Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2024, RV/1100317/2020

Besteuerung einer IV-Ersatzrente, Teilinvalidenpension und Überentschädigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schneller Steuerberatung GmbH, Montfortstraße 4, 6840 Götzis, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr Finanzamt Österreich, Postfach 260, 1000 Wien) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge elektronisch übermittelten Beschwerdeaktes der belangten Behörde, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer brachte seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 am via FON bei der belangten Behörde ein. Darin beantragte er u.a. ein Pendlerpauschale in der Höhe von € 1.476,00.

In der Kennzahl 359 erklärte der Beschwerdeführer Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in der Höhe von € 2.584,10.

In den Beilagen zur Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 übermittelte der Beschwerdeführer u.a. den Rentenausweis der ***1*** für das Jahr 2017. Daraus ersichtlich ist eine Rentenleistung für das Jahr 2017 in der Höhe von CHF 11.666,00. 25% dieses Wertes (CHF 2.916,50 x 0,886030 = € 2.584,10) erklärte der Beschwerdeführer als Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug unter der Kennzahl 359.

Mit Datum erließ die belangte Behörde ein Ersuchen um Ergänzung mit im Wesentlichen folgendem Inhalt:

"Sie werden ersucht nachstehende Unterlagen vorzulegen:

  1. Steuerberatungskosten (Rechnung und Zahlungsnachweis)

  2. Rentenzahlung der Pensionskasse ***1***; Ab wann wird die IV-Ersatzrente, die Teilinvalidenpension temporär bezogen? Ein schriftlicher Nachweis ist beizulegen.

  3. Ab wann und in welcher Höhe? Wann wurde die Überentschädigung in Höhe von CHF 6.406,50 bezogen? Wurde dieser Bezug in Österreich gemeldet und versteuert?

  4. Entsprechender Nachweis ist beizulegen.

Ein Nachweis über das Überobligatorium/Vorobligatorium ist vorzulegen. Sollten Sie diesem Ersuchen nicht nachkommen, wird davon ausgegangen, dass der Anspruch auf das Überobligatorium/Vorobligatorium nicht besteht."

Die Frist zur Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung wurde seitens der belangten Behörde bis zum gewährt.

Mittels Eingabe via FON vom beantragte der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter eine Fristverlängerung für die Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung bis zum .

Die belangte Behörde führte in der Folge die Veranlagung durch und erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 mit Datum .

In besagtem Bescheid wich die belangte Behörde u.a. derart von der Abgabenerklärung ab, dass die Rentenzahlung der Pensionskasse ***1*** in voller Höhe erfasst wurde. In der Begründung des Bescheides führte sie aus wie folgt:

"Sie wurden ersucht die beantragten Steuerberatungskosten und die Rentenzahlung der Pensionskasse ***1*** (Nachweis über die Versteuerung der Überentschädigung, Nachweis über das Überobligatorium/Vorobligatorium) vorzulegen. Da dieser Aufforderung bis dato nicht Folge geleistet wurde, wird dies in Ausübung der freien Beweiswürdigung als Anzeichen dafür gewertet, daß die Voraussetzungen für eine steuerliche Absetzbarkeit bzw. Begünstigung nicht vorliegen.

Somit wurden die Leistungen der Pensionskasse ***1*** in voller Höhe erfasst. Laut Lohnauweis 2017 beträgt der Bruttobezug 2017 CHF 75.287,55 und nicht wie beantragt CHF 73.634,00. Die Bruttobezüge wurden laut Lohnausweis 2017 erfasst. Die Nachtzulage gem. §68 EStG wurde in Höhe von CHF 1.130,50 berücksichtigt.

Die Überstundenzulagen 125% sind durch 5 zu rechnen, da diese nicht ausschließlich die Zulagen/Zuschläge gem. §68 EStG enthalten. Hinsichtlich der Abweichungen gegenüber Ihrem Antrag wird auf die vorjährige Begründung verwiesen. Topf-Sonderausgaben z.B. für Wohnraumschaffung und -sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen können wir nur zu einem Viertel berücksichtigen. Liegt der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte über 36.400 Euro verringert sich der Betrag weiter.

Dafür verwenden wir die oben angeführte Formel. Als Umrechnungskurs für den Schweizer Franken wurden 0,886030 € zugrunde gelegt."

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom (bei der belangten Behörde eingelangt am ) erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2017.

