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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.03.2024, RV/5101055/2020

Nachweis einer Nutzungsdauer einer Lager- und Produktionshalle von 25 Jahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Prof. Dr. Josef Schlager Wirtschaftstreuhand GmbH, Freistädter Straße 313, 4040 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Vorhalt vom forderte das Finanzamt Linz die beschwerdeführende Partei in Bezug auf die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 unter anderem auf, die Bemessungsgrundlagen für die AfA-Berechnung hinsichtlich einer von der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2017 an der Adresse ***Adresse***, errichteten sowie anschließend vermieteten Lager- und Produktionshalle nachzureichen. Als Antwort auf diesen Vorhalt legte die beschwerdeführende Partei betreffend die vermietete Lager- und Produktionshalle das diesbezügliche Anlageverzeichnis sowie ein bautechnisches Gutachten vom über die technische Nutzungsdauer vor.

In weiterer Folge setzte das Finanzamt Linz mit Bescheid vom die Einkommensteuer der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2017 fest und führte es in der Begründung zusammengefasst aus, dass das vorgelegte Gutachten keine Beweiskraft entfalte und die gesetzliche Nutzungsdauer anzusetzen sei, da den im Bereich der Immobilienbewertung vorzufindenden Tabellen, die eine Gesamtnutzungsdauer abbilden würden, die wirtschaftliche Nutzungsdauer und nicht die vom Verwaltungsgerichtshof im Abgabenrecht als maßgeblich angesprochene technische Lebensdauer zugrunde liege. Zudem betrage die Nutzungsdauer für Wasser-, Kanal-, Gas- und Elektroanschlüsse nach der allgemeinen Verwaltungspraxis 20 Jahre und sei die diesbezügliche Berechnung der Absetzung für Abnutzung der beschwerdeführenden Partei dementsprechend geändert worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass das vorgelegte Gutachten über die technische Gebäude-Nutzungsdauer erstellt worden sei und sei die Absetzung für Abnutzung entsprechend der im Gutachten angeführten Nutzungsdauer von 20 Jahren zu berechnen.

Diese Beschwerde wies das Finanzamt Linz mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und begründete das Finanzamt diese Entscheidung zusammengefasst damit, dass im Gutachtenteil eine Tabelle eingefügt worden sei, die für Betriebsgebäude für besondere Industriezweige eine übliche Gesamtnutzungsdauer von 10 bis 30 Jahre anführe, und sei aus dieser Tabelle ein Mittelwert von 20 Jahren an Nutzungsdauer abgeleitet worden. Solche auf die Gesamtnutzungsdauer bezogene Tabellen würden aber auf der wirtschaftlichen und nicht auf der technischen Nutzungsdauer basieren und sei aus diesem Grund das Gutachten für abgabenrechtliche Zwecke untauglich, eine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer nachzuweisen.

In Reaktion auf diese Beschwerdevorentscheidung brachte die beschwerdeführende Partei am einen Vorlageantrag ein und legte sie diesem eine Stellungnahme des Gutachters zur Begründung der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts Linz bei. Zusätzlich beantragte die beschwerdeführende Partei die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 6006 zum Stichtag abgenommen und der Gerichtsabteilung 7004 zugeteilt.

Sachverhalt

Die beschwerdeführende Partei ist Alleineigentümer der Liegenschaft ***EZ*** ***KG*** mit der Liegenschaftsadresse ***Adresse***. Auf dieser Liegenschaft errichtete die beschwerdeführende Partei nach Verhandlungen mit der ***Mieterin*** GmbH eine Lager- und Produktionshalle entsprechend den Anforderungen ebendieser Gesellschaft und wurde bereits vor der Errichtung ein unbefristeter Mietvertrag zwischen der beschwerdeführenden Partei und der ***Mieterin*** GmbH hinsichtlich der zu errichtenden Lager- und Produktionshalle abgeschlossen. Dieser Mietvertrag kann allerdings von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist zum letzten eines jeden Kalendermonats gekündigt werden, wobei angesichts der Investitionssumme der beschwerdeführenden Partei beide Parteien auf dieses Kündigungsrecht für die Dauer von zehn Jahren verzichtet haben und besteht eine Garantiezusage für die von der ***Mieterin*** GmbH zu zahlende Miete nur für ebendiesen Zeitraum des Kündigungsverzichts.

