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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2024, RV/7100291/2024

Zuzugsbegünstigung gemäß §103 Abs.1a EStG - hohe wissenschaftliche Qualifikation gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj und die weiteren Beisitzer Mag. Christian Seywald, Manfred Fiala, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, Mag. Andrea Prozek, Wirtschaftskammer Niederösterreich, im Beisein der Schriftführerin Andrea Newrkla, in der Beschwerdesache ***1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, GZ. 2021-0.532.795, vom , betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988.

Laut Arbeitsvertrag vom wurde der Bf. mit (befristet bis ) als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ***2*** angestellt und dort dem Department "Mathematik und Informationstechnologie" für das Fach Mathematik und Statistik zugeordnet. Der Zuzug aus den Niederlanden nach Österreich sei laut Verzeichnis gemäß § 7 Abs. 1 ZBV 2016 am erfolgt. Am wurde in Österreich erstmals ein Hauptwohnsitz gemeldet.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag auf Gewährung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 ab. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass in Ermangelung der Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen des Bf. kein Zuzug erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom frist- und formgerecht Beschwerde erhoben.

Nach weiteren Erhebungen seitens der belangten Behörde erging eine mit datierte Beschwerdevorentscheidung, in welcher in Anbetracht der neuen Beweislage sowie den Ausführungen in der Beschwerde von einer Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen und somit von einem Zuzug des Bf. iSd. § 103 EStG per ausgegangen wurde. In Hinblick darauf, dass es dem Bf. jedoch nicht gelungen ist, durch die von ihm vorgelegten Unterlagen das Vorliegen einer hohen wissenschaftlichen Qualifikation iSd. § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016 zu dokumentieren, blieb der beantragte Zuzugsfreibetrag gemäß § 103 Abs. 1a EStG aber dennoch versagt.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Entscheidung über seine Beschwerde durch den Senat des Bundesfinanzgerichts und brachte ergänzend vor, dass die Beurteilung der wissenschaftlichen Qualifikation des Bf. durch die belangte Behörde ohne das nötige Fachwissen vorgenommen worden und daher nicht angemessen sei. Die Rate und Menge der Publikationen würden in hohem Maße vom Fachgebiet abhängen und sei für die Beurteilung der aktuellen Projekte und deren Impact ebenfalls mathematisches Fachwissen erforderlich.

Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Bf. sei durch seinen Arbeitgeber im Einstellungsverfahren beurteilt worden. Für diesen sei es von Belang, internationale Wissenschaftler anzuwerben und internationale Zusammenarbeit zu erhalten und zu stärken. Mit großer Sorgfalt sei der Bf. von Fachspezialisten aufgrund seiner wissenschaftlichen Interessen und Publikationen als passender Kandidat für die nunmehr von ihm besetzte Position ausgewählt worden. Diese würden zu den Interessen der Fachgruppe passen und diese erweitern. Zudem sei der Bf. sofort in der Lage gewesen, in deutscher Sprache zu unterrichten. Diese Anforderungen seien sehr hoch und es gäbe nicht viele, die diesen entsprechen könnten.

In ihrer Stellungnahme vom kam die Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) auf Grundlage der übermittelten Unterlage zu dem Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkannt werden könne, dass die Tätigkeit des Bf. maßgeblich im öffentlichen Interesse gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 ZBV liege. Dabei richte sich die Maßgeblichkeit nach dem Gesamtbild, insbesondere nach dem Tätigkeitsumfang und -inhalt sowie der Wirkung auf den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Österreich.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Bf. ist niederländischer Staatsbürger und hat sein Studium im Jahr 2019 mit dem Grad eines PhD an der University of Leiden in den Niederlanden abgeschlossen. Im Anschluss daran war er als Postdoctoral Researcher tätig. Am ist der Bf. aus den Niederlanden nach Österreich zugezogen. Der Familienwohnsitz in den Niederlanden wurde aufgegeben, die Ehegattin des Bf. ist überwiegend in Österreich aufhältig, und auch die gemeinsame Freizeit wird überwiegend in Österreich verbracht.

Die Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen des Bf. steht somit außer Streit.

Seit ist der Bf. als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ***2*** angestellt und dem Department Mathematik und Informationstechnologie für das Fach Mathematik und Statistik zugeordnet ist.

In dem Arbeitsvertrag (Universitätsassistent) mit der ***2*** wurde folgendes vereinbart:

Das befristete Arbeitsverhältnis beginnt am und endet am .