Darin beantragte der Beschwerdeführer eine antragsgemäße Veranlagung unter Berücksichtigung der angefallenen Steuerberatungskosten, des Pendlerpauschales, als auch der Besteuerung der IV-Ersatzrente unter Anwendung des § 25 Abs 1 Z 2 lit b EStG 1988.Das Pendlerpauschale wird in einer betraglichen Höhe von € 3.672,00 beantragt. Der einfache Arbeitsweg des Beschwerdeführers belaufe sich auf 60 Kilometer.

Der Beschwerde beigelegt wurde der Lohnausweis 2017 des ausländischen Arbeitgebers, samt Aufstellung der monatlichen Lohnzahlungszeiträume, die Bestätigung der Uniqa Versicherung vom Jänner 2018, in welcher die Zahlungen für die Unfall und Krankenversicherung bestätigt werden, der Rentenausweis 2017 der ***1***, aus welcher die Zahlungen der IV-Ersatzrente, der temporären Teilinvalidenpension und der Überentschädigung im Gesamtbetrag von CHF 11.666,00 ersichtlich sind, als auch eine Aufstellung der Steuerberatungskosten für das Jahr 2017.

Mit Datum erließ die belangte Behörde ein Ersuchen um Ergänzung in Bezug auf die Bescheidbeschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 mit folgendem Inhalt:

"Fehlt eine gesetzliche Beitragspflicht, sind die Pensionskassenleistungen (in Form einer Abfindung oder einer Rente) gemäß § 25 Abs 1 Z 2 lit b EStG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (gültig ab 1997) nur mit 25% als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen.

PK-Beiträge sind in der Schweiz erst ab dem und im Fürstentum Liechtenstein erst ab dem gesetzlich verpflichtend zu leisten. PK-Leistungen, welche aus Vorzeiten resultieren, sind daher insoweit teilweise steuerlich nicht zu erfassen. In diesen Fällen ist eine Bestätigung der PK-Einrichtung über die Höhe der vorobligatorischen Leistung beizubringen:

Höhe des PK-Guthabens zum (Schweiz) bzw. (Fürstentum Liechtenstein) und zum Zeitpunkt des erstmaligen Rentenanspruchs, andernfalls muss die PK-Leistung in vollem Umfang der Steuerpflicht unterzogen werden.

Sie werden weiters ersucht bekanntzugeben, wieviel Kilometer Ihr einfacher Arbeitsweg im Jahr 2017 hatte (bitte mit Angabe der genauen Adresse Ihres Arbeitsplatzes) und um wieviel Uhr Sie überwiegend (= an mehr als der Hälfte der Arbeitstage) Ihren täglichen Dienst begonnen bzw. beendet haben!

An wievielen Tagen im Monat wurde die Strecke "Wohnung-Arbeitsplatz" zurückgelegt? Sie werden außerdem ersucht schriftlich bekanntzugeben, ob die Benützung eines öffentl. Verkehrsmittels zumindest hinsichtl. des halben Arbeitsweges für Sie an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum un-oder zumutbar im Sinne des § 16 EStG 1988 ist. Bitte legen Sie außerdem Ihre Zeiterfassungsnachweise für das Jahr 2017 bei."

Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers übermittelte der belangten Behörde folgende Unterlagen:

  1. Bestätigung der Pensionskasse ***1*** vom woraus die Arbeitnehmerbeiträge der Jahre 1991 bis 1996 ersichtlich sind.

  2. Bestätigung der ***2*** vom in welcher bestätigt wird, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2017 Schichtdienst geleistet hat.

  3. Dienstplan des Beschwerdeführers für das Jahr 2017, Einsatzort Bahnhof ***3****

Mit Datum übermittelte die belangte Behörde ein weiteres Ersuchen um Ergänzung an den Beschwerdeführer mit folgendem Inhalt:

"Gemäß §25 EStG zählen Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Jene Teile der Bezüge und Vorteile, die auf die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beträge entfallen, sind nur mit 25% zu erfassen.

Wie hoch sind die Arbeitgeber-Beiträge in Ihrem konkreten Fall? Sie werden daher um Vorlage einer Bestätigung der Pensionskasse gebeten, aus der diese ersichtlich sind. Beantworten Sie bitte zudem folgende Fragen:

  1. Wie ergibt sich die Differenz zwischen dem Bruttogehalt von 75.287,55 CHF It.Kumulativjournal und den von Ihnen angesetzten 73.633,35 CHF?

  2. Sind die Invalidenrenteund die Teilinvalidenrente auf dem Lohnkonto enthalten? Legen Sie diesbezüglich bitte eine Bestätigung der Lohnverrechnung bei."

Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers übermittelte der belangten Behörde die folgenden Unterlagen:

  1. Schreiben der Pensionskasse ***1*** vom betreffend Arbeitnehmer und Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse ***1***

  2. E-Mail des Beschwerdeführers an seinen steuerlichen Vertreter vom

  3. Beilage zur Einkommensteuererklärung 2017

  4. Lohnausweis des Beschwerdeführers betreffend das Jahr 2017 seines ausländischen Arbeitgebers

  5. Zusammenstellung der monatlichen Beitragsgrundlagen betreffend das Jahr 2017, datierend mit der ***1*** AG

  6. Kontoauszug der Liechtensteinischen Landesbank betreffend August 2019 woraus die Zahlungen der Pensionskasse der ***1*** erischtlich sind

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wandte sich die belangte Behörde abermals an den Beschwerdeführer. Darin führte sie aus wie folgt:

"In Ihrer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid beantragen Sie die nachträgliche Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales iHv. € 3.672,00. Sie werden daher ersucht, bekanntzugeben, wieviel Kilometer Ihr einfacher Arbeitsweg im Jahr 2017 hatte (bitte mit Angabe der genauen Adresse Ihres Arbeitsplatzes) und um wieviel Uhr Sie überwiegend (= an mehr als der Hälfte der Arbeitstage) Ihren täglichen Dienst begonnen bzw. beendet haben!

An wievielen Tagen im Monat wurde die Strecke "Wohnung-Arbeitsplatz" zurückgelegt? Sie werden außerdem ersucht, schriftlich bekanntzugeben, ob und warum die Benützung eines öffentl. Verkehrsmittels zumindest hinsichtl. des halben Arbeitsweges für Sie an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum un- oder zumutbar im Sinne des § 16 EStG 1988 war.

Bitte legen Sie außerdem Ihren Zeiterfassungsnachweis für das Jahr 2017 bei. Bitte legen Sie weiters eine zusätzliche Bestätigung der Pensionskasse ***1*** vor, aus der ersichtlich ist, ob diese Beiträge als "Pflichtbeiträge" die Einkünfte vermindert haben oder als "freiwillige Beiträge" nicht berücksichtigt wurden.

Laut vorliegender Bestätigung der PK ***1*** wurde lediglich bestätigt, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Zeitraum bis Beiträge geleistet haben. Aber ob sie verpflichtend oder freiwillig geleistet wurden ist nicht ersichtlich."

Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers übermittelte in Anlehnung an das Ersuchen um Ergänzung die folgenden Unterlagen an die belangte Behörde:

  1. Schreiben der Pensionskasse ***1*** vom in welchem die Arbeitnehmerbeiträge der Jahre 1991 bis 1996 aufgelistet sind

  2. Schreiben der ***2*** vom in welchem bestätigt wird, dass der Beschwerdeführer in ***3**** als Staplerfahrer in Verwendung steht und für die Fahrt zum Arbeitsplatz keine Ersätze seitens des Arbeitgebers geleistet werden

  3. Dienstplan des Beschwerdeführers betreffend das Jahr 2017

Mit Datum erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung in welcher sie der Beschwerde teilweise Folge gab. In Bezug auf die Besteuerung der Ersatzrente führte die Begründung aus wie folgt:

"Zum weiteren Beschwerdepunkt (Besteuerung der Ersatzrente) wird folgende Rechtsansicht vertreten: §25 EStG lautet:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind: Z2 lit.b) Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes). Z 2 lit. a zweiter Satz ist für Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) insoweit anzuwenden, als die Beitragsleistungen an derartige ausländische Pensionskassen (einschließlich an Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) die in- oder ausländischen Einkünfte nicht vermindert haben. Dies gilt sinngemäß, wenn die Beitragsleistungen das Einkommen im Ausland nicht vermindert haben. In Ihrem konkreten Fall bedeutet dies:

Sie wurden mehrfach aufgefordert nachzuweisen, dass die Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung bei Ihren Einkünften vorliegt. Aus den bisher vorliegenden Unterlagen geht jedoch nicht hervor, inwieweit die geleisteten Beträge die damaligen Einkünfte als Werbungskosten gem. §16 EStG vermindert haben."

Mit Schriftsatz vom übermittelte der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter einen Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017. Darin führte er aus wie folgt:

"Es wird beantragt, die erhaltene Rente antragsgemäß zu veranlagen. Aus der Berufungsvorentscheidung ist nicht ersichtlich, mit welchem Betrag das Finanzamt die Ersatzrente (Invalidenpension) angesetzt hat. Die Begründung, wonach nicht alle geforderten Unterlagen eingereicht wurden, ist einfach nicht richtig - siehe auch hierzu der Verlauf im FinanzOnline / Ergänzungsersuchen.

