Bezahlung der Kosten für Studien der volljährigen Töchter als außergewöhnliche Belastung und Zurücknahme einer Regelbesteuerungsoption
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Name des Richters*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling, nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer 2016, 2017 und 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
***Bf1*** (in der Folge als "Bf." bezeichnet) erzielte in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2016, 2017 und 2018 Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. aufgefordert, die von ihm steuerlich geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen sowie seine Einkünfte aus Kapitalvermögen nachzuweisen.
In der Antwort auf dieses Ergänzungsersuchen vom erläuterte der Bf., dass die außergewöhnlichen Belastungen aus Unterhaltszahlungen an seine in ***Name Stadt im EU-Ausland*** und in ***Name Stadt in Österreich*** studierenden Töchter resultierten. Darüber hinaus legte der Bf. Unterlagen betreffend dessen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor und beantragte die Anwendung des allgemeinen Steuertarifs (Regelbesteuerungsoption) gemäß § 27a Abs. 5 EStG Einkommensteuergesetz 1988 (EStG).
Mit Bescheiden vom hat das Finanzamt die Verfahren betreffend die Einkommensteuerveranlagungen 2016 bis 2018 wiederaufgenommen und an demselben Tag neue Einkommensteuerbescheide erlassen. In diesen Bescheiden wurden die steuerlich geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen nicht zuerkannt und erfolgte in 2018 eine Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach dem allgemeinen Steuertarif gemäß
§ 27a Abs. 5 EStG.
Gegen diese Einkommensteuerbescheide brachte der Bf. am fristgerecht Beschwerden ein und begehrte in allen Jahren (2016 bis 2018) die Zuerkennung von außergewöhnlichen Belastungen:
"Die Verpflichtung zur Unterstützung der Kinder bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit gem. §231 ABGB hat die Unterstützung meiner Töchter während deren Studien gefordert. Daher sind diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Richtlinien des BMF:
Zitat: "Außergewöhnliche Belastungen liegen dann vor, wenn für den Unterhaltsberechtigten Kosten übernommen werden, die für sich gesehen eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Darunter fallen etwa Krankheitskosten für ein Kind (z.B. Brille oder Zahnregulierung), sowie im Falle der Notwendigkeit Kosten für eine auswärtige Ausbildung.
...Als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind Unterhaltsleistungen an Kinder allerdings auch dann, wenn (mangels Familienbeihilfenbezugs) kein Kinderabsetzbetrag und (weil keine Alimente geleistet werden) auch kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. Dies trifft z.B. bei Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige und nicht haushaltszugehörige Kinder zu, die sich ständig in einem Land außerhalb des EU-/EWR-Raumes und der Schweiz aufhalten. Absetzbar ist in derartigen Fällen grundsätzlich der halbe laufende, nach den ausländischen Lebenshaltungskosten angemessene, Unterhalt. In der Praxis wird normalerweise ein pauschaler Abzug vorgenommen (Richtwert pro Kind ab 2012: 50 Euro monatlich). Ein Selbstbehalt wird nicht berechnet."
Der Bf. beantragte in den beschwerdegegenständlichen Jahren die Zuerkennung der in der Folge angeführten Beträge als außergewöhnliche Belastung:
2016:
Aufwendungen für ***Vor- und Nachname ältere Tochter***: € 6.700,00
Aufwendungen für ***Vor- und Nachname jüngere Tochter***: € 12.411,00
2017:
Aufwendungen für ***Vor- und Nachname ältere Tochter***: € 14.500,00
Aufwendungen für ***Vor- und Nachname jüngere Tochter***: € 16.911,00
2018:
Aufwendungen für ***Vor- und Nachname ältere Tochter***: € 12.100,00
Aufwendungen für ***Vor- und Nachname jüngere Tochter***: € 17.761,00
Darüber hinaus beantragte der Bf. in Ansehung des Einkommensteuerbescheides 2018 hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen:
"Ad 1a) Reaelbesteuerungsoption:
Durch ein Missverständnis habe ich die Regelbesteuerungsoption angewählt. Ich ersuche Sie, hier den besonderen Steuersatz gem. "§27a EStG1988 anzuwenden.
