 für den Beschwerdeführer einen Grad der Behinderung in Höhe von 50%.
Sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Gattin bezogen im Jahr 2016 Pflegegeld. Am Lohnzettel des Beschwerdeführers ist ein Pflegegeld für 12 Monate in Höhe von € 3.480,-- angeführt.
Die Gattin des Beschwerdeführers ist auf Grund ihrer Abnützungserscheinungen bzw ihrer Hüft-TEP in ihrer Leistungsbreite eingeschränkt und daher in machen Verrichtungen des täglichen Lebens auf Hilfe und Pflege angewiesen.
Am Lohnzettel der Gattin des Beschwerdeführers ist ein Pflegegeld für 12 Monate in Höhe von € 1.782,70 angeführt. Abgesehen vom Pflegegeld hat die Gattin des Beschwerdeführers keine steuerpflichtigen Einkünfte bezogen.
Die Rechnung des ***Kurhaus*** vom im Ausmaß von € 64,35, die ebenfalls in den geltend gemachten Kurkosten der Gattin des Beschwerdeführers enthalten ist, enthält unter anderem Kosten für:
-) Briefmarke
-) Mineralwasser
-) Zeitungen / Zeitschriften
-) "Gästeauslagen"
-) "diverse Kursgebühren"
Im Kundenverkaufsnachweis der Apotheke sind für die Gattin des Beschwerdeführers unter anderem folgende Artikel angeführt:
-) Biogelat Cranberry
-) Meridol Mundspülung
-) Pure En B-Complex Plus Kp
-) Canal Glasfeile
-) Omni Biotic 6 Plv
Dabei handelt es sich entweder um Nahrungsergänzungsmittel oder um allgemeine Produkte der Körperpflege.
Mit Beschluss vom wurde die Verlassenschaft nach dem verstorbenen Beschwerdeführer dem Sohn, Herrn ***Erbe*** zur Gänze eingeantwortet.
Beweiswürdigung
Aus dem Zentralen Melderegister ist ersichtlich, dass der mittlerweile verstorbene Beschwerdeführer mit seiner Gattin seit September 2015 im ***Ort1*** wohnte. Aus den Abrechnungen des "***Ort1***" geht hervor, dass der Beschwerdeführer ein Appartement samt Garage, Kabelfernsehen und Frühstückspension angemietet hatte. Aus zusätzlichen Rechnungen, die an die Gattin des Beschwerdeführers gerichtet sind, geht hervor, dass ein "Aufpreis 2. Person" und "Frühstückspension" für die Gattin des Beschwerdeführers gesondert in Rechnung gestellt wurde. Für den Zeitraum 10.- erfolgte eine Gutschrift wegen Abwesenheit. Aus einer Rechnung der ***Kurhaus*** (die bereits im Erstverfahren vorgelegen hat) geht hervor, dass die Gattin des Beschwerdeführers sich im Zeitraum bis in dieser Kureinrichtung aufgehalten hatte. Die Kureinrichtung hat einerseits eine "Zuzahlung lt. Versicherung" in Höhe von € 369,90 und andererseits folgende Leistungen in Rechnung gestellt:
1 Briefmarke
1 Mineralwasser
5 Zeitungen / Zeitschriften
1 Zeitungen / Zeitschriften
Therapierechnung Rechnung Nr 943
Gästeauslagen
Apotheke
diverse Kursgebühren Vogelwanderung
Die geltend gemachten Kosten für Apothekenwaren wurden durch entsprechende "Kundenverkaufsnachweise" der ***Apotheke*** nachgewiesen. Aus dem Kundenverkaufsnachweis der Gattin des Beschwerdeführers geht hervor, dass unter anderem folgende Apothekenwaren "privat" bezahlt wurden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Biogelat Cranberry Uro Ft | 15,90 | |
16,30 | ||
16,30 | ||
16,30 | ||
16,30 | ||
16,30 | ||
Meridol Msp Lsg | 7,35 | |
7,35 | ||
Pure En B-Complex Plus Kp | 30,90 | |
Omni Biotic 6 Plv | 39,90 | |
Canal Glasfeile 4021 | 8,90 | |
Gesamt | 191,80 |
Abgesehen vom Produkt "Biogelat Cranberry Uro" sind diese Apothekenwaren nicht in der Aufzählung jener Medikamente genannt, die im Schreiben vom bei der Gattin des Beschwerdeführers als "krankheitsbedingt" bezeichnet wurden.