Für das Finanzamt istes nicht ersichtlich, wie hoch die Arbeitnehmeranteile bzw. Arbeitgeberanteile waren, die in den 90er Jahren einbezahlt wurden. Ich denke, dass aus den beiliegenden Bestätigungen doch alles ersichtlich sein sollte.

Bitte um nochmalige Würdigung der Beilagen und entsprechende Bescheidabänderung. Der Beschwerdeführer hat sehr viel Mühe, Zeit und Nerven gebraucht, um diese Bestätigungen zu organisieren."

Dem Vorlageantrag beigelegt wurden die folgenden Unterlagen:

  1. Schreiben der Pensionskasse ***1*** vom woraus die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge der Jahre 1991 bis 1996 ersichtlich sind

  2. Schreiben der ***1*** Pensionskasse vom woraus die Arbeitnehmerbeiträge der Jahre 1991 bis 1996 ersichtlich sind

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz in Österreich und ist im Inland unbeschränkt steuerpflichtig. Er ist Grenzpendler in die Schweiz.

Er erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 EStG. Sein Arbeitgeber ist die ***2*** AG in ***3****. Im Jahr 2017 war der Beschwerdeführer 54 Jahre alt.

Im Jahr 2017 erhielt der Beschwerdeführer neben den Lohnbezügen der ***2*** AG eine IV-Ersatzrente in Höhe von CHF 7.214,00 sowie eine Teilinvalidenpension in Höhe von CHF 10.858,50 abzüglich einer Überentschädigung von CHF 6.406,50 von der Pensionskasse der ***1*** ausbezahlt.

Der gesamte Auszahlungsbetrag beläuft sich somit auf CHF 11.666,00.

Die Berechnung der IV-Ersatzrente und der Teilinvalidenpension temporär wurden mit 60% des Letztbezuges berechnet.

Der Beschwerdeführer hat keine vorobligatorischen (vor ) Beiträge an die Pensionskasse nachgewiesen. Als "vorobligatorische" Beiträge werden solche bezeichnet, die geleistet wurden, bevor eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung zur Pensionsvorsorge bestand.

In der Schweiz wurde mit dem am in Kraft getretenen Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) erstmals eine gesetzlich verpflichtende Vorsorge eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Beitritt zu den Pensionskassen freiwillig, allenfalls beruhte er auf dienstvertraglicher Verpflichtung.

Die vom Beschwerdeführer nachgewiesenen Arbeitnehmerbeiträge betreffen Zeiträume, in welchen auch in der Schweiz Pensionskassenbeiträge gesetzlich verpflichtend (obligatorisch) waren.

Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass rechtwidriger Weise die geleisteten Pensionsbeiträge (Arbeitnehmeranteil) nicht zum Abzug zugelassen wurden.

Strittig ist, ob die Rentenzahlungen des Jahres 2017 unter die Bestimmung des § 25 Abs 1 Z 2 lit b EStG fallen und somit nur zu 25% steuerpflichtig sind, oder ob diese nach dem Tarif des § 33 Abs 1 EStG zu versteuern sind.

2. Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet seine Feststellungen aus dem bei der belangten Behörde elektronisch geführten Akt des Beschwerdeführers. Teile daraus wurden im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht übermittelt.

Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdezeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von seinem in der Schweiz lozierten Arbeitgeber erhalten hat.

Die Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes in Bezug auf die IV-Ersatzrente, der Teilinvalidenpension und der Überentschädigung in der gesamthaften Höhe von CHF 11.666,00 leiten sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Abgabenerklärung, als auch in der Bescheidbeschwerde betreffend Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 ab.

Die Feststellungen in Bezug auf die Bemessungsgrundlage der IV-Ersatzrente, der Teilinvalidenpension und der Überentschädigung leitet das Bundesfinanzgericht aus dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom ab.

Im Zuge eines Telefonates der belangten Behörde mit der Pensionskasse ***1*** wurde darüber informiert, dass seitens der Pensionskasse ***1*** als Basis für die "IV-Ersatzrente und Teilinvalidenpension temporär" der Letztbezug des Beschwerdeführers herangezogen wurde. Dies deshalb, da er zu diesem Zeitpunkt das gesetzliche Pensionsalter noch nicht erreicht hatte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. a und b EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 52/2009 lauten wie folgt:

"(1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:

(...)