Der Arbeitnehmer wird als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt. Als Dienstpflicht wird insbesondere die persönliche Erfüllung folgender Aufgaben des Organisations- und Studienrechts vereinbart:

1. Mitwirkung an den Forschungsprojekten der Organisationseinheit, welcher der Arbeitnehmer zugeordnet ist sowie selbständige Forschungstätigkeit,

2. Beteiligung an den Aktivitäten der Organisationseinheit zur Anbahnung und Durchführung von Drittmittel-Forschungsarbeiten

3. Mitwirkung an sowie selbständige Abhaltung von Lehrveranstaltungen nach Maßgabe des § 49 Abs. 7 bis 9,

4. Mitwirkung an den Weiterbildungsaktivitäten der Universität,

5. Mitwirkung an sowie Abhaltung von Prüfungen,

6. Betreuung der Studierenden,

7. Mitwirkung an Organisations- und Verwaltungsaufgaben der Universität und des Departments,

8. Regelmäßige Information und Dokumentation über die Forschungs- und Lehrtätigkeit im Arbeitsbereich des Arbeitnehmers,

9. Mitwirkung an Maßnahmen der Universität zur Qualitätssicherung,

10. Mitwirkung an Evaluierungsmaßnahmen,

11. Mitwirkung an Projekten zur strategischen Weiterentwicklung der Universität.

Der Arbeitnehmer kann mit selbständiger Lehrtätigkeit betraut werden. Er hat die Lehrveranstaltungen persönlich abzuhalten und die erforderlichen Prüfungen durchzuführen.

Es handelt sich um eine Fluktuationsstelle im Sinne der Personalstrukturplanung der Universität. Das Arbeitsverhältnis dient auch zur Vertiefung und Erweiterung der fachlichen und wissenschaftlichen Bildung und der Vorbereitung auf eine allfällig weitere universitäre Karriere. Dem Arbeitnehmer ist daher im Rahmen der Normalarbeitszeit entsprechende Zeit zur Erbringung eigener wissenschaftlicher Leistungen, insbesondere zum Verfassen einer Dissertation einzuräumen.

Der Arbeitnehmer führt die Funktionsbezeichnung "Universitätsassistent".

Die wöchentliche Normalarbeitszeit beträgt 40 Stunden. Der Arbeitnehmer ist in der Verwendungsgruppe B1 eingruppiert und hat Anspruch auf ein Bruttomonatsentgelt von 3.945 Euro.

Außer durch die Vorlage des Arbeitsvertrages hat der Bf. keine näheren Angaben zu seiner konkreten Tätigkeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Forschung vorgenommen.

Die Publikationsliste weist einige - auch peer-reviewed - Publikationen aus. Aus dem Lebenslauf des Bf. sind einige Präsentationen und Konferenzbeiträge ersichtlich. Des Weiteren wirkt der Bf. an drei Forschungsprojekten mit, wobei ausdrücklich angemerkt wird, dass jedem Projektteilnehmer der gleiche Anteil an Verantwortung und Arbeitsbelastung zukommt.

Der Bf. beantragte die Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988. Streit besteht über die hinreichende Dokumentation der hohen wissenschaftlichen Qualifikation des Bf. gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

1) Gesetzesgrundlage

§ 103 EStG 1988, BGBl. I Nr. 118/2015, idF StRefG 2015/2016 lautet auszugsweise:

"Zuzugsbegünstigung

§ 103. (1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter § 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Dabei kann auch die für eine Begünstigung in Betracht kommende Besteuerungsgrundlage oder die darauf entfallende Steuer mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.

(1 a) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs. 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden.

(2) […]

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren betreffend die Erteilung der Zuzugsbegünstigung im Sinne des Abs. 1 und des Abs. 1 a mit Verordnung zu regeln. Dabei ist auch näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ebenso kann die Verordnung den sachlichen Umfang und die Dauer von Zuzugsbegünstigungen im Sinne des Abs. 1 regeln. In dieser Verordnung kann festgelegt werden, dass die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastung im Sinne des Abs. 1 in Form der Anwendung eines Durchschnittssteuersatzes, der sich aus der tatsächlichen Steuerbelastung vor dem Zuzug ergibt, erfolgt. Dieser Steuersatz darf 15 % nicht unterschreiten."