Ebenfalls vorgelegt wurde ein Schreiben eines Facharztes für Innere Medizin vom , aus dem hervorgeht, dass die Medikamente, die im Kundenverkaufsnachweis aufgezählt sind "aus ärztlicher Sicht in Zusammenhang mit den mir bekannten Vorerkrankungen der Patientin medizinisch notwendig und verschreibungspflichtig [sind]". Handschriftlich ergänzt wurde: "Ausnahme: Nahrungsergänzungsmittel"
Beim Produkt "Biogelat Cranberry Uro Forte" handelt es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel (vgl. https://www.vamida.at/biogelat-cranberry-uroforte-filmtabletten.html; ).
Die Fahrtkosten wurden durch Vorlage entsprechender Belege (Taxirechnungen) nachgewiesen, wobei vereinzelt auch der aufgesuchte Arzt genannt ist. Insofern besteht kein Grund, an diesen Angaben zu zweifeln.
Für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum übermittelte das Sozialministerium-Service folgende behinderungsrelevante Daten für den Beschwerdeführer an die Finanzverwaltung:
Für die Gattin des Beschwerdeführers liegt ein Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt vom vor. Darin wird ein Pflegebedarf von 74 Stunden pro Monat festgestellt. Als Diagnosen sind neben einer Hüft- und Schultergelenks-OP noch "Schwund der festen Knochenmasse, Vorhofflimmern, Bluthochdruck, Herzkranzgefäßerkrankung und allgemeine Schwäche" genannt. In der Gesamtbeurteilung, die zur Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 1 führte, heißt es, dass auf Grund von Abnützungserscheinungen bzw einer Hüftoperation es zu Einschränkungen komme und daher bei manchen Verrichtungen des täglichen Lebens , Hilfe und Pflege notwendig ist. Weder der Bluthochdruck noch ein Vorhofflimmern und schon gar nicht "plötzlich auftretende Bewusstlosigkeiten", die im Schreiben vom genannt sind, aber unter dem Punkt "Diagnose" im Gutachten nicht aufscheinen, sind in der Gesamtbeurteilung erwähnt. Auch die Implantierung eines Herzschrittmachers oder eine Niereninsuffizienz (siehe Schreiben vom ) sind im Gutachten vom mit keinem Wort erwähnt, obgleich man annehmen könnte, dass derartige Leiden für die Zuerkennung von Pflegegeld eine gewisse Relevanz haben. Solche Behinderungen konnten jedoch für das Jahr 2016 nicht festgestellt werden.
Im Abgabenverfahren vor dem BFG gilt weder generell der Unmittelbarkeitsgrundsatz (vgl. , mwN), sondern ist nach § 166 BAO alles zu würdigen, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Die Feststellungen zur Höhe des Pflegegeldes gründen sich auf die Eintragungen in den Lohnzetteln des Beschwerdeführers und seiner Gattin, in die Einsicht genommen wurde.
Zur Höhe der nachgewiesenen Apothekenkosten des Beschwerdeführers ist auf das Schreiben der steuerlichen Vertretung vom zu verweisen, in dessen "zu Punkt 1" angeführt ist, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten in Höhe von € 562,45 um einen Übertragungsfehler handelt.
Die Feststellung Einantwortung der Verlassenschaft gründet sich auf die Einsichtnahme in den Beschluss des Bezirksgerichts ***Ort*** vom zur Geschäftszahl ***GZ***.
Rechtslage
§ 34 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 lautet:
Außergewöhnliche Belastung
§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….…….6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….………………………..8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………........................10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..………………….……...12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt
- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
- für jedes Kind (§ 106).
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.
- Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.
- Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9.
- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:
1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.
3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.
(8) Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
(9) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
1. Die Betreuung betrifft
- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder
- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.
2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) des Kindes an.
Steuerfreie Zuschüsse, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b von Arbeitgebern geleistet werden, kürzen den Höchstbetrag von 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr nicht. Soweit Betreuungskosten durch Zuschüsse gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b abgedeckt sind, steht dem Steuerpflichtigen keine außergewöhnliche Belastung zu.
§ 35 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 lautet:
Behinderte
§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,
- durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(3) Es wird jährlich gewährt
bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von ein Freibetrag von Euro
25% bis 34% ..........................................................................................75
35% bis 44% ..........................................................................................99
45% bis 54% ........................................................................................243
55% bis 64% ........................................................................................294
65% bis 74% ........................................................................................363
75% bis 84% ........................................................................................435
85% bis 94% ........................................................................................507
ab 95% ................................................................................................726.
