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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.02.2024, RV/7100453/2023

Werbungskosten Vizebürgermeister

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100453/2023-RS1
Nach der Rechtsprechung des VwGH können bei Politikern nur Aufwendungen anlässlich konkreter Wahlveranstaltungen bzw. zur Informationsbeschaffung als Werbungskosten anerkannt werden (). Vom Steuerpflichtigen ist daher in jedem einzelnen Fall konkret nachzuweisen, dass diese Ausgaben getätigt wurden, diese einen eindeutigen Werbezweck gehabt hatten und dass die berufliche Veranlassung überwogen hat. Das bedeutet im ersten Schritt, dass ein konkreter Nachweis über Zeitpunkt und Höhe den Abfluss des betroffenen Betrages zu erbringen ist. Werden vom Steuerpflichtigen lediglich selbst erstellte Ausgabenlisten vorgelegt, stellen diese keinen Nachweis des Zahlungsabflusses dar. Die erforderliche weitere Überprüfung des eindeutigen Werbezweckes ist damit schon von vornherein ausgeschlossen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Einkommensteuer 2020 mit 2.627,00 € (Nachforderung) festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung 2020 beantragte ***Bf1*** (Beschwerdeführer, Bf.) diverse Werbekosten. Das FA ersuchte mit Ergänzungsvorhalt um Aufgliederung der geltend gemachten Beträge (Fahrtkosten, Diäten, Spenden usw) und Darstellung der beruflichen Veranlassung.

Mit Vorhalt vom wurden vom Bf. detaillierte Aufstellungen der geltend gemachten Werbungskosten sowie Belegkopien abgefordert (mit dem Hinweis der Notwendigkeit für jede Position der Kostenaufstellung). Da der Bf. dieser Aufforderung nicht nachkam wurde im Bescheid vom lediglich das Werbungskostenpauschale von 132 € angesetzt.

Mit fristgerecht eingereichter Beschwerde vom übermittelte der Bf. eine Aufstellung seiner Ausgaben und führte aus, dass sich diese auf auf seine Tätigkeit als Vizebürgermeister der Gemeinde ***1*** und den damit verbundenen Funktionen beziehen würden.

Das FA übermittelte am folgenden weiteren Ergänzungsvorhalt:

Aus den im Zuge der Beschwerde vorgelegten Unterlagen lässt sich die Höhe der beantragten Werbungskosten nicht nachvollziehen. Es ist daher eine Aufstellung, getrennt in Reisekosten und sonstige Werbungskosten, vorzulegen. Hinsichtlich der Reisekosten ist eine exakte Berechnung der Differenzwerbungskosten vorzulegen. Sämtliche sonstigen Werbungskosten (Spenden, etc.) sind anhand von Belegkopien nachzuweisen

In der verspäteten Vorhaltsbeantwortung vom legte der Bf. neuerlich folgende von ihm erstellte Ausgabenliste vor.

[...]

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde ab und führte begründend aus, dass mit der Vorhaltsbeantwortung vom erneut nur die unzureichende Aufstellung vorgelegt worden sei, die schon im Zuge der Beschwerde beigefügt war. Da sich daraus die Werbungskosten weder dem Grunde noch der Höhe nach nachvollziehen ließen, sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit fristgerecht eingebrachtem Vorlageantrag vom begehrte der Bf. die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht (BFG), legte neuerlich die obige Aufstellung bei und führte aus, dass er auch in den Vorjahren gleichartige Aufstellungen vorgelegt hätte und diese bei Prüfungen anerkannt und akzeptiert worden seien. Auch die Arbeiterkammer Gmünd hätte bestätigt, dass bei Funktionären eine derartige Auflistung ausreichend sei. Er habe keine Belege (z.B. Einladungen zu den div. Veranstaltungen) mehr in Verwahrung.
Falls die Ausgaben nicht anerkannt werden sollten beantrage er stattdessen die Berücksichtigung eines Berufsgruppenpauschales für Politiker.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. war im Streitzeitraum Vizebürgermeister der Gemeinde ***1*** und erzielte daraus laut Lohnzettel Einkünfte aus nicht selbständige Arbeit in der Höhe 13.729,08 € . Im Rahmen dieser Tätigkeit besuchte der Bf. diverse Veranstaltungen und spendete an verschiedene Vereine. Für diese Ausgaben wurden keine Belege, sondern lediglich eine selbst erstellte Liste vorgelegt aus welcher Großteils nicht einmal der Titel der Veranstaltung ersichtlich ist. Es erfolgte auch keine konkrete Darlegung der beruflichen Veranlassung der einzelnen Veranstaltungen und den laut Bf. damit verbundenen Zahlungen und Aufwendungen.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt. Belegmäßige Nachweise, die die Ausführungen zu den Werbungskosten des Bf. stützen wurden nicht beigebracht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 16 Abs 1 EStG sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 EStG dürfen bei den einzelnen Einkünften ua nicht abgezogen werden: Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (lit a) sowie Reisekosten, soweit sie nach § 4 Abs 5 und § 16 Abs 1 Z 9 EStG nicht abzugsfähig sind (lit c).

