Schätzung der Höhe der tatsächlich ausbezahlten Löhne
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Heumesser und Dipl. Ing. Thomas Hrdinka in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch fh-wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Linzer Straße 26, 3100 St.Pölten, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2015 bis 2018, sowie gegen den Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Lohnsteuer 2016 und 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Maria Stojaspal
I. a. beschlossen:
Der Vorlageantrag betreffend die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2015 wird gemäß § 256 Abs. 3 iVm § 264 Abs. 4 lit d BAO als gegenstandslos erklärt.
Damit gilt die Beschwerde gemäß § 264 Abs. 3 BAO wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt.
Das Beschwerdeverfahren wird insoweit eingestellt.
I. b. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2016 bis 2018, sowie gegen den Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Lohnsteuer 2016 und 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss und dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Außenprüfung:
Im Rahmen einer bei dem seit im Konkurs befindlichen Beschwerdeführer durchgeführten Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (GPLB) der Jahre 2013 bis 2018 wurden laut Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom in Verbindung mit der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom folgende Feststellungen getroffen:
1.1. Nachverrechnung von Löhnen diverser Dienstnehmer aufgrund erkannter Divergenzen von Lohnzahlungen laut Kalenderaufzeichnungen und Zahlungen laut Lohnkonten:
1.1.1. Betreffend ***A*** ***B***:
"***A*** ***B*** wurde ab mit Brutto/netto geringfügig für 10 Stunden/Woche zur Sozialversicherung angemeldet (N14). Laut Lohnkonto Euro 388,83. Laut vorgelegten Lohnkonten wurden bei o.a. Arbeitnehmer 397,93 abgerechnet und auch ausbezahlt.
Laut Kalenderaufzeichnungen hat Herr ***A*** ***B*** in den Monaten Jänner und Februar 2018 Zahlungen erhalten, welche in der vorgelegten Lohnverrechnung nicht aufscheinen.
Zahlungen Jänner 2018 in Summe 1.390,00 Euro und Februar 2018 Euro 2.100,00 Euro. Diese Grundlagen werden nachversteuert."
1.1.2. Betreffend ***A*** ***C***:
"Laut Kalenderaufzeichnungen vom Jänner 2018 erhielt Herr ***A*** ***C*** Netto 1.600,00 (Am 7. Euro 400,00 am Euro 400,00, am Euro 400,00 und am auch Euro 400,00). Auf dem vorgelegten Lohnkonto sind jedoch nur 1.220,66 (brutto 1.535,00) ausgewiesen. Daraus errechnet sich eine Betragsdifferenz von monatlich Euro 379,34 netto, bzw. eine prozentuelle Differenz von 23,71% als nicht abgerechneter Fehlbetrag. Netto Euro 1.600,00 ergibt brutto Euro 2.220,69. Die Differenz beträgt daher Euro 685,69 brutto, die darauf entfallende monatliche Lohnsteuer 218,30. Die aus diesem Titel festzusetzende monatliche Lohnsteuer beträgt daher EUR 166,75."
1.1.3. Betreffend Frau ***A*** ***D***:
"Laut Kalenderaufzeichnungen vom Jänner und Februar 2018 erhielt Frau ***A*** ***D*** netto 2.000,00 monatlich (Am Euro 500,00 am Euro 500,00, am Euro 500,00 und am auch Euro 500,00). Laut vorgelegten Lohnkonto Jänner 2018 wurden jedoch nur 79,60 Euro brutto für eine geringfügige Tätigkeit im Ausmaß von 2 Stunden abgerechnet. Daraus errechnet sich Betragsdifferenz von monatlich Euro 1.920,40 netto, bzw. eine prozentuelle Differenz von 241,2% als nicht abgerechneter Fehlbetrag. Netto Euro 2.000,00 ergibt brutto Euro 2.972,26. Die aus diesem Titel festzusetzende monatliche Lohnsteuer beträgt 433,69
Für Februar 2018 (Auszahlungen am 4.2. 500,00 am 18.2. 500,00, 25.2. 500,00 und am 4.3. 500,00) sind ebenfalls 2.000,00 Euro an Frau ***A*** ***D*** ausbezahlt worden. Die Berechnung erfolgt analog zum Jänner 2018.
Die aus diesem Titel festzusetzende monatliche Lohnsteuer beträgt ebenfalls EUR 433,69. Auf die monatlich unterschriebenen Gehaltsabrechnungen wird verwiesen."
1.1.4. Betreffend ***E*** ***F***:
"Laut Kalenderaufzeichnungen von Jänner und Februar 2018 erhielt ***E*** ***F*** vom Arbeitgeber am Euro 115,00 netto, am 200,00 netto, am Euro 150,00 netto und am 150,00 netto somit insgesamt für Jänner 2018 Euro 615,00. Daraus errechnet sich ein Bruttobetrag iHv. 724,55. Laut Lohnkonto und Gehaltsabrechnung wurden jedoch lediglich Euro 397,93 abgerechnet. Differenz: 35,29 %.
Im Februar 2018 gelangten laut Kalenderaufzeichnungen am Euro 125, 00 am Euro 150,00, am Euro 150,00 und am Euro 150,00, insgesamt somit Euro 575,00 netto, zur Auszahlung. Das ergibt eine prozentuelle Differenz zur Gehaltsabrechnung für den Februar 2018 von 30,79%, bzw. brutto Euro 677,43.
Für Jänner und Februar 2018 insgesamt somit Euro 1.401,98."
1.1.5. Betreffend ***G*** ***H***:
"Auf Kalenderaufzeichnungen 2015 zumindest mit Monat 11/2015 und auch laufend wurden für Herrn ***G*** ***H*** monatlich EUR 1.800,00 in Teilbeträgen ausbezahlt. Der Sachverhalt ist dem Arbeitgeber bekannt und wurde auch im Rahmen der bereits abgeschlossenen Betriebsprüfung gewürdigt.
Ein diesbezügliches Ergänzungsersuchen mit der Bitte diesen Sachverhalt zu klären und sämtliche dazu vorliegenden Unterlagen vorzulegen, wurde mit RSb am zugestellt.
Weder im Zuge der ursprünglich gesetzten Frist () noch bis dato wurde dazu Stellung bezogen, bzw. die noch abverlangten Unterlagen übermittelt. In Ermangelung vorliegender Beweise sind in der Folge die an ***G*** ***H*** zugeflossenen Bezüge im Rahmen der laufenden Prüfung der Pflichtversicherung zu unterziehen und Lohnsteuer samt Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag festzusetzen. Auf Basis des ausbezahlten Nettobezuges iHv monatlich Euro 1.800,00 errechnet sich ein monatlicher Bruttobetrag iHv EUR 2.772,45. Die daraus resultierenden Abgabenbeträge und Beiträge sind den folgenden tabellarischen Darstellungen zu entnehmen."