Ad 1b) Einkünfte aus Kapitalvermögen - korrekte Wertermittlung:
Die im Steuerreporting 2018 meiner Bank genannten Erträge sind nicht nur Erträge aus der Überlassung von Kapital, sondern enthalten auch die Einkünfte durch Verkauf von Wertpapieren, die nicht neu veranlagt worden sind. Korrekt sind die in meiner Erklärung vom genannten Beträge, die auch aus meiner Excel-Aufstellung in der Anfragebeantwortung zu Ihrem Ergänzungsersuchen zu ersehen sind. Es sind daher Verlustausgleiche vorzunehmen.
Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (§ 27 Abs. 2; insbesondere
Dividenden, Zinserträge aus Wertpapieren 27,5%) - (Kennzahl 862) 5.138,59
Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (§ 27
Abs. 3; insbesondere Veräußerungsgewinne aus Aktien,
Forderungswertpapieren und Fondsanteilen)
Überschüsse 27,5% - (Kennzahl 981) 1.941,72
Verluste - (Kennzahl 891) -6.332,58
Kapitalertragsteuer, soweit sie auf die inländischen Kapitaleinkünfte
entfällt - (Kennzahl 899) 2.562,71
KEST-Rückerstattung bei Tilgungsträgern gemäß § 124b Z 185 lit. d
Einbehaltene Kapitalertragsteuer ist daher anzurechnen/ zu erstatten in
Höhe von - (Kennzahl 943) 2.562,71"
Mit Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom hat die belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt:
"Einleitend ist festzuhalten, dass der Bf. die Unterhaltsaufwendungen die er für seine beiden Töchter im Zusammenhang mit ihrem Studium geleistet hat, als außergewöhnliche Belastung anerkannt haben möchte. In den Veranlagungsjahren 2016 bis 2018 machte der Bf. bei der älteren Tochter ***Vorname ältere Tochter*** die Unterhaltskosten als außergewöhnliche Belastung geltend sowie den Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung. Für die jüngere Tochter ***Vorname jüngere Tochter*** beantragt der Bf. in den streitgegenständlichen Zeitraum ebenfalls die Anerkennung der Unterhaltsleistung als außergewöhnliche Belastung, beantragte jedoch nicht den Pauschbetrag. Das Finanzamt hat die geltend gemachten Aufwendungen im Erstbescheid nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, gewährte aber den beantragten Pauschbetrag für ***Vorname ältere Tochter***. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens beantragte der Bf. erneut die Anerkennung der Unterhaltsleistungen für beide Töchter als außergewöhnliche Belastung.
Strittig ist, ob die Unterhaltsleistungen des Bf. an seine Töchter, die als Unterstützung während des Studiums dienten, als außergewöhnliche Belastung anzusehen sind.
Unterhaltsleistungen für Kinder sind grundsätzlich - je nach Voraussetzungen (§ 34 Abs. 7 Z 1 und 2 EStG 1988) - durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag sowie den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten. Darüber hinaus sind gem. § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 Unterhaltsleistungen nur dann abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt aufgrund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
Ferner werden Aufwendungen für eine auswärtige Berufsausbildung eines Kindes gem.
§ 34 Abs. 8 EStG 1988, wenn alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind, durch den Pauschbetrag abgedeckt. Mit diesem Pauschbetrag von € 110 monatlich sind die erhöhten Aufwendungen aufgrund der Auswärtigkeit abgedeckt (Fahrtkosten, Internatskosten etc.). Höhere Beträge als der Pauschbetrag können auch dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie nachgewiesen werden (, und vom , 96/15/0187).