Aufgrund der Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als staatlich befugter und beeideter Zivilingenieur für Bauwesen sowie Gutachter für den Bereich Statik erfolgte die Tragwerksplanung und insbesondere die Berechnung der Statik der Lager- und Produktionshalle durch die beschwerdeführende Partei selbst. Bei der errichteten Lager- und Produktionshalle handelt es sich um eine Stahlkonstruktion aus geschraubten Säulen und Trägern und verfügt das Bauwerk über bewehrte Fundament aus Beton. Die Zwischendecke ist eine Holzfertigteildecke und besteht das Dach aus Trapezblech sowie Bitumenpappdeckung. Die Außenwände sind Metallkassettenwände mit Steinwolldämmung und wurden die Innenwände aus Gipskarton ausgeführt.

Zum Schutz des verwendeten Baustahls vor Korrosion wurde dieser mit einem Beschichtungssystem bestehend aus einer Schicht Alkydharz und einer Schicht Polyurethan im Ausmaß von gesamt 110 µm behandelt und gewährleistet diese Beschichtung einen Schutz des verwendeten Baustahls vor Korrosion auf 20 Jahre. Nach Ablauf dieser Schutzdauer kommt es zur Korrosion des verwendeten Baustahls, wodurch es zu einer Verringerung des Querschnittes der verwendeten Bauteile und damit einhergehend zu einer verringerten Tragfähigkeit ebenjener kommt. Infolgedessen wird die Lager- und Produktionshalle nach Ende der Schutzdauer noch für weitere fünf Jahre verwendet werden können, bevor diese aufgrund von Verschleiß und Korrosion des verbauten Baustahls abgetragen werden muss. Die Gesamtnutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle beträgt somit 25 Jahre.

Die Fertigstellung dieser Lager- und Produktionshalle erfolgte im September 2017 und betrugen die Kosten für die Errichtung EUR 1.360.312,01. Neben diesen Kosten für die Errichtung der Lager- und Produktionshalle trug die beschwerdeführende Partei noch folgende Aufwendungen betreffend den Anschluss des Gebäudes an das Wasser-, Gas-, Strom- und Kanalnetz.


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Wasseranschluss
12.882,46
Gasanschluss
2.350,00
Stromanschluss
16.064,95
Kanalanschluss
9.721,08

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen betreffend das Eigentum der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Liegenschaft ***EZ*** ***KG***, die Beteiligung der beschwerdeführenden Partei an der Planung der Lager- und Produktionshalle, die Errichtung der Lager- und Produktionshalle, die Konstruktionsart des Gebäudes, die verwendeten Baustoffe und Materialen sowie die Vermietung des Gebäudes an die ***Mieterin*** GmbH basieren auf den Ausführungen im Befundteil des vorgelegten bautechnischen Gutachtens vom über die technische Gebäudenutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle ***Objekt***, dem vorgelegten Grundbuchsauszug betreffend die Liegenschaft ***EZ*** ***KG***, dem vorgelegten Auszug aus dem Mietvertrag zwischen der beschwerdeführenden Partei und der ***Mieterin*** GmbH, den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am und sowie den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei im Schriftsatz vom .

Die Feststellungen betreffend die Errichtungskosten der Lager- und Produktionshalle, den Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes sowie die Kosten für den Anschluss des Gebäudes an das Wasser-, Gas-, Strom- und Kanalnetz wurden anhand des vorgelegten Anlageverzeichnisses getroffen.

