§ 236 BAO Nachsicht - keine persönliche und sachliche Unbilligkeit
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/16/0038.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ALTHUBER SPORNBERGER & PARTNER Rechtsanwälte GmbH, Doblhoffgasse 9 Tür Top 14, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich Dienststelle Sonderzuständigkeiten vom betreffend Abweisung des Antrages auf Nachsicht gem. § 236 BAO, Steuernummer ***BF1StNr2*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1.Verfahren betreffend Glücksspielabgabe:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Glücksspielabgabe für das Jahr 2012 gem. § 58 Abs. 3 GSpG mit 5 % von den in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn) in der Höhe von € 12.440.078,36 gem. § 201 BAO gegenüber der ***Bf1*** (in der Folge kurz: bf. Partei) festgesetzt. Abzüglich des selbstberechneten Betrages in Höhe von € 2.829,23 ergab sich daraus eine Nachforderung in Höhe von € 12.437,249,13.
Mit Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7104157/2014 wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und der Bescheid insofern abgeändert als die Glücksspielabgabe gemäß §§ 58 Abs.3 GSpG mit € 2.443.069,08 festgesetzt (= 5% der Bemessungsgrundlage von € 48.861.381,60) wurde.
Dagegen wurde sowohl Amtsrevision als auch Revision durch die bf. Partei erhoben.
Mit stellte dieser den Antrag an den VfGH, den § 58 Abs. 3 des Glückspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 76, zur Gänze, in eventu in § 58 Abs. 3 leg. cit. in der genannten Fassung den Klammerbegriff "(auch)" als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis des u.a. wurde dieser Antrag abgewiesen.
In der Sache stimmte der Verfassungsgerichtshof der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs zu, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine Bemessung im Verhältnis zu den schätzungsweise auf das Inland entfallenden Teilnahmen bei grenzüberschreitenden Glücksspielen im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) nicht vorsehe. Der dem Einzelnen in Aussicht gestellte Gewinn bilde in seiner Gesamtheit die Bemessungsgrundlage für die Abgabe (Rz 24). Im Übrigen teilte der Verfassungsgerichtshof nicht die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes einer unsachlichen Anknüpfung von Besteuerungsgegenstand und Steuersatz nach § 58 Abs. 3 GSpG und Bedenken im Hinblick auf Art. 6 StGG sowie Art. 15 GRC
Mit Erkenntnis des , wurde der Amtsrevision stattgegeben und die Entscheidung des BFG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der VwGH führte (auszugsweise) wörtlich aus:
"15 Der Verwaltungsgerichtshof hält die - vom Verfassungsgerichtshof geteilte - Auslegung aufrecht, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vorsieht. Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters.
16 Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses entbehrt die Annahme des Gerichts, es habe für Österreich einen eigenen "Preispool" gegeben, in dieser Allgemeinheit einer Grundlage, weil nicht festgestellt ist, dass der inländischen Öffentlichkeit gleichermaßen auch die Begrenzung der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne) anhand eines "Preispools" erklärt worden wäre.
17 Davon sind die Feststellungen des Gerichts, wonach dem Inhalt der Folder (Flyer) zufolge die Gewinne "Cinemaxx Kino Privatvorstellung für 15 Freunde" und "Hymer Campingbus" nur in Deutschland verfügbar gewesen seien und dass Personen, die ihren Wohnsitz in Österreich oder Luxemburg hätten statt des "Lovefilm-Abos" einmalig eine DVD geschenkt bekämen, zu unterscheiden, weil sich daraus für die inländische Öffentlichkeit eine von vornherein erkennbare Beschränkung oder Modifizierung der in Aussicht gestellten Gewinne erschloss. Die Amtsrevision zieht nicht in Zweifel, dass sich anhand dieser konkreten Bedingungen die der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen bestimmten.
18 Der Amtsrevision kommt daher schon in der Bemängelung der Berechnung der Bemessungsgrundlage anhand eines "österreichischen Preispools" Berechtigung zu, weshalb das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben ist (vgl. ebenso das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2016/16/0035). […]"
Die Revision der bf. Partei wurde mit Beschluss des zurückgewiesen:
"Vor diesem Hintergrund erachtet der Verwaltungsgerichtshof die von der Abgabenbehörde erhobene, zu Ro 2015/16/0038 protokollierte Amtsrevision, die ihre Zulässigkeit mit der Frage darlegt, ob § 58 Abs. 3 GSpG ein eigener Steuertatbestand sei und wie gemäß diesem der in Aussicht gestellte Gewinn auszulegen sei, für zulässig; gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2015/16/0038, verwiesen, mit dem das angefochtene Erkenntnis mit der tragenden Begründung aufgehoben wird, dass das Gericht zu Unrecht eine Beschränkung der der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellten Gewinne (§ 58 Abs. 3 GSpG) an Hand eines "österreichischen Preispools" unterstellt habe."
Mit Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes im fortgesetzten Verfahren vom , RV/7100887/2017 wurde der angefochtene Bescheid gemäß § 279 BAO abgeändert und die Glückspielabgabe mit € 12.436.221,80 festgesetzt.
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der bf. Partei wurde mit Beschluss des zurückgewiesen.
Inhaltlich führte der Verwaltungsgerichtshof unter anderem (wörtlich) aus:
"23 Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation ds Veranstalter (vgl. ).
24 Der vom Bundesfinanzgericht festgestellte Sachverhalt ist bezüglich Ausgestaltung und Durchführung der verfahrensgegenständlichen Preisausschreiben zwischen den Parteien unstrittig und lag im Wesentlichen bereits dem hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0038, zugrunde.
25 Darüber hinaus hat das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis die Feststellung getroffen, dass der inländischen Öffentlichkeit keine mengenmäßigen Beschränkungen der ausgelobten Gewinne für die Teilnehmer aus Österreich bekannt gegeben worden sind, Das Bundesfinanzgericht hat überdies festgestellt, dass neben anderen Preisen auch 22,5 Millionen Geschenkgutscheine und 2.036.983 DVDs als Gewinn in Aussicht gestellt worden sind. Die Geschenkgutscheine hat es mit einem Betrag von 10 Euro pro Stück und näher genannte DVDs mit je 8 Euro bewertet.
26 Wenn die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision vorbringt, das vorliegende Preisausschreiben "Geschenke M[…] Gewinnspiel" sei dem Grunde nach nicht unter die Bestimmung des § 58 Abs. 3 GSpG zu subsumieren, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungen jeweils vom , Ro 2015/16/0038 (unter Hinweis auf , u.a.), und Ro 2015/1670039, die Anwendbarkeit des § 58 Abs. 3 GSpG auf das gegenständliche Preisausschreiben zugrunde gelegt hat. Auch das nunmehrige sehr knapp gehaltenen Revisionsvorbringen vermag - vor alle im Hinblick auf die Wesentlichen identen Sachverhaltsfeststellungen - keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anwendung des § 58 Abs. 3 GSpG zu erwecken. Darüber hinaus ist angesichts der eindeutigen Wortwahl dieser Bestimmung nicht ersichtlich, welcher Anwendungsbereich noch verbliebe, wollte man der Auffassung der Revisionswerberin folgen.
27 Mit dem ebenfalls sehr kurz und allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen, § 58 Abs. 3 GSpG sei unionsrechtswidrig, weil "Veranstalter aus einem anderen Mitgliedstaat, aber auch österreichischen Veranstalter, durch diese Bestimmung unverhältnismäßig und ohne Rechtfertigung daran gehindert oder darin behindert werden, Spiele wie M[…] in mehreren Mitgliedstaaten zugleich und gemeinsam zu veranstalten", vermag die Revision keine Zweifel an der Unionsrechtskonformität der genannten Bestimmung aufzuzeigen. Einem Veranstalter solcher Preisausschreiben bleibt es nämlich unbenommen, die im Revisionsfall bei der Durchführung eines Gewinnspiels von der Revisionswerberin ohnedies (lediglich intern) vorgenommenen Beschränkung des Preispools auf das Inland auch gegenüber der inländischen Öffentlichkeit zum Ausdruck zu bringen (vgl. ), und damit auch die Bemessungsgrundlage auf die im Inland in Aussicht gestellten Preise zu beschränken. […]"
2.Gegenständliches Verfahren
Antrag auf Nachsicht
Mit Schriftsatz vom stellte die bf. Partei einen Antrag auf Nachsicht gem. § 236 BAO und begründete dies (auszugsweise) wie folgt:
"2.3 Die persönliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im konkreten Fall
2.3.1 Allgemeines
Die Nachsichtswerberin ***Bf1*** ist eine grundsätzlich wirtschaftlich solide, stets ausgeglichen bilanzierende Gesellschaft, die etwa im Jahr 2017 laut GuV ein Ergebnis nach Steuern in der Höhe von rund EUR 330.000 und im Jahr 2016 in der Höhe von rund EUR 337.000 erwirtschaftet hat. An sich ist es aber nicht das Ziel der Gesellschaft, überhaupt Gewinne zu erzielen und diese an die Eigentümer auszuschütten, sondern die verfügbaren Einnahmen für Werbemaßnahmen einzusetzen und so ein ausgeglichenes Bilanzergebnis zu erreichen.
Die Gesellschaft hat eine reine Service-Funktion im Konzern und generiert ihre Umsätze aus Beiträgen von Franchisenehmern und den konzerneigenen Handelsgeschäften. Die lukrierten Beiträge werden dann wiederum gebündelt für Werbemaßnahmen eingesetzt und ausgegeben. Der Verlustvortrag der Gesellschaft - entgegen der wirtschaftlichen Zielsetzung - im Jahr 2017 ergibt sich aus einer Rückstellung für Abgabenverbindlichkeiten für die damals potentiell drohende Festsetzung von Glücksspielabgaben. Eine Insolvenz der Gesellschaft wegen Überschuldung - aufgrund der drohenden Einhebung der Glücksspielabgaben, jedoch ohne operative Verluste - konnte lediglich durch eine positive Fortbestehensprognose (mit entsprechender Planungsrechnung) sowie einer Patronatserklärung der ***1*** (gültig bis ) vermieden werden.
Beweis: Patronatserklärung (Beilage ./1)
Gemäß dieser Patronatserklärung verpflichtete sich die ***1*** unwiderruflich nach erster Aufforderung durch den Geschäftsführer gegenüber der ***Bf1*** die Gesellschaft mit den erforderlichen finanziellen Mitteln zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Glücksspielabgabeverfahren auszustatten.
2.3.2 Anormale und atypische finanzielle Belastung
Diese Umstände zeigen ein eindeutiges Bild: Die Nachsichtswerberin ***Bf1*** wäre durch eine Abgabenfestsetzung idHv EUR 12.436.221,80 für die Glücksspielabgabe 2012 - ohne Unterstützung durch andere Konzerngesellschaften in Form einer Patronatserklärung oder vergleichbaren Maßnahmen überschuldet im Sinne des Insolvenzrechts und damit in ihrer Existenz gefährdet. Ohne eine Patronatserklärung durch die ***1***, wäre die Abgabenschuldnerin nicht in der Lage, die Glückspielabgabe in absehbarer Zeit zu begleichen.
Bei einem Jahresumsatz von rund EUR 28 Mio müsste fast ein halber Jahresumsatz zur Tilgung der Glückspielabgabe 2012 verwendet werden. Müsste die Gesellschaft aber einen halben Jahresumsatz für die Glückspielabgabe 2012 an das Finanzamt abführen und somit die Marketingaktivitäten drastisch (nämlich um rund 50%) reduzieren, würden die Franchisenehmer - unter Aufkündigung der relevanten Verträge - ihre Beitragszahlungen einstellen und droht der Gesellschaft somit auch mangels "Kunden" und Umsatz die Insolvenz.
Dass es sich bei der relevanten Abgabenfestsetzung im Ergebnis um eine anormale Belastungswirkung und einen atypischen Vermögenseingriff handelt, ist somit offensichtlich. Ebenso ist offensichtlich, dass die Abgabenfestsetzung jedenfalls mit wirtschaftlich außergewöhnlichen Belastungen verbunden ist, stellt sich doch im Rahmen der Beurteilung der Insolvenzkriterien die Frage, ob eine Fortführung des Unternehmens (angesichts der Überschuldung) überhaupt möglich ist und aus einer wirtschaftlichen Perspektive, ob die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft dann überhaupt noch fortgeführt werden kann.
2.3.3 Zur Wirkung der existierenden Patronatserklärung
Allgemein kann die Ausstattungsverpflichtung des Patrons einer Patronatserklärung im Wesentlichen auf zwei Arten erfüllt werden:
Die erforderliche Liquidität der Gesellschaft kann einerseits durch einen Kredit (also Fremdkapital) und andererseits durch einen Zuschuss (also Eigenkapital) erfolgen. In beiden Fällen ist es der notleidenden Gesellschaft in der Folge möglich, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Dabei ist zu beachten, dass die wirtschaftliche Situation der betroffenen Gesellschaft zwar sehr unterschiedlich ist, je nachdem ob Eigen- oder Fremdkapital zur Verfügung gestellt wird. Für den Patron selbst ergibt sich jedoch oftmals kein wesentlicher Unterschied. Ist nämlich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft schon kritisch (wie im hier vorliegenden Fall aufgrund der hohen Abgabenverbindlichkeit), kommen im Fall der Kreditgewährung durch einen unmittel- oder mittelbaren Gesellschafter die Regelungen über den Eigenkapitalersatz zur Anwendung.
In einem solchen Fall normiert § 14 EKEG, dass der Gesellschafter einen Eigenkapital ersetzenden Kredit samt den darauf entfallenden Zinsen nicht zurückfordern kann, solange die Gesellschaft nicht saniert ist. Aus diesem Grund und bilanztechnischen Erwägungen hat sich die ***1*** dazu entschlossen, in der hier relevanten Patronatserklärung der Nachsichtswerberin durch die Zuführung der finanziellen Mittel als Eigenkapital auszuhelfen und der ***Bf1*** damit noch mehr entgegen zu kommen, als mit einer Fremdkapitalzufuhr.
Die Fremdkapitalzufuhr hätte dabei an der wirtschaftlichen Notlage der Nachsichtswerberin ***Bf1*** nichts geändert. Dies gilt gleichermaßen für die Kreditgewährung wie auch für die direkte Bezahlung der Verbindlichkeit an den Abgabengläubiger. Die Zufuhr von Fremdkapital hätte also keinen sanierenden Effekt. Es verbliebe eine Verbindlichkeit in einer Höhe, die zu einer insolvenzrechtlichen Überschuldung führt und die keinesfalls in einem absehbaren Zeitraum beglichen werden kann. Zwar wird der Patron auf die sofortige Einhebung der Verbindlichkeit verzichten müssen, da die Tilgung mit den vorhandenen finanziellen Mittel nicht möglich ist. Daraus ist aber für die Nachsichtswerberin nichts gewonnen. Schließlich muss die Verbindlichkeit irgendwann getilgt werden und dies ist angesichts des Verhältnisses zu den Umsätzen und dem Geschäftsmodell der Gesellschaft realistisch nicht zu schaffen.
Es steht somit außer Zweifel, dass die Abgabenfestsetzung in einem krassen Missverhältnis zur finanziellen Situation der Abgabenschuldnerin steht. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Unterstützung aus dem Konzernverbund zur Vermeidung einer Insolvenz durch Eigen- oder Fremdkapital erfolgt.
Zudem ist festzuhalten, dass auf Basis der positiven Bilanzergebnisse und fehlender sonstiger Gläubiger die finanzielle Situation der ***Bf1*** allgemein wirtschaftlich gesund ist und damit die Nachsicht zur vollumfänglichen Sanierung der Gesellschaft führen würde. Auf dieser Basis liegt eine persönliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung für die hier relevante Glückspielabgabe 2012 bei der ***Bf1*** vor.
…
2.5 Verletzung des Vertrauensschutzes und anormale Belastungswirkung im konkreten Fall:
Abgehen vom Territorialitätsprinzip
Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung ist - wie oben näher ausgeführt - grundsätzlich in jenen Fällen anzunehmen, in denen es im Rahmen einer Vertrauensschutzverletzung zu einem ungewöhnlichen Entstehen einer Abgabenschuld und damit zu einem überproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen kommt. Gerade ein solches ungewöhnliches Entstehen einer Abgabenschuld unter Vertrauensschutzverletzung - mit einem unzweifelhaften überbordenden Vermögenseingriff - ist im vorliegenden Fall dadurch entstanden, dass vom - den Verkehrsteuern wie auch dem GSpG immanenten - Territorialitätsprinzip durch die Rechtsprechung des VfGH und VwGH vollkommen überraschend abgewichen wurde.
Das Territorialitätsprinzip wird im GSpG gleich vorneweg postuliert: So führt § 57 Abs 1 GSpG aus, dass "Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, [...] einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz" unterliegen.
Nach hM in der Literatur wurde für das GSpG in § 58 Abs 3 GSpG idF AbgÄG 2011 der Inlandsbezug sogar noch stärker verankert. Auf dieser Basis war für die Nachsichtswerberin überhaupt nicht damit zu rechnen, dass eine Besteuerung über das Territorialitätsprinzip hinaus erfolgen würde. Unterstrichen wird diese Feststellung auch durch die Entscheidung des BFG im ersten Rechtsgang, welche der Beschwerde teilweise Folge gab und auf Basis des Territorialitätsprinzips eine ermäßigte Glücksspielabgabe festsetzte. Auch der Verwaltungsgerichtshof wollte das Territorialitätsprinzip zunächst nicht durchbrechen. Vielmehr leitete der VwGH ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof ein, weil eine Auslegung des GSpG unter Missachtung des Territorialitätsprinzips dem Verwaltungsgerichtshof verfassungsrechtlich bedenklich erschien. Dies aus guten Gründen. Die - aus völkerrechtlichen Gründen erforderliche - Anknüpfung des Steuerrechts an sachliche Momente im Inland erfordert es, dass eine Besteuerung einen Anknüpfungspunkt des zu besteuernden Lebenssachverhalts zu dem besteuernden Staat aufweisen muss. Wie etwa der VfGH ausführt, ist für den Bereich des internationalen Steuerrechts als Völkergewohnheitsrecht der Grundsatz anerkannt, dass Staaten nur solche Tatbestände besteuern dürfen, zu denen diese Tatbestände eine hinreichend enge Beziehung aufweisen.
