Fluglizenzverlustversicherung eines Piloten; keine Werbungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Eckel & Steindl Steuerberatungspartnerschaft, Stockerauer Straße 92, 2100 Korneuburg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und 2020, Steuernummer ***BFStNr***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Einkommensteuer 2019 wird mit € 5.997,00, die Einkommensteuer 2020 mit € 9.577,00 festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben entsprechen den Beschwerdevorentscheidungen vom , deren Ausführungen einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit zwei Bescheiden vom setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer die Einkommensteuer 2019 und 2020 fest. Es handelte sich um amtswegig durchgeführte Arbeitnehmerveranlagungen, nachdem der Beschwerdeführer, der Einkünfte aus zwei Dienstverhältnissen bezog, zunächst keine Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht hatte.
Dagegen richtet sich die gegenständliche (infolge Fristhemmung gemäß § 245 Abs. 3 BAO rechtzeitige) Beschwerde vom , mit der die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 und 2020 nachgereicht wurden. Darin machte der Beschwerdeführer neben Sonderausgaben für eine Unfallversicherung und dem Unterhaltsabsetzbetrag verschiedene Werbungskosten, darunter auch Aufwendungen für eine Fluglizenzverlustversicherung geltend.
Mit zwei Beschwerdevorentscheidungen vom gab die belangte Behörde der Beschwerde insoweit Folge, als die (nachträglich) geltend gemachten Beträge - mit Ausnahme der Aufwendungen für die Fluglizenzverlustversicherung - berücksichtigt wurden. Begründend führte sie aus, dass diese Versicherung auch allgemeine Risiken der Privatsphäre (Krankheit oder Unfall, deren Ursache auch aus der privaten Lebensführung resultieren kann) abdeckt und die damit verbundenen Kosten Aufwendungen der privaten Lebensführung darstellen, sodass sie nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können.
Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer (wiederum infolge Fristhemmung gemäß § 245 Abs. 3 BAO rechtzeitig) Vorlageantrag gemäß § 264 BAO. Darin beantragte er, auch die Kosten für die Fluglizenzverlustversicherung zu berücksichtigen. Nachdem die belangte Behörde diese Versicherung der privaten Lebensführung zuordnete, mutmaßte der Beschwerdeführer, dass hier möglicherweise eine Verwechslung mit der (im Rahmen der Sonderausgaben geltend gemachten) privaten Unfallversicherung vorliegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist von Beruf Pilot und verfügt über eine Lizenzverlustversicherung für Berufs- und Linienpiloten mit einer Versicherungssumme von € 150.000,00. Diese Versicherung erbringt folgende Leistungen:
- 100 % der Versicherungssumme für dauernden Verlust der Lizenz als Luftfahrer aufgrund von Körperverletzung oder Krankheit,
- 2 % der Versicherungssumme pro Monat für vorübergehenden Verlust der Lizenz aufgrund von Körperverletzung oder Krankheit (längstens für 50 Monate),
- 33 1/3 % der Versicherungssumme vorab für dauernden Verlust der Lizenz aufgrund einer kritischen Krankheit (Lähmung, Blindheit, Taubheit, Alzheimer, Parkinson), wenn der Versicherte 30 Tage nach dieser Diagnose noch lebt,
- 50 % der Versicherungssumme nach Unfalltod (ab Besteigen bzw. bis zum Verlassen des Flugzeuges) während der Dienstzeit.
Die Aufwendungen für diese Versicherung betrugen im Jahr 2019 € 1.020,72 und im Jahr 2020 € 717,00.
Daneben hatte der Beschwerdeführer für die berufliche Nutzung seines Internetanschlusses im Jahr 2019 € 375,63 und im Jahr 2020 € 382,76, an Zinsen für einen Ausbildungskredit in beiden Jahren je € 199,57 und für ein Inserat in einer Jobbörse für Piloten im Jahr 2019 € 44,76 aufzuwenden. Er verfügt über eine private Unfallversicherung, für die er im Jahr 2019 € 621,96 und im Jahr 2020 € 645,00 an Prämien zu zahlen hatte. Letztlich hat der Beschwerdeführer für ein nicht haushaltszugehöriges Kind (geb. 2016) Unterhalt i.H.v. € 500,00 monatlich (sohin € 6.000,00 pro Jahr) geleistet.