In Bezug auf die Feststellung zur Nutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle gilt es vorweg festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der in § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 vorgesehenen Absetzung für Abnutzung in Höhe von 1,5 % eine Vermutung im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO aufgestellt hat, wonach die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus der im § 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988 genannten Einkunftsart dient, 66 2/3 Jahre und nicht weniger beträgt (; vom , 2004/15/0006; vom , 2012/15/0230; vom , Ra 2020/15/0119). Diese gesetzliche Vermutung kann allerdings vom Steuerpflichtigen widerlegt werden und trägt er für das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer die Beweislast (; vom , 2012/15/0230).

Der Beweis für das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu erbringen (; vom , 2012/15/0230). Während im Fall eines Erwerbs eines Gebäudes dessen Nutzungsdauer vorrangig anhand der Bausubstanz abzuleiten ist, die sich aus dem Mauerwerk bzw. den konstruktiv haltbaren Bauteilen ergibt, ist bei neu errichteten Gebäuden für die Bestimmung der Nutzungsdauer die jeweilige Bauweise maßgebend. Allfällige kürzere Nutzungsdauern einzelner Gebäudeteile, wie etwa Innenputz, Außenputz, Böden, Fenster, Geländer, Anstrich, Tapeten, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, rechtfertigen allerdings nicht, für ein Gebäude eine geringere als die sich aus der Bauweise oder den konstruktiven und haltbaren Bauteilen ergebende technische Gesamtnutzungsdauer abzuleiten ().

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist in Bezug auf das von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte bautechnische Gutachten des Sachverständigen ***SV*** vom über die technische Gebäudenutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle ***Objekt*** auszuführen, dass dieses nicht geeignet war, den Nachweis für das Vorliegen einer kürzeren als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer zu erbringen. Die fehlende Eignung ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass der Sachverständige ***SV*** laut seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung am sowie laut seinen Ausführungen in der Stellungnahme vom bei der Ermittlung der Nutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle neben der Bauweise des Gebäudes unter anderem auch die Nutzungsdauer der gebäudetechnischen Anlagen, wie Heizung, Lüftung, Sanitär und Elektronik, der Gipskartoninnenwände, der Metallleichtwände sowie der Schiffbodenzwischendecke berücksichtigt hat. Mit dieser Vorgehensweise entfernte sich der Sachverständige jedoch von der obig zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach allfällige kürzere Nutzungsdauern einzelner Gebäudeteile eine kürzere Nutzungsdauer als die sich aus den konstruktiven und haltbaren Bauteilen ergebenden technischen Gesamtnutzungsdauer nicht zu rechtfertigen vermögen und konnte daher den Ausführungen des Sachverständigen ***SV*** zur Nutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle in dessen Gutachten vom nicht gefolgt werden.

Anders verhält es sich hingegen mit den eigenen Ausführungen der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am und am sowie im Schriftsatz vom zum Vorliegen einer Nutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle im Ausmaß von 25 Jahren. So konnte die beschwerdeführende Partei dem Gericht zum einen aufgrund ihrer Fachkompetenz und mehrjährigen Berufserfahrung als Zivilingenieur für Bauwesen glaubhaft darlegen, dass angesichts der von Seiten der ***Mieterin*** GmbH in Aussicht gestellten Aufrechterhaltung des Mietvertrags für die Dauer von zehn bzw. 20 Jahren die Lager- und Produktionshalle von der beschwerdeführenden Partei als Bauherr und Tragwerksplaner auf eine Mindestnutzungsdauer von 20 Jahren konzipiert wurde, um so das wirtschaftliche Risiko zu begrenzen. Die Planung der Lager- und Produktionshalle unter Zugrundlegung einer Mindestnutzungsdauer von 20 Jahren ermöglichte es der beschwerdeführenden Partei nach deren nachvollziehbaren Ausführungen nämlich, die Lager- und Produktionshalle mit den im Sachverhalt angeführten Baumaterialien und in der im Sachverhalt angeführten Bauweise zu den im Sachverhalt angeführten Kosten zu errichten und hätten bei einer Errichtung der Lager- und Produktionshalle unter Berücksichtigung einer höheren Mindestnutzungsdauer eine andere Bauweise sowie andere Baumaterialen gewählt werden müssen, wodurch sich die Errichtungskosten der Lager- und Produktionshalle und damit einhergehend das unternehmerische Risiko der beschwerdeführenden Partei erhöht hätten.