Dementsprechend kommt eine Besteuerung nach allgemeiner Auffassung nur bei Vorliegen einer persönlichen oder sachlichen Nahebeziehung des Staats zu dem betreffenden Sachverhalt in Betracht.
Das Territorialitätsprinzip wird aber nicht nur im Bereich der Glückspielabgabe hoch gehalten, sondern ist als Grundabgrenzung der Steuerpflicht jeder Verkehrssteuer und auch dem Ertragsteuerrecht immanent:
So betrifft die Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs 1 GrEStG nur inländische Grundstücke. Dies lässt sich auf das Territorialitätsprinzip zurückführen.
Auch der Anfall einer Rechtsgeschäftsgebühr erfordert einen Inlandsbezug (vgl § 16 GebG). So bedarf es entweder der Errichtung der Urkunde im Inland oder einer anderen Inlandsanknüpfung wie die Inländereigenschaft der Vertragsparteien oder des Verbringens der Urkunde ins Inland um die Rechtsgeschäftsgebühr für ein bestimmtes Rechtsgeschäft auszulösen.
Auch der Versicherungssteuer unterliegt nur die Zahlung des Versicherungsentgelts (Versicherungsprämie) auf Grund eines Versicherungsverhältnisses, wenn ein Inlandsbezug gegeben ist (zB Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Bauwerk oder Betriebstätte im Inland).
Eine beschränkte Steuerpflicht im EStG (und per Verweis im KStG) liegt nur dann vor, wenn ein Tatbestand des § 98 Abs 1 EStG erfüllt ist. § 98 Abs 1 EStG erfordert dabei allgemein einen inländischen Anknüpfungspunkt. Auch das Ertragsteuerrecht nimmt also eine Abgrenzung der Besteuerung nach dem Territorialitätsprinzip vor.
Der Inlandsbezug wird für die hier konkret relevante Glücksspielabgabe auch in den Veröffentlichungen der Finanzverwaltung zum GSpG und zu den Wettgebühren gemäß § 33 TP 17 GebG regelmäßig betont. Auf dieser Basis und dem Stand der damals vorhandenen Literatur und steuerlichen Beratung ging die Nachsichtswerberin nach bestem Wissen bei der Durchführung der gegenständlichen Werbemaßnahmen davon aus, dass aus den Spielregeln des Gewinnspiels für die Teilnehmer ersichtlich bzw aus dem allgemeinen Verständnis erkennbar ist, dass nicht sämtliche Preise des Gewinnspiels in allen Ländern für die Teilnehmer in Österreich zu gewinnen waren.
Es wurde allgemein - im Sinne des für Verkehrsteuern typischen Territorialitätsprinzips davon ausgegangen, dass bei länderübergreifenden Gewinnspielen nur der Inlandsanteil steuerlich mit der Glücksspielabgabe erfasst wird, aber kein weltweiter Anwendungsbereich der Glückspielabgabe begründet wird.
Umso überraschender für die Nachsichtswerberin war die Entscheidung des VfGH und darauf aufbauend die Entscheidung des VwGH, wonach das GSpG in den relevanten Bestimmungen über das Territorialitätsprinzip hinausreicht.
Damit ist im Ergebnis eine sachliche Unbilligkeit gemäß § 3 Z 1 und Z 2 VO gegeben:
• Sachliche Unbilligkeit gemäß § 3 Z 1 VO, weil entgegen der bisherigen Judikatur des VwGH und VfGH, auf welche die Nachsichtswerberin ***Bf1***. vertraut hat, eine Abgabenfestsetzung erfolgt ist: Die Geltendmachung der Glücksspielabgabe im konkreten Fall weicht von den zum Zeitpunkt der Durchführung des Glücksspiels veröffentlichten Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs ab, weil das Territorialitätsprinzip - wie oben ausgeführt - nicht aufrechterhalten wurde.
Zudem ist offensichtlich, dass die Nachsichtswerberin im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung zum Territorialitätsprinzip das hier relevante Glücksspiel als Werbemaßnahme durchgeführt hat. Hätte die ***Bf1*** gewusst, dass eine weltweite Besteuerung des Glücksspiels erfolgt, wäre die Werbemaßnahme niemals in dieser Form durchgeführt worden, stehen doch Kosten und Nutzen - unter Berücksichtigung der Glücksspielabgabe im Ausmaß der endgültigen Festsetzung - in einem krassen Missverhältnis. Dementsprechend liegt eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung gemäß § 3 Z 1 VO vor.
Sachliche Unbilligkeit gemäß § 3 Z 2 lit b VO, weil in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen eine Abgabenerhebung erfolgt ist, obwohl im Vertrauen auf die betreffende Äußerungen in den VereinsRL zum GSpG und GebG dem Territorialitätsprinzip nicht zum Durchbruch verholfen wurde: Die Geltendmachung der Glücksspielabgabe im konkreten Fall weicht nicht nur von den zum Zeitpunkt der Durchführung des Glücksspiels veröffentlichten Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs ab, weil das Territorialitätsprinzip - wie oben ausgeführt - nicht aufrechterhalten wurde, sondern auch von den Ausführungen in den VereinsRL zum GSpG und den Wettgebühren gemäß § 33 TP 17 GebG.
Zudem ist auch hier offensichtlich, dass die Nachsichtswerberin im Vertrauen auf die Ausführungen in den Richtlinien zum Territorialitätsprinzip das hier relevante Glücksspiel als Werbemaßnahme durchgeführt hat.
Hätte die ***Bf1***. gewusst, dass eine weltweite Besteuerung des Glücksspiels erfolgt, wäre die Werbemaßnahme niemals in dieser Form durchgeführt worden. Dementsprechend liegt auch eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung gemäß § 3 Z 2 lit b VO vor.
2.6. Verletzung des Vertrauensschutzes und anormale Belastungswirkung im konkreten Fall: Überhöhte Bewertung ausgespielter Preise
Nach der nunmehrigen Rechtsprechung des VwGH ist als Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs 3 GSpG der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit maßgeblich und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters. Die ausgespielten Gewinne sind also vom Abgabepflichtigen ex ante aus Sicht der Spielteilnehmer zu bewerten, wobei der dem Einzelnen in Aussicht gestellte Gewinn in seiner Gesamtheit relevant ist.
Sollten Waren oder anderer geldwerte Leistungen in Aussicht gestellt werden, kommt die Bewertungsregel des § 59 Abs 6 GSpG zur Anwendung. Demnach gelten für die Bewertung von Waren und geldwerten Leistungen die Vorschriften des BewG mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs 1 BewG über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des §16 Abs 3 BewG ausgeschlossen ist. Folglich sind Gewinne in der Form von Waren oder geldwerten Leistungen gemäß § 10 Abs 1 BewG grundsätzlich mit dem gemeinen Wert zu bewerten, wobei die Frage, was ausgespielt wird und demnach zu bewerten ist, aus Sicht der Spielteilnehmer (Empfängerhorizont) zu beurteilen ist.
Beim gemeinen Wert iSd § 10 BewG handelt es sich um den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei der Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich somit beim gemeinen Wert um einen objektiven Wert für einen bestimmten Vermögensgegenstand. Der gemeine Wert gemäß § 10 BewG ist eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung nach einem objektiven Maßstab zu ermitteln ist. Bei einer solchen Schätzung kommen nach der Rsp des VwGH auch die
Grundsätze der Schätzung gemäß § 184 BAO zur Anwendung. Einer solchen Schätzung haftet dabei stets ein gewisses Maß an Ungenauigkeit an, das auch bei strengster Einhaltung der Verfahrensvorschriften und unter Verwendung sachangemessener Schätzungsmethoden nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe war und ist auf Basis der Preisermittlung gemäß § 10 BewG und dem damit einhergehenden Bewertungs- und Schätzungselementen mit einem gewissen Maß an Ungenauigkeit verbunden. Dies war der Nachsichtswerberin natürlich bewusst und es musste damit gerechnet werden, dass es zu gewissen Abweichungen von der Selbstberechnung kommen kann. Dass das Bewertungsergebnis des Finanzamts im konkreten Fall aber derart dramatisch vom objektiven Marktwert und damit der Bewertung der Nachsichtswerberin abweicht, war aus den folgenden Gründen nicht zu erwarten:
Die ***2***-Gutscheine wurden ohne Entgelt von ***2*** für das ***3***-Gewinnspiel zur Verfügung gestellt. Hintergrund dafür war einerseits natürlich die enorme Werbewirkung für ***2***, andererseits aber auch der Umstand, dass wesentlich überhöhte Versandkosten bei Einlösung eines Gutscheins verrechnet wurden.
Auf dieser Basis sind die Gutscheine als wirtschaftlich wertlos einzustufen. Schon aus dieser Betrachtung konnte nicht davon ausgegangen werden, dass den Gutscheinen für steuerliche Zwecke eine Bedeutung, geschweige denn ein (hoher) Marktwert zugewiesen wird. Dies spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass lediglich 0,3% der Geschenkgutscheine schlussendlich eingelöst wurden. Mit anderen Worten: Auch für die Spielteilnehmer waren die gewonnenen ***2***-Gutscheine wertlos.
Für die hier relevanten Gutscheine bestand weder ein tatsächlicher noch ein fiktiver gewöhnlicher Geschäftsverkehr, weil die Gutscheine für jedermann über das Internet abrufbar waren. Für die gegenständlichen Geschenkgutscheine war am Markt also kein Preis erzielbar. Kein Verbraucher hätte EUR 10 oder überhaupt einen bestimmten Betrag dafür ausgegeben, diesen Gutschein zu erhalten. Auch auf dieser Basis war für die Nachsichtswerberin nicht einmal im Ansatz zu erwarten gewesen, dass den Gutscheinen ein positiver Wert für steuerliche Zwecke beigemessen wird.
Kein vernünftiger Durchschnittsverbraucher wäre bei Betrachtung der Spielbedingungen davon ausgegangen, dass die ***2***- Gutscheine mehr als 90% des Werts sämtlicher ausgespielter Preise ausmachen. Bei einem Vergleich der Preise hätte ein Durchschnittsverbraucher vielmehr die Werte anderer ausgeschriebener Preise, die Reihenfolge der Listung und die Anzahl der jeweiligen Preise in die Beurteilung miteinbezogen. Mit der nunmehr vollkommend überraschenden Bewertung wird aber den ***2***-Gutscheinen, die ganz unten in der Liste der Preise stehen und massenweise ausgegeben wurden, ein wesentlich höherer Wert beigemessen, als Produkten die wesentlich weiter oben in der Liste der Preise stehen und wesentlich seltener zu gewinnen waren. So stehen etwa die ***19***-Produkte selbst auf einer wesentlich höheren Position, deren Wert für jeden Spieler bekanntlich deutlich unter EUR 10 liegt. Jeder vernünftige Teilnehmer musste also davon ausgehen, dass die ***2***-Gutscheine wesentlich weniger wert sind als die 19 Produkte. Auch auf Basis dieser Überlegungen kam es der Nachsichtswerberin gar nicht in den Sinn, dass eine derart hohe Bewertung der objektiv wertlosen Gutscheine erfolgen könnte.
Die Finanzverwaltung und das BFG stützen sich bei der Bewertung der Geschenkgutscheine auf ein Erkenntnis des VwGH (vom , 97/16/0222) zu einem Fertigteilhaus-Gutschein. Der Sachverhalt dieser Entscheidung sei mit dem hier vorliegenden Sachverhalt angeblich vergleichbar. Dem kann allerdings nicht gefolgt werden. Im zitierten VwGH-Erkenntnis ging es um einen einzelnen, sehr wertvollen Gutschein von einer Fertigteilhausfirma als Ausgleich für einen Hauptgewinn. Im vorliegenden Fall wurden dagegen massenweise Gutscheine quasi zur freien Entnahme verschenkt. Es ist daher offenkundig, dass sich die Bewertung bei den völlig unterschiedlichen Situationen grundlegend unterscheiden muss.
Zudem führt der VwGH in der zitierten Fertigteilhaus-Entscheidung explizit an, dass "wenn immer und gegenüber jedermann [...] ein derartiger Rabatt gewährt wird, dann ist der um den Rabatt reduzierte Preis der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre". Nachdem im vorliegenden Fall die Gutscheine gerade gegenüber jedermann gratis zur Verfügung gestellt wurden, kann auch nur dieser Preis von null Euro auf Basis der VwGH- Entscheidung heranzuziehen sein. Auch insoweit ist die Entscheidung des BFG im konkreten Fall nicht nachvollziehbar und widerspricht jeder Erwartung.
Das BFG begnügt sich in der abweisenden Beschwerdeentscheidung mit der "Feststellung", dass der Schätzung des Finanzamts - mangels präziserer Angaben in den Spielregeln - nicht mit dem Vorwurf der Rechtswidrigkeit begegnet werden könne. Im Ergebnis unterliegt damit die vollkommen unvorhersehbare Bewertung von ausgespielten Preisen durch das Finanzamt keiner weiteren Überprüfung, weil sich das BFG - wenn überhaupt - mit einer vom Gesetz nicht gedeckten Grobprüfung begnügt hat. Das BFG hätte vielmehr in der Sache selbst entscheiden müssen (vgl § 279 Abs 1 BAO). Das Ergebnis ist eine nicht überprüfte Glücksspielabgabenbelastung, deren Auswirkungen in krassem Missverhältnis zur Werbewirkung und zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Nachsichtswerberin stehen
Damit liegt im Ergebnis eine sachliche Unbilligkeit gemäß § 3 Z 1 VO vor, weil entgegen der bisherigen Judikatur des VwGH, auf welche die Nachsichtswerberin ***Bf1*** vertraut hat, eine wesentlich überhöhte Abgabenfestsetzung erfolgt ist: Die Geltendmachung der Glücksspielabgabe im konkreten Fall weicht von den zum Zeitpunkt der Durchführung des Glücksspiels veröffentlichten Rechtsauslegungen des Verwaltungsgerichtshofs ab, weil eine Bewertung mit dem objektiven Marktwert der Gutscheine unterlassen wurde.
Zudem ist offensichtlich, dass die Nachsichtswerberin im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung zur Bewertung mit dem Marktwert das hier relevante Glücksspiel als Werbemaßnahme durchgeführt hat. Hlätte die ***Bf1*** gewusst (oder auch nur geahnt), dass eine Bewertung mit einem maßlos über dem Marktwert liegenden Wert erfolgt, wäre die Werbemaßnahme niemals in dieser Form durchgeführt worden, stehen doch Kosten und Nutzen - unter Berücksichtigung der Glücksspielabgabe im Ausmaß der endgültigen Festsetzung - in einem krassen Missverhältnis. Dementsprechend liegt eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung gemäß § 3 Z 1 VO vor.
3.Ermessensübung
Sind alle Nachsichtsvoraussetzungen (also insbesondere eine persönliche oder sachliche Unbilligkeit) - wie im hier vorliegenden Fall - gegeben, so liegt die Bewilligung der Nachsicht im Ermessen der Abgabenbehörde. In diesem Zusammenhang müssen gemäß § 20 BAO Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Im Hinblick auf den konkreten Fall können gleich eine Vielzahl an Gründen vorgebracht werden, warum die Ermessensübung zugunsten der ***Bf1*** auszuüben ist:
Es kann der Nachsichtswerberin nicht vorgeworfen werden, verfügbare Mittel trotz offener Abgabenschulden anderweitig verbraucht zu haben oder keine Vorsorge für die fristgerechte und vollständige Abgabenentrichtung vorgenommen zu haben, obwohl eine solche Vorsorge möglich gewesen wäre. Schließlich wurden bislang fällige Abgabenansprüche pünktlich beglichen und nur die vollkommen außer Verhältnis stehende Festsetzung der Glücksspielabgabe stellt die Gesellschaft vor kaum lösbare Probleme bei der Abgabenentrichtung. Eine Vorsorge für eine derart hohe Abgabenbelastung war mit den verfügbaren finanziellen Mitteln schlicht in keinem höheren Ausmaß möglich.
Es gab keine Beanstandungen von Seiten der Finanzverwaltung im Hinblick auf die Führung von Aufzeichnungen und auch die hier relevante Glücksspielabgabe im Rahmen der Selbstberechnung wurde nach bestem Wissen auf Basis der damals vorhandenen Literatur und steuerlichen Beratung ermittelt.
Die Nachsicht würde sich auch nicht nur zu Gunsten anderer Gläubiger als der Finanzverwaltung auswirken. Im Gegenteil, einziger wesentlicher Gläubiger der ***Bf1***. ist die Finanzverwaltung aufgrund der Glücksspielabgabenfestsetzung. Eine Nachsicht würde also die prekäre wirtschaftliche Situation der Abgabenschuldnerin beseitigen und damit zu einer wirtschaftlichen Erholung führen.
Dabei ist zu beachten, dass es auch im Interesse des Abgabengläubigers liegt, eine wirtschaftliche Erholung und Gesundung eines Betriebes zu ermöglichen, weil dadurch die Steuerquelle erhalten bleibt. Genau dies würde im vorliegenden Fall durch die Nachsicht erreicht werden.
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass es im Rahmen der Ermessensübung keine Gründe gibt, die gegen die Ausübung des Ermessens zu Gunsten der ***Bf1*** sprechen. Umgekehrt konnten jedoch substantielle Gründe für eine positive Ermessensübung aufgezeigt werden, darunter insbesondere die jederzeit pünktliche Zahlung der fälligen Abgabenverpflichtungen und die vollständige wirtschaftliche Erholung der Abgabenschuldnerin durch die Nachsicht.
