Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2024, RV/5100409/2023

Bei der Berechnung der Normalunterstellung Vieheinheiten sind im Ausland zugepachtete Flächen nicht zu berücksichtigen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100409/2023-RS1
Die Vorschriften der §§ 29 bis 68 BewG gelten nach § 27 BewG für die Bewertung des inländischen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, Grundvermögens und Betriebsvermögens. Damit im Zusammenhang steht Satz 3 des § 30 Abs. 5 BewG: Für die Anzahl der zulässigen Vieheinheiten und für die Ermittlung der reduzierten landwirtschaftlichen Nutzfläche ist das Gesamtausmaß der vom Betrieb aus bewirtschafteten Flächen maßgebend. Die in Deutschland zugepachteten Flächen scheiden als nicht im Inland befindliche Flächen als Zupachtung iSd § 30 Abs. 5 BewG aus, weil sich die Bewertung nach § 27 BewG nur auf das inländische land- und forstwirtschaftliche Vermögen bezieht. Die genannte Verweisungsnorm des § 27 BewG schließt demnach die Einbeziehung von ausländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen bei der Berechnung der zulässigen Vieheinheiten aus.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einheitswert des land- u. forstwirtschaftl. Betriebes 2022 (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955 zum ), Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Einheitswertbescheid vom wurde für den Beschwerdeführer (Bf.) der Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb zum (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955) mit 36.200 € festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Fortschreibung erforderlich gewesen sei, da aufgrund einer Mitteilung der Agrarmarkt Austria (AMA) Änderungen bei den öffentlichen Geldern (§ 35 BewG) zu berücksichtigen gewesen seien. Seitens der AMA sei ein Bestand von Rindern im Alter von ein bis drei Jahren mitgeteilt worden. Dieser sei im Schätzungswege je zur Hälfte Rindern zwischen einem und eineinhalb Jahren und Rindern zwischen eineinhalb und zwei Jahren zugeordnet worden.

2. Am langte am Finanzamt eine Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid vom ein. Darin wurde beantragt, die im angrenzenden Bayern zugepachtete Fläche bei der Berechnung der Normalunterstellung der Vieheinheiten zu berücksichtigen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid (Wertfortschreibung) zum abgewiesen:

Im § 27 BewG werde klargestellt, dass die Bestimmungen der §§ 29 bis 68 nur für die Bewertung des inländischen land- und fortwirtschaftlichen Vermögens, Grundvermögens und Betriebsvermögens gelten, dies aber auch dann, wenn für die inländischen Teile einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit), die sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstrecke, der Einheitswert des inländischen Teils gesondert festzustellen sei. Die Ermittlung der Vieheinheiten sei im § 30 Abs. 5 geregelt, somit sei diese Bestimmung nur auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen anzuwenden, das sich im Inland befinde. Pachtflächen, die sich in Deutschland befinden, seien somit bei der Einheitsbewertung und der Berechnung der Vieheinheiten nicht zu berücksichtigen.

4. Am wurde beim Finanzamt ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid durch das Verwaltungsgericht eingebracht. Darin führte der Bf. aus:

In der Begründung der BVE werde auf § 27 und §§ 29 bis 68 des Bewertungsgesetzes verwiesen. So stelle § 27 Bewertungsgesetz klar, es sei eine "wirtschaftliche Einheit zu bewerten, die sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstrecke." § 2 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes definiere die wirtschaftliche Einheit und erkläre, dass der Wert im Ganzen festzustellen sei. "Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten habe, sei nach den Anschauungen des Verkehres zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sei zu berücksichtigen." Zweifelsohne handle es sich bei seiner Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen im In- und Ausland um eine wirtschaftlich einheitliche Nutzung. Die Felder und Wiesen seien nur wenige Kilometer von seinem Betrieb entfernt und würden an den gleichen Tagen mit den gleichen Maschinen bearbeitet werden. Das in Deutschland erzeugte Tierfutter werde in Österreich gelagert, verarbeitet und von den in Österreich lebenden Tieren zusammen mit in Österreich erzeugten Futteranteilen verzehrt. Desweiteren verweise die Behörde in ihren Ausführungen auf § 30 Abs. 5 des Bewertungsgesetzes. Hierin heiße es: "für die Anzahl der zulässigen Vieheinheiten und für die Ermittlung der reduzierten landwirtschaftlichen Nutzfläche sei das Gesamtausmaß der vom Betrieb aus bewirtschafteten Flächen maßgebend". Ausdrücklich werde ergänzt: "zugepachtete Flächen seien miteinzubeziehen, verpachtete auszuschließen". Gerade unter Bezugnahme auf die in der BVE zitierten gesetzlichen Vorschriften sehe man die eigene Rechtsauffassung als bestätigt.

5. Die Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid wurde am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. betreibt eine Land- und Forstwirtschaft im Bezirk Schärding. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche beträgt 23,8737 ha, die forstwirtschaftlich genutzte Fläche 13,3172 ha.

[...]

