Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.03.2024, RV/1100097/2021

Umfang der Bemessungsgrundlage für das Betriebsausgabenpauschale

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BGR Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung GmbH & Co KG, Färbergasse 15, 6850 Dornbirn,

betreffend den Bescheid des ***FA*** vom

hinsichtlich Einkommensteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***,

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, ein Sachbezug stelle einen Umsatz iSd § 125 BAO iVm § 1 UStG dar und sei somit bei der Bemessung des Betriebsausgabenpauschales gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 anzusetzen. Außerdem seien die vom Arbeitgeber geleisteten Sozialversicherungsbeiträge keine durchlaufenden Posten, weil durchlaufende Posten gemäß § 4 Abs. 3 EStG "im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden". Der Beschwerdeführer habe die Sozialversicherungsbeiträge im eigenen Namen bzw. auf eigene Rechnung vereinnahmt und verausgabt. Es handle sich daher dabei nicht um durchlaufende Posten.

Es erging eine Beschwerdevorentscheidung, mit welcher dem Beschwerdebegehren im Hinblick auf die Einbeziehung des Sachbezuges in die Bemessungsgrundlage für das Betriebsausgabenpauschale stattgegeben wurde. Hinsichtlich der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung führte die Abgabenbehörde aus: Die von der GmbH für den Beschwerdeführer geleisteten Sozialversicherungsbeiträge seien als Betriebseinnahmen und gleichzeitig als Betriebsausgaben in Ansatz zu bringen. In die Bemessungsgrundlage für das Betriebsausgabenpauschale seien Sie nicht miteinzubeziehen.

Der Beschwerdeführer brachte daraufhin durch seine steuerliche Vertretung einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht samt Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat ein und erläuterte: Laut Gesetz seien in die Bemessungsgrundlage der Basispauschalierung die "Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 BAO" einzubeziehen. § 125 Abs. 1 BAO umfasse Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 UStG 1994 zuzüglich der Umsätze aus im Ausland ausgeführten Leistungen. Der Beschwerdeführer sei wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer bei der ***1*** GmbH, welche die Sozialversicherungsbeiträge für ihn bezahlt habe. Es handle sich dabei um einen Kostenersatz im Sinne des § 1 des UStG 1994. Leistung gegen Entgelt liege auch vor, wenn die vom Unternehmer bezogene Leistung dem Abnehmer ohne Veränderung bloß gegen Kostenersatz weitergereicht werde. Voraussetzung sei, dass überhaupt eine unternehmerische Tätigkeit vorliege - dies sei beim Beschwerdeführer hinsichtlich der Geschäftsführerbezüge unstrittig. Die Voraussetzungen für die Einbeziehung des Kostenersatzes für die Sozialversicherung in die Bemessungsgrundlage und seien daher erfüllt.

Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung wurde mit späterem Schriftsatz zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

  1. Der Beschwerdeführer ist mit 33,33 % an der ***1*** GmbH beteiligt.

  2. Er erzielt als Geschäftsführer Einkünfte gemäß § 22 Z. 2, zweiter Teilstrich EStG 1988.

  3. Die GmbH leistete einen Kostenersatz für die Sozialversicherungsbeiträge des Beschwerdeführers.

  4. Einnahmenseitig wurden die Geschäftsführerbezüge, ein Sachbezug für die Dienstwohnung sowie der Kostenersatz in Höhe der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge angesetzt.

Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt.

2. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 17 Abs. 1 EStG 1988 : Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 EStG 1988 oder des § 23 EStG 1988 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt

- bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13.200 €,

- sonst 12%, höchstens jedoch 26.400 €,

der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung. Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden:

… Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988

(2) Die Anwendung des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 setzt voraus, dass

1. Keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 ermöglichen,

2. Die Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 220.000 Euro betragen,

3. Aus der Steuererklärung hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a EStG 1988 sind Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Unfall-, Pension-und Arbeitslosenversicherung jedenfalls Betriebsausgaben.

Nach § 19 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (Abs. 1) und Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet werden (Abs. 2).

Die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden, sind gemäß § 22 Z. 2, zweiter Teilstrich EStG 1988, Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit.

Strittig ist: Ist der vom Arbeitgeber geleistete Kostenersatz für Sozialversicherungsbeiträge in die Bemessungsgrundlage für das Betriebsausgabenpauschale gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 einzubeziehen?

Nicht strittig ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 2 EStG 1988.

Soweit die Abgabenbehörde in ihrer Stellungnahme zum Vorlagebericht ausführt, die von der GmbH geleisteten Sozialversicherungsbeiträge seien zwar als Betriebseinnahmen sowie als Betriebsausgaben anzusetzen, jedoch nicht in die Bemessungsgrundlage für das Betriebsausgabenpauschale einzubeziehen, weil es sich wirtschaftlich um durchlaufende Posten handle, ist ihr - im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung - nicht zuzustimmen.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis , Ra 2021/15/0096 zu einem gleichgelagerten Fall ausgeführt:

"Zudem hatte die X GmbH die Pflichtbeiträge des Revisionswerbers zweifellos in dessen Namen bezahlt. Durch die Beurteilung der Zahlung der Pflichtbeiträge als steuerpflichtige Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit erfolgte die Zahlung überdies auf Rechnung des Revisionswerbers. Zahlungen, die im Namen und auf Rechnung des Steuerpflichtigen erfolgen, sind aber diesem zuzurechnen und für den Fall, dass sie den Charakter von Werbungskosten oder Betriebsausgaben haben, als solche zu berücksichtigen. Durch die Überweisung der X GmbH an den Sozialversicherungsträger wurde beim Revisionswerber ein Zufluss von steuerpflichtigen Einnahmen bewirkt. Gleichzeitig mit dem Zufluss dieser Einnahmen war auch ein Abfluss von Betriebsausgaben gegeben, die laut § 17 Abs. 1 vorletzter Satz i.V.m. § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkommensteuerbemessungsgrundlage (zusätzlich zu den pauschalen Betriebsausgaben) zu berücksichtigen sind".

Vgl. auch - dies näher ausführend - Zorn in Hofstätter/Reichel (Hrsg), Die Einkommensteuer-Rechtsprechung (66. Lfg 2023) zu § 17 Abs. 1 EStG:

"Die GmbH zahlte zusätzlich zum Geschäftsführergehalt die vom Geschäftsführer geschuldeten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (direkt an diese). Die Sozialversicherungsbeiträge die von der GmbH direkt an den Sozialversicherungsträger abgeführt worden sind, stellen Betriebseinnahmen des Geschäftsführers dar (und erhöhen die Bemessungsgrundlage für die mit 6 % pauschalierten Betriebsausgaben). Diese Beiträge sind beim Geschäftsführer zudem - neben den pauschalen Betriebsausgaben nach § 17 Abs. 1 EStG 1998 anzusetzende - (zusätzliche) Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a EStG 1988".

Im Sinne der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur sowie der Fachliteratur bleibt daher kein Raum für eine Interpretation der streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge als durchlaufende Posten, die keine Umsätze im Sinne des § 125 BAO darstellen und bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 gemäß Satz 2 ausscheiden würden. Wie in der Beschwerde eingewendet wurde, handelt es sich nicht um Beträge, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt wurden, vielmehr um Zahlungen, die im Namen und auf Rechnung des Beschwerdeführers erfolgten.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der vorliegenden Streitfrage findet Deckung in der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Ehgartner/Knechtl in SWK 12/2024, 566
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100097.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at