In das Steuergebiet eingebrachter tabakfreier Wasserpfeifentabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen mittels Wasserpfeife eignet, unterliegt als Rauchtabak iSd § 3 Abs 6 TabStG 1995 der Tabaksteuer.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel über die Beschwerden der ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, 1220 Wien, vom und gegen die Bescheide des Zollamtes Österreich vom (Zahl ***1***) sowie vom (Zahl ***2***) betreffend Festsetzung von Tabaksteuer samt Säumniszuschlägen zu Recht:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom (Zahl ***1***) setzte das Zollamt Wien für den Beschwerdeführer Tabaksteuer für den Bezug von Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken vom gem § 27 Abs 1 TabStG 1995 iVm § 201 Abs 2 Z 3 BAO iHv 10.392,58 Euro zuzüglich eines 2%-igen Säumniszuschlages iHv von 207,85 Euro fest.
Mit Bescheid vom (Zahl ***2***) setzte die belangte Behörde für denselben Beschwerdeführer Tabaksteuer für den Bezug von Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken vom und gem § 27 Abs 1 TabStG 1995 iVm § 201 Abs 2 Z 3 BAO iHv 7.469,66 Euro zuzüglich eines 2%-igen Säumniszuschlages iHv 292,29 Euro fest.
Nach Ansicht der belangten Behörde sei das in Rede stehende Produkt ***A*** (diverse Sorten Wasserpfeifentabak), welches keinen Tabak enthält, unter der Warennummer 2403 9990 00 V245 einzureihen und unterliege daher dem Tabaksteuergesetz 1995.
Als Bemessungsgrundlage wurde gem § 5 Abs 2 TabStG 1995 jeweils als Kleinverkaufspreis der Preis, der für diese Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre, mit 19,90 Euro je Packung (Stück) angenommen.
In den jeweils rechtzeitig erhobenen Beschwerden bringt der Vertreter der Beschwerdeführerin vor, dass die Voraussetzungen des § 201 Abs 2 Z 3 BAO mangels Neuerungen im Tatsachenbereich nicht vorliegen würden. Rein rechtliche Aspekte würden den Eingriff in die Rechtskraft eines bestehenden Steuerbescheides unter dem Neuerungstatbestand nicht ermöglichen.
Dem angefochtenen Bescheid sei kein Wiederaufnahmegrund zu entnehmen. Dieser Mangel sei im Rechtsmittelverfahren nicht mehr sanierbar.
Da ferner die Selbstberechnung der Abgaben zu Recht unterlieben sei, wäre der angefochtene Bescheid zu Unrecht ergangen.
Nach Ansicht des Beschwerdeführers handle es sich bei den gegenständlichen Produkten weder um Zigaretten, Zigarillos noch um andere tabaksteuerpflichtige Produkte.
Die Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidungen (Zahl ***3*** vom , Zahl ***4*** vom ) als unbegründet abgewiesen.
In den Vorlageanträgen vom und wird unter Aufrechterhaltung des bisherigen Vorbringens die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit schriftlicher Eingabe des Vertreters der Beschwerdeführerin vom (eingelangt beim Bundesfinanzgericht am ) wird der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die verfahrensgegenständlichen verschiedenen Sorten tabakfreien auf Zellstoff basierenden Wasserpfeifentabak des Produkts "***A***" der Tabaksteuer unterliegen bzw ob die Festsetzungsbescheide der belangten Behörde einen nicht sanierbaren Begründungsmangel aufweisen.
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hat von einem deutschen Unternehmen verschiedene Sorten tabakfreien Rauchtabak auf Zellstoffbasis der Marke "***A***" zu gewerblichen Zwecken bezogen und an folgenden Tagen nachweislich durch ihren Geschäftsführer in Österreich in Empfang genommen:
(1.536 Stück/Packungen zu je 200 g)
(1.056 Stück/Packungen zu je 200 g)
(1.104 Stück/Packungen zu je 200 g)
Bei den Waren handelt es sich um tabakfreien Wasserpfeifentabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen mittels Wasserpfeife eignet.
Die Festsetzung der Tabaksteuer erfolgte laut Bescheidbegründungen, da von der Beschwerdeführerin weder Tabaksteuer abgeführt noch ein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wurde.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den durch das Zollamt Österreich vorgelegten Unterlagen (Bescheide, Rechnungen, Transportdokumente) und ist zudem nicht strittig.