(4) Haben mehrere Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach Abs. 3, dann ist dieser Freibetrag im Verhältnis der Kostentragung aufzuteilen. Weist einer der Steuerpflichtigen seine höheren Mehraufwendungen nach, dann ist beim anderen Steuerpflichtigen der Freibetrag um die nachgewiesenen Mehraufwendungen zu kürzen.
(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).
(6) Bezieht ein Arbeitnehmer Arbeitslohn von zwei oder mehreren Arbeitgebern, steht der Freibetrag nur einmal zu.
(7) Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.
(8) Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat mit ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen dem zuständigen Finanzamt und dem Arbeitgeber, der Bezüge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung oder Ruhegenussbezüge einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1, 3 oder 4 auszahlt, die vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gespeicherten und für die Berücksichtigung von Freibeträgen im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 erforderlichen Daten elektronisch zu übermitteln. Die Übermittlung der genannten Daten ist auch hinsichtlich jener Personen zulässig, die einen Freibetrag im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 bereits beantragt haben. Die Datenübermittlung ersetzt für den betroffenen Steuerpflichtigen den Nachweis gemäß Abs. 2 und die Bescheinigung gemäß § 62 Z 10. Eine Verwendung dieser Daten darf nur zu diesem Zweck stattfinden. Daten, die nicht mehr benötigt werden, sind zu löschen.
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 lautet auszugsweise:
§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988), wenn dieser Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt, oder
- bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe-)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
§ 85 BAO lautet (auszugsweise):
A. Anbringen.
§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,
a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder
b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder
c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.
Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.
§ 166 BAO lautet:
Beweise.
a) Allgemeine Bestimmungen.
§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Rechtliche Beurteilung
§ 85 Abs 1 BAO behandelt Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen. Zur Erfüllung von Verpflichtungen gehören etwa das Abgeben von Erklärungen oder die Beantwortungen von Bedenkenvorhalten sowie die Beantwortung von Ergänzungsaufträgen und das Erteilen von Auskünften gem § 143 BAO (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 85 Anm 6).
Eine per E-Mail erstattete Eingabe fällt weder in den Anwendungsbereich des § 85 Abs. 1 und 2 BAO noch in den des § 86a Abs. 1 BAO (). Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen können im Bereich der BAO nicht mittels E-Mail eingebracht werden (). Der Beschwerdeführer bzw dessen Rechtsnachfolger wurde mit Beschluss vom aufgefordert, bestimmte Angaben zu machen und Beweismittel vorzulegen. Dieser Beschluss wurde durch Hinterlegung am zugestellt. Auch das Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt nachweislich zur Kenntnis gebracht. In beiden Fällen reagierte die Vertreterin des Beschwerdeführers jeweils mit einem E-Mail. Nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung kommt fällt eine per E-Mail erstattete Eingabe nicht in den Anwendungsbereich des § 85 BAO. Einer E-Mail kommt die Eigenschaft eines Anbringens oder einer Eingabe nicht zu (). Es handelt sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe (). Dies gilt auch für "Eingaben", die an das BFG übermittelt werden ().
Nach § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 EStG 1988 müssen die "Voraussetzungen des § 35 Abs. 1" vorliegen. Wie sich aus der Entwicklung dieser Bestimmung ergibt, sind damit lediglich die übrigen in § 35 Abs. 1 EStG 1988 genannten Voraussetzungen gemeint. Da sich Teilstrich 6 auf "Mehraufwendungen" bezieht, ist davon auszugehen, dass gerade der Bezug einer pflegebedingten Geldleistung Voraussetzung für die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten ohne Selbstbehalt nach dieser Bestimmung ist ().