2) Zuzugsbegünstigungsverordnung

Auf Basis der Bestimmung des § 103 Abs. 3 EStG 1988 wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Zuzugsbegünstigungen (Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 - ZBV 2016), BGBl. II Nr. 261/2016, erlassen, welche auszugsweise lautet:

"Wissenschaft und Forschung

§ 2. (1) Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung).

2. Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.

3. Die Förderung von Wissenschaft und Forschung würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.

4. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers ist hinreichend dokumentiert.

(2) Ein der Förderung der Wissenschaft und Forschung dienender Zuzug aus dem Ausland liegt in folgenden Fällen jedenfalls im öffentlichen Interesse:

1. Der zuziehende Wissenschaftler wird als Professorin/Professor im Sinne des § 94 Abs. 2 Z 1 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120, tätig oder des § 12 Abs. 1 Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology - Austria, BGBl. I Nr. 69/2006 in Verbindung mit § 94 Abs. 2 Z 1 UG.

2. Der zuziehende Wissenschaftler wird in seinem Habilitationsfach oder einem an sein Habilitationsfach angrenzenden wissenschaftlichen oder künstlerischen Fach tätig,

[…]

Die Forschung und experimentelle Entwicklung muss in einem inländischen Betrieb, einer inländischen Betriebsstätte oder einer anderen inländischen wirtschaftlich selbständigen Einheit dieser Forschungseinrichtung erfolgen. Bei Personen, die nicht ausschließlich in Forschung und experimenteller Entwicklung tätig sind, müssen dabei die der Forschung und experimentellen Entwicklung (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste) dienenden Tätigkeiten im Kalenderjahr überwiegen.

3. Die dem zuziehenden Wissenschaftler zu bezahlenden Vergütungen (Löhne, Gehälter, Honorare) stellen Aufwendungen (Ausgaben) im Sinne des § 108c Abs. 1 EStG 1988 dar und betragen mindestens das für die Blaue Karte EU erforderliche Bruttojahresgehalt. Z 2 letzter Satz gilt entsprechend.

[…]"

3) Förderung von Wissenschaft und Forschung im öffentlichen Interesse

Gemäß § 103 Abs. 1a EStG darf der Zuzugsfreibetrag für Wissenschaftler und Forscher gemäß § 103 Abs. 1a EStG nur dann zuerkannt werden, wenn der Zuzug der Förderung der Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse liegt.

Die genaueren Voraussetzungen, wann der Zuzug einer Person der Förderung von Wissenschaft und Forschung dient und damit im öffentlichen Interesse liegt, wurden in § 2 ZBV 2016 festgelegt.

Im öffentlichen Interesse gelegen ist somit der Zuzug hochqualifizierter Wissenschaftler/innen, deren Tätigkeit überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit besteht. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers/der Antragstellerin muss hinreichend dokumentiert sein. Ohne den Zuzug dieser Forschungs- bzw. Wissenschaftskapazität würde eine Förderung der inländischen Wissenschaft und Forschung nicht in diesem Ausmaß eintreten, als es durch sein Wirken in Österreich zu erwarten ist.

Gemäß § 2 Abs. 2 ZBV 2016 ist das öffentliche Interesse am steuerbegünstigen Zuzug des Wissenschaftlers oder Forschers in unwiderlegbarer gesetzlicher Vermutung jedenfalls gegeben bei Professorinnen/Professoren und Wissenschaftlern, die in ihrem Habilitationsfach oder in einem angrenzenden Fach tätig sind (§ 2 Abs. 2 Z 1 und Z 2 ZBV 2016) sowie bei Wissenschaftlern und Forschern, deren Tätigkeit überwiegend in Forschung und Entwicklung liegt, sofern die an sie zu bezahlenden Vergütungen (Löhne, Gehälter, Honorare) prämienbegünstigte Forschungsaufwendungen iSd. § 108c Abs. 1 EStG darstellen und mindestens das für die Blaue Karte EU erforderliche Bruttojahresgehalt betragen (§ 2 Abs. 2 Z 3 ZBV 2016).

Da im gegenständlichen Fall der Zuzug des Bf. unbestritten unter keinen der in § 2 Abs. 2 ZBV 2016 normierten Standardtatbestände fällt, ist eine materielle Einzelfallbeurteilung gemäß § 2 Abs. 1 ZBV 2016 durchzuführen und anhand der dort genannten Voraussetzungen - mit besonderem Augenmerk auf die Tätigkeit und die Qualifikation des Bf. - zu prüfen, ob durch seinen Zuzug eine im öffentlichen Interesse gelegene Förderung der Wissenschaft oder Forschung zu erwarten ist. Dabei soll im Ergebnis kein strengerer Maßstab als in Abs. 2 ZBV 2016 zur Anwendung kommen.