1.2. Sachbezug für KFZ Nutzung:
"Herr ***A*** ***I*** erklärte in der Niederschrift vom , aufgenommen durch die Finanzpolizei, dass die Firmenfahrzeuge von allen Familienmitgliedern genutzt werden (Onkel, Vater und ***A*** ***I***). Auch Herr ***J*** ***K*** (Dienstnehmer) erklärte niederschriftlich, dass der "VW Bus vom Chef, ***A*** ***X***, oder von seinem Neffen, ***A*** ***I***, gefahren wurde, bzw. wird. Fahrtenbücher wurden oder werden nicht geführt. Eine Kontrolle einer eventuellen privaten Nutzung durch den Arbeitgeber erfolgt(e) nicht.
Im Zuge einer Vorsprache überreichte der Steuerberater doch noch Fahrtenbücher. Darunter auch ein Fahrtenbuch in dem Herr ***I*** ***A*** als Fahrer aufscheint. Der Inhalt der Fahrtenbücher ist mangelhaft. So wurden weder Abfahr- und Ankunftszeiten, noch der Zweck der Fahrten vermerkt. Die Kilometerstände stimmen nicht mit jenen der Gutachten der Überprüfungen gem. § 57 KFG überein. Auch wurden Fahrten zu Tankstellen und Werkstätten nicht eingetragen. Die vorgelegten Fahrtenbücher sind im Hinblick auf die aufgezeigten Mängel weder geeignet eine ausschließliche betriebliche, noch eine untergeordnete private Nutzung zu beweisen.
Auf am Tag der Kontrolle durch die Finanzpolizei () aufgenommen Fotos ist erkennbar, dass es sich bei diesem Fahrzeug um kein Spezialfahrzeug handelt.
Für die private Nutzung des VW Buses mit dem Kennzeichen ***1*** ist auf Basis der Bestimmungen des § 15 EStG 1988 und der hierzu ergangenen Sachbezugswerteverordnung (s. § 4 leg.cit. über die Bewertung bestimmter Sachbezüge BGBl. II Nr. 416/2001 idF BGBl II Nr. 395/2015) ab (Anmeldung) ein monatlicher Sachbezug iHv Euro 593,98 zuzurechnen und gleichmäßig auf die genannten Dienstnehmer ***A*** ***C*** und ***A*** ***I*** zu verteilen (VW Bus Bj 2006 KZ ***1*** Anschaffungswert Eurotax EUR 29.699,00, Anmeldung ).
Die Bemessungsgrundlagen und die darauf entfallenden Lohnabgaben sind den angeschlossenen Beilagen zu entnehmen."
1.3. Schätzung gemäß § 184 Bundesabgabenordung, für Löhne/Gehälter wegen fehlender Arbeitszeitaufzeichnungen gemäß Arbeitszeitgesetz:
"Bei einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am gaben die dort angetroffenen Mitarbeiter zu Protokoll, dass es Aufzeichnungen zu den Arbeitszeiten gäbe, und dass sie auch Überstunden durch Zeitausgleich abgegolten bekommen hätten.
Im Zuge der laufenden Prüfung der Lohnabgaben wurden keine den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes entsprechenden Arbeitszeitaufzeichnungen geführt, bzw. vollständig vorgelegt.
Die Vorlage von nachträglich erstellten Arbeitszeitbestätigungen, in denen die Dienstnehmer bestätigen, dass sie per Saldo nicht mehr als die "vereinbarte" Arbeitszeit gearbeitet hätten, ist nicht ausreichend, da selbst bei fixen Dienstplänen Abweichungen davon festzuhalten, und zu dokumentieren sind.
Die Kopien der Niederschriften wurden, wie oben angeführt, dem Abzugsverpflichteten und dem Steuerberater in Zuge einer Akteneinsicht beim Finanzamt ausgefolgt.
Herr ***A*** ***X*** gab an, dass die Familienangehörigen zur Sozialversicherung angemeldet wurden, und abweichend von den Öffnungszeiten (in ***3*** 7.30 bis 18:00, in ***4*** von 7:30 bis 19:00 Uhr, jeweils durchgehend) teilweise bereits ab 5 Uhr morgens mit der Arbeit begonnen wurde, bzw. wird. Am Eingang der Filiale in ***4*** an der Donau, bzw. im Internet (Google, Facebook, etc.) sind die Öffnungszeiten von 07:30 bis 19:00 Uhr durchgehend von Montag bis Samstag ausgeschildert. Der in den Googlediensten gelisteten Stoßzeitenstatistik ist zu entnehmen, dass das Geschäft regelmäßig auch zwischen 17 und 19 Uhr besucht ist, - an Montagen und Freitagen sogar relativ gut.
Herr ***I*** ***A*** arbeitet von Montag bis Samstag jeweils 8 Stunden in der Zeit von 07:00 bis 16:00 Uhr. Arbeitszeiten hat er nur einige Monate lang aufgeschrieben.
Herr ***A*** ***C*** erklärte in der Niederschrift, dass er von Montag bis Freitag jeweils von 08:00 bis 17:00 Uhr abzüglich einer Mittagspause von einer Stunde arbeitet.
Herr ***A*** ***B*** erklärte in der Niederschrift vom dass er von Montag bis Freitag von 07:00 Uhr bis 09:00 Uhr arbeitet.
Den der Prüfung vorliegenden Kassendaten ist zu entnehmen, dass an beiden Standorten auch nach 16:00 Uhr, bzw. nach 17:00 Uhr Einnahmen getätigt werden. Da der Unternehmer selbst nur an einem der beiden Standorte selbst anwesend sein kann, muss an Zeiten nach 16, bzw. nach 17 Uhr und an den Samstagen zumindest eine zusätzliche Arbeitskraft zur Verfügung gestanden haben muss.
Für den Fall, dass der Unternehmer selbst zu diesen Zeiten alternierend in ***4*** und in ***3*** tätig war, muss an Werktagen durchschnittlich für 2,25 Stunden und an Samstagen durchschnittlich für 10,75 Stunden eine zusätzliche Arbeitskraft zur Verfügung gestanden haben.
