Fehlende bzw. unwirksame Beschwerdevorentscheidung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johann Fischerlehner im Beschwerdeverfahren über die Beschwerde der ES als Einschreiterin für die "***Bf1***", vom gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zum Einheitswertbescheid zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG) zu EWAZ vom und den Einheitswertbescheid zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG) des Finanzamtes Österreich vom zu EW-AZ EWAZ beschlossen:
1. Zur Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zum Einheitswertbescheid zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG) zu EWAZ vom ist die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde unterblieben und es erfolgt daher die Rückleitung der Beschwerde an die belangte Behörde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung.
2. Zur Beschwerde vom gegen den Einheitswertbescheid zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG) zu EWAZ vom ist die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde unterblieben und es erfolgt daher die Rückleitung der Beschwerde an die belangte Behörde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung.
3. Der Vorlageantrag vom "" eingebracht am wird als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Bisheriges Verfahren:
Mit Bescheid vom wurde Herr F K zu der unter der Einheitswertaktenzahl EWAZ erfassten wirtschaftlichen Einheit gemäß § 81 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung zum Vertreter der Miteigentumsgemeinschaft bestellt.
[...]
Folgender Einheitswertbescheid zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG) erging am an die als "K F und Miteigentümer" bezeichnete Personengemeinschaft:
[...]
Dazu ergingen am folgende Bescheide betreffend den Einheitswert zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG):
[...]
und
[...]
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom einer als "***Bf1***" bezeichneten Personenvereinigung, welche offenbar von Frau EA unterfertigt wurde:
[...]
…
[...]
Am langte bei der belangten Behörde folgende Bekanntgabe des Vertreters gemäß § 81 BAO ein:
[...]
Mit Bescheiden vom wurde die Bestellung des F K zum Vertreter der Miteigentumsgemeinschaft, der unter EWAZ EWAZ geführten wirtschaftlichen Einheit "Landwirtschaftlicher Betrieb" gemäß § 81 Abs. 3 Bundesabgabenordnung (BAO) widerrufen und Frau EA gemäß § 81 Abs. 2 BAO als deren Vertreterin bestellt.
Daraufhin erging am folgende Beschwerdevorentscheidung an die "***Bf1***" bezeichnete Personenvereinigung:
[...]
Mit Bescheid vom erging aber auch ein Bescheid über die Festsetzung der Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, welcher an "K F und Miteigentümer z.H. EA" adressiert war.
[...]
Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom richtet sich der am bei der belangten Behörde eingelangte Vorlageantrag vom "":
[...]
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde der "***Bf1***" vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Festgestellter Sachverhalt
Subjekt der Einheitsfeststellung der unter EWAZ EWAZ geführten wirtschaftlichen Einheit "Landwirtschaftlicher Betrieb" ist die als "K F und Miteigentümer" bezeichnete Personengemeinschaft, welche ab Juni 2017 durch den gemäß § 81 Abs. 3 BAO bestellten Vertreter F K wurde und ab Mai 2021 von durch die gemäß § 81 Abs. 2 BAO namhaft gemachte Frau EA vertreten wird. Letzteres ergibt sich eindeutig aus der Bekanntgabe des Vertreters nach § 81 BAO vom .
Eine als "***Bf1***" bezeichnete Personengemeinschaft existiert nach den vorliegenden Akten nicht bzw. war auch nicht Adressat der mit Beschwerde vom angefochtenen Bescheide. Diese richteten sich an die als "K F und Miteigentümer" bezeichnete Personengemeinschaft und nicht an eine als "***Bf1***" bezeichnete Personengemeinschaft.
Soweit sich die als Beschwerdevorentscheidung indentierte Erledigung vom an eine "***Bf1***" bezeichnete Miteigentümergemeinschaft gerichtet war, konnte diese keine Wirksamkeit entfalten, da eine derartige Personengemeinschaft nach der Aktenlage gar nicht existiert. Zudem wurde Frau EA mit Anbringen vom als Vertreterin gemäß § 81 BAO der als "K F und Miteigentümer" bezeichneten Miteigentümergemeinschaft namhaft gemacht. Auf eine Existenz einer Personengemeinschaft namens "***Bf1***" ist daraus nicht zu schließen. Umso unverständlicher ist es, wenn die belangte Behörde der als Beschwerdevorentscheidung indentierten Erledigung vom als Bescheidadressat eine "***Bf1***" anführt und gleichzeitig einen Bescheid an eine als "K F und Miteigentümer" bezeichnete Miteigentümergemeinschaft betreffend Festsetzung der Beiträge und Abgabe für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erlässt.