Durch das Abzugsverbot in § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG soll nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger aufgrund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann (; ; ).

Gemäß der Rechtsprechung des VwGH können bei Politikern nur Aufwendungen anlässlich konkreter Wahlveranstaltungen bzw. zur Informationsbeschaffung als Werbungskosten anerkannt werden (). Vom Steuerpflichtigen ist daher in jedem einzelnen Fallkonkret nachzuweisen, dass diese Ausgaben getätigt wurden, diese einen eindeutigen Werbezweck gehabt hatten und dass die berufliche Veranlassung überwogen hat.

Das bedeutet in einem ersten Schritt, dass ein konkreter Nachweis über Zeitpunkt und Höhe den Abfluss des betroffenen Betrages zu erbringen ist. Werden vom Steuerpflichtigen lediglich selbst erstellte Ausgabenlisten vorgelegt stellt das keinen Nachweis des Zahlungsabflusses dar. Die erforderliche weitere Überprüfung des eindeutigen Werbezweckes ist damit schon von vornherein ausgeschlossen.

Unabhängig davon dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit.a und Z 3 EStG bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Unter Repräsentationsaufwendungen sind alle Aufwendungen zu verstehen, die zwar durch den Beruf des Steuerpflichtigen bedingt bzw. im Zusammenhang mit der Erzielung von steuerpflichtigen Einkünften bewirkenden Einnahmen anfallen, aber auch sein gesellschaftliches Ansehen fördern, es ihm also ermöglichen zu "repräsentieren" (; , 93/13/0205). Das gesellschaftliche Ansehen fördert unter anderem die Teilnahme an diversen Veranstaltungen (z.B. Bällen, Theateraufführungen und Sportturnieren usw.). Dies gilt nicht nur dann wenn, sie durch einen Unternehmer erfolgen, sondern gleichermaßen für politische Funktionäre. Zur Verhinderung einer missbräuchlichen Geltendmachung von Repräsentationsaufwendungen als Werbungskosten bewirkt das gesetzliche Abzugsverbot eine Umkehr der Beweislast. Die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Ausnahme vom grundsätzlichen Abzugsverbot von Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben ist somit von dem der Partei obliegenden Nachweis abhängig, dass die Aufwendungen dem Steuerpflichtigen tatsächlich erwachsen sind, dass mit der einzelnen Aufwendung ein Werbezweck verbunden war und dass die berufliche Veranlassung weitaus überwogen hat. (; , 92/14/0228). An den gesetzlich geforderten Nachweis der weitaus überwiegenden beruflichen Veranlassung, sowie der Werbewirksamkeit von Repräsentationsaufwendungen und den damit verbundenen Reisebewegungen (Fahrtkosten in Form von km-Geld) sind - schon aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen - strenge Anforderungen zu stellen, wobei dieser Nachweis für jede einzelne Ausgabe zu erbringen ist (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz. 7.4. zu § 20 und die dort angeführte Judikatur).

Einen derartigen Nachweis hat der Bf. trotz mehrfacher und detaillierter Aufforderung nicht erbracht.

Die Darstellung der beruflichen Veranlassung beschränkte sich auf den Hinweis, dass der Bf. Vizebürgermeister von ***1*** war.

Diese Aufwendungen konnten daher schon mangels eines entsprechenden Nachweises nicht anerkannt werden. Zudem ist in den behaupteten Aufwendungen auch kein konkreter Werbezweck zu erkennen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 dürfen weiters freiwillige Zuwendungen (Spenden) bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen. Sie sind unabhängig von ihrer Höhe von einer Berücksichtigung als Werbungskosten ausdrücklich ausgeschlossen. Sie werden auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie durch berufliche Erwägungen mitveranlasst worden sind (Doralt/Kofler, EStG § 20 Tz 106 ff). Den Gründen, die dazu Anlass geben, einen solchen Aufwand zu tragen, kommt keine Bedeutung zu; es ist auch unmaßgeblich, ob sich der Steuerpflichtige diesem Aufwand hätte entziehen können und ob er ausschließlich im beruflichen Interesse lag (; , 89/13/0002).