Diese von der beschwerdeführenden Partei bei der Planung der Lager- und Produktionshalle herangezogenen Mindestnutzungsdauer von 20 Jahren steht zudem in Einklang mit dem im Schriftsatz vom enthaltenen Auszug aus der für die Dauerhaftigkeit von Gebäuden geltenden ÖNORM EN1990 hinsichtlich der Plangröße der Nutzungsdauer von 15 bis 30 Jahren bei Gebäuden der Klasse 3, die die beschwerdeführende Partei nach ihren glaubhaften Ausführungen im Zuge der Planung der Lager- und Produktionshalle aufgrund der gewählten Bauweise zur bereits dargestellten gewünschten Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos zu berücksichtigen hatte.

Zum anderen konnte die beschwerdeführende Partei anhand ihres Fachwissens, ihrer mehrjährigen Berufserfahrung als Zivilingenieur für Bauwesen und Sachverständiger auf dem Gebiet der Statik sowie unter Verweis auf die für Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme geltende ÖNORM EN ISO 12944 schlüssig sowie nachvollziehbar darlegen, dass der von der beschwerdeführenden Partei gewählte Korrosionsschutz in Form einer Beschichtung mittels Alkydharz und Polyurethan im Ausmaß von gesamt 110 µm den verwendeten Baustahl für einen Zeitraum von 20 Jahren vor Korrosion schützt und basieren die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen auf ebendiesen Ausführungen der beschwerdeführenden Partei.

Fernerhin vermochte die beschwerdeführende Partei im Zuge der mündlichen Verhandlung am auf Nachfrage des Finanzamts Österreich angesichts ihres Fachwissen nachvollziehbar und glaubhaft zu erklären, dass nach Ablauf des gewährleisteten Schutzes vor Korrosion nach 20 Jahren der verwendete Baustahl nicht noch einmal erneut zur Gänze beschichtet werden kann, wodurch die Schutzdauer verlängert werden könnte, da aufgrund der Verbauung zu bestimmten Stahlbauteilen kein Zugriff bzw. Zugang mehr besteht, diese Bauteile daher nicht mehr erneut beschichtet werden können und folglich diese Stellen nach Ablauf der gewährleisteten Schutzdauer von 20 Jahren unweigerlich dem Korrosionsprozess ausgesetzt sind.

Dass nach Ablauf dieser Schutzdauer der verwendete Baustahl durch äußere Einflüsse einem Korrosionsprozess unterworfen sein wird und sich hierdurch der Querschnitt sowie damit einhergehend die Tragfähigkeit des verwendeten Baustahls verringern wird, hätte grundsätzlich keines Beweises bedurft, da es sich hierbei um einen physikalisch-chemischen Prozess handelt, der als offenkundig anzusehen ist. Unbeachtlich dessen vermochte die beschwerdeführende Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlung am aufgrund ihres Fachwissens und ihrer jahrelangen Berufserfahrung als Zivilingenieur für Bauwesen und Sachverständiger darzulegen sowie klarzustellen, dass sich nach Ablauf der gewährleisteten Korrosionsschutzdauer von 20 Jahren der Querschnitt des verwendeten Baustahls infolge von Korrosionseinwirkung stetig verringern wird und damit eine laufend geringer werdende Tragfähigkeit der tragenden Stahlkonstruktion einhergeht, die letzten Endes zum Einsturz des Gebäudes führen wird.