Rechtlich ergibt sich daraus:
Gem § 201 Abs 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung von Abgaben, denen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
Die belangte Behörde hat die Tabaksteuer auf Grundlage des § 27 Abs 1 TabStG 1995 iVm § 201 Abs 2 Z 3 BAO festgesetzt.
Aus den jeweiligen Bescheidbegründungen geht hervor, dass seitens der Beschwerdeführerin Tabakwaren gem § 3 Abs 3 bzw Abs 6 TabStG 1995 aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken bezogen, jedoch im Steuergebiet nicht zur Versteuerung angemeldet wurden bzw die darauf entfallende Tabaksteuer nicht entrichtet wurde.
Damit hat die belangte Behörde die Festsetzung der Abgaben ausreichend begründet. Ein Begründungsmangel kann nicht erkannt werden, zumal das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO lediglich alternativ in § 201 Abs 2 Z 3 BAO genannt und eine Wiederaufnahme nicht erfolgt ist.
Gem § 1 Abs 1 TabstG 1995 unterliegen Tabakwaren, die im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht werden der Tabaksteuer.
§ 2 TabStG 1995 bestimmt:
"Tabakwaren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:
1. Zigaretten;
2. Zigarren und Zigarillos;
3. Rauchtabak (Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten und anderer Rauchtabak);
4. Tabak zum Erhitzen."
§ 3 TabStG 1995 bestimmt:
"(1) Falls sie sich als solche zum Rauchen eignen und aufgrund ihrer Eigenschaften und der normalen Verbrauchererwartungen ausschließlich dafür bestimmt sind, gelten als Zigarren oder Zigarillos:
1. Tabakrollen, die ein äußeres Deckblatt aus natürlichem Tabak haben;
2. Tabakrollen, die mit gerissenem Mischtabak gefüllt sind und ein äußeres Deckblatt von normaler Zigarrenfarbe aus rekonstituiertem Tabak aufweisen, das das Erzeugnis vollständig umhüllt - gegebenenfalls auch den Filter, nicht aber das Mundstück bei Zigarren mit Mundstück -, wenn ihr Stückgewicht ohne Filter und ohne Mundstück mindestens 2,3 g und höchstens 10 g und ihr Umfang auf mindestens einem Drittel ihrer Länge 34 mm oder mehr beträgt.
(2) Zigaretten sind Tabakstränge,
1. die sich unmittelbar zum Rauchen eignen und nicht Zigarren oder Zigarillos nach Abs. 1 sind oder
2. die durch einen einfachen nicht industriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse geschoben werden oder
3. die durch einen einfachen nicht industriellen Vorgang mit einem Zigarettenpapierblättchen umhüllt werden.
(3) Rauchtabak sind
1. geschnittener oder anders zerkleinerter, gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet, oder
2. zum Rauchen geeignete und für den Einzelverkauf aufgemachte Tabakabfälle, die nicht Tabakwaren nach Abs. 1 oder 2 sind. Für die Zwecke dieses Absatzes gelten als "Tabakabfälle" Überreste von Tabakblättern und bei der Verarbeitung von Tabak oder bei der Herstellung von Tabakwaren anfallende Nebenerzeugnisse.
(4) Rauchtabak ist Feinschnitt, wenn mehr als 25 Gewichtsprozent der Tabakteile eine Schnittbreite von weniger als 1,5 mm aufweisen. Anderer Rauchtabak gilt als Feinschnitt, wenn er für die Herstellung selbstgedrehter Zigaretten bestimmt oder aufgemacht ist.
(5) Als Zigarren oder Zigarillos gelten auch Erzeugnisse, die teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, aber die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.
(6) Als Zigaretten oder Rauchtabak gelten auch Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 oder 3 erfüllen. Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten, gelten nicht als Tabakwaren, wenn sie ausschließlich medizinischen Zwecken dienen.
(7) Tabak zum Erhitzen sind Tabakprodukte, die sich nicht unmittelbar zum Rauchen eignen, nicht Zigaretten oder Rauchtabak nach Abs. 2 oder 3 sind und dafür vorgesehen sind, in Teilen oder vollständig durch Erhitzen ohne einen Abbrand des Tabaks konsumiert zu werden, und hierbei einen inhalierbaren Dampf freisetzen.
