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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2024, RV/7103640/2023

Kein Arbeitszimmer bei pandemiebedingter vorübergehender Schließung der Büroräumlichkeiten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Einkommensteuerbescheid 2021 wird gem. § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom geändert.

Bezüglich der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der festgesetzten Abgabe (Gutschrift) in Höhe von 165,00 €, welche einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden, wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) war im Streitjahr in einem Angestelltenverhältnis bei der ***2*** GmbH, einem im Bereich der Digitalisierung tätigen Unternehmen.

Das Unternehmen hatte bis August 2021 eine Büroanschrift im "co working Space", danach kam es im Zeitraum bis zur pandemiebedingten Schließung der Büroräumlichkeiten.

Im Zusammenhang mit ihren nichtselbständigen Einkünften aus dieser Tätigkeit wurde im Wege einer antragslosen Veranlagung im Einkommensteuerbescheid 2021 vom neben dem Werbungskostenpauschbetrag das Homeoffice-Pauschale in Höhe von 300,00 € in Abzug gebracht.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde und beantragte nachfolgende monatliche Wohnungskosten in Höhe von 60% der Gesamtaufwendungen für ein Arbeitszimmer (26m²) als Werbungskosten zu berücksichtigen, da sie bezogen auf das Streitjahr von September 2021 bis Dezember 2021 ausschließlich im Homeoffice tätig gewesen wäre:

  1. Miete: 309,66 €

  2. Strom: 46,60 €

  3. Gas: 87,60 €

  4. Internet: 34,90 €

  5. Versicherung: 15,77 €

Des Weiteren wäre eine Tastatur für den Heimarbeitsplatz in Höhe von 120,10 € angeschafft worden.

Am bestätigte der Arbeitgeber der Bf. schriftlich, dass er infolge der Corona Pandemie die Büroräumlichkeiten in Österreich schließen ließe, und die Bf. deshalb im besagten Zeitraum ausschließlich für ihn im Home-Office tätig gewesen wäre.

In einem Email vom gab die Bf. bekannt, dass die ***2*** GmbH seit dem wiederum in Österreich über Büroräumlichkeiten verfüge.

In der Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt aus, dass eine Anordnung eines Arbeitgebers, wie die vorübergehende Schließung von Büroräumlichkeiten, einen Raum im Wohnverband nicht zum Arbeitszimmer mache. Vielmehr müsse das Arbeitszimmer ausschließlich beruflich genutzt werden und den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstellen. Stellt der Arbeitgeber grundsätzlich ein Büro zur Verfügung und könne dieses nur vorübergehend wegen Corona nicht genutzt werden, dann seien die Kosten des Arbeitszimmers nicht absetzbar.

Von den geltend gemachten Ausgaben für die Tastatur wäre ein Privatanteil in Höhe von 40% in Abzug zu bringen gewesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. bezog im Streitjahr nichtselbständige Einkünfte aus einer Tätigkeit als Team Leader bei einem Unternehmen in der Digitalbranche. Das Unternehmen hatte bis August 2021 eine Büroanschrift im "co working Space", danach kam es vom bis zur pandemiebedingten Schließung der Büroräumlichkeiten.

Die Bf. arbeitete demnach im Streitjahr vier Monate im Home-Office, in einem Arbeitszimmer mit einer Wohnnutzfläche in Höhe von 26 m², in einer Wohnung mit einer Gesamtwohnnutzfläche im Ausmaß von ca. 106 m².

Im Angestelltendienstvertrag vom ist unter Pkt. 3.3. als Dienstort die Niederlassung des Dienstgebers in Wien genannt, bzw. vereinbart, an mehreren Dienstorten in ganz Österreich beispielsweise im Rahmen von Projekttätigkeiten die Leistung zu erbringen.

2. Beweiswürdigung

Diese unbestrittenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere aufgrund der über Vorhalt übermittelten Angaben der Bf., der Unterlagen betreffend Grundriss ihrer Wohnung und der schriftlichen Bestätigung ihres Arbeitgebers.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 idF BGBl. I. Nr. 118/2015, dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung, nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Strittig ist, ob das in Rede stehende und im Wohnungsverband der Bf. gelegene Arbeitszimmer, den Mittelpunkt der von ihr ausgeübten nicht selbständigen Tätigkeit ist. Die Bf. brachte dazu vor, dass ihr pandemiebedingt der Arbeitgeber seit dem , demnach für vier Monate im Streitjahr keine Büroräumlichkeiten zur Verfügung gestellt hatte, das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer aus diesem Grund zum Mittelpunkt ihrer Tätigkeit geworden wäre.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss das Arbeitszimmer für die Begründung der Abzugsfähigkeit den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen darstellen (vgl. , Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 20 Tz 104/4). Für diese Beurteilung, die aufgrund der in der fraglichen Besteuerungsperiode ausgeübten Tätigkeiten zu erfolgen hat, ist nach der Verkehrsauffassung das typische Berufsbild der jeweiligen Tätigkeit entscheidend (vgl. , , ).

Nach diesem Berufsbild und dem allgemeinen Grundsatz, dass bei Nichtselbständigen ein Arbeitszimmer nicht Tätigkeitsmittelpunkt ist, muss auch für die Bf. selbst unter den konkreten Umständen der vorübergehenden Ausübung der nichtselbständigen Tätigkeit in einem im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmer, dessen Notwendigkeit verneint werden. Denn eine vorübergehende Schließung von Büroräumlichkeiten vermag diesen Grundsatz und das typische Berufsbild, das Wesen der konkreten Tätigkeit nicht zu ändern (vgl. ).

Vor diesem Hintergrund ist bezogen auf das Jahr 2021, aber auch generell einkunftsquellenbezogen festzuhalten, dass infolge der lediglich vorübergehenden Nutzung des Arbeitszimmers eine Verlagerung des materiellen Schwerpunkts ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit ins häusliche Arbeitszimmer ab September 2021 verneint werden muss. Dies gilt für das Streitjahr schon deshalb, da der Bf. nur für vier Monate kein Büro außerhalb des Arbeitszimmers zur Verfügung gestanden ist.

Das der Bf. gewährte Homeoffice-Pauschale deckt in diesem Zusammenhang die allgemeinen Kosten der Homeoffice-Tätigkeit ab, insbesondere deshalb, da bei einem Arbeitnehmer allgemein die Voraussetzungen für ein steuerlich anerkanntes Arbeitszimmer nicht vorliegen.

Aus diesen Gründen war die Abzugsfähigkeit der in diesem Zusammenhang stehenden Kosten nicht gegeben und der angefochtene Einkommensteuerbescheid wurde im Umfang der Beschwerdevorentscheidung geändert. Dabei wurden die Kosten der Tatstatur für den Heimarbeitsplatz, wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung angeführt, im Rahmen des Werbungskostenpauschales berücksichtigt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgte in seinem Erkenntnis der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im Einzelfall bezogen auf den konkreten Sachverhalt war die Entscheidung daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at