Wenn die beschwerdeführende Partei nun ausgehend von der geplanten Mindestnutzungsdauer von 20 Jahren und der gewährleisteten Schutzdauer des verwendeten Baustahls vor Korrosion von 20 Jahren aufgrund ihres Fachwissens, ihrer 35-jährigen Berufserfahrung als Zivilingenieur für Bauwesen sowie ihrer mehrjährigen Tätigkeit als Sachverständiger auf dem Gebiet Statik zu der Einschätzung kommt, dass die Lager- und Produktionshalle nach Ablauf der geplanten Mindestnutzungsdauer und des Korrosionsschutzes höchstwahrscheinlich noch für maximal 25 % der ursprünglich geplanten Nutzungsdauer, sohin fünf Jahre, verwendet werden könne, bevor diese aufgrund der eingetretenen Korrosion des verwendeten Baustahls bzw. der Verschraubungen der Stahlträger und dem damit einhergehenden Verlust an Tragfähigkeit der Stahlkonstruktion abgetragen werden müsse, und demensprechend eine Gesamtnutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle von 25 Jahren vorliegt, sah das Gericht angesichts der Fachkenntnis und der Berufserfahrung der beschwerdeführenden Partei keine Veranlassung, von dieser nachvollziehbaren, schlüssigen und mit Bezugnahme auf die entsprechenden ÖNORMEN fundierten Einschätzung der beschwerdeführenden Partei abzugehen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass die beschwerdeführende Partei in ihrer mehrjährigen Tätigkeit als Sachverständiger an die 15 Objekte, die als Stahlkonstruktion errichtet wurden und mit der von ihr errichteten Lager- und Produktionshalle vergleichbar sind, begutachtet hat und kann angesichts der hierdurch gewonnenen Erfahrungen in Zusammenwirken mit dem Fachwissen als Zivilingenieur für Bauwesen nicht an der Befähigung der beschwerdeführenden Partei zur Einschätzung der Gesamtnutzungsdauer der errichteten Lager- und Produktionshalle gezweifelt werden.

Dieser fachlich fundierten Einschätzung der beschwerdeführenden Partei trat das Finanzamt Österreich auch inhaltlich nicht entgegen und unterließ es das Finanzamt Österreich im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht fachlich fundierte Argumente vorzubringen, die geeignet gewesen wären, die auf dem Fachwissen und der Berufserfahrung beruhende Einschätzung der beschwerdeführenden Partei betreffend die Nutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle in Zweifel zu ziehen. Insoweit das Finanzamt Österreich die Eignung der Ausführungen der beschwerdeführenden Partei als Nachweis für das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer als die gesetzlich Vermutete in Abrede stellt, als es sich bei diesen Ausführungen um kein Gutachten handle und eine kürzere Nutzungsdauer nur anhand eines Gutachtens nachgewiesen werden könne, ist dem entgegenzuhalten, dass durchaus nach der obig zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer eines Gebäudes als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer im Regelfall durch ein Gutachten nachzuweisen ist. Diese ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann allerdings angesichts der vom Verwaltungsgerichtshof verwendeten Wortfolge "im Regelfall" nicht so verstanden bzw. ausgelegt werden, dass das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer eines Gebäudes einzig und allein mittels eines Gutachtens nachgewiesen werden kann, sondern muss es neben dem Regelfall auch noch andere Fälle geben, bei denen der Steuerpflichtige das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer anhand anderer Beweismittel nachweisen kann und muss in diesem Zusammenhang insbesondere auf § 166 Abs. 1 BAO hingewiesen werden, wonach als Beweismittel im Abgabeverfahren alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Der gegenständliche Beschwerdefall stellt sodann einen solchen vom Regelfall abweichenden Fall dar, da die beschwerdeführende Partei aufgrund ihrer Ausbildung zum staatlich befugten und beeideten Zivilingenieur für Bauwesen, ihrer 35-jährigen Berufserfahrung sowie ihrer mehrjährigen Tätigkeit als Sachverständiger auf dem Gebiet der Statik sowohl über das einschlägige Fachwissen als auch den entsprechenden Erfahrungsschatz verfügt, um eine einem Gutachten gleichkommende fachlich fundierte Einschätzung der Nutzungsdauer der errichteten Lager- und Produktionshalle vornehmen zu können und wurde weder das Fachwissen noch die Befähigung der beschwerdeführenden Partei von Seiten des Finanzamt Österreich in Zweifel gezogen. Darüber hinaus wäre es der beschwerdeführenden Partei infolge ihrer Befugnis und Befähigung zu einem jeden Zeitpunkt im Beschwerdeverfahren freigestanden, sämtliche von ihr getätigten fachlich fundierten Ausführungen durch Setzung einer Unterschrift und ihres Siegels in den Status eines Gutachtens zu "erheben". Angesichts dieser Umstände vermag das Gericht keine Gründe zu erkennen, weshalb die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei bezüglich das Vorliegen einer Nutzungsdauer von 25 Jahren der errichteten Lager- und Produktionshalle nicht eine einem Gutachten gleichkommende Eignung als Nachweis für das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer zukommen sollte.