4. Antrag Aus all diesen Gründen stellt die Nachsichtswerberin hinsichtlich der bereits entrichteten Glücksspielabgabe den
ANTRAG,
das Finanzamt möge dem gegenständlichen Nachsichtsantrag stattgeben und die Abgabenschuld vollständig oder, in eventu, zumindest in einem Ausmaß von jenem Betrag, der die Glückspielabgabe für den Inlandsteil des ***3***-Gewinnspiels übersteigt, sohin im Ausmaß von EUR 9.993.152,72, nachsehen und die nachgesehene Abgabe abschreiben."
Dem Nachsichtsantrag war als Beilage ./1 die Patronatserklärung vom angefügt, welche nachfolgenden Inhalt hatte:
"1.Wir die ***1*** haben Kenntnis von den Glückspielabgabeverfahren zu ***3*** 2012 sowie ***5*** und ***6*** 2013. Wir sind weiters in Kenntnis, dass im Falle eines negativen Urteils des Bundesfinanzgerichtes es keinen ordentlichen Zahlungsaufschub für die Glückspielabgabe gibt.
Wir verpflichten uns hiermit unwiderruflich nach erster Aufforderung durch den Geschäftsführer gegenüber der ***Bf1*** die Gesellschaft mit den erforderlichen finanziellen Mitteln zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den oben angeführten Verfahren auszustatten, sodass diese jederzeit in Lage ist, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und/oder um eine gegenwärtige oder künftig eintretende insolvenzrechtliche Überschuldung hintanzuhalten bzw. abzuwenden. Die Zuführung der finanziellen Mittel hat Eigenkapitalwirksam zu erfolgen.
2.Unsere Haftung endet durch Erfüllung bzw. Wegfall sämtlicher Verpflichtungen der ***Bf1*** aus den Glückspielverfahren zu ***3*** 2012 sowie ***5*** und ***6*** 2013
3.Gegenständliche Patronatserklärung ist mit dem Betrag von € 36.000.000, begrenzt und ist zwei Jahre ab Ausstellung gültig.
4. Streitigkeiten aus oder über diese Patronatserklärung sind ausschließlich vor dem für Handelssachen zuständiges Gericht in Wien auszutragen. Es wird die Anwendung österreichischen Rechts vereinbart."
Bescheid
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag vom um Bewilligung einer Nachsicht abgewiesen. In der gesondert ergangenen Bescheidbegründung wurde ausgeführt:
"Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:
Gegenstand des Nachsichtsansuchens sind Glücksspielabgaben für das Jahr 2012 im Gesamtbetrag von 12.436.221,80 Euro, in eventu wird beantragt zumindest aber einen Betrag, der den "Inlandsteil übersteige" in Höhe von 9.993.152,72 nachzusehen. Die Beträge sind bereits entrichtet. Auch der den sog. Inlandsteil übersteigende Betrag von 9.993.152,72 Euro wurde nach Ergehen des Erkenntnisses RV/7100887/2017 vom mit Entrichtungsdatum bereits gezielt entrichtet. Die Entrichtung steht einer Nachsicht gem. § 236 Abs. 2 BAO aber nicht entgegen.
Zur Sache ist auf die Ausführungen im Erkenntnis RV/7100887/2017 zu verweisen, worin die Abgabenfestsetzung und Verfahren zur betreffenden Glücksspielabgabe dargestellt werden. Kurz dargestellt veranstaltete die Antragstellerin gemeinsam mit der D. ***7*** in der Zeit vom 15.November bis in den Ländern Deutschland, Luxemburg und Österreich ein Gewinnspiel. Das damalige Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel setzte gegenüber der Antragstellerin die Glückspielabgabe für das Jahr 2012 mit Bescheid unter Berücksichtigung der gesamten Preise in den 3 Ländern fest. Das Bundesfinanzgericht gab - in Folge des Vorlageantrages der Bf. - dieser Beschwerde mit Erkenntnis vom , RV/7104157/2014 teilweise statt und setzte die Glückspielabgabe - unter Zugrundelegung eines "österreichischen Preispools" mit dem Betrag von Euro 2.443.069,08 fest. Dagegen brachte das (damalige) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel Amtsrevision an den VwGH und die Antragstellerin eine ordentliche Revision an den VwGH ein. Mit Beschluss vom , Ro 2015/16/0039-9, wies der Verwaltungsgerichtshof die ordentliche Revision der Antragstellerin zurück.
Zur Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , ZI. A 2016/0002-0003 (Ro 2015/16/0038,0039) den Antrag gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof,- dieser möge 6 58 Abs. 3 GspG, BGBl. Nr.620/1989, in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2011, BGBl.I.Nr 76, zur Gänze, in eventu in § 58 Abs. 3 leg, cit. in der genannten Fassung den Klammerbegriff "(auch)" als verfassungswidrig aufheben. Der VwGH hege Bedenken, dass die, in § 58 Abs.3 GSpG, bei länderübergreifenden Gewinnspielen, geforderte Besteuerung der insgesamt in Aussicht gestellten Gewinne gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, und - mit dem Ergebnis dieser Gleichheitswidrigkeit - Art. 6 StGG zuwider laufe und die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 15 EU-GRC in unverhältnismäßiger Weise einschränke.
Diesen Antrag wies der VfGH mit Erkenntnis vom , G 35/2016 ab. Dabei führte der VfGH ausdrücklich zu 2.1.ff aus, der Verfassungsgerichtshof stimme der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofes zu, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine Bemessung im Verhältnis zu den schätzungsweise auf das Inland entfallenden Teilnahmen bei grenzüberschreitenden Glücksspielen im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) nicht vorsieht. Der dem Einzelnen in Aussicht gestellte Gewinn bilde in seiner Gesamtheit die Bemessungsgrundlage für die Abgabe. Der Verwaltungsgerichtshof und das Bundesfinanzgericht erachten in ihren Anträgen die angefochtene Bestimmung als gleichheitswidrig, weil die Abgabenpflicht nur durch die "Auslobung" im Inland ausgelöst werde. Damit entferne sich der Begriff des Glücksspiels nach S 58 Abs. 3 GSpG von der grundsätzlichen Definition in §1 Abs. 1 GSpG und dem Begriff des "Spiels", bei dem es sich um einen Glücksvertrag handle, der eine aktive Teilnahme voraussetze, wie es etwa auch bei der Bemessungsgrundlage "Einsatz" bei Ausspielungen (E 2 Abs. 1 GSpG) in 5 57Abs. 1 GSpG zum Ausdruck komme. Auch wenn man davon ausginge, dass die Glücksspielabgabe nach § 58Abs. 3 GSpG eine aus dem Gesetz nicht erschließbare Mindestbeteiligung "aus dem Inland" voraussetze, stünde einem solchen Verständnis immer noch das Bedenken entgegen, dass die Besteuerung unter unsachlicher Entfernung vom System des Glücksspielgesetzes und damit "in exzessiver Weise an Sachverhalte" anknüpfte. Ausgehend von der Zielrichtung der Neufassung des § 58 Abs. 3 GSpG durch das AbgÄG 2011 (ErlRV 1212 BlgNR, 24. GP, 31), einen wohl nicht nur grundsätzlichen Inlandsbezug für die Besteuerung von Preisausschreiben zu schaffen, verfehle das Tatbestandselement "wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet" eine sachlich differenzierte Anknüpfung der Besteuerung, namentlich der Höhe der Glücksspieiabgabe, an einen konkreten (inländischen) Sachverhalt.
2.1.3. Gemäß § 58 Abs. 3 GSpG unterliegen "Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) ohne Vermögenswerte Leistung gemäß § 2 Abs. 1Z 2 (Einsatz) einer Glücksspielabgabe von 5 vH der in Aussicht gestellten Vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet". Nach der angefochtenen Abgabenbestimmung genügt es sohin, dass das Preisausschreiben so ausgestaltet ist, dass dessen Ergebnis "ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt" (§ 1 Abs.1 GSpG). Eine (tatsächliche) aktive Teilnahme (Preisausschreibung) wird nicht verlangt. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist im Lichte der geltend gemachten gleichheitsrechtlichen Bedenken nicht entscheidend, ob und inwieweit sich der Begriff des Glücksspiels gemäß § 58 Abs.3 GSpG mit jenem in § 1 GSpG deckt; entscheidend ist vielmehr, ob der Gesetzgeber den Besteuerungsgegenstand und den Steuersatz gemäß § 58 Abs. 3 GSpG in unsachlicher Weise festgelegt hat. Eine solche Unsachlichkeit kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden:
Preisausschreiben iSd § 58 Abs. 3 GSpG unterscheiden sich zwar von herkömmlichen Glücksspielen darin, dass sie ohne Vermögenswerte Leistung des Teilnehmers erfolgen. Ungeachtet dessen bestehen Gemeinsamkeiten, weil auch Preisausschreiben den Charaktereines Spiels aufweisen und damit in einem weiten Sinn als Ausspielung betrachtet werden können (vgl. auch den nicht mehr geltenden § 15 Abs. 1Z 6 ErbStG, wonach Preisausschreiben als unentgeltliche Ausspielungen gegolten haben). Nicht zuletzt dies rechtfertigt, dass der Gesetzgeber die Belastungsentscheidung im Glücksspielgesetz auf Preisausschreiben ausdehnt, zumal worauf die Bundesregierung zutreffend verweist Lenkungsaspekte, die der Besteuerung von Glücksspielen zugrunde Hegen, auch für Preisausschreiben von Bedeutung sein können. Hiebei sieht das Gesetz seit dem Abgabenänderungsgesetz 2011. BGBL I Nr. 76. auch eine hinreichende Anknüpfung an das Inland vor, wenn der Verwaltungsgerichtshof und das Bundesfinanzgericht davon ausgehen, dass die Auslobung im Inland die Abgabenpflicht auslöst. Angesichts der bestehenden Unterschiede im Tatsächlichen gebietet der Gleichheitssatz auch nicht, dass die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage von Preisausschreiben notwendigerweise jener der Glücksspielabgaben entsprechen müsste. Auch der Verwaltungsgerichtshof und das Bundesfinanzgericht fuhren in ihren Anträgen keine Argumente ins Treffen, die eine Gleichbehandlung als sachlich geboten erscheinen ließen (vgl. im Übrigen auch VfSlg. 16.454/2002 zum Spielraum des Gesetzgebers bei steuerpolitischen Belastungsentscheidungen). Auch zu den Bedenken in Hinblick Art. 6 StGG und Art. 15 GRC hat der VfGH auf die obigen Ausführungen unter Punkt 2.1. verwiesen.
In der Folge hob der VwGH mit Erkenntnis vom , ZI. Ro 2015/16/0038, aufgrund der Amtsrevision das Erkenntnis des ZI RV/7104157/2014 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In der Begründung wird festgehalten, "dass Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs.3 GSpG die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne bildet. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses entbehrt die Annahme des Gerichts, es habe für Österreich einen eigenen "Preispool gegeben, in dieser Allgemeinheit einer Grundlage, weit nicht festgestellt ist, dass der inländischen Öffentlichkeit gleichermaßen auch die Begrenzung der in Aussicht gestellten Vermögenswerten Leistungen (Gewinne) anhand eines Preispools erklärt worden wäre."
Die gemeinsame Vorgehensweise beim Gewinnspiel hätte nach dem Nachsichtsansuchen nur dem Zweck gedient, Synergien zu nutzen, indem das Gewinnspiel für die deutschsprachigen Märkte gemeinsam geplant und die Beschaffungen gemeinsam erfolgt und die Durchführung gesamthaft koordiniert worden sei. Nach Ansicht der Antragstellerin sei aber für die Teilnehmer klar ersichtlich gewesen, dass nicht alle ausgelobten Preise für Teilnehmer in Österreich zu gewinnen gewesen wären und aus steuerrechtlicher Sicht nach dem Territorialitätsprinzip davon auszugehen sei, dass nur der "Inlandsteil" der österreichischen Glücksspielabgabe unterliege. Diesen Auslegungen der Antragstellerin sind, wie oben dargestellt, die Gerichtshöfe sowie das BFG nicht gefolgt. In den o.a. Verfahren wurde ausdrücklich ausgesprochen, dass die Anknüpfung an die Auslobung im Inland eine hinreichende Anknüpfung an das Inland darstellt und eine Einschränkung auf einen "Inlandsteil" nach dem Gesetz nicht erfolgt, wenn nicht ausdrücklich eine Einschränkung auf einen Inlandspool an Preise für die Teilnahme aus dem Inland festgelegt ist, sowie dass im zu beurteilenden Fall keine in diesem Sinn gegebene Einschränkung auf einen Inlandspreispool tatsächlich gegeben war.
Nach den Erkenntnissen der Gerichtshöfe und des Bundesfinanzgerichts ist die Glücksspielabgabe, wie sie festgesetzt und entrichtet wurde zutreffend und vollkommen rechtens, auch wenn die Antragstellerin dazu eine andere Meinung vertritt. Eine andere Beurteilung wurde weder vom zuständigen Finanzamt jemals in Aussicht gestellt oder angesprochen, noch ergäbe sich eine solche aus anderen Veröffentlichungen des BMF. Auch was die Bewertungen betrifft, ist es nicht Sache des Nachsichtsverfahrens, eine vermeintliche Unrichtigkeit in der Festsetzung nach den Vorstellungen der Antragstellerin zu korrigieren und damit in Endeffekt die Feststellungen im Abgabenfestsetzungs-verfahren und Erkenntnisse der Gerichte zu korrigieren. Dabei kann auch nicht von einer Unvorhersehbarkeit ausgegangen werden, zumal es am Veranstalter der Preisausschreiben liegt, die Anzahl der (wenngleich im einzelnen relativ geringen) Preise festzulegen und damit die Menge, aus denen sich die Bewertung als ein Faktor ergibt, als auch festzulegen welche Preise und damit welche Werte insgesamt ausgespielt werden.
Dass dabei das BFG im ersten Rechtsgang die Rechtansicht der Antragstellerin in Bezug auf die "Inlandstangente" geteilt hat, ändert nichts an der festgestellten Unrichtigkeit dieser Auffassung, die das BFG im Erkenntnis RV/7100887/2017 auch richtiggestellt hat.
Insoweit sich aus der aktuell noch anhängigen Revision der Antragstellerin gegen dieses Erkenntnis des BFG (Ro 2019/17/0005) eine Änderung, allenfalls in einem fortgesetzten Verfahren ergeben kann, würde diese eine Abänderung und gegebenenfalls Herabsetzung der Glücksspielabgabe ergeben. Diesbezüglich wäre eine Nachsicht auch nicht zutreffend, als eine inhaltliche Unrichtigkeit im Wege der Festsetzung und des Rechtsstreits im Festsetzungsverfahren zu beseitigen ist und nicht Sache eines Nachsichtsverfahrens sein kann.
Gemäß § 236 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten nachgesehen werde, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe kann eine sachliche oder persönliche sein. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung einer Abgabe die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers gefährdet. Persönliche Unbilligkeit kann neben Existenzgefährdung auch schon vorliegen, wenn die Abgabeneinhebung mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, etwa indem nur noch die Veräußerung von Vermögen möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme. Bei einer Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes liegt eine persönliche Unbilligkeit (Existenzgefährdung durch eine drohende Abgabeneinhebung) im Sinne des § 236 BAO nicht vor. Dass die Abgaben dabei einerseits durch Kostenüberwälzung im Konzern bzw. aufgrund einer Patronatserklärung geleistet werden konnten, begründet keine Unbilligkeit. Derartige Finanzierungen, sei es durch Garantien, Patronatserklärungen, Kredit- oder Eigenkapitalzuschüsse in international agierenden Konzernen sind weder im Allgemeinen ungewöhnlich noch im zu beurteilenden Einzelfall, sondern sind gängige Praxis der Konzernfinanzierung. Dass Kreditfinanzierungen dabei möglicherweise einer Rückzahlungssperre des EKEG unterliegen, stellt dabei auch keine Besonderheit dar. Ebenso nicht der Umstand, dass es idR dem Patron überlassen bleibt, auch Eigenkapital zuzuführen, damit die Gesellschaft ihre, auch unerwarteten und auch im Wirken für die österreichische und für andere Landesgesellschaften zur Erhaltung und Vermehrung von Einnahmen, zB von Franchisegebühren durch Werbemaßnahmen begründete Abgabenschuld erfüllen kann. Insbesondere ergibt sich daraus auch nicht, dass eine Finanzierung, welcher Art immer, für die Antragstellerin nicht möglich war. Das Vorliegen der Patronatserklärung, die auch verlängert wurde zeigt auch das Interesse des Konzerns an der die Glücksspielabgabe auslösenden und über die Landesgrenzen Österreichs hinausgehenden Tätigkeit der Antragstellerin, die als reine Service-Funktion bezeichnet wird und wurde offensichtlich zur Erfüllung auch weiter verlängert. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass, hätte die Antragstellerin die entstehenden Abgabenschulden richtig eingeschätzt, auch im Vorhinein eine Umlage auf die weiteren Landesgesellschaften, zu deren Gunsten die Werbemaßnahme/Gewinnspiel auch veranstaltet wurde, erfolgt wäre. Die Fehleinschätzung der steuerlichen Auswirkung des Gewinnspiels stellt indes ein Unternehmenswagnis dar, das keine Unbilligkeit begründet und auch konzernintern für die Antragstellerin ausgeglichen werden konnte.
Eine sachliche Unbilligkeit ist auch anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht zu beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (). Diese Voraussetzungen liegen angesichts einerseits der Gestaltbarkeit und Gestaltung des Preisausschreibens durch die Veranstalterin selbst und der Möglichkeit der Abschätzung der Glückspielabgabe nach Maßgabe der eigenen Gestaltung, allenfalls nach Einholung einer Auskunft der zuständigen Abgabenbehörde nicht vor.