Unbestritten ist die überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit des Bf. an der ***2***. Vielmehr besteht Streit über die hinreichende Dokumentation der hohen wissenschaftlichen Qualifikation des Bf. gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass sich aus der Normierung des "öffentlichen Interesses" in § 2 ZBV 2016 eindeutig ergibt, dass angehende Wissenschaftlicher ohne Habilitation, wie beispielsweise Universitätsassistenten, das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Interesses im Allgemeinen nicht erfüllen. Auch bei einer internationalen und mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossenen Universitätsausbildung ist ein Doktorratsstudium grundsätzlich noch keine hinreichend "hohe wissenschaftliche Qualifikation" iSd. § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016.

Der Bf. hat darüber hinaus weder dargelegt noch nachgewiesen, weshalb auch trotz Fehlens einer hohen förmlichen Qualifikation als Wissenschaftler oder Forscher (Habilitation), durch seine konkrete Tätigkeit in Österreich eine Förderung der Wissenschaft oder Forschung zu erwarten ist, die ohne sein Wirken in diesem Land nicht eintreten würde und daher ein öffentliches Interesse an seinem Zuzug nach Österreich bestehe.

Eine hohe wissenschaftliche Qualifikation könnte beispielsweise in einer besonders verantwortungsvollen Tätigkeit zum Ausdruck kommen.

Aber weder der Arbeitsvertrag mit der ***2*** noch die Ausführungen im Vorlageantrag, wonach der Bf. aufgrund seiner wissenschaftlichen Interessen und Publikationen sowie seiner Deutschkenntnisse für die Position ausgewählt wurde, lassen einen über den von typischerweise von Jungwissenschaftlern ausgeübten Tätigkeit hinausgehenden Verantwortungsgrad erkennen. Vielmehr bringt der vorgelegte Arbeitsvertrag klar zum Ausdruck, dass das Arbeitsverhältnis zur "Vertiefung und Erweiterung der fachlichen und wissenschaftlichen Bildung und der Vorbereitung auf eine allfällige weitere universitäre Karriere" des Bf. dient. In diesem Zusammenhang wird auch festgehalten, dass dem Bf. im Rahmen seiner Normalarbeitszeit entsprechende Zeit zum Verfassen einer Dissertation einzuräumen ist.

Selbst wenn aus den vorgelegten Unterlagen die Mitwirkung des Bf. an einigen Publikationen, Präsentationen und Konferenzbeiträgen hervorgeht, lassen diese allein noch auf keine hinreichend hohe wissenschaftliche Qualifikation schließen. Denn weder dem Lebenslauf noch den Forschungsprojekten, in welchen jedem Projektteilnehmer der gleiche Anteil an Verantwortung und Arbeitsbelastung zukommt, kann eine über die Verantwortung der anderen Projektteilnehmer hinausgehende Projektleitungsverantwortung des Bf. entnommen werden, welche als Nachweis für die ausreichend hohe wissenschaftliche Qualifikation geeignet wäre.

Das Bundesfinanzgericht gelangt daher nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, insbesondere im Hinblick auf den Tätigkeitsumfang und -inhalt des Bf., zu dem Ergebnis, dass die seitens des Bf. durchgeführten Tätigkeiten keinen ausreichend hohen Verantwortungsgrad (keine Leitungsfunktion) erkennen lassen und sieht daher keinen plausiblen Grund, von der sachverständigen Beurteilung der Tätigkeit des Bf. durch die FFG in ihrer Stellungnahme vom abzugehen.

Aus der Formulierung in § 2 Abs. 2 Z 4 ZBV 2016 lässt sich eine Beweislastverteilung dahingehend ableiten, als die Dokumentationspflicht den Begünstigungswerber trifft und insoweit keine amtswegige Ermittlungspflicht besteht.

Da die hohe wissenschaftliche Qualifikation gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016 seitens des Bf. nicht hinreichend dokumentiert werden konnte, ist davon auszugehen, dass der Zuzug des Bf. nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der im gegenständlichen Fall strittigen Frage, ob seitens des Bf. die hohe wissenschaftliche Qualifikation gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016 hinreichend dokumentiert wurde, handelt es sich um eine Tatsachenfrage, die keiner ordentlichen Revision zugänglich ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100291.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at