2. Beweiswürdigung
Dass der Beschwerdeführer Pilot ist, hat er in den (mit der Beschwerde nachgereichten) Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung glaubhaft angegeben und wird dies von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen. Auch für das Gericht besteht demnach keinerlei Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Die Feststellungen zur Lizenzverlustversicherung gründen sich auf das (ebenfalls mit der Beschwerde vorgelegte) Schreiben der ***X*** Versicherung AG vom , in dem die Versicherungsleistungen dargestellt sind. Die Feststellungen zu den sonstigen Aufwendungen des Beschwerdeführers (Internet, Ausbildungskredit, Inserat, Unfallversicherung, Unterhalt) gründen sich auf die diesbezüglichen Angaben in den Abgabenerklärungen und die damit vorgelegten Beilagen. Auch die belangte Behörde hat diese Angaben als zutreffend erachtet und die Aufwendungen in den Beschwerdevorentscheidungen berücksichtigt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilw. Stattgabe)
Werbungskosten sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1988; Generalklausel).
Zu einer Lizenzverlustversicherung eines Piloten, die dann Leistungen erbringt, wenn der Versicherte seine Fluglizenz aufgrund von Krankheit oder Unfall dauernd oder vorübergehend verliert, wobei die Krankheit oder der Unfall auch in der privaten Lebensführung des Versicherten begründet sein kann, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die dafür zu entrichtenden Prämien keine Werbungskosten darstellen, da der Versicherungsschutz nicht ausschließlich rein berufsbedingte Risiken abdeckt, sondern sich auch auf allgemeine Risiken der Privatsphäre erstreckt. Bei einer derartigen Versicherung handelt es sich um eine freiwillige Personenversicherung, die - auch wenn eine gewisse berufliche Mitveranlassung vorliegt - der privaten Lebensführung i.S.d. § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 zuzurechnen ist (; so auch ; UFSG , RV/0288-G/03; ; vgl. auch ).
Auch im vorliegenden Fall verwirklicht der Verlust der Fluglizenz aufgrund von Körperverletzungen und Krankheiten jeglicher Art den Versicherungsfall (Fälle 1-3). Eine Einschränkung auf Körperverletzungen und Krankheiten, die sich als Verwirklichung eines typischen Berufsrisikos eines Piloten darstellen, besteht nicht, sodass auch allgemeine Risiken der Privatsphäre versichert sind. Lediglich der vierte Versicherungsfall (Unfalltod) ist auf Ereignisse während der Dienstzeit eingeschränkt, sodass insoweit eine gewisse berufliche Mitveranlassung der Versicherung vorliegt. Eine (nahezu) ausschließliche oder auch nur überwiegende berufliche Veranlassung ist darin jedoch nicht zu erkennen. Die Versicherungsprämien sind daher der privaten Lebensführung zuzurechnen und damit nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
Anzumerken ist, dass die Aufwendungen für die gegenständliche Versicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 grundsätzlich Sonderausgaben darstellen können. Ob dies hier zutrifft, kann jedoch dahingestellt bleiben, da der Gesamtbetrag der Einkünfte des Beschwerdeführers in beiden Veranlagungsjahren über € 60.000,00 liegt, sodass Sonderausgaben nur mit dem Pauschbetrag von € 60,00 zu berücksichtigen sind (§ 18 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988).
Der Beschwerde war daher - wie bereits in den Beschwerdevorentscheidungen - lediglich insoweit stattzugeben, als die übrigen in den nachgereichten Erklärungen geltend gemachten Aufwendungen (Internet, Ausbildungskredit, Inserat, Unterhalt) zuzuerkennen waren. Ob die Kosten für die Unfallversicherung als Sonderausgaben abzugsfähig sind, kann - ebenso wie bei der Lizenzverlustversicherung - im Hinblick darauf, dass Sonderausgaben im vorliegenden Fall nur mit dem Pauschbetrag zu berücksichtigen sind, dahingestellt bleiben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass Aufwendungen für eine Lizenzverlustversicherung eines Piloten nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind, ist durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt. Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung waren daher nicht zu lösen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100362.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at