Zumindest ab dem Tag der Neueröffnung der Filiale ***4*** () zusätzlich zur Filiale ***3*** sind folgende bisher nicht abgerechnete Arbeitszeiten im Rahmen der Prüfung der Lohnabgaben abzurechnen:
Montag bis Freitag für 2,25 Fehlstunden pro Tag x 4,33 entspricht pro Monat 48,70 nicht abgerechneter Stunden.
Samstag für 10,75 Fehlstunden x 4,33 entspricht pro Monat 46,5 nicht abgerechnete Stunden.
Das sind zusammen gerundet monatlich 95 Stunden nicht abgerechneter Arbeitszeit.
Der Stundenlohn laut Kollektivvertrag Arbeiter Kategorie 2 Hilfsarbeiter beträgt EUR 8,89 brutto x 95 Stunden ergibt gerundet EUR 845,00 monatlich, zzgl. eines Überstundenzuschlages zumindest in Höhe von 50% (EUR 422,27). Das ergibt eine monatliche Bemessung von Euro 1.267,25 und für das Jahr 2015 Euro 2.534,5 Euro.
2016 beträgt der kollektivvertragliche Stundenlohn 9,03 x 95 Stunden + 50% Überstundenzuschlag ergeben EUR 1.286,77 monatlichen Fehlbetrag und eine jährliche Hinzurechnung von Euro 15.440,88.
2017 beträgt der kollektivvertragliche Stundenlohn 9,15 x 95 Stunden + 50% Überstundenzuschlag ergeben EUR 1.303,87 monatlicher Fehlbetrag und eine jährliche Hinzurechnung von EUR 15.646,44.
Auf die hinzuzurechnenden Löhne wird auf Basis der vorgelegten Lohnkonten und den bisherigen Feststellungen (s.o. Sachbezugswerte) gem. § 86 Abs. 2 EStG 1988 ein durchschnittlicher pauschaler Steuersatz in Höhe von 24,5% angewandt.
2018 wurden bereits Zurechnungen aufgrund der Kalenderaufzeichnungen Jänner und Februar 2018 durchgeführt, weswegen für diese Zeiträume von einer weiteren Zurechnung Abstand genommen wird.
Da weder Aufzeichnungen zur jeweiligen Tätigkeit, noch über deren tatsächliche Dauer vorgelegt wurden, erfolgt die Zurechnung an jene Mitarbeiter welche in der Lohnstufe A1 gemeldet waren."
Der Prüfer übermittelte am mit E-Mail Terminvorschläge für die Schlussbesprechung an den Masseverwalter und die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers. Vorgeschlagen wurde der 16. und der , ersucht wurde um Bestätigung eines dieser Termine bis zum . Der E-Mail beiliegend übermittelt wurde das Dokument "Besprechungsunterlage PLB per ", das - wie auch in der E-Mail angeführt - die Besprechungsgrundlage/Feststellungen für die Schlussbesprechung enthielt.
Mit Beschluss des [Gericht] vom wurde der Konkurs nach rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsplans aufgehoben.
Erst am wurde postalisch die Vorladung zur Schussbesprechung der gegenständlichen Lohnabgabenprüfung am übermittelt. In der Vorladung wird angeführt, dass der eigentliche Termin der Schlussbesprechung bereits im "März 2022" (gemeint 2020) hätte erfolgen sollen.
Die Schlussbesprechung der GPLB wurde schließlich am abgehalten. Die Niederschrift vom stimmt hinsichtlich der darin angeführten Feststellungen mit der bereits am übermittelten Besprechungsgrundlage im Wesentlichen überein, diese wurde lediglich um die Feststellungen betreffend ***AN1*** ergänzt, woraus sich insgesamt eine geringfügig höhere Nachforderung ergab.
Im Rahmen der Schlussbesprechung überreichte die steuerliche Vertretung ein Schreiben mit dem Betreff "Vorladung", datiert mit , welches am selben Tag auch per Fax an das Finanzamt übermittelt wurde.
In diesem Schreiben wird moniert, dass die nunmehr in der Schlussbesprechung am dargestellten Feststellungen wortident mit jenen seien, über die bereits der Masseverwalter im Konkursverfahren konfrontiert worden sei.
Im E-Mail vom habe der Prüfer auch ausdrücklich festgehalten, dass die Lohnabgabenprüfung seinerseits am beendet werde. Seitens der Finanzverwaltung bzw. der Österreichischen Gesundheitskasse seien im Rahmen des Insolvenzverfahrens Forderungen angemeldet worden; die Anmeldefrist habe ebenfalls am geendet. Mit Wirkung sei das Insolvenzverfahren aufgehoben worden. Unter Berücksichtigung von § 68 Abs. 2 ASVG könne daher die nochmalige Übermittlung der Prüfungsfeststellungen nicht nachvollzogen werden, zumal selbst der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen festgehalten habe, dass die zweijährige Verjährungsfrist des § 68 Abs. 2 ASVG mit der Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellungen beginne, worunter auch die Verständigung vom Ergebnis einer Beitragsprüfung falle. Selbst wenn im Rahmen des Insolvenzverfahrens keine richtige Forderungsanmeldung vorgenommen worden wäre, was jedoch ausdrücklich bestritten werde, wäre aufgrund der Einforderungsverjährung des § 68 Abs. 2 ASVG Verjährung schon vor rund einem halben Jahr eingetreten. Der angesprochene Termin für eine Schlussbesprechung im März 2022 sei gänzlich unbekannt.
Darüberhinausgehend wandte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmung des § 197 IO ein, sowohl die Finanzverwaltung als auch die Österreichische Gesundheitskasse hätten der gesetzlichen Regelung folgend Forderungen angemeldet bzw. seien diese von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verständigt worden. Auch seien die Prüfungsfeststellungen schon vor Ablauf der am endenden Anmeldungsfrist sowohl dem Masseverwalter als auch der steuerlichen Vertretung übermittelt worden. Auch das Prüfungsende sei mit (wohl in Abstimmung mit der Anmeldefrist) festgehalten worden.
Die nach 2,5 Jahren nochmalige Übermittlung der Prüfungsfeststellungen samt Vorladung könne daher nicht beurteilt werden, zumal seitens der österreichischen Gesundheitskasse bzw. der Finanzverwaltung im Rahmen des Insolvenzverfahrens Forderungen angemeldet und auch sämtliche Sanierungsplanquoten bis erfüllt worden seien. Außerdem wäre jedenfalls auch ohne ein Sanierungsverfahren Einhebungsverjährung nach § 68 Abs. 2 ASVG bzw. Festsetzungsverjährung gemäß § 207 Abs. 2 BAO eingetreten.
