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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.03.2024, RV/1100110/2021

Steuerpflicht von Trinkgeldern einer Casinoangestellten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist Casino Assistant bei der Casino ***1*** (Liechtenstein) AG in ***2***. Dort erhält sie u.a. Trinkgeldzahlungen, welche nach Ansicht der Beschwerdeführerin steuerfrei sind. Seitens des Finanzamts wurden diese bislang als steuerpflichtiger Gehaltsbestandteil behandelt, weil der Arbeitgeber Trinkgelder aus dem Tronc (Trinkgeldkasse) nach eigenem Schlüssel auf die Mitarbeiter verteilt auszahlt.

Laut Lohnausweis des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin schlüsseln sich ihr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit folgendermaßen auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bruttolohn
40.514,00
Grundlohn (brutto)
25.381,00
13. Monatslohn
1.867,00
14. Monatslohn
2.354,00
Bonus
264,00
Trinkgelder
10.648,00
Total
40.514,00
Beitrag an die Krankenversicherung
1.504,00
AHV/IV/ALV/NBU
2.583,00
Pensionsversicherung
2.207,00
FL-Quellensteuer
1.621,00
Krankentaggeldversicherung
164,00

Im Einkommensteuerbescheid2019 vom wurden die Trinkgelder als steuerpflichtig behandelt.

In der Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

"Bitte um Korrektur des Bescheides dahingehend, dass Trinkgelder, da nicht fest zustehend, im Sinne der Gleichbehandlung für alle Personen, welche Trinkgelder beziehen, nicht der Besteuerung zu unterziehen sind."

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Feldkirch mittels Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Sie haben die Steuerfreiheit der erhaltenen Trinkgeldzahlungen beantragt und begründen dies damit, dass das Trinkgeld im Zuge der Gleichbehandlung steuerfrei sei, weil es nicht fest zustehe.

Bei Ihrem Arbeitgeber werden Trinkgelder im Rahmen regelmäßiger Zahlungen aus dem Tronc (Trinkgeldkasse) ausbezahlt.

Die Steuerfreiheit von Trinkgeldern ist nur bei Vorliegen sämtlicher nachstehend genannter Voraussetzungen gegeben:

- Das Trinkgeld muss ortsüblich sein.

- Das Trinkgeld muss einem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite zugewendet werden.

- Das Trinkgeld muss freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch darauf besteht sowie zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für die Arbeitsleistung zu zahlen ist.

- Dem Arbeitnehmer darf die direkte Annahme des Trinkgeldes nicht auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen untersagt sein.

- Das Trinkgeld erfolgt zwar im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, muss aber letztlich "außerhalb" dessen stehen. Garantiertes Trinkgeld bzw. garantierte Trinkgeldhöhen seitens des Arbeitgebers sind daher nicht unter die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 16a EStG zu subsumieren ().

Wird das Trinkgeld durch den Arbeitgeber, insbesondere im Wege der ausgestellten Rechnung, in einer nicht durch den Dritten (den Kunden) festgelegten Höhe bestimmt, so mangelt es an der notwendigen Freiwilligkeit. Eine Behandlung als steuerfrei kommt in diesen Fällen nicht in Betracht.

Aufgrund der Verteilung der Gelder aus der Trinkgeldkasse an die Mitarbeiter durch den Arbeitgeber besteht keine Steuerfreiheit der erhaltenen Trinkgeldzahlungen."

Im Vorlageantrag vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

"Bitte um Vorlage an nächst höhere Instanz. Bitte um Korrektur des Bescheides dahingehend, dass Trinkgelder, da nicht fest zustehend und auch nicht garantiert, im Sinne der Gleichbehandlung für alle Personen, welche Trinkgelder beziehen, nicht der Besteuerung zu unterwerfen sind. Die Trinkgelder sind ortsüblich, da es keinen Hinweis gibt, dass im Casino besonders höhere Trinkgelder bezahlt werden würden als in anderen Bereichen der Gastronomie in Liechtenstein. Insofern sind diese als ortsüblich und branchenüblich zu betrachten. Andere Servicekräfte, welche beispielsweise in Österreich arbeiten, können Trinkgelder ohne steuerliche Begutachtung vereinnahmen. Im Sinne der Gleichbehandlung ist dies auch hier anzuwenden."

Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom an die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"Ich ersuche Sie, binnen vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens folgende Fragen zu beantworten:

Erstellen Sie eine genaue Beschreibung ihrer Tätigkeit im Casino in Liechtenstein im Jahr 2019.

Gab es im Jahr 2019 für Restaurant- und Garderobenpersonal einerseits und für Croupiers andererseits verschiedene Troncs?"

In der Vorhaltsbeantwortung vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

"Gerne darf ich meinen Tätigkeitsbereich nachfolgend beschreiben: an der Rezeption Registrierung der Gäste und Verwahrung der Garderobe. Beantwortung von telefonischen Anfragen. Im Spielsaal Bedienung von Gästen. Barkeeping. An der Kasse: Auszahlung von Tickets und Jetons. Bei der Abrechnung: Zählung von Geld und Chips. Integration der Daten in das System. Je nach Verfügbarkeit wurde die Einteilung der Arbeiten vom Management vorgenommen."

Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom an die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Frau ***3***!

Gemäß Artikel 32 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes sind Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.

1) Sie werden daher ersucht, das für das Jahr 2019 geltende Reglement der Trinkgeldverteilung Ihres Arbeitgebers dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

2) Weiters werden Sie ersucht bekanntzugeben, ob es im Jahr 2019 für Restaurant- und Garderobenpersonal einerseits und für Croupiers andererseits verschiedene Troncs gab.

Einer Vorhaltsbeantwortung wird binnen sechs Wochen nach Erhalt dieses Schreibens entgegengesehen."

Dieser Vorhalt wurde nicht beantwortet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Casino Assistant bei der Casino ***1*** (Liechtenstein) AG in ***2***. Sie hat folgende Aufgaben zu erledigen:

An der Rezeption Registrierung der Gäste und Verwahrung der Garderobe. Beantwortung von telefonischen Anfragen. Im Spielsaal Bedienung von Gästen. Barkeeping. An der Kasse: Auszahlung von Tickets und Jetons. Bei der Abrechnung: Zählung von Geld und Chips. Integration der Daten in das System. Je nach Verfügbarkeit wurde die Einteilung der Arbeiten vom Management vorgenommen.

Dort erhält sie u.a. Trinkgeldzahlungen, welche nach Ansicht der Beschwerdeführerin steuerfrei sind. Seitens des Finanzamts wurden diese bislang als steuerpflichtiger Gehaltsbestandteil behandelt, weil der Arbeitgeber Trinkgelder aus dem Tronc (Trinkgeldkasse) nach eigenem Schlüssel auf die Mitarbeiter verteilt auszahlt.

Auf Grund der Nichtbeantwortung des Vorhalts vom kann das Bundesfinanzgericht nicht feststellen, dass die Beschwerdeführerin Trinkgeld außerhalb des Troncsystems erhalten hat. Vielmehr spricht die Tatsache, dass der Arbeitgeber die Trinkgelder in den Lohnzettel aufgenommen hat, dafür, dass es sich dabei ausschließlich um Trinkgelder handelt die aus dem Tronc verteilt wurden. Die Trinkgelder die die Beschwerdeführerin zulässigerweise von Kunden für ihr Tätigkeit bei als Garderobiere, Kellnerin oder Barkeeperin erhalten hat, wurden von dieser an den Arbeitgeber abgeführt.

Artikel 32 des Liechtensteinischen Geldspielgesetzes lautet:

"Trinkgelder

1) Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zubelegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbanklegt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.

2) Individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art dürfen ausschliesslich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereichannehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal."

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus der Tätigkeitsbeschreibung der Beschwerdeführerin sowie aus dem Lohnausweis. Artikel 32 des Geldspielgesetzes ist dem Liechtensteinischen Landesgesetzblatt entnommen. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin die ihr von Kunden zugewendeten Trinkgelder an den Arbeitgeber abgeführt hat, geht aus dem Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2021 hervor.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

§ 3 Abs 1 Z 16a EStG lautet:

"(1) Von der Einkommensteuer sind befreit:

16a. Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist."

Für die Steuerfreiheit müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

a) Ortsüblichkeit der Zuwendung,

b) Zuwendung an den Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite,

c) Freiwilligkeit der Zuwendung sowie

d) Zulässigkeit der Annahme der Zuwendung (kein gesetzliches oder kollektivvertragliches Verbot der Annahme).

Die Annahme des Trinkgeldes darf nicht aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen verboten sein. Unter diese Verbotsnormen fällt auch Artikel 32 des liechtensteinischen Geldspielegesetzes. Diese gesetzliche Bestimmung verbietet damit allen mit dem Spielbetrieb befassten Mitarbeitern der Spielbank - im Dienste eines sicheren, korrekten und transparenten Spielbetriebs - die Annahme individueller Trinkgelder und beschränkt solche auf das Restaurant- oder Garderobenpersonal (vgl. in diesem Zusammenhang die Erläuterungen zu Art. 32 GSG im Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des TZ ua. betreffend die Schaffung eines Geldspielgesetzes unter https://bua.regierung.z/BuA/default.aspx?nr=3&year=2010&erweitert=true).

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis vom , G 19/08 (Gesetzprüfungsverfahren aus Anlass einer Beschwerde eines Croupiers), die in § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 geregelte Steuerfreiheit von bestimmten Trinkgeldern bestätigt.

Nach dem Höchstgericht sind Charakteristika des Trinkgeldes die Abhängigkeit vom freigebigen Kundenverhalten, der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers und ein fehlender Rechtsanspruch aus dem Dienstverhältnis.