Wenn dabei im Hinblick auf Vertrauensschutz das Abweichen in der Rechtsprechung vom Prinzip der Territorialität moniert wird und auf Veröffentlichungen des BMF iSd § 3 Z 2 lit b der VO Bezug genommen wird, ist zu sagen, dass Solches in Wahrheit nicht vorliegt. Weder hat der VwGH noch der VfGH das Territorialitätsprinzip nicht angewendet oder aufgegeben, sondern hat der VfGH klar ausgesprochen, dass als inländischer Anknüpfungspunkt reicht, dass sich "das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet", wie das Gesetz in § 58 Abs. 3 GSpG klar formuliert bzw. die "Auslobung im Inland", wie von BFG und VwGH formuliert, ein hinreichender inländischer Anknüpfungspunkt ist. Auch die GebR oder die VereinsRL legen keineswegs nahe, dass angesichts des Gesetzeswortlauts des GSpG keine Steuerpflicht gegeben wäre oder eine bloß eingeschränkte, wenn sich das Gewinnspiel "auch" an die inländische Öffentlichkeit richtet, aber auch darüber hinaus. Insbesondere auch aus der angeführten Rz. 690 der VereinsRL ist eine solche Auslegung nicht ableitbar. Rz. 690 bezieht sich auch ausdrücklich auf entgeltliche Ausspielungen und darauf, dass die Teilnahme daran vom Inland aus erfolgt. Dass nur ein Inlandsteil steuerpflichtig wäre, wird nicht angesprochen. Und Preisausschreiben (kurz Gewinnspiele ohne Einsatz) sind in Rz. 692 angeführt, sowie dazu die Bemessung nach "der in Aussicht gestellten Vermögenswerten Leistung (Gewinn)" ohne Einschränkungen dargestellt. Auch besondere Dispositionen, die im Vertrauen auf geäußerte Rechtsauslegungen durch das BMF erfolgt wären, sind nicht ersichtlich. Dieses Erfordernis ist auch der VO (BGBl. II 2005/435 idgF) zu entnehmen, da in § 3 Z 2 lit. b der VO ausgeführt wird, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhalts bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden (). Solche Dispositionen in Bezug auf das Preisausschreiben sind jedoch nicht erkennbar, lediglich ein Vertrauen auf die eigene Rechtsauslegung. Ein Vertrauen auf eine irrtümliche Auslegung ist aber nicht durch die angesprochene VO geschützt. Sie gehört zu den allgemeinen Risiken der Teilnahme am Geschäftsverkehr der Antragstellerin, die nicht im Wege einer Unbilligkeit nach § 236 BAO zu Lasten des Abgabengläubigers fallen können (s.a. RV/7102434/2014 vom ).
Eine Unbilligkeit des Einzelfalles ist nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage festzustellen ist, die alle Abgabepflichtigen (in vergleichbarer Situation) in gleicher Weise trifft.
Die gegen die Abgabenfestsetzung eingebrachte Beschwerde wurde nach den o.a. Verfahren mit BFG-Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Die gegen die Festsetzung der Glücksspielabgabe erhobenen Einwendungen einer unzulässigen und überhöhten Festsetzung, die nunmehr auch zur Begründung des Nachsichtsansuchens wiederholt werden, wurden im ordentlichen Rechtsmittelweg und auch den Verfahren vor den Gerichtshöfen als unzutreffend erkannt und die Festsetzung der Giücksspielabgabe bestätigt. Im Detail ist dazu auf das Erkenntnis des BFG RV/7100887/2017 und auch die dortigen Feststellungen zu den betreffenden VwGH- und VfGH- Verfahren zu verweisen.
Dabei kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis mit einer anormalen Belastungswirkung eintritt.
Eine sachliche Unbilligkeit liegt nicht vor, wenn sie ganz allgemein die Auswirkung genereller Normen ist (; , 96/15/0154; , 99/16/0099; , 2003/17/0253; , 2004/16/0151; , 2013/17/0498).
Auch Folgen des allgemeinen Unternehmerwagnisses sind idR keine solche Unbilligkeit (zB . 95/14/0062: . 98/14/0147: . 2003/15/0099: . 2005/17/0175: . 2007/17/01601. zB Konjunkturschwankungen ( . 88/17/0218: . 98/15/0176: . 2005/17/0175: . 2007/17/0039). Forderungsausfälle (. 2003/13/0156) oder weil sich eine Überwälzung der Abgabe auf den Kunden des Abgabepflichtigen als unmöglich erweist (). Als Kunden sind hier auch die beworbenen Gesellschaften (österreichische und ausländische), für deren Produkte bzw. Absatz das Gewinnspiel veranstaltet wurde, zu sehen. Dasselbe gilt aber auch allgemein, wenn (allenfalls auch unerwartete) Abgabenbelastungen nicht auf Mitveranstalter oder andere Konzerngesellschaften, in deren Interesse der abgabenauslösende Sachverhalt gesetzt wurde, überwälzt werden könnten.
Die Nachsicht dient nicht dazu, vermeintliche oder behauptete Unrichtigkeiten in der Abgabenfestsetzung zu beseitigen (). Der Unbilligkeitstatbestand des § 236 BAO stellt nicht auf die Festsetzung, sondern auf die Einhebung einer Abgabe ab. Auf die Behauptung der Unbilligkeit im Sinn von inhaltlicher Unrichtigkeit eines Abgabenbescheides kann daher ein Nachsichtsansuchen nicht mit Erfolg gestützt werden (). Das Nachsichtsansuchen ist auch nicht dazu vorgesehen und geeignet, eine Abgabenfestsetzung, die im Rechtsmittelweg durch das Bundesfinanzgericht, nach Befassung auch des VwGH und des VfGH, bestätigt wurde, durch die Abgabenbehörde abzuändern und zu konterkarieren. Das gilt sowohl dem Grunde nach, als auch hinsichtlich der Bewertung der Bemessungsgrundlage für die Abgabe, zumal die Bewertung auch wesentlicher Teil des Abgabenfestsetzungsverfahrens ist und auch vom BFG in der Entscheidung über die Beschwerde letztlich getroffen wurde. Auch diese Entscheidung über die Bewertung ist nicht durch eine Nachsicht zu korrigieren, wenn man (wie die Antragstellerin) von einer Unrichtigkeit ausginge.
Der Beurteilung als unrichtig schließt sich das Finanzamt im Übrigen ausdrücklich nicht an. Aus genannten Gründen war Ihrem Ansuchen der Erfolg zu versagen, da in der Gesamtschau weder eine sachliche, noch eine persönliche Unbilligkeit in der Einhebung gegeben war, kam eine Ermessensübung nicht in Betracht."
Beschwerde
Mit Schriftsatz vom erhob die bf. Partei fristgerecht Beschwerde und führte in ihrer Beschwerdebegründung (auszugsweise) aus:
"4.1. Zur Inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids
4.1.1. Keine Korrektur des Abgabenfestsetzungsverfahrens im Wege der Nachsicht
Das Finanzamt lehnt den beschwerdegegenständlichen Antrag zunächst unter Hinweis auf den vermeintlichen Zweck bzw Nicht-Zweck des Nachsichtsverfahrens ab und vertritt in diesem Zusammenhang die nachstehende Auffassung (siehe Bescheidbegründung S 3): […]
Dieser Logik des Finanzamts folgend könnten nur unrechtmäßig festgesetzte Abgabenschuldigkeiten nachgesehen werden. Für eine Nachsicht nach § 236 BAO ist es aber prinzipiell unerheblich, ob die antragsgegenständlichen Abgaben richtig oder unrichtig festgesetzt wurden. Es kommt nur darauf an, ob die Einhebung/Entrichtung der (richtig oder unrichtig festgesetzten) Abgabe nach Lage des Einzelfalles persönlich oder sachlich unbillig wäre. Es ist insofern exemplarisch auf die jüngste Rechtsprechung des VwGH betreffend die Nachsicht zu Unrecht festgesetzter Abgaben zu verweisen […]
Ob die Festsetzung der Abgabe rechtmäßig oder unrechtmäßig erfolgte, bildet sohin in Bezug auf die Unbilligkeit - entgegen der voranstehenden Auffassung des Finanzamts - kein positives oder negatives Ausschlusskriterium. § 236 BAO stellte nur auf die Einhebung ab. Sowohl rechtmäßig fest gesetzte wie nicht rechtmäßig festgesetzte Abgaben können im Fall der Unbilligkeit der Entrichtung nachgesehen werden.
Soweit das Finanzamt daher zu erkennen gibt, die beantragte Nachsicht schon allein deshalb nicht gewähren zu wollen, weil die Abgabenfestsetzung - nach Auffassung des Finanzamts - sowohl dem Grund wie der Höhe nach "vollkommen rechtens" erfolgte, verkennt es nicht nur den Sinn und Zweck (Vermeidung einer Einhebungsunbilligkeit), sondern auch die Voraussetzungen (Einhebungsunbilligkeit und nicht Festsetzungsunbilligkeit) einer Nachsicht.
Gleichzeitig wirft das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, sie missbrauche das Nachsichtsverfahren dazu, behauptete Unrichtigkeiten in der Abgabenfestsetzung zu korrigieren/revidieren, wozu das Nachsichtsverfahren aber nicht diene. Das Finanzamt argumentiert hier wie folgt (siehe Bescheidbegründung S 5 f):[…]
Soweit diese Ausführungen erneut die (unrichtige) Ansicht des Finanzamts widerspiegeln, für rechtsrichtig festgesetzte Abgaben bestehe schon perse keine Nachsichtsmöglichkeit, kann auf die voranstehenden Ausführungen verwiesen werden.
Wenn das Finanzamt zusätzlich vorbringt, im Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom werde keine persönliche oder sachliche Unbilligkeit der Einhebung geltend gemacht, sondern eine gemäß Rechtsprechung des VwGH dem Rechtsmittelverfahren vorbehaltene Unbilligkeit der Festsetzung, so ist dem zu entgegnen, dass dieser Einwand des Finanzamts jeder tatsächlichen Grundlage entbehrt und sich schon daher einer weiteren inhaltlichen Auseinandersetzung entzieht.
Wann immer die Beschwerdeführerin sich in ihrem Nachsichtsantrag mit der im vorliegenden Fall ergangenen Rechtsprechung des BFG, VwGH und VfGH auseinandersetzt und ihrer - natürlich abweichenden - Rechtsansicht gegenüberstellt, so geschieht dies offenkundig nicht in der Absicht die Unrichtigkeit/Unbilligkeit der Abgabenfestsetzung zu beweisen, sondern um fallkonkret die sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Sinn der zu § 236 BAO ergangenen Verordnung BGBl II 449/2013 (Im Folgenden "VO") unter Bezugnahme auf die fallspezifischen Umstände konkret darzulegen (siehe hierzu anschaulich S 13 ff des Nachsichtsantrags).
Unter Berücksichtigung des Vorgesagten erweist sich auch die Behauptung des Finanzamts bezüglich einer unzulässigen (wiederholenden) Begründung des Nachsichtsantrags als unzutreffend (siehe Bescheidbegründung S 5): […]
Die Beschwerdeführerin macht im Nachsichtsantrag zwecks Begründung gerade nicht die Unbilligkeit der Abgabenfestsetzung, sondern die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung geltend. Ihre tatsächlich bestehenden Einwendungen gegen die Abgabenfestsetzung bringt die Beschwerdeführerin - aktenkundig - per Revision an den VwGH vor. Das entsprechende Verfahren ist - wie oben ausgeführt - derzeit unter der Geschäftszahl Ro 2019/17/0005 anhängig.
4.1.2. Keine Nachsicht wegen der noch anhängigen Revision (Ro 2019/17/0005)
Das Finanzamt lehnt die Nachsicht auch unter Verweis auf die oben er wähnte, derzeit noch unter Ro 2019/17/0005 beim VwGH anhängige ordentliche und außerordentliche Revision der Beschwerdeführerin vom betreffend die Entscheidung des , ab. Das Finanzamt führt hierzu Folgendes aus (siehe Bescheidbegründung S 3 f): […]
Nach § 236 Abs 1 BAO setzt ein Antrag auf Nachsicht nur die Fälligkeit der Abgabe voraus. Gemäß § 236 Abs 2 BAO können auch bereits entrichtete Abgaben nachgesehen werden. Die Rechtskraft der Abgabenvorschreibung (Erledigung sämtlicher offener Rechtsmittel) ist hingegen keine Voraussetzung für die Nachsicht. Die noch anhängige ordentliche und außerordentliche Revision der Beschwerdeführerin ist daher für das gegenständliche Nachsichtsverfahren ohne Bedeutung und steht der begehrten Nachsicht prinzipiell nicht entgegen. Mit der oben zitierten Rechtsauffassung verkennt das Finanzamt die Rechtslage.
Vielmehr ist zu konstatieren, dass sich die Beschwerdeführerin durch die parallele Führung des Revisions- und Nachsichtsverfahrens - entgegen den unter Punkt 2.1. dargestellten Anwürfen des Finanzamts völlig gesetzeskonform verhält und entsprechend der diesbezüglichen Rechtsprechung des VwGH vorgeht, dh
ihre Einwendungen gegen die unrichtige Abgabenfestsetzung im Rechtsmittel- bzw Revisionsverfahren (Ro 2019/17/0005) vorbringt und
ihre Argumente betreffend die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung - auf Basis der Rechtsprechung des BFG und VWGH "as is" - im hier gegenständlichen Nachsichtsverfahren präsentiert.
Auch dies zeigt fraglos, dass die Behauptung des Finanzamts unzutreffend ist, wonach die Beschwerdeführerin versuche, eine aus ihrer Sicht unrichtige Abgabenfestsetzung in unzulässiger Weise im Wege des Nachsichtsverfahrens zu revidieren/korrigieren.
4.1.3. Keine Nachsicht mangels persönlicher Unbilligkeit
Das Finanzamt lehnt den Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom auch mit der Behauptung ab, es liege keine persönliche Unbilligkeit vor und führt hierzu zunächst Folgendes aus (siehe Bescheidbegründung S 4): […]
Die Beschwerdeführerin hat die Nachsicht der Abgabe aber niemals mit dem Argument der "Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstands" begehrt. Vielmehr wird im Nachsichtsantrag vom dezidiert dargestellt, wie und warum es durch die Einhebung der Glückspielabgabe zu einer "Existenzgefährdung durch die Abgabeneinhebung" kam (siehe ausführlich Nachsichtsantrag S 8 ff). Der Einwand des Finanzamts geht daher ins Leere.
Weiterführend bestreitet das Finanzamt das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit mit dem folgenden Argument (siehe Bescheidbegründung S 4): […]
Die Beschwerdeführerin hat im Antrag auf Nachsicht vom nie behauptet, die Abgabeneinhebung sei unbillig, weil die Abgabenentrichtung "durch Kostenüberwälzung im Konzern bzw eine Patronatserklärung geleistet" wurde. Die Begründung des Finanzamts geht am entscheidenden Punkt des Nachsichtsantrags vorbei. Durch die Festsetzung/Einhebung der Glücksspielabgabe (EUR 12.436.221,80) war die Beschwerdeführerin im Sinn des § 67 IO überschuldet (!).
Nur durch (außertourliche) Hilfsmaßnahmen der ***1*** (Patronatserklärung und Eigenkapitalzufuhr), bei denen es sich fallkonkret - entgegen der Auffassung des Finanzamts - eben um keine all tägliche Konzernfinanzierung, sondern um eine außerordentliche Rettungsmaßnahme gehandelt hat - konnte der Fortbestand der Beschwerdeführerin gesichert und deren Insolvenz vermieden werden. Ohne die Intervention der ***1*** hätte die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit auf Grund der Glückspielabgabenschulden nicht aufrechterhalten können bzw wäre letztlich abzuwickeln gewesen oder mit anderen Worten: Existenzgefährdung durch die Abgabeneinhebung und damit persönliche Unbilligkeit (siehe hierzu ausführlich Nachsichtsantrag S 8 ff). Das Argument des Finanzamts ist insgesamt mangels Sachbezug belanglos.
Weiters verneint das Finanzamt das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit auch unter Verweis auf die "gängige Praxis der Konzernfinanzierung" und negiert damit letztlich die persönliche Unbilligkeit mit der erfolgten Entrichtung der Glücksspielabgabe (siehe Bescheidbegründung S 4): […]
Die im vorliegenden Fall erfolgte Entrichtung der Glücksspielabgabe ist kein für die Nachsicht relevantes Kriterium. Entrichtete (§ 236 Abs 1 BAO) wie nicht entrichtete Abgaben (§ 236 Abs 2 BAO) können gleichermaßen nachgesehen werden. Für die Nachsicht entrichteter Abgaben ist an den Begriff der Unbilligkeit auch kein anderer (kein strengerer) Maßstab anzulegen als bei der Nachsicht noch nicht entrichteter Abgabenschulden. Daraus, dass die Abgabe im Wege einer konzerninternen Finanzierung entrichtet werden konnte, ist daher nichts für die Position des Finanzamts zu gewinnen. Ob und wie die Glücksspielabgabe entrichtet wurde, ist irrelevant. Die (konzerninterne finanzierte) Abgabenentrichtung hat keinen Einfluss auf die oben dargestellte, fallkonkret vorliegende persönliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung auf Ebene der Beschwerdeführerin, welche die Abgabenschuldigkeiten allein nie hätte bedienen können (siehe Nachsichtsantrag S 9)
Ferner bestreitet das Finanzamt das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit damit, dass sich lediglich das allgemeine Unternehmerwagnis realisiert hätte und daher keine persönliche Unbilligkeit vorliege (siehe Bescheidbegründung S 4) […]
Einleitend ist festzuhalten, dass die voranstehenden Spekulationen unzutreffend sind. Wäre auch nur ansatzweise abzusehen gewesen, dass in Zusammenhang mit dem Gewinnspiel Glücksspielabgaben in zweistelliger Millionenhöhe (!) anfallen würden, so wäre die gesamte Werbemaßnahme - wegen offenkundiger Unwirtschaftlichkeit - nicht durchgeführt worden. Konzernseitig hätte keinerlei Interesse an der Kampagne bestanden. Die Frage nach Konzernumlagen zur Deckung der Glückspielabgabe etc hätte sich nie gestellt.
Die dem "Unternehmerwagnis"-Argument des Finanzamts zu Grunde liegende Rechtsprechung des VwGH ist zudem nicht einschlägig, da sich die Rechtsprechung des VwGH auf Fälle bezieht, in denen die Fehleinschätzung beim Abgabepflichtigen lediglich zu Nachteilen führten, die diesen aber - anders als im vorliegenden Fall - nicht in seiner Existenz bedrohten und nur auf den Abgabengläubiger überwälzt werden sollten.