Abschließend ist zusammengefasst festzuhalten, dass die von der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am und sowie im Zuge der Schriftsätze vom und vom erstatteten Vorbringen nachvollziehbar, schlüssig, fachlich fundiert und mit Verweise auf die relevanten ÖNORMEN hinterlegt sind und waren diese Ausführungen daher geeignet, das Vorliegen einer Nutzungsdauer der errichteten Lager- und Produktionshalle von 25 Jahren nachzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

§ 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I 118/2015, lautet:

"Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8). Gehört ein abnutzbares Wirtschaftsgut (insbesondere Gebäude) nicht zu einem Betriebsvermögen, gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung Folgendes:

a) Grundsätzlich sind die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind § 6 Z 11 und 12 zu berücksichtigen. § 13 ist anzuwenden.

[…]

d) Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. […]"

Vor dem Hintergrund dieser Gesetzeslage ergibt sich für den Beschwerdefall das Folgende.

Das Finanzamt Österreich hat im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2017 mit beschwerdegegenständlichen Bescheid vom die Ermittlung der Einkünfte der beschwerdeführenden Partei aus der Vermietung der errichteten Lager- und Produktionshalle an die ***Mieterin*** GmbH dergestalt vorgenommen, als es eine Absetzung für Abnutzung betreffend das Gebäude in Höhe von 1,5 % der Herstellungskosten der Lager- und Produktionshalle sowie eine Absetzung für Abnutzung betreffend die Anschlüsse der Lager- und Produktionshalle an das Wasser-, Gas-, Kanal- und Stromnetz unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von 20 Jahren berücksichtigt hat. Diese Vorgehensweise erweist sich in zweifacher Hinsicht als korrekturbedürftig.

Wie § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1988 entnommen werden kann, sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Anschlüsse an Einrichtungen der öffentlichen Versorgungsbetriebe, wie beispielsweise etwa Gas, Wasser, Strom und Kanal, sind allerdings nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als Teil des Gebäudes zu qualifizieren und gehören die darauf entfallenden Aufwendungen dementsprechend zu den Herstellungskosten des jeweiligen Gebäudes (; vom , 82/14/0156; vom , 99/15/0169). Daraus folgt, dass in Bezug auf die Anschlüsse der Lager- und Produktionshalle an das Wasser-, Gas-, Kanal- und Stromnetz nicht eine eigenständige Bemessung einer Absetzung für Abnutzung vorzunehmen war, sondern erhöhen die diesbezüglichen Aufwendungen vielmehr die Herstellungskosten der Lager- und Produktionshalle und damit einhergehend die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung betreffend ebendiese Lager- und Produktionshalle. Die obig dargestellte Art und Weise der Ermittlung der Einkünfte der beschwerdeführenden Partei aus der Vermietung der Lager- und Produktionshalle durch Finanzamts Österreich im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung im bekämpften Bescheid war daher in einem ersten Schritt dergestalt anzupassen, als die separate Bemessung einer Absetzung für Abnutzung bezüglich der Anschlüsse der Lager- und Produktionshalle an das Wasser-, Gas-, Kanal- und Stromnetz zu verwerfen und die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung betreffend die Lager- und Produktionshalle um die Aufwendungen für ebendiese Anschlüsse zu erhöhen war.