Aus den Daten der wirtschaftlichen Einheit geht hervor, dass es sich um eine Tierhaltung mit überwiegend eigenen Erzeugnissen handelt. Es ergibt sich zum ein Tierzuschlag für überdurchschnittliche Tierhaltung, die Maximalunterstellung laut BewG wird nachhaltig aber nicht überschritten. Dies bedeutet, es liegt ein konventioneller Betrieb und kein Gewerbe vor. Der Betrieb des Bf. liegt an der Grenze zu Deutschland und es werden von der inländischen Hofstelle aus sowohl in Österreich als auch in Deutschland landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet.

Die inländische bewirtschaftete reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt 25,10 ha. Zusätzlich hat der Bf. im angrenzenden Bayern (Landkreis Passau) landwirtschaftliche Nutzflächen im Ausmaß von 12,79 ha zugepachtet.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht übermittelten Teilen des Aktes EW-AZ ***X*** sowie den Schriftsätzen des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 27 BewG 1955 gelten für die Bewertung des inländischen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, Grundvermögens und Betriebsvermögens die Vorschriften der §§ 29 bis 68. Nach diesen Vorschriften sind auch die inländischen Teile einer wirtschaftlichen Einheit zu bewerten, die sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstreckt.

Gemäß § 30 Abs. 5 BewG gilt die Zucht oder das Halten der in Abs. 7 genannten Tiere als landwirtschaftlicher Betrieb, wenn, bezogen auf die reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche dieses Betriebes (Abs. 6),
für die ersten .................... 10 ha nicht mehr als 8,
für die nächsten ................ 10 ha nicht mehr als 6,
für die nächsten ................ 10 ha nicht mehr als 4,
für die nächsten ................ 10 ha nicht mehr als 3,
für die nächsten ................ 10 ha nicht mehr als 2
Vieheinheiten (Abs. 7) und für die restliche reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche nicht mehr als 1,5 Vieheinheiten je Hektar im Wirtschaftsjahr durchschnittlich erzeugt oder gehalten werden. Wird jedoch dieser Höchstbestand nachhaltig überschritten, so ist hinsichtlich des gesamten Tierbestandes das Vorliegen eines gewerblichen Betriebes anzunehmen. Für die Anzahl der zulässigen Vieheinheiten und für die Ermittlung der reduzierten landwirtschaftlichen Nutzfläche ist das Gesamtausmaß der vom Betrieb aus bewirtschafteten Flächen maßgebend; zugepachtete Flächen sind miteinzubeziehen, verpachtete auszuschließen.

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung enthält keine Bestimmungen über eine Zusammenfassung von in beiden Vertragsstaaten gelegenen unbeweglichem Vermögen für steuerliche Zwecke.

Strittig ist, ob die im angrenzenden Bayern zugepachteten Flächen (12,79 ha) bei der Berechnung der Normalunterstellung Vieheinheiten zu berücksichtigen sind oder nicht. Die Beschwerde richtet sich gegen den errechneten Tierzuschlag. Die Normalunterstellung wird nach Ansicht des Bf. auf Grund unvollständig erfasster Flächendaten überschritten. Der Betrieb des Bf. liegt an der Grenze zu Deutschland und es werden von der inländischen Hofstelle aus sowohl in Österreich als auch in Deutschland landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet. Begehrt wird für die Berechnung der bewirtschafteten reduzierten landwirtschaftlichen Nutzfläche die Berücksichtigung der Pachtflächen in Deutschland.

Zur Beurteilung der Rechtsfrage ist von § 27 iVm § 30 Abs. 5 dritter Satz des Bewertungsgesetzes 1955 auszugehen.

Die Vorschriften der §§ 29 bis 68 BewG gelten nach § 27 BewG für die Bewertung des inländischen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, Grundvermögens und Betriebsvermögens. Der Bf. verkennt insofern die Rechtslage, da nach diesen Vorschriften nur die inländischen Teile einer wirtschaftlichen Einheit zu bewerten sind, die sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstreckt. Das Bewertungssubstrat kann sich bei einer wirtschaftlichen Einheit nur auf deren inländische Teile beschränken.

Damit im Zusammenhang steht Satz 3 des § 30 Abs. 5 BewG: Für die Anzahl der zulässigen Vieheinheiten und für die Ermittlung der reduzierten landwirtschaftlichen Nutzfläche ist das Gesamtausmaß der vom Betrieb aus bewirtschafteten Flächen maßgebend. Zugepachtete Flächen sind miteinzubeziehen, verpachtete Flächen sind auszuschließen. Nicht zu den vom Betrieb aus bewirtschafteten Flächen zählen ausländische Betriebsflächen.

Die in Deutschland zugepachteten Flächen scheiden als nicht im Inland befindliche Flächen als Zupachtung iSd § 30 Abs. 5 BewG aus, weil sich die Bewertung nach § 27 BewG nur auf die Bewertung des inländischen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens bezieht. Die genannte Verweisungsnorm des § 27 BewG schließt demnach die Einbeziehung von ausländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen bei der Berechnung der zulässigen Vieheinheiten aus.

Auch das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vermag der Beschwerde zu keinem Erfolg verhelfen, da es eine Zusammenfassung von in beiden Vertragsstaaten gelegenen unbeweglichem Vermögen für steuerliche Zwecke nicht kennt.

Aus den angeführten Gründen konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergibt sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100409.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at