Aber auch wenn man die gegenständlichen Spenden und Zuwendungen als Repräsentationsaufwendungen unter den Tatbestand der Z 3 dieser Gesetzesstelle subsumiert, ist deren Abzugsfähigkeit nicht gegeben. Die angeführten Ausgaben wären - entgegen dem grundsätzlichen Abzugsverbot von Repräsentationsaufwendungen - nur dann absetzbar, wenn - wie bereits oben ausgeführt - der Abgabepflichtige zweifelsfrei nachweist, dass die Zuwendungen einen direkten werbewirksamen Charakter haben und damit nahezu ausschließlich auf wirtschaftlicher (beruflicher) Grundlage beruhen. Eine bloße Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen reicht nicht aus (). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass diese angeblichen Ausgaben aufgrund nicht vorgelegter Belege nicht nachgewiesen worden sind.

Ganz allgemein ist dem Gericht durchaus bewusst, dass vom Bf. in seiner Funktion als Bürgermeister die Teilnahme bei Veranstaltungen der verschiedenen örtlichen Vereine erwartet wird, dies schließt aber nicht auch schlechthin eine berufliche Notwendigkeit ein, an die einzelnen Vereine private Spenden zu leisten; ebenso wenig kann gesagt werden, dass diese Spenden generell der Werbung dienen, selbst wenn sie in der Funktion als Vizebürgermeister gewährt werden.

Eine allfällige frühere rechtsunrichtige Anerkennung begründet ebensowenig einen Rechtsanspruch auf nunmehrige Berücksichtigung wie eine unzutreffende Rechtsauskunft Dritter (hier: Arbeiterkammer).

Gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 103/2019 ist für Werbungskosten, die bei nicht selbständigen Einkünften erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 € jährlich abzusetzen.

§ 17 Abs. 6 EStG 1988 ermächtigt den Bundesminister für Finanzen, zur Ermittlung von Werbungskosten Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festzulegen.

Dieser Ermächtigung entsprechend erging die VO über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001 idF BGBl. II Nr. 382/2015 (im Folgenden kurz: VO), die in ihrem § 1 normiert:

"Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

[...]

10. Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung

15% der Bemessungsgrundlage, mindestens 438 Euro jährlich, höchstens 2.628 Euro jährlich. Der Mindestbetrag kann nicht zu negativen Einkünften führen."

Nach der eindeutigen Anordnung in § 16 Abs. 3 EStG 1988 handelt es sich beim Werbungskostenpauschbetrag von 132 € jährlich um einen Jahresbetrag, der von der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen ist, und daher auch dann nur einmal gebührt, wenn der Arbeitnehmer in mehreren Dienstverhältnissen steht (vgl. Doralt, EStG, § 16 Tz 217 ff; Hofstätter-Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 16 Abs. 3 EStG 1988, Tz 2).

Zudem bestimmt die VO in ihrem § 1, ausdrücklich, dass für die in der VO taxativ angeführten Gruppen von Steuerpflichtigen pauschale Werbungskosten anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt werden. Dadurch ist klargestellt, dass die in der VO genannten Personengruppen das besondere Werbungskostenpauschale nach dieser VO nur anstelle des allgemeinen Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 in Anspruch nehmen können (Doralt, EStG, § 16 Tz 217 ff, und Doralt, EStG, § 17 Tz 91; Hofstätter-Reichel, § 16 Abs. 3 EStG 1988, Tz 1; RV/0196-G/05).

Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Pauschales sind im gegebenen Fall die im Lohnzettel der Gemeinde ***1*** ausgewiesenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 13.729,08 €. 15% von 13.729,08 € ergeben 2.059,36€ pauschale Werbungkosten laut § 1 Z 10 der VO.
Das Werbungskostenpauschale nach § 16 Abs. 3 EStG von 132 € lt. bekämpften Bescheid ist nicht zusätzlich zu berücksichtigen.

Es ergibt sich sohin folgende Abgabenberechnung:

[...]

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da zur Nachweispflicht für Werbungskosten umfangreiche Judikatur des VwGH vorliegt (zB. ) und das Erkenntnis dieser Judikatur folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100453.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at