CORONA könne keinesfalls als Rechtfertigungsgrund für ein Fristversäumnis oder als Hemmungs- oder Unterbrechungsgrund anerkannt werden, wiewohl die Prüfung auch schon am abgeschlossen worden sei und Behördeneingriffe erst auch ab verfügt worden seien.
Hinsichtlich der nunmehr zum zweiten Mal übermittelten wortidenten Prüfungsfeststellungen sei daher keine Stellungnahme zusätzlich zu jenen aus den Jahren 2018, 2019 und anfangs 2020 abzugeben (dies wäre jedoch auch nach Abschluss des Prüfungsverfahrens irrelevant).
2. Angefochtene Bescheide:
In den angefochtenen Bescheiden betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2015 bis 2018 vom wurde den im Bericht über die Außenprüfung getroffenen Feststellungen Rechnung getragen und zur Begründung auf den Bericht vom und allenfalls die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen.
Im Bescheid vom wurden u.a. Säumniszuschläge wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Lohnsteuer 2016 und 2018 verhängt.
3. Beschwerde:
Die fristgerecht eingebrachte Beschwerde wird damit begründet, dass die Prüfung nicht unter Beachtung des Organisationshandbuches für GPLA-Prüfungen durchgeführt worden sei, auch sei sowohl die Schätzungsbefugnis als auch die Schätzung an sich nicht den BAO-Bestimmungen entsprechend vorgenommen worden. Auf die Fülle der Unzulänglichkeiten sei im Rahmen des Prüfungsverfahrens bis 2020 mehrmals hingewiesen worden.
Die nunmehr vorgenommenen Vorschreibungen im Rahmen der Haftungsbescheide bzw. sonstigen Bescheide würden den Bestimmungen der IO bzw. den Verjährungsbestimmungen widersprechen.
Der Prüfer habe es jedoch nicht einmal wert gefunden, auf dieses schriftlich vorgebrachte Vorbringen einzugehen. Schon aus diesem Grund sei ein grober Verfahrensfehler gegeben.
Unzulänglichkeiten wegen Missachtung der Verjährungsbestimmungen bzw. der IO-Bestimmungen, welche ausschließlich im Einflussbereich des Prüfungsorganes lägen, seien damit gerechtfertigt worden, dass es CORONA gegeben hätte bzw. im Bereich der Finanzverwaltung (bekanntermaßen) Umstrukturierungen vorgenommen worden seien. Es sei jedoch ein Faktum, dass der Prüfer im Rahmen des Insolvenzverfahrens keine Forderungen angemeldet habe. Die Rechtsfolgen seien diesbezüglich eindeutig, zumal die PBLB auch im Rahmen des Insolvenzverfahrens erwiesenermaßen abgeschlossen worden sei.
Warum der Prüfer die Unterlagen über 2,5 Jahre einfach liegen gelassen habe, könne beim besten Willen nicht nachvollzogen werden.
Der Prüfer werde im Rahmen der mündlichen Verhandlung jedenfalls zu all diesen Themen einzuvernehmen sein.
Es werde daher beantragt, die gegenständlichen Bescheide ersatzlos aufzuheben. Für den Fall der Nichtstattgabe der Beschwerde und Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht werde die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat (§ 272 Abs. 1 BAO) sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt gemäß § 274 BAO beantragt.
4. Beschwerdevorentscheidung:
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer, Festsetzung des Dienstgeberbeitrages sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag 2015 ersatzlos aufgehoben wurden, was damit begründet wurde, dass das Recht auf Festsetzung dieser Lohnabgaben anlässlich deren Festsetzung bereits verjährt gewesen sei.
Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dazu wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges Folgendes ausgeführt:
4.1. Betreffend Nichtbeachtung schriftlicher Vorbringen:
Aus dem Inhalt der Beschwerde sei nicht erkennbar, auf welche Vorbringen konkret nicht eingegangen worden sein soll. Es dürfe angenommen werden, dass hier das Schreiben vom gemeint sei.
Anzumerken sei, dass die Stellungnahme vom im Rahmen der an diesem Tage stattfindenden Schlussbesprechung übergeben worden sei und im Zuge dieser sehr wohl thematisiert worden sein dürfte, als etwa in der Niederschrift zur Schlussbesprechung explizit auf dieses Schriftstück verwiesen worden sei. Da aber die Niederschrift über die Schlussbesprechung und die Bescheidbegründungen keine inhaltlichen Ausführungen zu den im Schreiben angeführten Punkten erkennen ließen, würden die in diesem Schreiben vorgebrachten Argumente in der Beschwerdevorentscheidung miterledigt (und damit etwaige Begründungsmängel saniert).
4.2. Zur Rechtsansicht, die Prüfung sei bereits am abgeschlossen worden:
Gemäß § 149 BAO sei nach Beendigung der Außenprüfung über deren Ergebnis eine Besprechung abzuhalten (Schlussbesprechung).
Die Schlussbesprechung hätte laut der Vorladung vom zur Schlussbesprechung am ursprünglich bereits im März 2020 stattfinden sollen. Aus dem Wortlaut der Vorladung lasse sich zweifelsfrei deuten, dass eine Schlussbesprechung über die gegenständliche Außenprüfung bis dahin nicht stattgefunden habe.
Der Zeitpunkt, mit dem eine Außenprüfung tatsächlich beendet werde, werde in der Literatur und Judikatur unterschiedlich beurteilt.
Unabhängig davon, welcher der angeführten Rechtsauffassungen konkret gefolgt werde, sei im Ergebnis im Jahr 2020 jedenfalls kein Abschluss der Außenprüfung zu erkennen, weder sei in 2020 (irgend)eine bescheidmäßige Erledigung erfolgt, noch sei eine Schlussbesprechung abgehalten worden. Es ließen sich ab März 2020 keinerlei Prüfungshandlungen mehr erkennen.
4.3. Betreffend Einforderungsverjährung gemäß § 68 Abs. 2 ASVG:
Da das ASVG (allgemein und auch § 68 ASVG) Angelegenheiten des Sozialversicherungsrechtes normiere, sei eine Relevanz dieser Bestimmung für das gegenständliche Abgabenverfahren nicht erkennbar. Zudem würden dort Bestimmungen über die Einforderungsverjährung, nicht aber über die Festsetzungsverjährung normiert. Einwendungen betreffend Einhebung seien (allgemein) im Einhebungsverfahren, nicht aber im Festsetzungsverfahren, zu erstatten. Die im gegenständlichen Verfahren maßgebliche Festsetzungsverjährung richte sich nach den §§ 207 ff BAO.