Die "Personsumschreibung" bildet einen notwendigen Bestandteil des Spruchs des Bescheids. Eine Umdeutung des Bescheidadressaten kommt nicht in Betracht (). Der Mangel der materiellen Falschbezeichnung der Abgabenschuldnerin kann nicht dadurch geheilt werden, dass die Sendung der Vertretung befugten Person zugestellt wurde (vgl. ). Wenn sich die Behörde bloß in der Bezeichnung des Adressaten vergreift, aber aus der Erledigung insgesamt offenkundig ist, wer gemeint war, schadet die fehlerhafte Bezeichnung nicht; in diesem Fall liegt ein berichtigungsfähiger Fehler vor, bei dem, solange eine Berichtigung nicht erfolgt ist, durch Auslegung des Bescheids zu klären ist, an wen er gerichtet ist (; ). Im gegenständlichen Fall ist jedoch die Beschwerdevorentscheidung vom offenkundig an ein nicht bestehendes Rechtsgebilde ("***Bf1***") gerichtet worden, zumal gleichzeitig auch Bescheide an die tatsächlich existierende "K F und Miteigentümer" ergangen sind. Es liegt somit keine heilbare fehlerhafte Bezeichnung eines Bescheidadressaten vor, sondern eine materielle Falschbezeichnung, die zur Unwirksamkeit des Bescheides führt.
Zudem wurde in als Beschwerdevorentscheidung indentierten Erledigung vom über die mit Bescheid vom verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens in keiner Weise abgesprochen, obwohl im Anbringen vom ausdrücklich dagegen Beschwerde eingebracht wurde.
Rechtsgrundlagen
§ 262 - 264 der Bundesabgabenordnung (BAO) lauten:
"§ 262. (1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
§ 263. (1) Ist in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde
a) weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) In der Beschwerdevorentscheidung ist auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) hinzuweisen.
(3) Eine Beschwerdevorentscheidung wirkt wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.
(4) § 281 gilt sinngemäß für Beschwerdevorentscheidungen; § 281 Abs. 2 allerdings nur, soweit sich aus der in § 278 Abs. 3 oder in § 279 Abs. 3 angeordneten Bindung nicht anderes ergibt.
§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht."
§ 281a BAO lautet:
"Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
Die Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgerichts - abgesehen von den Fällen des § 262 Abs. 2, 3 und 4 BAO - tritt nur ein, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (vgl ; ). Hinsichtlich der Beschwerde vom , welche sich ausdrücklich sowohl gegen die mit Bescheid vom verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens als auch gegen den Einheitswertbescheid zum (Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 4 BewG) zu EWAZ vom richtet, ist keine Beschwerdevorentscheidung wirksam erlassen worden. Demnach trifft das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Bescheidbeschwerdeverfahren (noch) keine Entscheidungspflicht.
Die Beschwerde ist daher der belangen Behörde zurückzuleiten.
Die Befugnis zur Stellung eines Vorlageantrags hat der Beschwerdeführer und jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt. Somit setzt ein Vorlageantrag eine Beschwerdevorentscheidung voraus (; ). Wird er vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung gestellt, so ist er wirkungslos (zB ; ; ). Da die Einbringung des Vorlageantrags noch vor der diesbezüglichen Beschwerdevorentscheidung eingebracht wurde, war die Befugnis zur Stellung eines Vorlageantrages nicht gegeben. Dieser Vorlageantrag ist daher nicht zulässig. Daran ändert auch die spätere Erlassung der Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde nichts. Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht. Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 BAO als unzulässig eingebracht zurückgewiesen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes ist nach § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig; sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. Gegen einen Beschluss, mit dem das Bundesfinanzgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl. z.B. ; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches muss auch für die "formlose" Verständigung (§ 281a BAO) über die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde an die Abgabenbehörde samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts gelten, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht (vgl. ).
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hinsichtlich der Befugnis zur Stellung eines Vorlageantrages orientiert sich das Bundesfinanzgericht an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage vorliegt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 2, 3 und 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100180.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at