Das Argument kann schon daher nicht verfangen und fallbezogen die persönliche Unbilligkeit nicht beseitigen, mag es nun eine Fehleinschätzung gegeben haben oder nicht.
4.1.4. Keine Nachsicht mangels sachlicher Unbilligkeit
Das Finanzamt verneint das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit ua damit, dass - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - im Hinblick auf den Vertrauensschutz kein Abweichen von der Rechtsprechung des VwGH und VfGH vorläge (siehe Bescheidbegründung S 4 f): […]
Das Argument des Finanzamts ist inhaltlich unsachgemäß, zeigt aber gleichzeitig das irrige Verständnis des Finanzamtes.
Wenn die Beschwerdeführerin zunächst in puncto Vertrauensschutz ein Abgehen vom Territorialitätsprinzip im Bereich der Rechtsprechung moniert, so geht es offenkundig um das Abweichen vom damaligen "inländischen Anknüpfungspunkt" des Territorialitätsprinzips. Nach der gesamten seinerzeitigen
Lehre
Rechtsprechung des VwGH
Rechtsprechung des VfGH
Rechtsprechung des BFG
worin Bezug auf den Auslandsteil des gegenständlichen Gewinnspiels unter dem Aspekt der Territorialität nämlich nicht einmal in Grundzügen ein "hinreichender inländischer Anknüpfungspunkt" zu vermuten. Die Beschwerdeführerin moniert daher- entgegen der Auffassung des Finanzamts - in Bezug auf § 3 Z 1 der VO völlig zu Recht - wenn auch verkürzt ausgedrückt - ein ,,Abweichen in der Rechtsprechung vom Prinzip der Territorialität" (siehe hierzu ausführlich Nachsichtsantrag S 13 ff)
Soweit das Finanzamt in diesem Zusammenhang zudem zu erkennen gibt, der inländische Anknüpfungspunkt von § 58 Abs 3 GSpG sei immer "klar" gewesen, so sei darauf verwiesen, dass dieser Punkt erst im gegenständlichen Verfahren erhellt wurde und selbst der VwGH hierzu den VfGH anrufen musste (siehe Punkt 3.4.) und das BFG im ersten Rechtsgang noch die Auffassung der Beschwerdeführerin geteilt hat (siehe Punkt 3.3.).
Soweit sich die Beschwerdeführerin betreffend Vertrauensschutz weiterführend auf § 3 Z 2 lit b der VO beruft und sich auf die VereinsRL und GebR bezieht, so vertritt das Finanzamt folgende Auffassung (siehe Bescheidbegründung S 5): […]
Die Behauptung des Finanzamts, die VereinsRL vermöchten im gegenständlichen Fall keinen Vertrauensschutz in Bezug auf den Umfang der Steuerpflicht zu tragen, ist falsch. Rz 690 der VereinRL besagt wortwörtlich, "Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt unterliegen - unabhängig davon, ob dafür eine Bewilligung vorliegt - einer Glücksspielabgabe […]"
Dies entsprich aber exakt der (damaligen) Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, dass (nach dem damaligen Verständnis des Territorialitätsprinzips) nur der Inlandsteil des Gewinnspiels (dh die der österreichischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellten Preise) der Glücksspielabgabe unterläge, da ja nur an der Ausspielung dieses Teils "vom Inland aus" teilgenommen werden konnte. Das Vorbringen des Finanzamts, aus den VereinRL könne nicht abgeleitet werden, dass nur der Inlandsteil des Gewinnspieles der Glücksspielabgabe nach § 58 Abs 3 GSpG unterliege, ist daher evident unzutreffend. Offenkundig ist genau das Gegenteil der Fall. Die Beschwerdeführerin beruft sich in ihrem Nachsichtsantrag daher zu Recht auf § 3 Z 2 lit b der VO sowie die VereinsRL zur Begründung der fallkonkret gegebenen sachlichen Unbilligkeit der Abgabeneinhebung (siehe hierzu Nachsichtsantrag S 15 f)
Auch verneint das Finanzamt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Z 2 lit b der VO, da die Beschwerdeführerin nicht im Vertrauen auf die Rechtsansicht des BMF disponiert hätte (siehe Bescheidbegründung S 5): […]
Auch das ist falsch. Bei der Vorbereitung und Durchführung des Gewinnspiels ist die Beschwerdeführerin mit äußerster Sorgfalt vorgegangen und hat sich selbstverständlich auch mit den steuerlichen Gegebenheiten, ein schließlich der zu erwartenden Glücksspielabgabe, auseinandergesetzt. Dabei kam sie insbesondere unter Berücksichtigung der diesbezüglich eindeutigen Rz 690 der VereinsRL zum Schluss, dass nur der Inlandsteil des Gewinnspiels der Glückspielabgabe unterliegen würde. Wäre im Jahr 2012 - sei es nun gemäß damaliger Lehre, Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis-auch nur im Entferntesten abzusehen gewesen, dass in Zusammenhang mit dem Gewinnspiel Glücksspielabgaben in Höhe von insgesamt EUR 12.436.221,80 (!) anfallen würden, so wäre die gesamte Werbemaßnahme - wegen offenkundiger Unwirtschaftlichkeit - nicht durchgeführt worden. Mit anderen Worten: Gerade im Vertrauen auf die VereinRL wurde das gesamte Gewinnspeil ausgerichtet. Hierbei handelt es sich zweifelsfrei um eine (relevante) "besondere Disposition" im Sinn des § 3 Z 2 lit b der VO handelt.
Darüber hinaus stellt das Finanzamt das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit in Abrede, da das steuerliche Ergebnis - entgegen der Rechtsprechung des VwGH - für die Beschwerdeführerin nicht unvorhersehbar und nicht unbeeinflussbar gewesen sei (siehe Bescheidbegründung S 3 und S 4):[..]
Soweit das Finanzamt fehlende Unvorhersehbarkeit moniert, kann zunächst auf die voranstehenden Ausführungen verwiesen werden. Wie für die Beschwerdeführerin ein Umfang des Territorialitätsprinzips (hinreichender inländischer Anknüpfungspunkt) vorhersehbar hätte gewesen sein sollen, der von der gesamten damaligen Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis abwich, wird, salopp gesagt, wohl für immer ein ungelöstes Geheimnis bleiben. Den hinreichenden inländischen Anknüpfungspunkt konnte damals niemand kennen/erkennen, wurde dieser doch erst vom VfGH im Zuge des hier gegenständlichen Verfahrens determiniert, wobei vielleicht auch angemerkt sei, dass - ebenso wie die Beschwerdeführerin - weder das BFG (sonst hätte es der Beschwerdeführerin nicht im ersten Rechtsgang Recht gegeben) noch der VwGH (sonst wäre er mit der Frage nicht an den VfGH herangetreten) diesen zu antizipieren vermochten.
In Zusammenhang mit der Vorhersehbarkeit der angefallenen Glücksspielabgabe ist zudem darauf hinzuweisen, dass sich die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung auch auf die fallkonkret vor genommene Bewertung der Preise durch das Finanzamt stützt (siehe hierzu ausführlich Nachsichtsantrag S 17 ff) bezieht. Dass das Finanzamt im Wege der Schätzung zu einer Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 248.724.436,00 (!) für die Glücksspielabgabe kommen würde, die zu der nunmehrig streitgegenständlichen Abgabenforderung von EUR 12.436.221,80 (!) führen würde, war - bei bestem Willen - für die Beschwerdeführerin nicht abzusehen.
Plakativ zeigt sich dies am Beispiel der ausgespielten "***2***"-Gutscheine, auf die über 90 % der Bemessungsgrundlage/Glücksspielabgabe entfallen. Die Gutscheine
wurden der Beschwerdeführerin von "***2***" unentgeltlich zur Verfügung gestellt und
konnten von jedermann, jederzeit, unbegrenzt gratis aus dem Internet heruntergeladen werden,
sodass die Beschwerdeführerin den Gutscheinen - weil objektiv (und für jedermann) ohne Wert - gemäß § 10 BewG einen gemeinen Wert von EUR 0,00 beimaß.
Der Beschwerdeführerin kam und konnte dabei gar nicht in den Sinn kommen, dass seitens des Finanzamts später eine derart hohe Bewertung der Gutscheine (EUR 10 pro Stück) erfolgen würde, dass schließlich (über) 90 % der Bemessungsgrundlage (dh EUR 223.851.992,40) bzw (über) 90 % der festgesetzten Glücksspielabgabe (dh EUR 11.192.599,62) auf diese entfallen würde. Es gab schlicht keinerlei Handhabe, dies irgendwie vermuten zu müssen, zumal der VfGH überhaupt erst feststellte, dass der Wert der Gutscheine aus Sicht des Empfängerhorizonts zu bewerten ist und die Schätzungen des Finanzamts, etwa in Bezug auf die oben erwähnten "***2***"-Gutscheine EUR 10 pro Stück, bis heute nicht nachvollzogen werden können.
Dass die nachsichtgegenständliche Glücksspielabgabe in der gegebenen Form anfallen würde, war daher- entgegen der Auffassung des Finanzamts - für die Beschwerdeführerin weder dem Grunde (Territorialitätsprinzip), noch der Höhe nach (Bemessungsgrundlage) absehbar.
Aus diesem Grund war - entgegen den Behauptungen des Finanzamts - seitens der Beschwerdeführerin auch keine Beeinflussbarkeit/Gestaltbarkeit der Glückspielabgabe gegeben. Es ist schlicht nicht ersichtlich, wie die Beschwerdeführerin angesichts der Unvorhersehbarkeit der relevanten Besteuerungsgrundlagen, die sich überhaupt erst aus der späteren Rechtsprechung des VfGH ergaben (Bewertung aus Sicht des Empfängerhorizonts, etc), in der Lage hätte sein sollen, das Gewinnspiel im Hinblick auf die Glücksspielabgabe bewusst anders zu gestalten.
Wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt, ist nämlich nicht allein entscheidend, welche und wie viele Preise ausgespielt werden, wie das Finanzamt meint, sondern eben gerade auch wie diese zu bewerten sind. Dementsprechend ist die Behauptung des Finanzamts offenkundig irrig, die Beschwerdeführerin habe die "Möglichkeit der Abschätzung der Glücksspielabgabe nach Maßgabe der eigenen Gestaltung" gehabt, lag es doch offensichtlich gerade nicht in der Macht der Beschwerdeführerin abzuschätzen/festzulegen, "welche Werte" ausgespielt wurden. Ansonsten wären etwa die oben erwähnten ,,***2***"-Gutscheine mit dem von der Beschwerdeführerin beigelegten Wert von EUR 0,00 und nicht mit (nachgerade absurden) EUR 223.851.992,40 gemäß Schätzung des Finanzamts in die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe eingegangen.
Aus der nicht vorhersehbaren, denkbar weiten Auslegung des "hinreichenden inländischen Anknüpfungspunkts" durch den VfGH in Verbindung mit , einer ebenso unvorhersehbaren, geradezu obszönen Schätzung des Finanzamts ergibt sich ein atypischer Vermögenseingriff (Glücksspielabgabe im zweistelligen Millionenbereich), der im offenbaren Widerspruch zur Intention des Gesetzgebers steht (angemessene Besteuerung von Gewinnspielen), der seine Wurzeln in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf hat (siehe hierzu die "abenteuerliche" Genese der gegenständlichen Glücksspielabgabe unter Punkt 3.), der von der Beschwerdeführerin nicht beeinflusst werden konnte (siehe oben) und eine nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge nicht zu erwartende Abgabenschuld (EUR 12.436.221,80) auslöste. Es war nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sicher nicht zu er warten, dass objektiv wertlose Gutscheine für Zwecke der Glücksspielabgabe mit EUR 223.851.992,40 bewertet würden, sodass fallkonkret sachliche Unbilligkeit im Sinn der Rechtsprechung des VwGH16 vorliegt.
Daran ändert auch der Einwand des Finanzamts nicht, eine solche sachliche Unbilligkeit liege nicht vor, da die angefallen Glücksspielabgabe lediglich eine "Auswirkung der allgemeinen Rechtslage" sei (siehe Bescheidbegründung S 5), beruht doch die geltend gemachte Unbilligkeit nicht zuletzt auch auf der anormalen Belastungswirkung auf Grund der (überhöhten) Bewertung/Schätzung der Preise durch das Finanzamt (siehe Nachsichtsantrag S 17 ff), bei der es sich sicher nicht um eine ,,Auswirkung der allgemeinen Gesetzeslage" handelt.
Gleiches gilt für den Einwand des Finanzamts, es liege keine sachliche Unbilligkeit vor, da sich die Glücksspielabgabe als Folge des ,,allgemeinen Unternehmerwagnisses" darstelle (siehe Bescheidbegründung S 5). Wie schon in Zusammenhang mit der persönlichen Unbilligkeit ausgeführt wurde, ist die dem "Unternehmerwagnis"-Argument des Finanzamts zu Grunde liegende Rechtsprechung des VwGH fallkonkret nicht einschlägig (siehe Punkt 4.1.3.).
Im Übrigen ist die gegenständliche "Fehleinschätzung der steuerlichen Auswirkung des Gewinnspiels" sicherlich auch nicht unter das allgemeine Unternehmerwagnis subsumierbar (siehe Bescheidbegründung S 4). Es ist insofern auf die voranstehenden Ausführungen zur Vorhersehbarkeit und Gestaltbarkeit zu verweisen. Die fallgegenständliche Festsetzung/Einhebung der Glücksspielabgabe einschließlich ihrer gesamten Entstehung (siehe Punkt 3.) bildet - insbesondere unter Berücksichtigung der gegebene Bewertungsthematik - augenscheinlich keinen gewöhnlichen Geschäfts fall, der vom allgemeinen Unternehmerwagnis gedeckt wäre.
4.2. Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften
4.2.1. Begründungsmängel / Verletzung des Parteiengehörs
Das Finanzamt ist - wie unter Punkt 4.1. mehrfach aufgezeigt wurde - in keiner Weise auf das rechtliche Vorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen. Tatsächlich hat es das Finanzamt weitestgehend unterlassen, sich mit den rechtlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin substantiiert auseinanderzusetzen, obwohl diese im Rahmen des Nachsichtsantrages vom ausführlich dargestellt wurden.
Illustrativ zeigt sich dies schon daran, dass das Finanzamt gleich zu Beginn seiner rechtlichen Beurteilung (siehe Bescheidbegründung S 3 ff) das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin - evident völlig zu Unrecht - damit abtut, sie wiederhole nur ihre Argumente aus dem Festsetzungsverfahren und missbrauche das Nachsichtsverfahren dazu, behauptete Unrichtigkeiten in der Abgabenfestsetzung zu relevieren, um so eine ihr ihren Vorstellungen entsprechende Korrektur einer,, völlig rechtens" festgesetzten Abgabe herbeizuführen. Schon eine leidlich sorgfältige Lektüre des Nachsichtsantrages hätte dem Finanzamt aber offenbart, dass dies gerade nicht der Fall ist, dh nicht versucht wird, die Unrichtigkeit/Unbilligkeit der Abgabenfestsetzung zu beweisen, sondern auf die Ergebnisse des Vorverfahrens udgl Bezug genommen wird, um fallkonkret die sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Sinn des § 236 BAO unter Bezugnahme auf die fallspezifischen Um stände konkret darzulegen (siehe hierzu Punkt 4.1.1.).
Die sich hierin widerspiegelnde Grundeinstellung und Arbeitsweise des Finanzamts setzt sich in der gesamten Bescheidbegründung fort, wobei auch die äußere Form der Begründung (eine sechsseitige Wurst) sowie der eher exzentrische Gebrauch der Grammatik und Syntax der deutschen Amtssprache Bände sprechen.
Der Beschwerdeführerin werden etwa im Rahmen der Abhandlung der persönlichen Unbilligkeit vom Finanzamt nie vorgebrachte Argumente vorgehalten, um dann auf Basis dieser fiktiven Argumente das Vorliegen der Voraussetzungen der begehrten Nachsicht zu verneinen. Plakativ zeigt sich dies etwa daran, dass das Finanzamt behauptet die Beschwerdeführerin habe die Unbilligkeit mit der,,Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes" oder mit "der Kostenüberwälzung im Konzern bzw einer Patronatserklärung" begründet. Das trifft zwar nicht zu, erlaubt es dem Finanzamt aber den Nachsichtsantrag am tatsächlichen, begründeten Parteivorbringen vorbei, brevi manu als unbegründet abzuweisen (siehe Punkt 4.1.3). Derartige (unbegreifliche) Missverständnisse zeigen aber deutlich, dass sich das Finanzamt bestenfalls kursorisch mit den Argumenten im Nachsichtsantrag befasst haben kann.
Ähnlich gestaltet sich die Situation in Bezug auf die sachliche Unbilligkeit. Es werden hier praktisch alle zum Thema Unbilligkeit verfügbaren Rechtssätze des VwGH und BFG zitiert; teils gefolgt von der Behauptung, dass deshalb fallgegenständlich keine Unbilligkeit vorliege, teils nicht einmal das. Ein tatsächlicher Sachbezug wird seitens des Finanzamts aber in keinem Fall hergestellt, denn selbst wenn das Finanzamt Erklärungen folgen lässt, so sind diese, wenn man sich gleichzeitig das zu Grunde liegende Parteivorbringen vor Augen hält, wie unter Punkt 4.1.4. gezeigt wurde, so offenkundig unzutreffend und an der Sache vorbeigehend, dass diese Erklärungen nur als bloße Stehsätze erscheinen können.