4.4. Zum Einwand, die Vorschreibungen widersprächen den Bestimmungen der Insolvenzordnung:
Das Recht bzw. die Pflicht der Abgabenbehörde, Abgabenansprüche im Abgabenfestsetzungsverfahren bescheidmäßig geltend zu machen, werde durch ein Insolvenzverfahren nicht berührt. Das im Abgabenfestsetzungsbescheid enthaltene Leistungsgebot betreffe stets den materiellrechtlichen Abgabenanspruch, der Gegenstand der Abgabenfestsetzung sei.
Weder eine Insolvenzeröffnung, noch ein rechtskräftig bestätigter Sanierungsplan stünden der bescheidmäßigen Festsetzung des (ungekürzten) Abgaben-Leistungsgebotes entgegen. Auf die insolvenzrechtliche Einordnung einer Abgabenforderung sei erst im Zuge der Abgabeneinhebung Bedacht zu nehmen.
Ergänzend wurde auf die im gegenständlichen Fall anzuwendenden insolvenzrechtlichen Regelungen betreffend die Einhebung gegenständlicher Abgaben mit dem Hinweis eingegangen, dass diese für das Festsetzungsverfahren jedoch nicht wesentlich seien.
4.5. Betreffend Nichtbeachtung des Organisationshandbuchs für GPLA-Prüfungen:
Die Organisationshandbücher der Finanzverwaltung würden nicht im Bundesgesetzblatt kundgemacht, sondern nur innerhalb der Finanzverwaltung bekannt gemacht, sie würden interne Erlässe darstellen. Aus einem Organisationshandbuch der Finanzverwaltung könnten keine Rechte abgeleitet werden.
4.6. Zur Schätzungsbefugnis und Schätzung:
Aufgrund der Aussagen gegenüber der Finanzpolizei und mangels Führung bzw. Vorlage von Arbeitszeitaufzeichnungen hätten die an die Dienstnehmer ausbezahlten Löhne im Schätzungswege gemäß § 184 BAO festgesetzt bzw. nachverrechnet werden müssen.
Den Beschwerdeführer treffe gemäß § 119 BAO eine Offenlegungspflicht. Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeute, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen. Objektiv setze die Vollständigkeit die Offenlegung aller für eine ordnungsgemäße Feststellung des Sachverhaltes notwendigen Tatsachen voraus.
Aus dieser Offenlegungspflicht folge (zwangsläufig) eine entsprechende Aufzeichnungspflicht - etwa der konkreten Arbeitszeiten der Dienstnehmer und deren Entlohnung. Im Zuge der Prüfung seien keine entsprechenden Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt worden. Die Vorlage der Arbeitszeitbestätigungen, in denen die Dienstnehmer bestätigen würden, dass sie per Saldo nicht mehr als die "vereinbarte" Arbeitszeit gearbeitet hätten, sei nicht ausreichend, da selbst bei fixen Dienstplänen Abweichungen davon festzuhalten und zu dokumentieren seien (siehe etwa auch die Aussagen der Mitarbeiter, wonach Überstunden durch Zeitausgleich abgegolten würden und es auch Aufzeichnungen zu den Arbeitszeiten gäbe).
Am seien gegenüber der Finanzpolizei die Dienstzeiten der Dienstnehmer erklärt worden. Die Dienstzeiten wären etwa Mo-Fr bis max. 17:00 Uhr gewesen. Da die Filialen aber Mo-Fr bis 19:00 Uhr geöffnet gehabt hätten und laut Stoßzeitenstatistik auf Google und auch den Kassendaten zufolge auch noch nach 17:00 Uhr besucht gewesen seien, aber auch der Beschwerdeführer selbst nur an einem der beiden Standorte hätte tätig sein können, hätte nach 17:00 Uhr zumindest eine zusätzliche Arbeitskraft zur Verfügung gestanden haben müssen.
Aus den Fehlzeiten (Mo-Fr bis Ladenschluss sowie Sa) lasse sich die nicht abgerechnete Arbeitszeit pro Monat ermitteln/hochrechnen. Für diese Arbeitszeit sei der kollektivvertragliche Stundenlohn für Hilfsarbeiter zuzüglich eines Überstundenzuschlages von 50% angesetzt worden.
Die Besteuerungsgrundlagen seien kalkulatorisch ermittelt worden, da es jene Methode sei, die im konkreten Fall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheine.
Die hinzugerechneten Löhne seien auf Basis der vorgelegten Lohnkonten und der übrigen Feststellungen einem durchschnittlichen Steuersatz von 24,5% unterworfen worden.
Durch die Übermittlung der Feststellungen als Besprechungsunterlage mit E-Mail vom sei das Parteiengehör gewahrt worden. In der Besprechungsunterlage (die später Einzug in die Niederschrift über die Schlussbesprechung gefunden habe, und auf die in den angefochtenen Bescheiden jeweils verwiesen werde) werde ausführlich angeführt, aus welchen Gründen und in welcher Höhe es für die im Bericht jeweils genannten Dienstnehmer zu Hinzuschätzungen gekommen sei.
Vorgebracht worden sei dazu in der Beschwerde bloß pauschal, dass "sowohl die Schätzungsbefugnis als auch die Schätzung an sich nicht den BAO-Bestimmungen entsprechend vorgenommen" worden seien. Aus welchen Gründen und inwiefern die Schätzung nicht mit § 184 BAO konform ginge, sei daraus nicht erkennbar.
4.7. Festsetzungsverjährung gemäß §§ 207 ff BAO:
Aufgrund der in der Prüfung getroffenen Feststellungen seien Lohnabgabenbescheide für die Jahre 2015 bis 2018 erlassen worden. Prüfbeginn sei in 2017 gewesen, in 2018 habe es Besprechungen gegeben, an denen auch die steuerliche Vertretung teilgenommen habe. In 2020 sei bezüglich eines Termins für die Abhaltung der Schlussbesprechung korrespondiert worden, die Schlussbesprechung habe jedoch erst in 2022 stattgefunden, die gegenständlichen Bescheide 2015 bis 2018 seien ebenfalls erst in 2022 ergangen.