2. a) Bezüge und Vorteile aus inländischen Pensionskassen und aus betrieblichen Kollektivversicherungen im Sinne des § 18f des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Jene Teile der Bezüge und Vorteile, die auf die

aa) vom Arbeitnehmer,

bb) vom wesentlich Beteiligten im Sinne des § 22 Z 2 und

cc) von einer natürlichen Person als Arbeitgeber für sich selbst eingezahlten Beträge entfallen, sind nur mit 25% zu erfassen. Soweit für die Beiträge eine Prämie nach § 108a oder vor einer Verfügung im Sinne des § 108i Abs. 1 Z 3 eine Prämie nach § 108g in Anspruch genommen worden ist oder es sich um Bezüge handelt, die auf Grund einer Überweisung einer BV-Kasse (§ 17 BMSVG oder gleichartige österreichische Rechtsvorschriften) geleistet werden, sind die auf diese Beiträge entfallenden Bezüge und Vorteile steuerfrei. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, ein pauschales Ausscheiden der steuerfreien Bezüge und Vorteile mit Verordnung festzulegen.

b) Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes). Z 2 lit. a zweiter Satz ist für Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) insoweit anzuwenden, als die Beitragsleistungen an derartige ausländische Pensionskassen (einschließlich an Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) die in- oder ausländischen Einkünfte nicht vermindert haben. Dies gilt sinngemäß, wenn die Beitragsleistungen das Einkommen im Ausland nicht vermindert haben."

§ 25 Abs 1 Z 2 lit b Satz 1 EStG 1988 regelt somit die Einbeziehung der Leistungen ausländischer Pensionskassen in die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Differenzierung danach, ob die Leistungen der Pensionskasse durch gesetzlich verpflichtende oder aufgrund des Dienstvertrages entrichtete oder freiwillige Beiträge von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern finanziert worden sind, enthält die Bestimmung nicht.

Beiträge, die Leistungsberechtigte an eine ausländische Pensionskasse auf Grund gesetzlicher Anordnung zur Erwerbung Ihrer Pensionsansprüche leisten ("Arbeitnehmerbeiträge"), sind analog zu § 16 Abs 1 Z 4 lit h EStG ohne Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale abzugsfähig. Pensionsbezüge auf Grund derartiger Beiträge sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG zu erfassen.

Zahlungen, die ein Leistungsberechtigter ohne gesetzliche Verpflichtung an eine ausländische Pensionskasse leistet, stellen hingegen keine Werbungskosten, sondern Sonderausgaben dar. Soweit im Pensionsfall die Bezüge auf solchen freiwilligen Leistungen beruhen, liegen sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 Z 1 EStG vor, die nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung zu versteuern sind.

Im gegenständlichen Fall wurden die Pensionskassenbeiträge des Beschwerdeführers gänzlich als Werbungskosten anerkannt. Dies hat zur Konsequenz, dass die in Streit stehenden Zahlungen (IV-Ersatzrente, Teilinvalidenpension abzüglich Überentschädigung) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG darstellen, welche zum Tarif gemäß § 33 EStG zu versteuern sind.

Die Bemessungsgrundlagen für die Einkommensteuer 2017 stellen sich wie folgt dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug
66.634,97
Pendlerpauschale laut Lohnzettel
0,00
Pendlerpauschale laut Veranlagung
(-) 3.672,00
Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag
(-) 12.289,42
Pauschbetrag für Werbungskosten
(-) 132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
50.541,55
Sonderausgaben(§ 18 EStG 1988)
Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung (Topf-Sonderausgaben) eingeschliffen nach folgender Formel : (60.000,00 - 50.541,55) * (730 - 60) / 23.600 + 60,00
(-) 328,009
Einkommen
50.213,03
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs 1 EStG 1988 beträgt:
0 % für die ersten 11.000,00
0,00
25 % für die weiteren 7.000,00
1.750,00
35 % für die weiteren 13.000,00
4.550,00
42 % für die restlichen 19.213,03
8.069,47
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
14.369,47
Verkehrsabsetzbetrag
(-) 400,00
Pendlereuro
(-) 122,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
13.847,47
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt;
0 % für die ersten 620,00
0,00
6 % für die restlichen 7.355,73
441,34
Einkommensteuer
14.288,81
ausländische Steuer
(-) 7.934,40
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG 1988
(-) 0,41
Festgesetzte Einkommensteuer
6.354,00
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
Festgesetzte Einkommensteuer
6.354,00
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (gerundet)
(-) 8.547,00
Abgabengutschrift
2.193,00

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis fußt auf den klaren und eindeutigen oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Ein über den Einzelfall hinausgehender Sachverhalt liegt nicht vor. Die ordentliche Revision war somit zu versagen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100317.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at