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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.02.2024, RV/3100323/2016

Ersatzlose Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung mangels Beschwerde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, vertreten durch ***Stb***, über das als Beschwerde vorgelegte Anbringen vom betreffend den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom hinsichtlich Einkommensteuer 2006, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerdevorentscheidung vom wird hinsichtlich der Entscheidung über den Einkommensteuerbescheid 2006 aufgehoben.

Der Vorlageantrag vom scheidet gem. § 264 Abs. 7 BAO aus dem Rechtsbestand aus.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer erzielte im Beschwerdejahr gewerbliche Einkünfte aus einer Tätigkeit als Handelsvermittler und (negative) gewerbliche Einkünfte aus einer Beteiligung an einer Personengesellschaft.

2. Diese Einkünfte wurden vom Beschwerdeführer in der Steuererklärung erfasst und am vom Finanzamt ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 erlassen.

3. Mit Datum vom wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2006 wiederaufgenommen und am selben Tag ein neuer Sachbescheid erlassen.

Im Beschwerdeverfahren betreffend Umsatzsteuer 2006 habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2006 Einkünfte in Deutschland in Höhe von ***X*** Euro erwirtschaftet habe, die in der Einkommensteuererklärung nicht als Progressionseinkünfte angeführt worden seien. Diese neu hervorgekommene Tatsache rechtfertige eine Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erlassung eines neuen Sachbescheides.

4. In der am eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 wurde vorgebracht, dass die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO grundsätzlich fünf Jahre betrage und sich um jeweils ein weiteres Jahr verlängere, insoweit eine Verlängerungshandlung gesetzt werde. Im vorliegenden Fall sei mit Ablauf des Jahres 2012 Verjährung eingetreten, weshalb der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 und daraus folgend der Einkommensteuerbescheid 2006 ersatzlos aufzuheben seien.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 wurde vom Beschwerdeführer keine Beschwerde erhoben.

5. In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde vom Finanzamt in der Begründung dargelegt, dass bei unbeschränkter Steuerpflicht in der Steuererklärung grundsätzlich das gesamte Welteinkommen anzugeben sei, was allgemein bekannt sei.

Vom Beschwerdeführer sei die ihm obliegende Offenlegungspflicht verletzt worden, da er in seiner am eingereichten Einkommensteuererklärung Einkünfte in Höhe von ***X*** Euro nicht in der Kennziffer 440 erfasst habe. Aufgrund der Verletzung dieser Offenlegungspflicht sei von der Abgabenbehörde "sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht von einem Hinterziehungstatbestand gem. § 33/1 FinStrG auszugehen". Es komme daher die 10-jährige Verjährungsfrist gem. § 207 Abs. 2 Bundesabgabenordnung zur Anwendung.

Mit dieser Beschwerdevorentscheidung wurde sowohl über die Beschwerde betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens als auch über die - nicht erhobene - Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 abgesprochen und beide Beschwerden abgewiesen.

6. Der Vorlageantrag vom richtete sich sowohl gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens als auch die Beschwerdevorentscheidung betreffend den Einkommensteuerbescheid 2006.

Vom Beschwerdeführer wurde ergänzend vorgebracht, dass die Frage, ob eine Abgabe hinterzogen worden sei, eine Vorfrage darstelle, die - wenn keine finanzstrafrechtliche Verurteilung vorliege - von der Abgabenbehörde selbständig beurteilt werden müsse. Dabei sei neben der Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, die zu einer Abgabenverkürzung führe, ein Tatvorsatz notwendig.

Aus der - erst in der Beschwerdevorentscheidung angeführten - Verletzung der Offenlegungspflicht könne nicht ohne weiteres auf das Vorliegen eines Vorsatzes geschlossen werden.

Aus der Begründung der Abgabenbehörde müsse sich ergeben, "auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist (vgl. )."

7. Mit Vorlagebericht vom wurde dem Bundesfinanzgericht sowohl die Beschwerde betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens als auch die gegenständliche Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer hatte im Beschwerdejahr (nur) in Österreich einen Wohnsitz und bezog neben österreichischen Einkünften auch Einkünfte aus einer Tätigkeit in Deutschland.

2. In der Einkommensteuererklärung hat der Beschwerdeführer die in Deutschland erzielten Einkünfte nicht in der Kennziffer 440 erfasst, wodurch diese nicht bei der Berechnung des Durchschnittsteuersatzes für die im Inland zu besteuernden Einkünfte berücksichtigt werden konnten.

3. Aufgrund des Beschwerdeverfahrens betreffend Umsatzsteuer 2006, in dem vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers (u.a.) eine "Einnahme- Überschussrechnung für die Zeit vom 01. Januar bis " der Firma "***Y***", vorgelegt wurde, hat das Finanzamt im Jahr 2015 von diesen deutschen Einkünften Kenntnis erlangt.

In der Folge wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuer am wiederaufgenommen und am selben Tag ein neuer Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 erlassen, in dem der in Deutschland erzielte Jahresüberschuss von ***X*** Euro (für die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes) herangezogen wurde.

4. Gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 wurde vom Beschwerdeführer am mit folgendem Text Beschwerde erhoben:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erheben wir gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 vom , elektronisch zugestellt am innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

BESCHWERDE."

Am Ende der Beschwerde wird Folgendes begehrt:

"Es wird beantragt, den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 und daraus folgend den Einkommensteuerbescheid 2006 vom ersatzlos aufzuheben."

5. Eine Beschwerde betreffend den Einkommensteuerbescheid 2006 wurde vom Beschwerdeführer mit dem Anbringen vom nicht erhoben.