Entsprechend den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes gilt die Steuerfreiheit nicht für Croupiers, da diesen die eigenständige Annahme von Trinkgeldern verboten ist, damit zwangsläufig bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder eine Einschaltung des Arbeitgebers im Rahmen des Tronc-Systems verbunden ist und das Trinkgeld dadurch zwangsläufig stärker den Charakter eines (der Steuerpflicht unterliegenden) Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn hat (siehe dazu auch ; ; ; ; Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 3 Tz 197; Jakom/Laudacher EStG, 2021, § 3 Tzen 83 ff).

Im konkreten Fall konnte nicht festgestellt werden, dass die im Lohnzettel vom Arbeitgeber ausgewiesenen Trinkgelder außerhalb des Troncsystems von Kunden direkt an die Beschwerdeführerin ausbezahlt wurden. Vielmehr wurde festgestellt, dass es sich bei den vom Arbeitgeber an die Beschwerdeführerin ausbezahlten Trinkgeldern um solche handelt, die auf Grund des Annahmeverbotes von Trinkgeldern gemäß Art 32 liechtensteinisches Geldspielgesetz unter zwangsläufiger Einschaltung der Arbeitgeberin bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder im Rahmen des Tronc-Systems, handelt. Es ist sohin schon die in § 3 Abs. 1 Z 16a zweiter Satz EStG 1988 normierte Voraussetzung (kein Verbot der direkten Trinkgeldannahme auf Grund gesetzlicher Bestimmungen) nicht erfüllt. Der oben dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgend hat der von der Beschwerdeführerin bezogene Tronc-Anteil stärker den Charakter eines (der Steuerpflicht unterliegenden) Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn und handelt es sich damit gegenständlich nicht um ein ortsübliches Trinkgeld iSd § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988.

Es erübrigen sich damit weitere Sachverhaltsfeststellungen wie auch weitere rechtliche Erläuterungen im Hinblick auf die Prüfung der übrigen oben aufgelisteten Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Trinkgeldern, da diese an der Entscheidung nichts mehr zu ändern vermögen.

Vollständigkeitshalber sei jedoch darauf hingewiesen, dass im Beschwerdefall wohl auch das Kriterium der "Zuwendung an den Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite" nicht gegeben war. Bei den strittigen von der Beschwerdeführerin bezogenen Trinkgeldern bzw. erhaltenen Anteilen aus dem Tronc handelt es sich wohl um (allgemeine) Zuwendungen, welche nicht gezielt der Beschwerdeführerin und ihrer Arbeitsleistung gelten. Sie erhielt aus dem Tronc jedoch nicht die erhaltenen und von ihr eingeworfenen Beträge/Jetons, sondern wohl einen vorweg von der Arbeitgeberin (der Spielbank) im entsprechenden Reglement in der Höhe festgelegten bestimmten Anteil (vgl. Art. 32 Abs. 1 FL GSG; siehe dazu auch ). Hatte die Beschwerdeführerin einen vertraglichen Anspruch auf das Trinkgeld bzw. einen entsprechenden Anteil aus dem Tronc, war im Übrigen auch das für die Steuerfreiheit vorausgesetzte Merkmal der Freiwilligkeit nicht vorliegend. Trinkgelder sind nämlich Zahlungen, auf welche kein Rechtsanspruch besteht. Durch die Garantie des Arbeitgebers ist die Abhängigkeit vom freigebigen Verhalten der Kunden und der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers gegenüber den Kunden nicht gegeben (vgl. dazu auch ; ; ; ).

Auch aus der betragsmäßigen Gegenüberstellung von Monatslohn und Trinkgelder ergibt sich im Beschwerdefall mit hinreichender Deutlichkeit (die Trinkgelder betragen in etwa ein Viertel des Bruttolohnes; vgl. den vorgelegten Jahreslohnzettel 2019), dass diesen wohl nicht mehr der Charakter eines ortsüblichen Trinkgeldes im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 zukommt.

Im Hinblick auf den Verweis der Beschwerdeführerin auf den Gleichheitssatz erlaubt sich das Finanzgericht darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof mit oben zitiertem Erkenntnis - wie bereits oben ausgeführt - die Verfassungsmäßigkeit sowohl der Steuerfreiheit ortsüblicher Trinkgelder als auch der Besteuerung jener Leistungsentgelte, deren direkte Annahme den Bediensteten verboten ist und die daher vom Arbeitgeber verteilt werden, sohin § 3 Abs. 1 Z 16a Satz 1 und Satz 2 EStG 1988, bestätigt hat. Im Übrigen darf gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Das Legalitätsprinzip umfasst entgegen seinem Wortlaut auch die Gerichtsbarkeit; die Bindung der Gerichte an die Gesetze war nämlich zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Bundesverfassung bereits eine solche Selbstverständlichkeit, dass sie gar nicht gesondert erwähnt wurde. Die Abgabenbehörde wie auch das Finanzgericht haben daher - gebunden an dieses in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzip - die oben angeführten, klaren Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, die im Übrigen keinerlei Spielraum eröffnen, so lange anzuwenden, als diese dem Rechtsbestand angehören.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall liegen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VfGH- bzw. VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Eine ordentliche Revision ist damit nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100110.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at