Das Recht zur Festsetzung der Abgaben 2015 verjähre allgemein am . Aufgrund der ab 2017 erkannten Amtshandlungen habe sich die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 1 erster Satz BAO bis zum verlängert. Da jedoch im Jahr 2021 keine Amtshandlung erkennbar gewesen sei (vgl. § 209 Abs. 1 zweiter Satz BAO), sei das Recht zur Festsetzung der Lohnabgaben 2015 am bereits verjährt gewesen.
Die Festsetzung der Abgaben 2016 verjähre allgemein am . Aufgrund der ab 2017 erkannten Amtshandlungen habe sich die Verjährungsfrist bis zum verlängert. Das Recht zur Abgabenfestsetzung betreffend 2016 sei somit in 2022 noch nicht verjährt gewesen.
Gemäß § 207 Abs. 2 BAO sei das Recht zur Festsetzung der Abgaben 2017 und 2018 in 2022 ebenfalls noch nicht verjährt gewesen.
4.8. Betreffend Beschwerde gegen die Säumniszuschläge:
Die Säumniszuschläge betreffend Lohnsteuer 2016 und 2017 seien gemäß § 217 BAO dem Grunde und der Höhe nach zurecht festgesetzt worden.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO seien Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliege.
Die Feststellungen hätten
Nachverrechnungen aufgrund von Divergenzen zwischen Kalendereintragungen und Zahlungen laut Lohnkonten
eine Schätzung mangels Führung/Vorlage von Arbeitszeitaufzeichnungen, sowie
die Nachverrechnung eines PKW-Sachbezugs
betroffen.
Weder die Beschwerde, noch das Schreiben vom ließen Gründe erkennen, nach denen ein bloß minderer Grad des Verschuldens bzw. eine überhaupt fehlende Vorwerfbarkeit an der Unrichtigkeit der jeweiligen Selbstberechnung zu erkennen wäre.
5. Vorlageantrag:
Der fristgerecht eingebrachte Vorlageantrag wurde damit begründet, dass die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung den Umstand verkennen würden, dass bereits im März 2020 durch das Prüfungsorgan sämtliche Feststellungen übermittelt worden seien. Die Bezugnahme auf die Feststellungen als Argument dafür, dass das Parteiengehör gewahrt worden sei, berücksichtige nicht die tatsächliche Prüfungsabwicklung durch das Prüfungsorgan, in der mehrmals gegenüber dem steuerlichen Vertreter kommuniziert worden sei, dass Einwendungen erst im Rechtsmittelverfahren erhoben werden könnten.
Die Terminzusage sei auf Anweisung des Masseverwalters erfolgt, wiewohl die Prüfung schon vor dem faktisch abgeschlossen gewesen sei.
In der Besprechung vom Oktober 2022 habe der Prüfer auch kein einziges Argument vorgebracht, das erklärt hätte, dass zwischen März 2020 und Oktober 2022 die GPLA-Prüfung nicht abgeschlossen hätte werden können. Wenn hier noch Prüfungsschritte notwendig gewesen wären, wäre der Prüfer sogar verpflichtet gewesen, die entsprechenden Ansprüche der Finanzverwaltung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu ermitteln und geltend zu machen.
Der Prüfer sei über den Lauf des Insolvenzverfahrens bestens informiert gewesen, er habe auch gewusst, dass die Zahlungsfrist des Sanierungsplans bereits am abgelaufen sei.
6. Beschwerdevorlage:
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und wiederholte im Vorlagebericht vom - nach umfangreicher Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens - in seiner Stellungnahme zu den Einwendungen des Beschwerdeführers die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.
Desgleichen wurde eine Entscheidung im Sinne der Beschwerdevorentscheidung beantragt.
7. Mündliche Verhandlung:
In der antragsgemäß vor dem Senat durchgeführten Verhandlung erweiterte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers sein bisheriges Vorbringen dahingehend, dass er anführte, es habe zunächst einen Prüfauftrag für die Jahre 2013 bis 2016 gegeben, in der Folge sei ein Prüfauftrag für 2013 bis 2018 erstellt worden. Für die gleichen Jahre dürfe es nicht nebeneinander zwei Prüfaufträge geben. Was vor dem zweiten Prüfauftrag an Unterlagen übermittelt worden sei, unterliege daher einem Verwertungsverbot. Der zweite Prüfauftrag sei seiner Ansicht nach rechtswidrig.
Bereits mit E-Mail vom seien dem Masseverwalter die Prüfungsfeststellungen übermittelt worden. Damit sei nach Meinung des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers die Prüfung abgeschlossen gewesen. Dies habe der Prüfer in den Feststellungen so festgehalten.
Hinsichtlich der Schätzung wendete der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers ein, dass die Personalkosten, die vom Prüfer berechnet worden seien, lediglich auf Kalendereintragungen von 2 Monaten basierten und im Hinblick auf die festgestellten Umsätze (im Rahmen einer Außenprüfung) wesentlich überhöht seien.
Die aufgrund der Öffnungszeiten berechneten Personalkosten seien keinem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet worden. Die Schätzungsmethode sei mit den Google-gelisteten Stoßzeiten begründet worden, was nach Ansicht des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers unzulässig sei.
Der Sachbezugswert für die Privatnutzung des dienstgebereigenen Fahrzeuges sei bei zwei Dienstnehmern hinzugerechnet worden. Dies dürfe jedoch lediglich bei einem Dienstnehmer geschehen.
Der Vertreter des Finanzamtes führte aus, seines Erachtens nach gebe es nur einen Prüfauftrag für die Jahre 2013 bis 2018. Bescheide seien lediglich für die Jahre 2015 bis 2018 erlassen worden. Er könne schon im Hinblick auf § 147 BAO kein Beweisverwertungsverbot sehen.
Für den Vertreter der belangten Behörde erschließe es sich nicht, warum es wesentlich sei, wann die Prüfung abgeschlossen wurde. Soweit die Verjährungsbestimmungen dem nicht entgegenstünden, könnten die Bescheide jederzeit erlassen werden.
Über Befragen der Vorsitzenden gab der Finanzamtsvertreter an, es sei richtig, dass man von hinterzogenen Abgaben ausgehen könne, weshalb auch für das Jahr 2015 noch keine Verjährung eingetreten wäre. Dem habe das Finanzamt aber nicht mehr nachgehen wollen.
Die Schätzung aufgrund der Kalendereintragungen sei lediglich für das Jahr 2018 erfolgt. Die Dienstnehmer hätten alle ausgesagt, dass es keine fixen Arbeitszeiten gegeben habe und auch keine Dienstpläne. Sie seien bar jeweils am selben Arbeitstag bezahlt worden. Entgegenstehende Unterlagen seien nicht übermittelt worden.