Die Berufsausbildung eines Kindes als Unterhaltsverpflichtung ist regelmäßig schon deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig, weil es sich um Kosten handelt, die auch beim Unterhaltsberechtigten selbst nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 keine außergewöhnliche Belastung darstellen. Voraussetzung der Berücksichtigung der an die Töchter geleisteten Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung ist somit, dass diese Aufwendungen, würden sie von den Töchtern selbst getragen werden, bei ihnen eine außergewöhnliche Belastung darstellen würde. Dies liegt im konkreten Fall nicht vor, da die Voraussetzungen der Zwangsläufigkeit, Außergewöhnlichkeit nicht gegeben sind. Davon abgesehen ist die Berufsausbildung als Teil der Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich mit der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag abgegolten (Doralt, a.a.O.; , und vom , 98/15/0100).
Soweit der Bf. vorbringt, dass Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen auch dann vorliegen, wenn kein KIB und auch kein UAB zusteht wie beispielsweise bei haushalts- und nicht-haushaltszugehörigen Kindern die sich ständig im EU-Ausland aufhalten, ist darauf zu verweisen, dass sich diese Ausführungen auf minderjährige Kinder außerhalb des EU/EWR-Raumes beziehen. Für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird bestimmt § 34 Abs. 7 Z 5 EStG, dass diese außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen sind.
Dem Begehren des Bf., die von ihm tatsächlich aufgewendeten - höheren - Beträge als außergewöhnliche Belastungen in Abzug zu bringen, musste daher ein Erfolg versagt bleiben, da die Voraussetzungen für die Gewährung nicht erfüllt sind."
Mit Anbringen vom zog der Bf. den Beschwerdepunkt 1b) betreffend die "Wertermittlung" hinsichtlich seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen zurück, hielt aber sein Beschwerdebegehren auf Anwendung des besonderen Steuersatzes gem. § 27a EStG aufrecht.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter dem Punkt "Sachverhalt und Anträge" unter anderem aus:
"Im Rahmen der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung ist leider ein Fehler passiert, da über die außergewöhnliche Belastung abgesprochen wurde (Abweisung), aber leider vergessen wurde im System anstatt der Regelbesteuerung den besonderen Steuersatz einzubuchen und zu berücksichtigen. Es ist somit leider der Antrag des Bf.- den besonderen Steuersatzes gem.
§ 27a EStG anstatt der Regelbesteuerung anzuwenden- nicht berücksichtigt worden. Der Bf. hat nämlich die Beschwerde 2018 nur hinsichtlich des Punktes 1b zurückgezogen, will aber, dass der besondere Steuersatz anstatt der -von ihm- beantragten Regelbesteuerung berücksichtigt wird."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Töchter des Bf., ***Vor- und Nachname ältere Tochter*** (geboren am ***Geburtsdatum ältere Tochter***) und ***Vor- und Nachname jüngere Tochter*** (geboren am ***Geburtsdatum jüngere Tochter***) studierten in den beschwerdegegenständlichen Jahren an der ***Name Universität*** ***Name Stadt im EU-Ausland*** (***Vorname ältere Tochter***) und an der ***Name Privatuniversität*** in ***Name Stadt in Österreich*** (***Vorname jüngere Tochter***). Der Bf. bezahlte als Unterhaltsverpflichteter die Kosten dieser Studien und begehrte die Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung. Für die ältere Tochter wurde in den Jahren 2016 bis 2018 keine Familienbeihilfe mehr bezogen.
Im Jahr 2018 hat der Bf. für seine Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Höhe von
€ 9.262,78 in seiner Steuerklärung die Anwendung des allgemeinen Steuertarif gemäß
§ 27a Abs. 5 EStG (Regelbesteuerungsoption) beantragt, diese Option allerdings im Laufe des Beschwerdeverfahrens zurückgezogen und die Besteuerung mit dem besonderen Steuersatz von 27,5% beantragt. Seine Einwendungen gegen die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen hat der Bf. im Laufe des Beschwerdeverfahrens zurückgezogen.
2. Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den seitens des Bf. vorgelegten Unterlagen sowie aus den Dokumenten, die in der Familienbeihilfendatenbank des Finanzressorts (FABIAN) enthalten sind und ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
a.) Außergewöhnliche Belastungen:
Gemäß § 34 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sind bei der Ermittlung des Einkommens
(§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro 6%
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro 8%
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%
mehr als 36 400 Euro 12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt
- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
- für jedes Kind (§ 106).
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.
- Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.
- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des
§ 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:
1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.
(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.
(8) Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
Gemäß § 231 Abs. 1 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.
Die Unterhaltspflicht iSd § 231 ABGB umfasst den Unterhaltsbedarf des nicht selbsterhaltungsfähigen Kindes bezogen auf den gesamten Lebensaufwand (Limberg in Kletečka/Schauer, ABGB, § 231, Rz 64 f). Zu den gesamten Lebensbedürfnissen gehören Nahrung, Kleidung, Wohnung (der anteilige Aufwand hiefür), medizinische Versorgung sowie der Aufwand für Betreuung, Erziehung, Ausbildung und für die Befriedigung von Freizeitbedürfnissen, insbesondere kultureller und sportlicher Art, einschließlich eines "Taschengeldes" (; OGH 8 Ob 82/13m; Stabentheiner/Reiter in Rummel/Lukas, ABGB, § 231, Rz 80; Neuhauser in Schwimann/Kodek, ABGB-Praxiskommentar, § 231, Rz 2).
Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Voraussetzung ist ferner, dass die Absicht besteht, durch ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen das Ausbildungsziel zu erreichen und die vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen (vgl. dazu ). Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird die außergewöhnliche Belastung durch einen Pauschbetrag von 110 Euro monatlich (1.320 Euro jährlich) berücksichtigt. Die Berücksichtigung höherer tatsächlich nachgewiesener Kosten aus dem Titel der Berufsausbildung ist unzulässig (vgl. dazu ).
Als lex specialis zu § 34 Abs. 7 EStG 1988 sieht § 34 Abs. 8 EStG 1988 sohin vor, dass die steuerliche Berücksichtigung der Mehraufwendungen auf Grund auswärtiger Berufsausbildung des Kindes durch einen Pauschbetrag pro Monat der Berufsausbildung erfolgt. Eine Kürzung der gesetzlichen Pauschbeträge um einen Selbstbehalt im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG 1988 erfolgt nicht, doch steht dem Steuerpflichtigen andererseits auch kein Wahlrecht dahin zu, etwa nachweisbare höhere Kosten geltend zu machen (vgl. ). Der Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 deckt die in Zusammenhang mit der Ausbildung des Kindes angefallenen Unterbringungs- bzw. Fahrtkosten ab, nicht hingegen ein zu entrichtendes Schulgeld (vgl. ; )
Bei der Frage, ob Ausbildungskosten im engeren Sinn (Schulgeld, Studiengeld) als außergewöhnliche Belastung nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 zu berücksichtigen sind, judiziert der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2011/15/0008, dass gemäß § 231 Abs. 1 ABGB die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen haben. Die Unterhaltverpflichtung umfasst die Pflicht zur Tragung der Kosten der Berufsausbildung und kann ein im Rahmen der Unterhaltspflicht geleistete Bezahlung von Schulgeld bzw. Studiengeld nur unter den einschränkenden Bestimmungen des § 34 Abs. 7 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden (vgl. , mwN.).