(8) Als Tabak zum Erhitzen gelten auch Erzeugnisse, die teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, aber die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 7 erfüllen."
Nach § 4 Abs 1 Z 4 TabStG 1995 beträgt die Tabaksteuer für anderen Rauchtabak 34% des Kleinverkaufspreises.
Gem § 5 Abs 1 TabStG 1995 ist der Kleinverkaufspreis der Preis, zu dem Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr an Verbraucher abzugeben sind; Preise, zu denen Tabakwaren nur an einen bestimmten Verbraucherkreis abgegeben werden, sind nicht zu berücksichtigen. Abgaben, denen die Tabakwaren unterliegen, gehören zum Kleinverkaufspreis.
Für Tabakwaren, für die ein Verkaufspreis im Sinne des Abs 1 nicht besteht, gilt nach § 5 Abs 2 TabStG 1995 als Kleinverkaufspreis der Preis, der für diese Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre. Sind solche Tabakwaren üblicherweise nicht zur Abgabe an Verbraucher bestimmt, so gilt als Kleinverkaufspreis ihr gemeiner Wert (§ 10 Abs 2 des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148) im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld.
Der Begriff Wasserpfeifentabak wird weder in den Bestimmungen der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom (über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren) noch in denen des nationalen Tabaksteuergesetzes ausdrücklich genannt. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt Wasserpfeifentabak als Rauchtabakerzeugnis (vgl Rn 33).
Beim beschwerdegegenständlichen Produkt handelt es sich um tabakfreien Wasserpfeifen-tabak.
Als Rauchtabak gelten nach § 3 Abs 6 TabStG 1995 auch Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und die sonstigen Voraussetzungen des Abs 2 oder 3 erfüllen.
Da es sich nach der Judikatur des EuGH bei Wasserpfeifentabak um Rauchtabak somit um Rauchtabak iSd § 3 Abs 3 TabStG 1995 handelt, ist auch tabakfreier Wasserpfeifentabak davon umfasst.
Der Wortlaut des § 3 Abs 3 TabStG 1995 enthält überdies keinen expliziten Hinweis darauf, dass der Begriff "Rauchtabak" auf Tabakerzeugnisse beschränkt wäre, die ausschließlich mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden können. Es muss sich lediglich um Tabak handeln, der sich zum Rauchen eignet. Für die Einstufung von Wasserpfeifentabak als Rauchtabak spricht auch der allgemeine Sprachgebrauch, nach dem eine Wasserpfeife "geraucht" wird.
Der EuGH führt im og Erkenntnis zur Einstufung von Wasserpfeifentabak als Rauchtabak ferner aus, dass die Erhitzung und Verbrennung aller Stoffe, aus denen Wasserpfeifentabak besteht, Rauch zum Einatmen erzeugt.
Bei dem hier verfahrensgegenständlichen tabakfreien Wasserpfeifentabak handelt es sich somit um Tabakware iSd § 2 Z 3 TabStG 1995, die laut unstrittigem Sachverhalt in das Steuergebiet eingebracht wurde.
Da für diesen speziellen Wasserpfeifentabak kein Kleinverkaufspreis veröffentlicht wurde, hat das Zollamt Österreich diesen im Schätzungswege in Anlehnung an einen ähnlich gelagerten Fall mit 19,90 Euro pro 200 g angenommen.
Die im maßgeblichen Zeitraum per Erlass veröffentlichten Preise durch das Bundesministerium für Finanzen für verschiedene tabakhaltige Tabaksorten in Österreich (pro 200 g) liegen zwischen 17,90 Euro und 23,90 Euro.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um keine tabakhaltigen Produkte handelt, ist der Ansatz des Kleinverkaufspreises, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre, durch die belangte Behörde für die beschwerdegegenständlichen Produkte iHv 19,90 Euro plausibel.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und das Erkenntnis im Hinblick auf die Frage ob das verfahrensgegenständliche Produkt unter den Begriff Rauchtabak iSd § 2 Z 3 TabStG 1995 zu subsumieren ist, im Einklang mit der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 27 Abs. 1 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 5 Abs. 2 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 2 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 4 Abs. 1 Z 4 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 5 Abs. 1 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 3 Abs. 6 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 3 Abs. 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 § 2 Z 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200069.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at