Voraussetzung für die Berücksichtigung der Aufwendungen ohne Selbstbehalt ist zunächst, dass eine Behinderung des Ehepartners vorliegt (§ 35 Abs. 1 EStG 1988). Ein bestimmter Grad der Behinderung (oder Minderung der Erwerbsfähigkeit) ist insoweit nach dem Gesetz nicht erforderlich; Voraussetzung ist hingegen der Bezug einer pflegebedingten Geldleistung. Anders als betreffend den Freibetrag (§ 35 Abs. 3 EStG 1988) ist dazu auch nicht normiert, dass die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (nur) durch bestimmte amtliche Bescheinigungen nachgewiesen werden könnten (§ 35 Abs. 2 EStG 1988). Ob eine Behinderung vorliegt, ist demnach gemäß § 166 BAO zu beurteilen. Als Beweismittel kommt somit alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Da das Pflegegeld nur dann gebührt, wenn auf Grund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder Sinnesbehinderung ein Betreuungs- und Hilfsbedarf besteht (§ 4 Abs. 1 BPGG 1993), indiziert der Bezug des Pflegegeldes das Vorliegen einer Behinderung ().
Bei Mehraufwendungen "aus dem Titel der Behinderung" muss es sich um Kosten handeln, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Betreffen die Kosten hingegen etwa die Behandlung von Krankheiten, die mit der Behinderung nicht in Zusammenhang stehen, so können sie nur nach Abzug des Selbstbehaltes berücksichtigt werden (vgl. ; , Ro 2016/13/0010, mwN; ).
Wenn es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entscheidend darauf ankommt, "ob es sich um Mehraufwendungen ,aus dem Titel der Behinderung' handelt", muss nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zunächst geklärt sein, welche Behinderung vorliegt. Als Behinderung im Jahr 2016 konnten Gebrechen im Zusammenhang mit dem Bewegungsapparat festgestellt werden, die dazu führten, dass Pflege- und Betreuungsbedarf gegeben ist. Damit stehen neben den Kosten für den Wohnpark auch die Taxikosten im Zusammenhang mit der Behinderung.
Apothekenrechnungen:
Zu allgemeinen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen und damit nicht zu Krankheitskosten zählen Aufwendungen für allgemeine Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, funktionelle Lebensmittel ("functional food") oder Körperpflegeprodukte, außer die Verwendung ist im Einzelfall medizinisch indiziert (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Anm 78 "Krankheitskosten"). Eine solche medizinische Indizierung liegt jedoch bei den begehrten Nahrungsergänzungsmittel gerade nicht vor, zumal selbst jener Arzt, der die Bestätigung vom ausgestellt hatte, Nahrungsergänzungsmittel ausdrücklich (handschriftlich) ausgenommen hatte.
Die begehrten 872,25 € an Apothekenrechnungen für die Gattin des Beschwerdeführers waren um 191,80 € auf 680,45 € zu kürzen.
Darüber hinaus waren die beantragten Apothekenkosten des Beschwerdeführers auf die nachgewiesenen 210,05 € zu kürzen.
Haushaltsersparnis:
Aufwendungen für Verpflegung, die alle Steuerpflichtigen gleichermaßen treffen, sind nicht abzugsfähig (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Anm 23 und 78 "Kurkosten"). Kosten für die eigene Verpflegung sind typische Kosten der Lebensführung. Derartige Aufwendungen werden durch die tarifliche Steuerfreistellung des pauschalen Existenzminimums in § 33 Abs. 1 EStG 1988 berücksichtigt (). Selbst einem behinderten Steuerpflichtigen iSd § 35 EStG 1988, der - behinderungsbedingt - nicht mehr in der Lage ist, den Haushalt selbst zu führen und daher auf eine Betreuung, wie sie in einem Alters- oder Pflegeheim typisch ist, angewiesen ist, kann die tatsächlichen Kosten einer Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastung hinsichtlich der Verpflegung nur in dem Ausmaß geltend machen, soweit diese Kosten über die Haushaltsersparnis hinausgehen ().
Es trifft zwar zu, dass eine Aufspaltung der Heimkosten nicht erforderlich ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Kosten, die alle Steuerpflichtigen treffen, als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig wären. Es mag zwar verständlich sein, dass ein Garagenabstellplatz besser ist als ein allgemeiner Parkplatz am Straßenrand. Alleine durch die Verrechnung eines Garagenabstellplatzes durch das Alten-/Pflegeheim werden aus den Garagenkosten keine behinderungsbedingten Mehraufwendungen. Die 1.008 € Parkgebühren waren somit von den Heimkosten in Abzug zu bringen.