Daraus folgt, dass das Finanzamt äußerlich zwar umfangreiche Ausführungen getroffen hat, welche jedoch in weiten Teilen jeden Bezug zum konkreten Sachverhalt vermissen lassen, größtenteils irrelevant oder unplausibel sind, sodass in diesem Umfang letztlich eine Scheinbegründung vorliegt. Insofern hat das Finanzamt aber substanzielles Parteivorbringen entweder zum Teil oder zur Gänze übergangen/ignoriert. Hierdurch wurde einerseits das Parteiengehör verletzt, andererseits der angefochtene Bescheid mit einem Begründungsmangel belastet, da sich das Finanzamt mit dem gesamten Sach- und Rechtsvorbringen der Beschwerdeführerin tatsächlich - und nicht nur pro forma - hätte auseinandersetzen müssen.
Die geltend gemachten Verfahrens- bzw Begründungsmängel sind auch wesentlich, da sie die Beschwerdeführerin an der Verfolgung ihrer Rechte und das BFG an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit hindern. Die Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften wäre ferner dazu geeignet gewesen, ein anderslautendes, für die Beschwerdeführerin günstigeres Ergebnis herbeizuführen.
Hätte sich das Finanzamt substantiiert (oder überhaupt) mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen einer gesetzmäßigen Begründung auseinandergesetzt, hätte es (i) die Rechtsfragen, (ii) den rechtlichen Standpunkt der Revisionswerberin sowie (iii) die Rechtslage korrekt erfasst und wäre geradezu zwingend zum Schluss gekommen, dass dem beschwerdegegenständlichen Nachsichtsantrag stattzugeben ist.
4.3 Ergebnis
Aus all den unter Punkt 4.1. und 4.2. genannten Gründen weist das Finanzamt den beschwerdegegenständlichen Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeit zu Unrecht ab. Die Beschwerdeführerin machte die persönliche und sachliche Unbilligkeit zu Recht geltend. Die Glücksspielabgabe wäre unter diesen Titeln nachzusehen gewesen."
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:
"Gemäß § 236 BAO (BAO) können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag der Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Im Nachsichtsverfahren trifft die Antragstellerin eine erhöhte Mitwirkungspflicht (; , 96/14/0059, 97/14/0091). Sie hat somit einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. ua). Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt bei der Nachsichtswerberin (). Die Abgabenbehörde hat im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nur die von der Nachsichtswerberin geltend gemachten Gründe zu prüfen.
Sowohl im Nachsichtsansuchen als auch in der Bescheidbeschwerde hatte die Beschwerdeführerin ausreichend Möglichkeit, ihre Argumente vorzubringen und wurde dadurch das Parteiengehör entsprechend gewahrt. Darüber hinaus erstreckt sich das Parteiengehör nach ständiger Rechtsprechung nur auf sachverhaltsbezogene Umstände, nicht jedoch auf Rechtsansichten (; , 98/16/0265; , 2002/13/0003).
Bereits im Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom mit gesonderter Begründung vom , auf welche unter einem verwiesen wird, hat die Abgabenbehörde mit umfassender Begründung dargetan, weswegen im gegenständlichen Fall weder eine sachliche noch eine persönliche Unbilligkeit vorliegt. Ein Begründungsmangel des Bescheides ist daher nicht gegeben. In der Bescheidbeschwerde vom wurden hierzu seitens der Beschwerdeführerin keine neuen oder ergänzenden Gründe vorgebracht, sodass eine weitere Ermittlungs- und Prüfpflicht im Weg der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung unter Berücksichtigung der Judikatur zur erhöhten Mitwirkungspflicht der Partei nicht vorlag. Einzig zur Frage des Vorliegens einer persönlichen Unbilligkeit ist im Hinblick auf das Vorbringen in der Bescheidbeschwerde, Seiten 11-12, ergänzend auszuführen, dass aus Sicht der Abgabenbehörde die Finanzierungsbemühungen für die offenen Abgabenschuldigkeiten zumutbar waren, konkret eine Finanzierung für die Beschwerdeführerin möglich war und diese Finanzierung auch erfolgt ist. Eine persönliche Unbilligkeit liegt im gegenständlichen Fall somit nicht vor.
Eine sachliche Unbilligkeit ist - unbeschadet der in § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, beispielsweise aufgezählten und hier nicht in Betracht kommenden Fälle - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist ().
Fragen der Rechtmäßigkeit einer Abgabenforderung sind ausschließlich im Festsetzungsverfahren zu klären. In einem Nachsichtsverfahren ist für solche Fragen kein Raum. Das Nachsichtsverfahren dient nicht dazu, das Abgabenfestsetzungsverfahren neu aufzurollen. Ebenso kann das Nachsichtsverfahren nicht dazu herangezogen werden, nicht genutzte rechtliche Möglichkeiten zu substituieren; so kann es nicht Sinn des Nachsichtsverfahren sein, Verfahrenshandlungen bzw. deren intendierte Wirkung, die nicht vorgenommen wurden, im Wege des Nachsichtsverfahrens nachzuholen.
In diesem Zusammenhang verweist die Abgabenbehörde auch darauf, dass seitens der Beschwerdeführerin im konkreten Fall keine sachverhaltsbezogene Anfrage erfolgt ist. Diese Möglichkeit der Einholung einer Rechtsauskunft nach den Grundsätzen von Treu und Glauben wäre der Beschwerdeführerin jedenfalls zugestanden und zumutbar gewesen. Dadurch, dass dieses Rechtsinstitut nicht genutzt wurde, hat die Beschwerdeführerin ein ihr zustehendes Verfahrensinstitut für die Rechtssicherheit und Planbarkeit der konzipierten Werbemaßnahme eines Gewinnspiels unterlassen. Diese Untätigkeit der Beschwerdeführerin kann aber im nunmehr geführten Nachsichtsverfahren nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin aufgegriffen werden. Dies übersieht die Beschwerdeführerin, wenn sie ausführt, dass die Werbemaßnahme nicht durchgeführt worden wäre, wenn nur ansatzweise abzusehen gewesen wäre, dass im Zusammenhang mit dem Gewinnspiel Glücksspielabgaben in zweistelliger Millionenhöhe anfallen würden (vgl. Beschwerdeschriftsatz, Seite 13). Eine sachliche Unbilligkeit kann im gegenständlichen Fall sohin auch nicht erblickt werden.
Die im Ermessen der Abgabenbehörde liegende Entscheidung, ob eine Nachsicht zu bewilligen ist, hat zur Voraussetzung, dass die Einhebung der Abgabenschuldigkeit nach der Lage des Falles unbillig ist. Die Frage der Beurteilung der Unbilligkeit der Einhebung ist somit keine Ermessensentscheidung. Erst die Feststellung des Vorliegens einer Unbilligkeit kann in weiterer Folge zur Ermessensentscheidung führen. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, ist für eine Ermessenentscheidung kein Raum. Da aus obgenannten Gründen weder eine sachliche noch eine persönliche Unbilligkeit vorliegt, war der gegenständlichen Bescheidbeschwerde der Erfolg zu versagen."
Vorlageantrag
Mit Schriftsatz vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und verwies auf die Ausführungen in der Beschwerde und die dort gestellten Anträge.
Vorlagebericht
Mit Vorlagebericht vom - eine Kopie davon erging an die Bf. - wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und auf die in der Beschwerdevorentscheidung getätigten Ausführungen verwiesen.
Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde den Verfahrensparteien die Rechtslage, wie sie sich aus Sicht der Berichterstatterin nach dem derzeitigen Stand darstellt, dargelegt und ihnen die Möglichkeit gegeben dazu bzw. im Hinblick auf die Entscheidung des eine Stellungnahme abzugeben.
Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom mit, dass keine weitere Stellungnahme abgegeben werde.
Die bf. Partei übermittelte am eine Stellungnahme, in welcher sie auf die im bisherigen Beschwerdeverfahren bereits umfassend dargestellte Rechtsansicht, insbesondere im Nachsichtsantrag vom und der Bescheidbeschwerde vom verwies. Ergänzend führte sie zur persönlichen Unbilligkeit (auszugsweise) noch weiter aus:
"Den Ausführungen des BFG, wonach sich im vorliegenden Fall lediglich das gewöhnliche Unternehmerwagnis verwirklicht habe, kann aus Sicht der Beschwerdeführerin aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden:
-Die Rechtsprechung des VwGH zu den Folgen des gewöhnlichen Unternehmerwagnisses ist in Bezug auf die geltend gemachte persönliche Unbilligkeit nicht relevant. Die Folgen des gewöhnlichen Unternehmerwagnisses wären lediglich iZm einer sachlichen Unbilligkeit beachtlich.
- Im Übrigen ist fallkonkret auch nicht zu erkennen, dass das vom VwGH angesprochene gewöhnliche Unternehmerwagnis (Konjunkturschwankungen, Forderungsausfälle etc) überhaupt schlagend geworden oder die wirtschaftliche Hoffnung, welche mit dem abgabenauslösenden Geschäft verbunden wurde, fehlgeschlagen wäre.
-Vielmehr hat sich im gegebenen Fall ein revolutionärer Umschwung in Bezug auf den Anwendungsbereich/Umfang der Glückspielabgabe ergeben, der auch bei bestem Willen nicht vorhersehbar war. Dieser Umschwung hat sich seinerzeit durch nichts in Rechtsprechung, Lehre oder Verwaltungspraxis auch nur im Ansatz angedeutet. Aus der damals vorhanden Rechtsprechung, Lehre oder Verwaltungspraxis ergab sich das genaue Gegenteil der nunmehrigen Rechtslage, sodass schon dem Grunde nach nicht davon gesprochen werden kann, dass sich die gegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten im Rahmen des "gewöhnlichen Unternehmerwagnisses" bewegen.
-Genau darin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem im zitierten BFG-Erkenntnis (). Dort hat der Nachsichtswerber nämlich trotz (!) entsprechender Warnungen aus Rechtsprechung, Lehre und Verwaltungspraxis -wissentlich darauf spekuliert, dass Poker nicht als Glücks spiel eingestuft würde. Genau ein solches "sehenden Auges in das Messer laufen" kann aber der Beschwerdeführerin im konkreten Fall gerade nicht unterstellt werden.
Daher ist das vom BFG behauptete Vorliegen eines "gewöhnlichen Unternehmerwagnisses" aus Sicht der Beschwerdeführerin in Hinblick auf die geltend gemachte persönliche Unbilligkeit weder einschlägig noch relevant.
Entscheidend ist demgegenüber das Folgende:
-Schon durch die Festsetzung der Glücksspielabgabe im konkreten Fall in der schier unglaublichen Höhe von EUR 12.436.221,80 und der damit einhergehenden notwendigen buchhalterischen Erfassung einer Verbindlichkeit war die Beschwerdeführerin im Sinn des § 67 Abs 3 IO über schuldet (!). Spätestens im Zeitpunkt eines Einhebungsversuchs wäre die Beschwerdeführerin ad hoc zusätzlich im Sinn des § 67 Abs 2 IO zahlungsunfähig (!) gewesen.
Nur durch (außertourliche) Hilfsmaßnahmen der ***1*** (Patronatserklärung und Eigenkapitalzufuhr), bei denen es sich fallkonkret um keine alltägliche Konzernfinanzierung, sondern um eine außerordentliche Rettungsoperation gehandelt hat - konnte der Fortbestand der Beschwerdeführerin gesichert und deren Insolvenz vermieden werden.
-Damit liegt aber auf der Hand, dass in Bezug auf die Beschwerdeführerin von einer (gesetzlich determinierten) persönlichen Unbilligkeit im Sinn des § 2 Z 1 VO betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (BGBl. II 435/2005 idF BGBI II 236/2019) in der Form einer Existenzgefährdung auszugehen ist.
Der Umstand bzw das Glück, dass die ***1*** der Beschwerdeführerin ex post - und zwar ohne dass hierzu eine Verpflichtung bestanden hätte - mit der erwähnten Patronatserklärung beigesprungen ist und diese gerettet hat, kann hierbei nichts zur Sache tun, da sich eine persönliche Unbilligkeit aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers (hier also der Beschwerdeführerin) ergibt. Diese war in Bezug auf die gegenständlichen Glücksspielabgabe - wie aufgezeigt wurde - überschuldet/zahlungsunfähig, mithin in ihrer Existenz gefährdet."
Zur sachlichen Unbilligkeit ergänzte die bf. Partei (auszugsweise):
"Bereits in der Bescheidbeschwerde vom hat die Beschwerdeführerin in Hinblick auf ein inhaltlich gleichlautendes Vorbringen des FAO - umfänglich aufgezeigt, dass Unbilligkeit der Einhebung iSd §§ 2 und 3 VO betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (BGBI II 435/2005 idF BGBI II 236/2019) vorliegt und geltend gemacht wird (und gerade keine Unbilligkeit der Festsetzung).
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Beschwerdeführerin im Nachsichtsantrag vom (sowie im geringerem Ausmaß auch in der Bescheidbeschwerde vom ) mit der Rechtsprechung des BFG, VwGH und VfGH auseinandersetzt und ihrer- natürlich ab weichenden - Rechtsansicht gegenüberstellt haben mag. Dies erfolgte aus schließlich, um die vorliegende sachliche Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des §§ 2 und 3 VO betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (BGBI U 435/2005 idF BGBI U 236/2019) darzustellen und zu illustrieren, dh im Sinn der erhöhten Mitwirkungspflichten einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nach sieht gestützt wird (aber nicht um die Unrichtigkeit/Unbilligkeit der Abgabenfestsetzung zu beweisen)."
Zur Entscheidung des VwGH Ro 2019/17/0005 vom führte die bf. Partei aus:
"Es steht außer Streit, dass die ordentliche Revision der Beschwerdeführerin mit , mangels Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zurückgewiesen wurde und das im fortgesetzten Verfahren ergangene Erkenntnis des , damit bestand hat.
Allerdings steht der Umstand, dass der VwGH die erfolgte Abgabenfestsetzung nicht beanstandet hat, der begehrten Nachsicht nicht entgegen, denn sowohl rechtmäßig festgesetzte wie auch nicht rechtmäßig festgesetzte Abgaben können im Fall der persönlichen und/oder sachlichen Unbilligkeit der Entrichtung nachgesehen werden.
Wie bereits ausgeführt wurde, macht die Beschwerdeführerin nicht die Unbilligkeit der Abgabenfestsetzung, sondern die Unbilligkeit der Einhebung der (unstrittig) rechtskräftig festgesetzten Glücksspielabgabe geltend. Aus Sicht der Beschwerdeführerin wird das im Nachsichtsverfahren angerufene BFG daher auch nicht ersucht, die "Richtigkeit der Abgabenfestsetzung neuerlich zu prüfen", sondern (erstmalig) die geltend gemachte persönliche und sachliche Unbilligkeit der Einhebung, und zwar im Rahmen der von der Beschwerdeführerin in Nachsichtsantrag vom und der Bescheidbeschwerde vom geltend gemachten Gründe."
Als Ergebnis hielt die bf. Partei fest:
Aus all diesen Gründen hält die Beschwerdeführerin - ungeachtet der Hinweise und Vorhalte des BFG - unverändert an folgenden Beschwerdeanträgen fest:
1. Das BFG möge gemäß Art 130 Abs 4 B-VG IVm § 279 Abs 1 BAO den angefochtenen Bescheid des Finanzamts Österreich abändern und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO vom stattgeben und die gesamte Glücksspielabgabe in Höhe von EUR 12.436.221 ,80 nachsehen.
2. Das BFG möge in eventu gemäß Art 130 Abs 4 B-VG iVm § 279 Abs 1 BAO den angefochtenen Bescheid des Finanzamts Österreich abändern und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO vom insofern stattgeben, als zumindest der auf die Schätzung des Werts der "***2***"-Gutscheine entfallende Teil der Glücksspielabgabe (abgerundet 90 %) in Höhe von EUR 11.192.599,62 nachgesehen wird.
3. Das BFG möge in eventu gemäß Art 130 Abs 4 B-VG iVm § 279 Abs 1 BAO den angefochtenen Bescheid des Finanzamts Österreich abändern und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO vom insofern stattgeben, als zumindest der nicht auf den Inlandsteil entfallende Teil der Glücksspielabgabe in Höhe von EUR 9.993.152,72 nachgesehen wird."
Die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie Entscheidung durch den Senat wurden im Zuge dieses Schriftsatzes zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1.1. Zur beschwerdeführenden Gesellschaft
Die ***Bf1***. ist eine in Österreich ansässige Kapitalgesellschaft (FN ***8***), deren Unternehmenszweck es ist, für die österreichischen 19 ***10*** österreichweit Werbe- und Marketingmaßnahmen zu veranstalten und zu organisieren.
Ihre alleinige Gesellschafterin ist die ***18***. (FN ***9***), deren Gesellschafterinnen wiederum die ***1*** (99%) sowie die 19 ***11***, ***12***, ***13***, ***14*** (1%) sind.
Aus den Bilanzen ist ersichtlich, dass die Gesellschaft keine Mitarbeiter beschäftigt. Konzernbeziehungen bestehen insbesondere zu den österreichischen Gesellschaften der 19 Gruppe. Die Gesellschaft wird in den Konzernabschluss der ***20***, ***21*** (bis 2015), und weiters in den Konzernabschluss der ***12***, ***15***, ***13*** ***16***, ***14***, einbezogen.
Von 2015 bis 2017 bestand eine steuerliche Unternehmensgruppe zwischen der ***18*** als Gruppenträger und der ***Bf1***. als Gruppenmitglied. Ab dem Jahr 2018 wurde die bf. Partei in eine Steuergruppe mit der ***1*** als Gruppenträger einbezogen.
In der Bilanz 2016, Pkt III. Sonstige Angaben, ist angeführt:
"Seit dem Jahr 2015 besteht eine steuerliche Unternehmensgruppe zwischen der ***18*** als Gruppenträger und der ***Bf1*** als Gruppenmitglied. Die steuerlichen Ergebnisse des Gruppenmitglieds werden dem Gruppenträger zugerechnet. Ein steuerlicher Ertragsausgleich zwischen dem Gruppenträger und dem Gruppenmitglied wurde in Form von Steuerumlagen im Rahmen der Gruppen- und Steuerumlagevereinbarung geregelt. Im Falle eines positiven steuerlichen Ergebnisses des Gruppenmitglieds entspricht die Steuerumlage dem positiven steuerlichen Ergebnis multipliziert mit dem jeweils gültigen Körperschaftsteuersatz. Erzielt das Gruppenmitglied in einem Wirtschaftsjahr ein negatives steuerliches Ergebnis, so wird dieser Verlust evident gehalten und in darauffolgenden Wirtschaftsjahren mit positiven Ergebnissen ausgeglichen."
