Zurückweisung eines Vorlageantrages als unzulässig mangels einer eingebrachten Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter Mag. Günter Narat in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Steuernummer: ***BF1StNr1***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2015, vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2016 und vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2017 und 2018 den Beschluss:
I)
Der Vorlageantrag vom betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2018 wird gem. § 260 Abs 1 iVm § 264 Abs 4 Bundesabgabenordnung (BAO) als nicht zulässig zurückgewiesen.
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang und Sachverhalt
Die belangte Behörde hat aufgrund von der Pensionsversicherungsanstalt übermittelter Lohnzettel am betreffend den Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) einen Bescheid betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2015 sowie einen Einkommensteuerbescheid 2015 (Sachbescheid), am einen Bescheid betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2016 sowie einen Einkommensteuerbescheid 2016 (Sachbescheid) und am Bescheide betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2017 und 2018 sowie Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 (Sachbescheide) erlassen.
Der BF hat am eine Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2013 - 2021 (hier gegenständlich 2015 - 2018) bei der belangten Behörde eingebracht.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom hat die belangte Behörde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom und den Einkommensteuerbescheid 2016 vom gem. § 256 Abs 3 BAO als gegenstandslos erklärt. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom hat die belangte Behörde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom als unbegründet abgewiesen und gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vom gem. § 256 Abs 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
Der BF hat am einen als "Beschwerde" bezeichneten Vorlageantrag bei der belangten Behörde eingebracht.
2. Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Der festgestellte Verfahrensgang/Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen bzw dem Vorbringen des BF.
Dass die Beschwerde am (wohl irrtümlich vom BF mit datiert) und der Vorlageantrag am (wohl irrtümlich vom BF mit datiert) bei der belangten Behörde eingebracht wurden, ergibt sich aus den auf den Schriftstücken angebrachten Eingangsstempeln der belangten Behörde.
Dass sich die Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015 - 2018 (die Beschwerde richtet sich gegen die Jahre 2013 - 2021, hier gegenständlich sind nur die Jahre 2015 - 2018) und nicht gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 - 2018 (Sachbescheide) richtet, erschließt sich für das Bundesfinanzgericht einerseits aus der eindeutigen Bezeichnung der angefochtenen Bescheide in der Beschwerde (Betrifft: Beschwerde über die Wiederaufnahme des Verfahrens ….) und andererseits aus der Begründung der Beschwerde ("Stattdessen bekomme ich von Ihnen (vom Finanzamt) Bescheide, dass ich € 10.000 zahlen soll, sowie Wiederaufnahmeverfahren der diversen Jahre."). Aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt sich nicht, dass der BF mit dieser Beschwerde auch die Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2018 anfechten wollte. Die angeführten Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2018 haben in Verbindung mit den Einkommensteuerbescheiden 2015 bis 2018 (neue Sachbescheide) insgesamt zu einer erheblichen Nachforderung in den betreffenden Zeiträumen geführt, sodass aus dem objektiven Erklärungswert der Beschwerde zu schließen ist, dass sie sich nur gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2015 bis 2018 gerichtet hat.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
Nach § 243 BAO sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in den Abgabenvorschriften nichts anderes bestimmt ist.
Gem. § 260 Abs 1 lit a BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung der Abgabenbehörde (§ 262 BAO) oder mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Diese Bestimmung gilt nach § 264 Abs 4 lit e BAO sinngemäß für unzulässig eingebrachte Vorlageanträge.
Für die Beurteilung von Anbringen kommt es auf den Inhalt und auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischritts an. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgebend. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Behörde gehalten, die Absicht der Partei zu erforschen ().
Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte (zB -0289; , 2006/16/0129). Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich (; , 2009/15/0152).
Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 85, Rz 1 mit Verweis auf ; , Ra 2019/15/0005; , Ra 2019/16/0073, 0074; , Ra 2018/16/0042; , Ra 2020/13/0046).
Aus der Bezeichnung der Beschwerde vom geht klar hervor, dass die Beschwerde sich gegen die Bescheide vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2015, vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2016 und vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2017 und 2018 richtet. Dass mit dem Schriftsatz vom auch gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2018 Beschwerde eingelegt worden wäre, geht aus diesem eindeutig nicht hervor.
Für das Bundesfinanzgericht ergibt sich somit zweifelsfrei, dass gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2015 bis 2018 keine Bescheidbeschwerde eingebracht worden ist.
Seitens der belangten Behörde wurden am Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 sowie am Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2017 und 2018 erlassen. Hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidungen wurde vom BF am ein Vorlageantrag eingebracht.
Eine unabdingbare Voraussetzung für einen Vorlageantrag ist die Einbringung einer Bescheidbeschwerde (§ 243 BAO). Da eine solche Bescheidbeschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2018 nicht eingebracht wurde, ist der Vorlageantrag im Sinne des § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 264 Abs 4 lit e BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Seitens der belangten Behörde wurde dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt, dass der BF mit Schreiben vom alle offenen Beschwerden zurückgezogen habe.
Im Hinblick darauf, dass seitens des BF gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2018 keine Beschwerde eingebracht wurde, wird der Vorlageantrag vom - ungeachtet des Schreibens des BF vom (Zurückziehung aller offenen Beschwerden) - als unzulässig zurückgewiesen.
Die belangte Behörde wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2015, vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2016 und vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2017 und 2018 noch unerledigt ist und daher im Sinne des Schreibens des BF vom zu erledigen sein wird.
3.1. Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).
Gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG). Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Der Umstand, dass dem Vorlageantrag keine Beschwerde zu Grunde liegen, ist keine Rechtsfrage, sondern eine Sachverhaltsfrage. Die gegenständliche Entscheidung ist das Ergebnis der Lösung einer Sachfrage und somit einer Revision nicht zugänglich.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 25a Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101993.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at