Hinsichtlich des Sachbezuges ergänzte der Finanzamtsvertreter, dass nur ein Sachbezug verrechnet und dieser auf beide Arbeitnehmer aufgeteilt worden sei.
Der steuerliche Vertreter brachte vor, der Prüfer habe sämtliche vorgelegten Unterlagen mit dem Verweis, dass diese unglaubwürdig seien, bewertet. Es gebe keine Feststellungen darüber, dass auch nicht angemeldete Dienstnehmer beschäftigt worden wären.
Zuletzt erklärte der steuerliche Vertreter, dass er den Vorlageantrag betreffend die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2015 hiermit zurückziehe.
Nach der Beratung des Senates verkündet die Vorsitzende
"1) den Beschluss:
Der Vorlageantrag betreffend die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2015 wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO iVm § 264 Abs. 4 lit d BAO als gegenstandslos erklärt.
2) Das Erkenntnis:
Im Namen der Republik
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2016 - 2018, sowie betreffend Festsetzung von Säumniszuschlägen 2016 und 2017 wird als unbegründet abgewiesen.
Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Begründung:
1) Der Vorlageantrag betreffend die angefochtenen Bescheide für 2015 wurde in der mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
2) Der Senat geht einerseits von der Schätzungsberechtigung der genannten Abgaben aus und davon, dass die im Rahmen der Schätzung angewandte Methode ein den tatsächlichen Umständen möglichst nahekommendes Ergebnis gewährleistet.
Die Säumniszuschläge entsprechen den gesetzlichen Vorgaben, mangelndes Verschulden wurde nicht behauptet."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer betrieb im Streitzeitraum je einen Supermarkt in ***3*** und in ***4***. Er beschäftigte in seinen Geschäften überwiegend Familienangehörige.
Aufgrund von Kalenderaufzeichnungen und anhand von Berechnungen bezüglich der in Folge der Öffnungszeiten der Supermärkte erforderlichen Anwesenheitszeiten von Arbeitnehmern wurde im Rahmen einer Außenprüfung festgestellt, dass die Dienstnehmer wesentlich länger arbeiteten, als vom Beschwerdeführer angegeben und dafür tatsächlich wesentlich höhere Löhne als die am Lohnkonto aufgezeichneten erhielten.
Es wird nicht davon ausgegangen, dass auch bisher nicht bekannt gegebene Arbeitnehmer für den Beschwerdeführer tätig geworden sind.
Die vom Beschwerdeführer bekanntgegebenen Löhne waren daher entsprechend den diesbezüglichen Ausführungen im Bericht über die Außenprüfung in den Jahren 2016 bis 2018 um folgende Beträge zu erhöhen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Arbeitnehmer | 2016 | 2017 | 2018 |
***I*** ***A*** | 5.374,80 € | 4.172,02 € | |
***G*** ***H*** | 21.600,00 € | 21.600,00 € | 3.600,00 € |
***C*** ***A*** | 4.482,00 € | 4.210,37 € | 758,68 € |
***L*** ***M*** | 477,84 € | ||
***N*** ***O*** | 5.106,24 € | ||
***P*** ***E*** | 2.133,00 € | ||
***B*** ***A*** | 5.624,04 € | 3.117,33€ | |
***K*** ***J*** | 3.033,60 € | ||
***D*** ***A*** | 4.000,00 € | ||
***F*** ***E*** | 1.383,69 € |
Außerdem wurde im Zeitraum bis der unternehmenseigene VW-Bus mit dem Kennzeichen ***2*** von den Arbeitnehmern ***I*** und ***C*** ***A*** auch privat genutzt. Darüber gibt es keine Aufzeichnungen.
Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass seine Lohnaufzeichnungen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen.
Mit den Haftungsbescheiden vom wurde unter anderem Lohnsteuer für 2016 in Höhe von 10.017,84 € und für 2017 von 11.231,54 € gegenüber dem Beschwerdeführer geltend gemacht, die jedoch schon vorher fällig gewesen war.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Feststellungen der Außenprüfung, den Aussagen der Arbeitnehmer des Beschwerdeführers sowie aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Aufgrund der Aussagen der Arbeitnehmer des Beschwerdeführers und den teilweise vorgefundenen Kalenderaufzeichnungen muss auch im Hinblick auf die Öffnungszeiten der beiden Märkte davon ausgegangen werden, dass die Lohnkonten weder die von den einzelnen Arbeitnehmern geleisteten Arbeitsstunden noch deren tatsächlichen Löhne wiedergeben. Die von der Außenprüfung dazu vorgenommene Beweiswürdigung erscheint zutreffend und konnte auch von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers nicht erschüttert werden, zumal diese in ihren Schriftsätzen keinerlei Beitrag zur Ermittlung des Sachverhaltes leistete.
Entgegen den Ausführungen der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers rechnete die belangte Behörde die sich aufgrund der Öffnungszeiten ergebenden nicht abgedeckten Beschäftigungszeiten den im Unternehmen bereits tätigen Arbeitnehmern und nicht unbekannten Arbeitnehmern zu. Dies ist insofern nachvollziehbar, als der Großteil der vom Beschwerdeführer beschäftigten Arbeitnehmer laut seinen Aufzeichnungen nur teilzeitbeschäftigt gewesen wäre, weshalb es naheliegend ist, dass von diesen Arbeitnehmern tatsächlich ein höheres Arbeitspensum geleistet wurde. Dementsprechend war auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer noch weitere Arbeitnehmer beschäftigte.
Die vorgenommene Kalkulation der nicht versteuerten Löhne erscheint insofern zutreffend, als nicht a priori davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer seinen kollektivvertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen wäre, zumal dies auch von seiner steuerlichen Vertretung niemals eingewandt wurde. Mit dem Einwand, die Höhe der Löhne würde in einem Missverhältnis zu den erwirtschafteten Umsätzen und Gewinnen stehen, kann die vorgenommene Schätzung schon deshalb nicht widerlegt werden, weil auf diese Weise keine Aussage über die von den Arbeitnehmern des Beschwerdeführers abgeleisteten Arbeitsstunden und deren Vergütung getroffen werden kann. Im Übrigen wurde auch dazu keine dahingehende Kalkulation des Beschwerdeführers vorgelegt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. a. (Gegenstandsloserklärung)
Gemäß § 256 Abs. 1 BAO können Beschwerden bis zur Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Entscheidung über die Beschwerde zurückgenommen werden. Die Zurücknahme ist schriftlich oder mündlich zu erklären.