Ausgehend von diesen um die Aufwendungen für den Anschluss der Lager- und Produktionshalle an das Wasser-, Gas-, Kanal- und Stromnetz erhöhten Herstellungskosten des Gebäudes, die sogleich die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung bezüglich die errichtete Lager- und Produktionshalle darstellen, war die Ermittlung der Einkünfte der beschwerdeführenden Partei aus der Vermietung der Lager- und Produktionshalle durch das Finanzamts Österreich im bekämpften Bescheid in einem Folgeschritt noch um den gelungenen Nachweis der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf das Vorliegen einer Nutzungsdauer der Lager- und Produktionshalle von 25 Jahre anzupassen. Die Bemessung des zu berücksichtigenden Betrags an Absetzung für Abnutzung hatte demnach nicht unter Heranziehung des in § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 angeführten Prozentsatzes in Höhe von 1,5 % zu erfolgen, sondern war der betreffend die Lager- und Produktionshalle zu berücksichtigende Betrag an Absetzung für Abnutzung unter Zugrundelegung der nachgewiesenen Nutzungsdauer von 25 Jahren zu berechnen.

Die sich aufgrund dieser Änderungen ergebenden Differenz an im Zuge der Ermittlung der Einkünfte der beschwerdeführenden Partei aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigende Absetzung für Abnutzung zu der vom Finanzamt Österreich im bekämpften Bescheid berücksichtigten Absetzung für Abnutzung stellt sodann den Umfang der Änderung des angefochtenen Bescheids dar und gestaltet sich dies wie folgt.


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AfA-Berechnung 2017 lt. FAÖ
Bezeichnung
AK
ND
AfA
AfA (1/2)
Lager-Produktionshalle
1.360.312,01
67
20.404,68
10.202,34
Wasseranschluss
12.882,46
20
644,12
322,06
Netzanschluss Gas
2.350,00
20
117,50
58,75
Stromanschluss
16.064,95
20
803,25
401,62
Kanalanschluss
9.721,08
20
486,05
243,03
Summe
1.401.330,50
22.455,60
11.227,80


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AfA-Berechnung 2017 lt. BFG
Bezeichnung
AK
ND
AfA
AfA (1/2)
Lager-Produktionshalle
1.360.312,01
25
54.412,48
27.206,24
Wasseranschluss
12.882,46
25
515,30
257,65
Netzanschluss Gas
2.350,00
25
94,00
47,00
Stromanschluss
16.064,95
25
642,60
321,30
Kanalanschluss
9.721,08
25
388,84
194,42
Summe
1.401.330,50
25
56.053,22
28.026,61


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Summe AfA 2017 lt. FAÖ
11.227,80
Summe AfA 2017 lt. BFG
28.026,61
Differenz
- 16.798,81
Einkünfte aus VuV lt. Bescheid
63.533,22
Einkünfte aus VuV lt. BFG
46.734,41

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision gegen das vorliegende Erkenntnis ist nicht zulässig, da der Verwaltungsgerichtshof die in diesem Fall entscheidungsrelevanten Rechtsfragen in der zitierten Judikatur bereits einer Lösung zugeführt hat und ist das Bundesfinanzgericht in der vorliegenden Entscheidung nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen.

Darüber hinaus handelt es sich bei der Tauglichkeit des vorgelegten Gutachtens bzw. der Ausführungen der beschwerdeführenden Partei eine kürzere Nutzungsdauer als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer nachzuweisen um eine Frage der Beweiswürdigung und ist der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen weder zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen noch wirft eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung im Allgemeinen eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (; vom , Ra 2018/15/0035).

Fernerhin hat der Gesetzgeber mit § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 eine klare und eindeutige Rechtslage in Bezug auf die Bemessung der Absetzung für Abnutzung betreffend vermietete Gebäude geschaffen und liegen hinsichtlich dieser Bestimmung keine Auslegungsschwierigkeiten vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5101055.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at