In der Bilanz 2018, Pkt III. Sonstige Angaben, ist angeführt:
"Von 2015 bis 2017 bestand eine steuerliche Unternehmensgruppe zwischen der ***18*** als Gruppenträger und der ***Bf1***. als Gruppenmitglied. Die steuerlichen Ergebnisse des Gruppenmitglieds wurden dem Gruppenträger zugerechnet. Ein steuerlicher Ertragsausgleich zwischen dem Gruppenträger und dem Gruppenmitglied wurde in Form von Steuerumlagen im Rahmen der Gruppen- und Steuerumlagevereinbarung geregelt. Im Falle eines positiven steuerlichen Ergebnisses des Gruppenmitglieds entsprach die Steuerumlage dem positiven steuerlichen Ergebnis multipliziert mit dem jeweils gültigen Körperschaftsteuersatz. Erzielte das Gruppenmitglied in einem Wirtschaftsjahr ein negatives steuerliches Ergebnis, so wurde dieser Verlust evident gehalten und in darauffolgenden Wirtschaftsjahren mit positiven Ergebnissen ausgeglichen.
Im Jahr 2018 wurde diese steuerliche Unternehmensgruppe beendet und die Gesellschaft ist ab dem in eine Steuergruppe mit der ***1*** als Gruppenträger einbezogen. Die Steuerumlage ist wie folgt geregelt: Erzielt ein Gruppenmitglied in einem Wirtschaftsjahr einen nach den Vorschriften des KStG ermittelten steuerpflichtigen Gewinn, so ist dieses Gruppenmitglied verpflichtet, in Höhe der auf diesen Gewinn entfallenden Körperschaftsteuer eine Steuerumlage an den Gruppenträger zu entrichten. Erzielt ein Gruppenmitglied in einem Wirtschaftsjahr einen nach den Vorschriften des KStG vermittelten Verlust, so wird dieser in dem Ausmaß, in dem er im betreffenden Wirtschaftsjahr vom Gruppenträger mit steuerlichen Gewinnen anderer Gruppengesellschaften verrechnet werden kann, der Ermittlung einer negativen Steuerumlage zugrunde gelegt.
Die Gesellschaft wird in den Konzernabschluss der ***12***, ***15***, ***13*** ***16***, ***14***, einbezogen."
Aus den Jahresabschlüssen ergibt sich:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr | Eigenkapital | Bilanzgewinn/-verlust |
2012 | 19.539,63 | 1.371, 42 |
2013 | -114.390,19 | -132.558,40 |
2014 | - 303.243,60 | -321.411,81 |
2015 | -1.780.293,85 | -1.798.462,06 |
2016 | -625.666,72 | -643.834, 93 |
2017 | -295,761,80 | -313.930.01 |
2018 | -8.856.155,00 | -8.874.323,21 |
2019 | 1.573.448,27 | 1.555.280,01 |
Aus der Erläuterung der Bilanz 2013, 2014 hinsichtlich des negativen Eigenkapitals:
"Die Geschäftsführung nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung vorliegt, wie folgt Stellung: Der Jahresverlust ist durch eine Rückstellung für Verfahrenskosten für ein steuerliches Berufungsverfahren verursacht. Für das Verfahren selbst bestehen sehr gute Chancen, dass die Gesellschaft obsiegt, sodass keine diesbezügliche Rückstellung gebildet wurde. Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich auf die Planungsrechnung der nächsten Jahre, die vorsieht, dass das negative Eigenkapital durch entsprechende Gewinnen in den nächsten ein bis zwei Jahren beseitigt wird."
Aus der Erläuterung der Bilanz 2015 hinsichtlich des negativen Eigenkapitals:
"Die Geschäftsführung nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung vorliegt, wie folgt Stellung: Der Jahresverlust ist durch eine Rückstellung für abgabenrechtliches Berufungsverfahren verursacht. Für das Verfahren selbst bestehen sehr gute Chancen, dass die Gesellschaft obsiegt, sodass keine diesbezügliche Rückstellung gebildet wurde. Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich auf die Planungsrechnung der Gesellschaft sowie eine Patronatserklärung ***19***. Im Geschäftsjahr wurde diese Patronatserklärung im Ausmaß von Euro 2.331.992,50 ausgeübt und ein entsprechender Kapitalzuschuss geleistet. Die daraus resultierende Kapitalrücklage wurde zur teilweisen Abdeckung des Verlustes im Geschäftsjahr aufgelöst."
Aus der Erläuterung der Bilanz 2016 hinsichtlich des negativen Eigenkapitals:
"[…] Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich auf die Planungsrechnung der Gesellschaft sowie eine Patronatserklärung ***19***, die bis zum gültig ist.
Im Geschäftsjahr wurde überdies von der direkten Muttergesellschaft 19 GmbH ein Kapitalzuschuss an die Gesellschaft in Höhe von EUR 818.047,00 gewährt. Die daraus resultierende Kapitalrücklage wurde im Geschäftsjahr aufgelöst."
Aus der Erläuterung der Bilanz 2018 hinsichtlich des negativen Eigenkapitals:
"Die Gesellschaft weist zum ein negatives Eigenkapital von EUR 8.856,155,00 aus. Die Geschäftsführung nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung vorliegt, wie folgt Stellung: Der Jahresverlust ist durch eine Rückstellung für abgabenrechtliches Berufungsverfahren verursacht. Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich im Wesentlichen auf die Planungsrechnung der Gesellschaft sowie eine Patronatserklärung ***19***. Im März 2019 hat die Gesellschaft im Rahmen der Patronatserklärung einen Kapitalzuschuss in Höhe von EUR 10,2 Mio. erhalten. Die Patronatserklärung wurde im Juni 2019 auf eine Haftsumme von EUR 23 Mio. begrenzt und bis verlängert"
Aus der Erläuterung der Bilanz 2019:
"Das Eigenkapital der Gesellschaft im Jahr 2019 beträgt EUR 1.573.448,27. […] Im März 2019 hat die Gesellschaft im Rahmen der Patronatserklärung einen Kapitalzuschuss in Höhe von EUR 10,2 Mio. erhalten. Dieser wurde zur Abdeckung des Bilanzverlustes in 2019 aufgelöst. Die Patronatserklärung wurde im Juni 2019 auf eine Haftsumme von EUR 23 Mio. begrenzt und bis verlängert."
In der Patronatserklärung vom verpflichtete sich die ***1*** die bf. Partei mit den erforderlichen finanziellen Mitteln zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den Glückspielabgabeverfahren ***5*** 2012 und ***5*** und ***6*** 2013. auszustatten, sodass diese jederzeit in Lage ist, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und/oder um eine gegenwärtige oder künftig eintretende insolvenzrechtliche Überschuldung hintanzuhalten bzw. abzuwenden. Die Zuführung der finanziellen Mittel erfolgt eigenkapitalwirksam. Die Haftung sollte durch Erfüllung bzw. Wegfall sämtlicher Verpflichtungen der ***Bf1*** aus diesen Glückspielverfahren enden und war mit einem Betrag von EUR 36 Mio begrenzt. Die Patronatserklärung wurde mehrfach verlängert.
1.2. Verfahren betreffend Glücksspielabgabe:
In der Zeit vom bis wurde durch die bf. Partei gemeinsam mit der ***7***, in Deutschland, Luxemburg und Österreich das sogenannte Geschenke ***3***- Gewinnspiel ("***3***-Gewinnspiel") veranstaltet.
Am wurde von der bf. Partei die Selbstberechnung der Glücksspielabgabe für 12/2012 in Höhe von € 2.829,23 via Finanz-Online durchgeführt und dieser Betrag abgeführt.
Nach einer Selbstanzeige der bf. Partei wurde die Glücksspielabgabe für Dezember 2012 durch die belangte Behörde am gemäß § 201 BAO in Höhe von € 51.479,53 festgesetzt. Auf Grund von weiteren Ermittlungen der belangten Behörde wurde mit Bescheid vom der Glücksspielabgabebescheid 2012 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben. Mit gleichzeitig zugestelltem Bescheid vom wurde die Glücksspielabgabe für 2012 gemäß § 201 BAO mit € 12.440.078,36 festgesetzt. Gegen beide Bescheide erhob die bf. Partei Beschwerde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet abgewiesen.
Mit weiterer Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Glücksspielabgabebescheid vom insoweit abgeändert, als die Glücksspielabgabe 2012 mit € 12.440.077,06 festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der dagegen gestellte Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht wurde von diesem im ersten Rechtsgang mit einer teilweisen Stattgabe der Beschwerde erledigt und der dort angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die ermäßigte Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG mit € 2.443.069,08 festgesetzt wurde (). Dagegen erhoben sowohl die belangte Behörde als auch die bf. Partei eine Revision. Vom Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom ein Antrag beim Verfassungsgerichtshof gestellt, über welchen mit Erkenntnis vom , G 650/2015 u.a., entschieden wurde. in der Folge ergingen die Entscheidung des , mit welchen der Amtsrevision der belangten Behörde Folge gegeben und die Entscheidung des BFG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben und die Revision der bf. Partei abgewiesen wurde (). Das BFG entschied im fortgesetzten Verfahren mit Erkenntnis vom , RV/71000887/2017, der angefochtene Bescheid wurde abgeändert und die Glücksspielabgabe mit € 12.436.221,80 Euro festgesetzt.
Die außerordentliche Revision der bf. Partei gegen dieses Erkenntnis des BFG wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2019/17/0005, zurückgewiesen.
Die Glücksspielabgabe wurde durch die bf. Partei vollständig entrichtet.
1.3. Verfahren betreffend Nachsicht
Mit Eingabe vom wurde durch die bf. Partei der Antrag auf Nachsicht der vollständigen Abgabenschuld, in eventu im Ausmaß von € 9.993.152,72 gestellt.
Mit Bescheid vom wurde dieser Antrag um Bewilligung einer Nachsicht mit gesondert ergangener Bescheidbegründung vom abgewiesen. Die dagegen am wurde fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und diesbezüglich am ein Vorlageantrag gestellt.
2. Beweiswürdigung
Der Verfahrensgang und die daraus folgenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde elektronisch vorlegten Aktenteilen, insbesondere auch aus den von der bf. Partei eingebrachten Schriftsätze und Vorbringen, welche vom Bundesfinanzgericht ebenso eingesehen wurden, wie die dem Nachsichtsansuchen zugrundeliegenden Entscheidungen betreffend die Glücksspielabgabe 2012, nämlich:
, u.a, und VwGH Ro 2015/16/0039, , .
Des Weiteren erfolgte eine Einsichtnahme ins Firmenbuch und die dort befindlichen Jahresabschlüsse.
Zudem wurde im Vorhalteverfahren den Verfahrensparteien durch die Richterin die Sach- und Rechtslage, wie sie sich aus ihrer Sicht darstellte, dargelegt und gab die bf. Partei dazu eine ergänzende Stellungnahme ab.
Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 BAO als erwiesen angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtslage
§ 236 BAO idgF lautet:
(1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. (3) Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten.
Die Verordnung des BMF betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl II 2005/435, lautet:
"Auf Grund des § 236 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 180/2004, und durch die Kundmachung BGBl. I Nr. 2/2005, wird verordnet:
§ 1. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.
§ 2. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.
§ 3. Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches
1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde erster Instanz geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
3. zu einer internationalen Doppelbesteuerung führt, deren Beseitigung ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegensteht."
§ 58 Abs. 3 GSpG in der verfahrensrelevanten Fassung lautet:
(3) Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) ohne vermögenswerte Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 (Einsatz) unterliegen einer Glücksspielabgabe von 5 vH der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet. Die Steuerpflicht entfällt, wenn die Steuer den Betrag von 500 Euro im Kalenderjahr nicht überschreitet.
§ 59 Abs. 2 Z 2 GSpG idgF lautet:
Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind bei einer Abgabenpflicht gemäß § 58 der Vertragspartner des Spielteilnehmers sowie die Veranstalter, die die in § 58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren.
Rechtliche Würdigung
Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast naturgemäß beim Nachsichtswerber. Seine Sache ist es, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann (; ; ). Den Nachsichtswerber trifft in diesem Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Die amtswegige Wahrheitsermittlungspflicht gemäß § 114 BAO tritt insoweit in den Hintergrund (). Im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht sind nur die vom Nachsichtswerber geltend gemachten Gründe zu prüfen (; ; ). Legt der Abgabepflichtige jene Umstände nicht dar, aus denen sich die Unbilligkeitder Einhebung ergibt, so ist es allein schon aus diesem Grund ausgeschlossen, eine Abgabennachsicht zu gewähren (). In Anbetracht der Interessenlage trifft den Abgabepflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht (, 97/14/0091; ; Ritz/Koran, BAO7 zu § 236 Rz 4.); er hat somit das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast zu tragen.
Die im Ermessen der Abgabenbehörde liegende Entscheidung, ob eine Nachsicht zu bewilligen ist, hat zur Voraussetzung, dass die Einhebung der Abgabenschuldigkeit nach der Lage des Falles unbillig ist. Die Frage der Beurteilung der Unbilligkeitder Einhebung ist somit keine Ermessensentscheidung (). Erst die Feststellung des Vorliegens einer Unbilligkeitkann in weiterer Folge zur Ermessensentscheidung führen.
Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeitder Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (; ; ). Liegt keine Unbilligkeit vor, so fehlt die gesetzlich vorgesehene Bedingung für die Nachsicht und der darauf gerichtete Antrag ist zwingend abzuweisen (; ).
Zweck der Bestimmung des § 236 BAO ist es, in jenen Fällen, in denen die Einhebung einer Abgabe nach der Lage des Einzelfalles unbillig ist, die Strenge des Gesetzes nach Ermessen der Behörde durch Billigkeitsmaßnahmen zu mildern ().
Unbilligkeitder Einhebung setzt im Allgemeinen voraus, dass unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des Einzelfalles die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Abgabepflichtigen oder den Steuergegenstand ergeben (; ).
Der Begriff der Unbilligkeit muss aufgrund der herrschenden Verkehrsauffassung nach dem Maßstab rechtlich denkender Menschen ausgelegt werden. Die Unbilligkeitder Einziehung muss durch besondere Umstände des Einzelfalles ausgelöst sein, sodass generelle Härten einer Abgabenvorschrift nicht durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall beseitigt werden können (; ).
Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend (zB ; ; AW 2005/17/0061; ; ; ). (Ritz/Koran, BAO7, § 236 Tz 10, samt angeführter Judikatur)
Im Zeitpunkt der Stellung des Nachsichtsansuchens bzw. der Entscheidung durch die belangte Behörde, im Jahr 2019, ist kein negatives Eigenkapital in der Bilanz der bf. Partei (mehr) ersichtlich, eine Existenzgefährdung oder Überschuldung lag zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht vor.
Allerdings ist der bf. Partei zuzustimmen, dass grundsätzlich auch eine Nachsicht in Bezug auf entrichtete Abgaben möglich ist, bzw. auch rechtmäßig festgesetzte wie auch nicht rechtmäßig festgesetzte Abgaben nachgesehen werden können. An den Begriff der Unbilligkeit ist auch hier kein anderer (kein strengerer) Maßstabe anzulegen als bei der Nachsicht noch nicht entrichteter Abgabenschuldigkeiten (Ritz/Koran, BAO7, § 236 Rz 7 und die dazu angeführte Judikatur; Stoll, BAO, 2427, 2436)
Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein.
Zur persönlichen Unbilligkeit
Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers bzw. seiner Familie gefährdet. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht nicht unbedingt der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme (siehe Ritz/Koran, BAO7, zu § 236, Rz 10 und dort angegebene Judikatur).
Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren, stellen eine Unbilligkeit nicht dar.
Die Unbilligkeit wird vom Gesetz nicht als abstrakter Standardwert normiert, sondern ist als einzelfallbedingte persönliche Beschwer gedacht, die überdies nicht isolierend auf den Einzelfall bezogen zu verstehen ist, sondern auch unter Bedachtnahme auf alle Abgabepflichtigen in gleichartigen Situationen. (Stoll, BAO-Kommentar 2432 und die dort angegebene Judikatur).
Die bf. Partei bringt in diesem Zusammenhang vor, dass ihr eine reine Service-Funktion im Konzern zukomme und sie ihre Umsätze aus Beiträgen von Franchisenehmern und den konzerneigenen Handelsgeschäften generiere. Die lukrierten Beiträge würden dann wiederum gebündelt für Werbemaßnahmen eingesetzt und ausgegeben. Der Jahresumsatz läge bei rund EUR 28 Mio und müsste fast ein halber Jahresumsatz zur Tilgung der Glückspielabgabe 2012 verwendet werden. Eine solche Abfuhr an das Finanzamt würde dazu führen, dass die Marketingaktivitäten drastisch (nämlich um rund 50%) reduziert werden müssten, was zu einer Einstellung der Beitragszahlungen unter Aufkündigung der relevanten Verträge durch die Franchisenehmer führen würden und der bf. Partei somit auch mangels "Kunden" und Umsatz die Insolvenz drohe.
Darin sieht die bf. Partei eine persönliche Unbilligkeit, insbesondere da die Abgabenfestsetzung in einem krassen Missverhältnis zur finanziellen Situation der Abgabenschuldnerin stehe und sohin eine Existenzgefährdung durch die Abgabeneinhebung gegeben gewesen wäre, da sie die Abgabenschuldigkeiten allein nie hätte bedienen können und der Fortbestand der Beschwerdeführerin nur durch die konzernintern finanzierte Abgabenentrichtung gesichert und deren Insolvenz vermieden werden konnte.