Wurde eine Beschwerde zurückgenommen (§ 256 Abs. 1 BAO), so ist sie gemäß § 256 Abs. 3 BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären.
Gemäß § 264 Abs. 4 lit. d BAO ist § 256 BAO (Zurücknahme) für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.
Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt gemäß § 264 Abs. 3 BAO die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt.
Da der Vorlageantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen wurde, war dieser gemäß § 256 Abs. 3 iVm § 264 Abs. 4 lit. d BAO als gegenstandslos zu erklären
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2015 gilt damit durch die Beschwerdevorentscheidungen vom als erledigt.
3.2. Zu Spruchpunkt I. b. (Abweisung)
3.2.1. Schätzung:
Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Gemäß § 184 Abs. 2 BAO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (§ 184 Abs. 1 BAO) wesentlich sind.
Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 3 BAO ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Können die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittelt (berechnet) werden, so sind sie zu schätzen. Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 1 ff, und die dort zitierte Judikatur).
Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln; insbesondere setzt die Schätzungsberechtigung kein Verschulden der Partei am Fehlen von Aufzeichnungen voraus (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 6).
Die belangte Behörde hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Dienstnehmern höhere Löhne als die von ihm bekanntgegebenen ausbezahlt hat. Sie hat sich dabei einerseits auf die vorgefundenen Kalendereintragungen und andererseits auf Berechnungen der notwendigen Arbeitsstunden im Hinblick auf die Öffnungszeiten der beiden Geschäfte gestützt. Der Beschwerdeführer hat dazu keine Unterlagen vorgelegt, weshalb die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittelt werden konnten. Eine Schätzung der Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO ist daher zu Recht erfolgt.
Wenn der Beschwerdeführer die Unzulässigkeit der Schätzung aufgrund eines seiner Meinung nach bestehenden Verwertungsverbotes der im Rahmen der GPLB vorgefundenen Unterlagen einwendet, übersieht er, dass die BAO nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein Beweisverwertungsverbot nicht vorsieht. Die Verwertbarkeit eines Beweismittels im Abgabenverfahren wird nicht einmal dadurch ausgeschlossen, dass es durch eine Rechtsverletzung in den Besitz der Abgabenbehörde gelangte (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 166 Rz 9, und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf sämtliche der belangten Behörde vorgeworfenen Rechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Ablauf der GPLB.
Vom Beschwerdeführer wurden keine Unterlagen vorgelegt, die an der Richtigkeit den von der belangten Behörde vorgenommenen Berechnungen Zweifel hervorrufen würden. Mit dem unsubstantiierten Beschwerdevorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die von der belangten Behörde vorgenommen Berechnungen mit Fehlern behaftet sind.
Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint. Jene Schätzungsmethode ist besser, die sich auf mehr weitgehend gesicherte Ausgangspositionen stützen kann (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 12, und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Die von der belangten Behörde gewählte Schätzungsmethode, die tatsächlich ausbezahlten Löhne einerseits anhand der in den Kalenderaufzeichnungen angeführten Beträge und andererseits aufgrund der erforderlichen Anwesenheitszeiten in den beiden Geschäftslokalen zu ermitteln, erscheint - wie auch die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausführt - am besten geeignet, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln.
3.2.2. Verspätete Abgabenfestsetzung:
a. Wegen Verjährung:
Das Recht eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 Satz 1 BAO u. a. bei den angesprochenen Lohnabgaben fünf Jahre. Nach § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist, soweit eine Abgabe hinterzogen ist, zehn Jahre. Das Recht, Säumniszuschläge festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.
Gemäß § 208 Abs. 1 lit a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Die Verjährung des Bemessungsrechtes wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches vorgenommene, nach außen erkennbare Handlung verlängert.
Wie die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausführt, stand der Festsetzung der Abgaben für die Jahre 2016 bis 2018 die Verjährung keinesfalls entgegen.
b. Im Hinblick auf das abgeschlossene Insolvenzverfahren:
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass das Recht bzw. die Pflicht der Abgabenbehörde, Abgabenansprüche im Abgabenfestsetzungsverfahren bescheidmäßig geltend zu machen, durch ein Insolvenzverfahren nicht berührt wird. Erst im Abgabeneinhebungsverfahren ist daher etwa dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Schuldner gemäß § 156 Abs. 1 IO durch einen rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan (früher: Ausgleich) von der Verbindlichkeit befreit wird, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukommen, gleichviel ob sie am Insolvenzverfahren oder an der Abstimmung über den Sanierungsplan teilgenommen oder gegen den Sanierungsplan gestimmt haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt worden ist (vgl. ; , 2001/17/0130; , 2009/08/0011; , Ra 2017/15/0008).
Das im Abgabenfestsetzungsbescheid enthaltene Leistungsgebot betrifft stets den materiell-rechtlichen Abgabenanspruch, welcher Gegenstand der Abgabenfestsetzung ist. Die Prüfung der Frage, ob und in welcher Höhe der Abgabenanspruch zum Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung noch aushaftet bzw. inwieweit er bereits durch Zahlungen befriedigt wurde, erfolgt hingegen nicht im Abgabenfestsetzungsverfahren, in welchem die Abgabenverrechnung unberücksichtigt bleiben muss, sondern erst im Abgabeneinhebungsverfahren (vgl. ).
Der Einwand des Beschwerdeführers, die Abgabenfestsetzung hätte nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht mehr erfolgen dürfen, geht daher ins Leere. Inwieweit die Abgabennachforderung noch eingebracht werden kann, ist davon nicht betroffen.
3.2.3. Säumniszuschläge
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.
Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die im Haftungsweg geltend gemachten Lohnsteuerbeträge bereits fällig gewesen sind, weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung von Säumniszuschlägen gegeben waren.
Eine Nichtfestsetzung bzw. Herabsetzung der Säumniszuschläge scheitert daran, dass - wie auch in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt - nicht erkannt werden kann, warum den Beschwerdeführer an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung der Lohnsteuer kein grobes Verschulden treffen sollte, ist doch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Lohnsteuer der einzelnen Jahre vorsätzlich verkürzt hat.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da über die Rechtsfragen der Schätzungsbefugnis und ob eine Abgabenfestsetzung Zeiträume betreffend, die vor Insolvenzeröffnung lagen, auch nach Beendigung der Insolvenz durchgeführt werden darf, im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | Ritz/Koran, BAO7, § 166 Rz 9 Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 12 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102208.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at