Aus den Abrechnungen des ***Ort1*** ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer neben den Appartementkosten auch Kosten für "Frühstückspension" in Höhe von € 4,884 in Rechnung gestellt wurden. Der Gattin des Beschwerdeführers wurde neben einem "Aufpreis 2. Person" für die Appartementnutzung ebenfalls die Kosten für "Frühstückspension" in Höhe von € 4,884 in Rechnung gestellt. Diese Kosten sind auch grundsätzlich anzuerkennen. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass bei krankheitsbedingter Unterbringung beider Ehegatten in einem Alten- und Pflegeheim für jeden der Ehegatten eine Haushaltsersparnis anzusetzen ist. Denn sie sind beide durch den Aufenthalt dort und die Aufgabe des gemeinsamen Haushalts um Verpflegungskosten entlastet. Die Kürzung der Aufwendungen für eine krankheitsbedingte Unterbringung eines Ehepaares in einem Pflegeheim lediglich um eine Haushaltsersparnis würde eine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung bewirken (zB BFH , VI R 22/16).
Lediglich aus den Rechnungen für die Gattin des Beschwerdeführers geht hervor, dass zB für die Tage des Kuraufenthalts vom ***Ort1*** eine Rückrechnung der zuvor in Rechnung gestellten Kosten für die Frühstückspension erfolgte. Insofern ist für diese Tage (insgesamt 22 Tage) auch keine Haushaltsersparnis aus den Kosten für das ***Ort1*** auszuscheiden. Die Heimkosten des Beschwerdeführers waren somit um € 235,44 (196,20 x 12; davon 1/10 - wie bereits vom Beschwerdeführer berücksichtigt), jene der Gattin des Beschwerdeführers um € 221,52 (zusätzlich) zu kürzen.
Gemäß § 65a Abs 5 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B-KUVG) haben Versicherte (Angehörige), die in einer Krankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation dient, eine Zuzahlung pro Verpflegungstag zu leisten. Diese Zuzahlungsbeträge sind einkommensabhängig, wobei für das Jahr 2016 der höchste Zuzahlungsbetrag € 18,90 ausmachen durfte (vgl § 7 VO BGBl II 417/2015).
Die Gattin des Beschwerdeführers war im Zeitraum bis im Kur- und Erholungsheim ***Kurhaus*** untergebracht. Aus der Rechnung vom ist ersichtlich, dass ein Zuzahlungsbetrag in Höhe von € 396,90 entrichtet wurde. Bei einem Aufenthalt von 21 Tagen entspricht dies einem Zuzahlungsbetrag pro Verpflegungstag in Höhe von € 18,90. Ausgaben für Verpflegung im Rahmen eines Aufenthalts in einer Rehabilitationseinrichtung stellen gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn sie nicht höher sind als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwachsen (, ). Für die Berechnung der Haushaltersparnis ist vom Wert der vollen freien Station gemäß der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge, BGBl. II Nr. 2001/416 idF BGBl. II 2008/468 auszugehen, die in § 1 den Wert der vollen freien Station mit 196,20 € monatlich bemisst. Bei einem Rehabilitationsaufenthalt beträgt die monatliche Haushaltsersparnis nach Ausscheiden der Kostenanteile für Wohnung mit 1/10, Beleuchtung und Strom mit 1/10, 156,96 € (= 8/10 von 196,20 €). Pro Tag ergibt sich somit eine Haushaltsersparnis von 5,23 € (= 156,96 € / 30). Während nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften die Kosten für Verpflegung pro Tag im Jahr 2016 mit € 18,90 angenommen werden, führt die Bewertung der Haushaltsersparnis mit den Ansätzen der SachbezugswertVO gerade einmal zu einem Wert in Höhe von € 5,23 und beträgt somit weniger als ein Drittel der Bewertung nach Sozialversicherungsrecht. Der Zuzahlungsbetrag in Höhe von € 396,90 ist somit um die Haushaltsersparnis in Höhe von € 109,83 zu kürzen.
Zusammengefasst ergeben sich außergewöhnliche Belastungen in folgender Höhe:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bf | Gattin Bf | |
Heimkosten | 19.706,40 | 2.495,88 |
- Garage | - 1.008,00 | |
- Haushaltsersparnis | - 235,44 | - 221,52 |
- Pflegegeld | - 3.480,00 | - 1.782,70 |
Apotheke | 210,05 | 680,45 |
Kur - Zuzahlung | 396,90 | |
- Haushaltsersparnis | - 109,83 | |
Taxi | 157,40 | |
15.193,01 | 1.616,58 | |
Gesamt | 16.809,59 |
Revisionszulassung
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102489.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at