Insbesondere in ihrer Stellungnahme vom weist die bf. Partei nochmals darauf hin, dass schon aufgrund der Festsetzung der Glücksspielabgabe im konkreten Fall in Höhe von EUR 12.436.221,80 und der damit einhergehenden notwendigen Erfassung einer Verbindlichkeit, sie im Sinne des § 67 Abs. 3 IO überschuldet gewesen sei. Spätestens im Zeitpunkt des Einhebungsversuches wäre die bf. Partei ad hoc zusätzlich im Sinn des § 67 Abs. 2 IO zahlungsunfähig gewesen. Nur durch die außertourliche Hilfsmaßnahme der ***1*** in Form der Patronatserklärung und Eigenkapitalzufuhr hätte der Fortbestand der bf. Partei gesichert und deren Insolvenz vermieden werden können. Aus diesem Grund sei von einer persönlichen Unbilligkeit in Form einer Existenzgefährdung auszugehen.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung im Sinne des § 67 IO ist nicht schon beim Überwiegen der Passiven über die Aktiven anzunehmen, sondern ist diese nur bei einem kumulativen Vorliegen einer negativen Fortbestehungsprognose und einer rechnerischen Überschuldung gegeben (Schumacher in Koller/Lovrek/Spitzer, Insolvenzordnung, § 67 Rz 4ff, Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.15; OGH, E 1 Ob 655/86).
Eine buchmäßige (bilanzielle) Überschuldung iSd § 225 Abs. 1 UGB kann, muss aber nicht, mit einer Überschuldung im Sinn des Insolvenzrechts einhergehen. Liegt eine buchmäßige Überschuldung vor, muss jedenfalls im Anhang erläutert werden, ob auch eine materielle Überschuldung im Sinne von § 67 IO bei der Gesellschaft gegeben ist bzw. ist zu begründen, warum keine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegt (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.4).
Bei der Überprüfung, ob ein Insolvenzgrund der Überschuldung im Sinn des § 67 IO vorliegt, ist auf die Einzelgesellschaft abzustellen. Forderungen sind in der Überschuldungsbilanz zu aktivieren. Grundvoraussetzung für eine aktivseitige Berücksichtigung von Forderungen einer Gesellschaft gegen eine andere Konzerngesesellschaft im Überschuldungsstatus ist aber, dass die andere Konzerngesellschaft als Schuldner rechtlich zur Leistung verpflichtet ist. (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.19)
Bei harten Patronatserklärungen muss ein Rechtsanspruch der Tochtergesellschaft und nicht nur des Gläubigers auf eine entsprechende Kapitalausstattung durch den Patron vorliegen. (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.26)
Ein Rechtsanspruch der Tochter liegt bei einer sog. konzerninternen Patronatserklärung vor, bei der die Konzernmutter gegenüber der Tochtergesellschaft rechtsverbindlich eine ausreichende Liquiditätsversorgung zusagt. (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.27).
Im Rahmen der Fortbestehungsprognose ist die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu prüfen. Die Fortbestehungsprognose ist als positiv zu beurteilen, wenn trotz bestehender rechnerischer Unterbilanz die Lebensfähigkeit des Unternehmens mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit gesichert. In Konzernkonstellationen ist auf die Ebene der Einzelgesellschaft abzustellen. Dennoch darf das Vorliegen eines Konzernsachverhalts gerade bei der Erstellung der Fortbestehungsprognose nicht ausgeblendet werden. Eine rechtsverbindliche Sanierungszusage durch die Muttergesellschaft oder eine andere konzernverbundene Gesellschaft bei entsprechender Bonität zu einer positiven Fortbestehensprognose führen oder zumindest beitragen. (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.46f).
Auf den gegenständlichen Fall bezogen ist auszuführen, dass seitens der ***20*** bereits 2015 eine Patronatserklärung abgegeben wurde, mit welcher sich diese unwiderruflich verpflichtete nach erster Aufforderung des Geschäftsführers die bf. Partei zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den Glücksspielverfahren mit den erforderlichen Mitteln auszustatten, sodass diese jederzeit in der Lage ist, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und/oder um eine gegenwärtige oder künftige eintretende insolvenzrechtliche Überschuldung hintanzuhalten bzw. abzuwenden.
Damit stand der bf. Partei ein eigenständiges Forderungsrecht gegenüber der ***20*** als Patron zur Verfügung und wurde davon auch tatsächlich Gebrauch gemacht.
Dies wird auch dadurch ersichtlich, dass in allen Bilanzen hinsichtlich der Frage der Überschuldung der Gesellschaft eine positive Fortbestehungsprognose attestiert wird und diese sich neben der Planungsrechnung der Gesellschaft auf eben diese Patronatserklärung der ***20*** stützt. Tatsächlich erhielt im März 2019 die Gesellschaft im Rahmen der Patronatserklärung einen Kapitalzuschuss in Höhe von EUR 10,2 Mio. Dies wird wiederum aus dem Eigenkapital ersichtlich, welches im Jahr 2018 noch € -8.856.155,00 betrug, im Jahr 2019 jedoch € 1.573.448,27 Mio.
Eine buchhalterische Überschuldung der bf. Partei mag gegeben gewesen sein, eine insolvenzrechtliche Überschuldung iS des § 67 IO ergibt sich daraus jedoch nicht, insbesondere da die Patronatserklärung und der tatsächlich getätigte Zuschuss durch die ***20*** gegenständlich nicht getrennt von den finanziellen Verhältnissen der bf. Partei angesehen werden können.
Die Zuführung von Eigenkapitel durch den Konzern erwies sich aus konzerninternen Überlegungen als die geeignetste Maßnahme.
Wenn die bf. Partei vorbringt, dass es sich um eine außertourliche Hilfsmaßnahme handelt, so ändert dies nichts daran, dass diese Art der Unterstützung der bf. Partei, welche - wie sich aus den Bilanzen ergibt - direkt in den Konzern als Gruppenmitglied eingebunden war, jedenfalls im Interesse des Konzerns war und die finanzielle Auswirkung der Patronatserklärung sowie in der Folge der Kapitalzuführung sich bei der bf. Partei so darstellte, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit nicht gegeben war.
Insbesondere betonte die bf. Partei - selbst im Jahr 2018 bei einem negativen Eigenkapital von über € 8 Mio. - in der Erläuterung zu den Bilanzen wiederholt, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorläge und die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft positiv sei.
Der von der bf. Partei vorgebrachten Argumentation der Existenzgefährdung als Grund für eine persönliche Unbilligkeit ist daher aufgrund der oben getätigten Ausführungen kein Erfolg beschieden.
Im Übrigen sind im Sinne des § 59 Abs. 2 Z 2 GSpG die Veranstalter, die die in § 58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren (Gesamt-)Schuldner der Abgabe. Da das Gewinnspiel durch die bf. Partei unbestritten gemeinsam mit der ***7*** veranstaltet wurde, kommt sohin nicht nur die bf. Partei, sondern käme auch diese als Abgabenschuldnerin in Betracht und wäre daher auch deren wirtschaftliche Verhältnisse bei einem Nachsichtsverfahren nicht außer Acht zu lassen. Diesbezüglich wurde aber seitens der bf. Partei kein Vorbringen erstattet.
Zur sachlichen Unbilligkeit
Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung ist grundsätzlich in Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der in der anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (siehe Ritz/Koran, BAO7 zu § 236 Rz 11; ; ).
Durch eine Nachsicht können nur solche Auswirkungen der Abgabenvorschriften gemildert werden, die der Gesetzgeber nicht selbst vorhergesehen hat (vgl. ; , 93/17/0007).
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die sachliche Unbilligkeit eine Unbilligkeit der Einhebung und nicht eine Unbilligkeit der Festsetzung sein muss (). Die Nachsicht dient nicht dazu, im Festsetzungsverfahren unterlassene Einwendungen nachzuholen ().
Auf die Behauptung der Unbilligkeit im Sinn von inhaltlicher Unrichtigkeit eines Abgabenbescheides kann daher ein Nachsichtsansuchen grundsätzlich nicht mit Erfolg gestützt werden. Ein Nachsichtsverfahren darf nicht zu dem Zweck in Anspruch genommen werden, ein Verfahren zur Abgabenfestsetzung neu aufzurollen, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel des Verfahrensrechtes nicht oder erfolglos angewendet worden sind (). Ein Verfahren nach § 236 BAO ist somit nicht das geeignete Mittel für eine nachträgliche inhaltliche Kontrolle der im Abgabenverfahren ergangenen Entscheidungen und ersetzt auch kein Beschwerdeverfahren vor den Höchstgerichten (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall wurde gegen die Festsetzung der nachsichtsgegenständlichen Abgaben eine Beschwerde erhoben, welche in der Folge durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes im fortgesetzten Verfahren vom , RV/7100887/2017 insofern entschieden wurde, als der angefochtene Bescheid gemäß § 279 BAO abgeändert und die Glückspielabgabe mit € 12.436.221,80 festgesetzt wurde. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der bf. Partei wurde mit zurückgewiesen.
Damit steht aber das Ergebnis (auch hinsichtlich der Höhe) fest und kann das gegenständliche Verfahren daher nicht dazu dienen, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung (neuerlich) zu prüfen.
Die bf. Partei betont in ihren Vorbringen, nicht eine nachträgliche inhaltliche Kontrolle mit dem Nachsichtsverfahren anzustreben. Sie argumentiert das - trotzdem zentrale - Thema der Abgabenhöhe und die sich daraus ergebende Unbilligkeit mit der Nichtvorhersehbarkeit in Bezug auf den Anwendungsbereich bzw. den Umfang der Glücksspielabgabe.
Wenn die bf. Partei vorbringt, dass insbesondere der Auslandsanteil der Glücksspielabgabe nachgesehen werden solle, da sich die außergewöhnliche Höhe der Abgaben daraus ergebe, dass - entgegen des Territorialitätsprinzipes - in die Bemessungsgrundlage für die ermäßigte Glücksspielabgabe die Einsätze auch für das Ausland (Deutschland und Luxemburg) einbezogen wurden, so ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH aussprach, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vorsieht und Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne bildet und damit in seinen Entscheidungen bestätigt, dass die Anwendung der Bestimmungen des § 58 Abs. 3 GSpG im gegenständlichen Fall in der vorgenommenen Form und unter Einbeziehung aller in Aussicht gestellten Gewinne (sowohl der in- als auch der ausländischen) korrekt sind.
Insbesondere sah auch der VfGH keine Verfassungswidrigkeit des § 58 Abs. 3 GSpG.
Dass eine "Auseinanderrechnung" oder prozentuelle Aufteilung der Glücksspielabgabe auf das In- und Ausland nicht vorgesehen ist, wurde durch die Entscheidungen des VfGH und in der Folge VwGH sohin zum Ausdruck gebracht.
Wenn die bf. Partei vorbringt, dass die Besteuerung des Gewinnspiels in der gegebenen Form nicht vorhersehbar und überproportional hoch gewesen sei, weil die Gewinne des Auslands in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden waren, was - entgegen der bis dahin üblichen Judikatur des VwGH und VfGH - dem Territorialitätsprinzip widerspreche, ist dem zu entgegnen:
Die Glücksspielabgabepflicht gem. § 58 Abs 3 GSpG greift nur dann, "wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet". Diese Inlandsanknüpfung wurde bereits mit dem AbgÄG 2011 in § 58 Abs 3 GSpG eingefügt.
Wie sich aus dem Wortlaut des § 58 Abs 3 GSpG klar ergibt, ist nicht erforderlich, dass das Gewinnspiel (Preisausschreiben) ausschließlich auf das Inland, ausgerichtet ist (arg "(auch)"). Vielmehr ist der Tatbestand auch dann erfüllt, wenn sich das Gewinnspiel (Preisausschreiben) nur teilweise an die inländische Bevölkerung und zugleich - und ggf sogar zum überwiegenden Teil - an das Ausland (etwa an die weltweite Öffentlichkeit) richtet (siehe dazu Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG, 2. Aufl. 2020, GSpG, §§ 57-59, Rz 447 ff)
Ein Vergleich mit anderen Rechtsgebieten bzw. gesetzlichen Bestimmungen und der dazu erfolgten Judikatur und einem dortigen Abstellen auf das Territorialitätsprinzip, führt gegenständlich für die bf. Partei aber nicht zum Erfolg, da bereits aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 58 Abs. 3 GSpG die Besteuerung ausgehend vom Inland vorgenommen wird, die Auslobung im Inland also die Abgabenpflicht auslöst.
Die Vornahme einer Besteuerung nur der inländischen Gewinne, wie die bf. Partei vermeint, ist daraus nicht erkennbar (siehe dazu auch , RS2, mit Verweis auf ).
Dass im gegenständlichen Fall der Auslandsanteil der Glücksspielabgabe tatsächlich einen sehr hohen Anteil ausmachte, lag weniger an der Einbeziehung des Auslandsanteiles in die Bemessungsgrundlage, als vielmehr an der Höhe der Bewertung der ***2***-Gutscheine.
Die Festsetzung der Glücksspielabgabe wurde jedoch durch die Judikatur des VwGH - und VfGH in der Folge bestätigt. Im Detail ist dazu auf das Erkenntnis des und auch die dortigen Feststellungen zu den betreffenden Verfahren zu verweisen.
Daraus ergibt sich auch ganz klar, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis mit einer anormalen Belastungswirkung gegeben ist.
Hinsichtlich der von der bf. Partei angeführten VereinsRL (u.a. Rz. 690), aus welcher sie im gegenständlichen Fall einen Vertrauensschutz in Bezug auf den Umfang der Steuerpflicht erkennen will, wird angemerkt, dass es sich bei der Rz 690 der VereinRL um eine wortwörtliche Wiedergabe des Gesetzestextes des § 57 Abs. 1 GSpG handelt und kann daraus keinerlei Auslegung im Hinblick auf das Territorialitätsprinzip und auf den gegenständlichen § 58 Abs. 3 GSpG gewonnen werden.
Damit gehen aber auch die Ausführungen der bf. Partei hinsichtlich des Vertrauensschutzes ins Leere.
Eine sachliche Unbilligkeit ist auch anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht zu beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist ().
Der Argumentation der bf. Partei, wonach die Besteuerung des Gewinnspiels in der gegebenen Form nicht vorhersehbar und auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt war, ist entgegenzuhalten, dass die Höhe der Glückspielabgabe in erster Linie auf die Bewertung der in hoher Anzahl vorhandenen "***2***"-Gutscheine (welche nach Ansicht der bf. Partei mit € 0,00 zu bewerten gewesen wären, tatsächlich aber mit € 10 bewertet wurden) und weniger auf die Einbeziehung der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen außerhalb von Österreich in die Bemessungsgrundlage zurückzuführen ist. Dass dies im Zuge der ersten Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Bf. Partei überraschend und unerwartet war, mag zutreffen. Es wäre aber Sache der bf. Partei gewesen Einwände genau gegen diese Höhe der Bewertung im Glückspielverfahren vorzubringen. Das gegenständliche Nachsichtsverfahren ist dafür nicht geeignet und führt daher auch der nunmehr in der ergänzenden Stellungnahme vom gestellte Antrag, wonach in eventu zumindest der auf die Schätzung des Werts der "***2***"- Gutscheine entfallende Teil der Glücksspielabgabe (rund 90%) in Höhe von € 11.192.599,62 nachgesehen werden solle, nicht zum Erfolg.
Die bf. Partei betont, dass sie bei der Durchführung der Werbemaßnahmen nach bestem Wissen (auf Basis der vorhandenen Literatur und steuerlichen Beratung) davon ausging, dass aus den Spielregeln des Gewinnspiels erkennbar gewesen sei, dass nicht sämtliche Preise des Gewinnspiels in allen Ländern für die österreichischen Teilnehmer zu gewinnen gewesen seien und sich daraus ergebe, dass bei länderübergreifenden Gewinnspielen nur der Inlandsanteil steuerlich von der Glücksspielabgabe erfasst werde.
Folgen des allgemeinen Unternehmerwagnisses sind idR keine Unbilligkeit (zB ; ; ; ; /01601; zB Konjunkturschwankungen (; ; ; ). Forderungsausfälle (. 2003/13/0156) oder weil sich eine Überwälzung der Abgabe auf den Kunden des Abgabepflichtigen als unmöglich erweist ().
Als Kunden sind hier auch die beworbenen Gesellschaften (österreichische und ausländische) der bf. Partei, für deren Produkte bzw. Absatz das Gewinnspiel veranstaltet wurde, zu sehen. Dasselbe gilt aber auch allgemein, wenn (allenfalls auch unerwartete) Abgabenbelastungen nicht auf Mitveranstalter oder andere Konzerngesellschaften, in deren Interesse der abgabenauslösende Sachverhalt gesetzt wurde, überwälzt werden könnten.
Auch führt die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben nicht zur Unbilligkeit, wenn die wirtschaftliche Hoffnung, welche mit dem abgabenauslösenden Geschäft verbunden wurde fehlschlägt (siehe dazu ).
Die Gestaltbarkeit und Ausgestaltung des Preisausschreibens bzw. Gewinnspiels lag in der Hand der bf. Partei. Die offensichtliche Fehleinschätzung der steuerlichen Auswirkung des Gewinnspiels kann als Unternehmerwagnis angesehen werden und begründet keine Unbilligkeit.
Dass durch die bf. Partei die Einholung einer Auskunft der zuständigen Abgabenbehörde erfolgte, um die (steuerliche) Auswirkung hinsichtlich der (möglichen Höhe) bzw. der Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe abschätzen zu können bzw. dadurch die Möglichkeit einer anderen Ausgestaltung des Gewinnspiels zu haben, wurde von ihr nicht vorgebracht.
Im gegenständlichen Fall sah das Bundesfinanzgericht weder eine anormale Belastungswirkung noch einen außergewöhnlichen Geschehensablauf, weshalb auch nicht von einer sachlichen Unbilligkeit auszugehen war.
Ermessen
Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde - wie im Beschwerdefall - die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (vgl. , mwN., und ).
Da das Vorliegen einer Unbilligkeit nicht erkannt werden kann, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, eine Ermessensentscheidung zu treffen, weil das Nachsichtsansuchen bereits aus Rechtsgründen abzuweisen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 59 Abs. 2 Z 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005 § 58 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100596.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at