2. Beweiswürdigung

1. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt und ist zwischen den Beschwerdeparteien grundsätzlich unstrittig.

2.. In der Beschwerde ist der angefochtene Bescheid zu bezeichnen. Vom Beschwerdeführer würde ausdrücklich nur der Wiederaufnahmebescheid vom bekämpft, nicht der Einkommensteuerbescheid vom selben Tag. Dies ergibt sich aus der o.a. und eindeutigen Textierung der Beschwerde.

Der Antrag des Beschwerdeführers, in dem auch der Einkommensteuerbescheid 2006 erwähnt wird, kann nur so verstanden werden, dass als Folge einer Stattgabe der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid auch der Sachbescheid aufzuheben sein wird.

Dies wird auch dadurch bestätigt, dass in der Begründung der Beschwerde nur auf die Verjährungsproblematik des Wiederaufnahmebescheids eingegangen wird.

3. Auch vom Finanzamt wurde dem Bundesfinanzgericht auf Nachfrage per E-Mail vom mitgeteilt, dass es (inzwischen) der Ansicht sei, dass der Einkommensteuerbescheid 2006 vom Beschwerdeführer nicht bekämpft wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung)

Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen der BAO lauten (auszugsweise) wie folgt:

§ 243 BAO

Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

§ 245 BAO

(1) Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.

[…]

§ 250 BAO

(1) Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:

a)die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b)die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c)die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d)eine Begründung.

[…]

§ 261 BAO

(1)Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird

a)in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oder

b)in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.

(2)Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

§ 262 BAO

(1)Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

[…]

§ 263 BAO

(1)Ist in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde

a)weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b)als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,so ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2)In der Beschwerdevorentscheidung ist auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) hinzuweisen.

(3)Eine Beschwerdevorentscheidung wirkt wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.

(4)§ 281 gilt sinngemäß für Beschwerdevorentscheidungen; § 281 Abs. 2 allerdings nur, soweit sich aus der in § 278 Abs. 3 oder in § 279 Abs. 3 angeordneten Bindung nicht anderes ergibt.

§ 264 BAO

(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

[…]

(3)Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

[…]

(7)Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

§ 265 BAO

(1)Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(2)Die Vorlage der Bescheidbeschwerde hat jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrages und von Beitrittserklärungen zu umfassen.

(3)Der Vorlagebericht hat insbesondere die Darstellung des Sachverhaltes, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde zu enthalten.

[…]

§ 278 BAO

(1)Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a)weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b)als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(2)Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3)Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 279 BAO

(1)Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2)Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3)Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

Erwägungen

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Beurteilung von Parteianträgen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufällige verbale Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen hin auch nur andeutungsweise nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein beruflicher Parteienvertreter, der einen Antrag im Namen eines Mandanten stellen möchte, dies auch klar zum Ausdruck bringt (vgl. u.a. , ).

Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. u.a. ).

Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen hin auch nur andeutungsweise nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich (vgl. u.a. ; ).

2. Dem Bundesfinanzgericht wurde vom Finanzamt ein vom steuerlichen Vertreter verfasstes Anbringen als Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 zur Entscheidung vorgelegt, obwohl vom Beschwerdeführer (wie unter Punkt II. 1 und 2 dargelegt) nur der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens bekämpft werden sollte.

Trotzdem ist das Finanzamt davon ausgegangen, dass auch gegen den Sachbescheid Beschwerde erhoben werden sollte und hat am eine Beschwerdevorentscheidung betreffend den Einkommensteuerbescheid 2006 erlassen.

3. Gemäß § 262 BAO ist über Bescheidbeschwerden mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Beschwerdevorentscheidungen sind Bescheide über Bescheidbeschwerden, die als "Beschwerdevorentscheidungen" zu bezeichnen sind (Ritz/Koran, BAO7, § 262 Rz 2).

Gemäß § 263 Abs 3 BAO wirkt eine Beschwerdevorentscheidung wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.

Die eine formale Erledigung der Bescheidbeschwerde beinhaltende Beschwerde-vorentscheidung spricht lediglich über die Zulässigkeit bzw. Rechtzeitigkeit der Beschwerde ab oder erklärt diese als zurückgenommen bzw. gegenstandslos. Diese Beschwerde-vorentscheidung tritt als eigenständiger verfahrensrechtlicher Rechtsakt neben den angefochtenen Bescheid, ersetzt diesen aber nicht.

Die meritorische Beschwerdevorentscheidung hingegen tritt an die Stelle des mit Beschwerde angefochtenen Bescheids und ersetzt diesen daher zur Gänze. Mit ihr werden in einem einheitlichen Verfahren alle Beschwerdeanträge erledigt (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 263 BAO Rz 9 (Stand , rdb.at)).

Auch eine rechtswidrig ergangene Beschwerdevorentscheidung ist wirksam und ist, wenn durch das Verwaltungsgericht mangels Beschwerde keine Entscheidung über die ihr vermeintlich zugrunde liegende Beschwerde zu treffen ist, aufgrund eines dem Verwaltungsgericht vorgelegten Vorlageantrags ersatzlos durch das Verwaltungsgericht aufzuheben (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 263 BAO Rz 10 (Stand , rdb.at) mit Hinweis auf ).

4. Dem folgend war die vom Finanzamt rechtswidrig erlassene Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den Einkommensteuerbescheid 2006 ersatzlos aufzuheben.

5. Als Folge der Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO der Vorlageantrag vom aus dem Rechtsbestand aus.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Vom Bundesfinanzgericht waren Sachverhaltsfragen im Rahmen der Beweiswürdigung zu klären, darüber hinaus orientiert sich die Entscheidung an der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 263 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100323.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at