Wie angeführt normiert § 34 Abs. 7 Z. 1 EStG 1988, dass Unterhaltsleistungen für die Kinder durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß
§ 33 EStG 1988 abgegolten sind. Das geleistete Studiengeld für den Besuch des Kindes an einer Universität kann daher nur dann zu außergewöhnlichen Belastungen führen, wenn die in § 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 angeführten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 34 Rz 78, Stichwort "Schuldgeld" mwH). Auch an anderer Stelle wird in der Literatur (Doralt/Kirchmayr/ Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG20. Lfg, § 34 Rz 64, "Berufsausbildung des Kindes") darauf verwiesen, dass das Schulgeld nur in den Ausnahmefällen des § 34 Abs. 7 Z 4. EStG 1988 abziehbar sein kann: "Bei dem Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8, handelt es sich um ein Zwangspauschale, das einen Abzug höherer Kosten nicht zulässt ( und 0153); auch nicht bei Fremdfinanzierung dieser Unterhaltsleistungen (). Der Pauschbetrag dient dazu, die im Zusammenhang mit der Ausbildung angefallenen Unterbringungs - und Fahrtkosten abzudecken, nicht hingegen ein zu entrichtendes Schulgeld (das nach den allgemeinen Kriterien des § 34 in den Sonderfällen des § 34 Abs. 7 Z 4 abziehbar sein kann, vgl. ; nach dem in diesem Erk erwähnten Ablehnungsbeschluss des , ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, den Aufwand für die auswärtige Berufsausbildung von Kindern in seinem individuellem Ausmaß steuerlich zu berücksichtigen)."
Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass "Schulgeld" (Zahlungen für den Besuch von Ausbildungsmodulen), soweit dieses vom Unterhaltspflichtigen getragen wird, nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist, wenn diese Aufwendungen beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellten. Das Schulgeld würde auch beim Unterhaltsberechtigten regelmäßig keine außergewöhnliche Belastung darstellen, erfolgt die Ausbildung doch kraft freien Willensentschlusses. Eine außergewöhnliche Belastung könnte nur dann vorliegen, wenn dem Steuerpflichtigen die Existenzgrundlage ohne sein Verschulden entzogen wird und die Berufsausbildung zur künftigen Existenzsicherung notwendig ist, oder wenn die (neuerliche) Berufsausbildung durch Krankheit, Verletzung oder ähnliche Umstände erforderlich wird (nochmals mwN).
Da im Beschwerdefall keine der soeben beschriebenen Sachverhaltskonstellation, die abweichend von der Grundregel die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen des Steuerpflichtigen selbst rechtfertigen würde, gegeben ist und im Übrigen vom Bf. auch nicht behauptet wurde, fehlt es an den Voraussetzungen nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988, weshalb die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt anzuerkennen waren.
Hinsichtlich der älteren Tochter ist darüber hinaus festzuhalten, dass für diese (wegen der Überschreitung der Altersgrenze des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967) in den beschwerdegegenständlichen Jahren keine Familienbeihilfe mehr bezogen wurde und dass daher auch aus diesem Grund wegen der Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 eine Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung nicht zulässig ist.
Zu den seitens des Bf. ins Treffen geführten "Richtlinien des BMF" ist abschließend festzuhalten, dass diese Richtlinien keine für das Bundesfinanzgericht bindende Rechtsquellen darstellen.
b.) Einkünfte aus Kapitalvermögen (2018)
Gemäß § 27 Abs. 1 EStG sind Einkünfte aus Kapitalvermögen solche aus der Überlassung von Kapital (Abs. 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs. 3) und aus Derivaten (Abs. 4), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 27a Abs. 1 Z 1 und 2 EStG unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen
1. im Fall von Geldeinlagen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten, ausgenommen Ausgleichzahlungen und Leihgebühren gemäß § 27 Abs. 5 Z 4, einem besonderen Steuersatz von 25%,
2. in allen anderen Fällen einem besonderen Steuersatz von 27,5%
und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 5) anzuwenden ist.
Auf tatsächlich ausgeschüttete und als ausgeschüttet geltende Erträge aus Einkünften im Sinne des § 27 aus einem § 186 oder § 188 des Investmentfondsgesetzes 2011 oder einem § 40 oder § 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes unterliegenden Gebilde ist Z 2 anzuwenden.
Gemäß § 27a Abs. 5 EStG kann anstelle der besonderen Steuersätze gemäß Abs. 1 auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). Die Anrechnung ist betraglich insoweit ausgeschlossen, als der Steuerpflichtige den Anspruch auf einen Alleinverdienerabsetzbetrag oder einen Kinderabsetzbetrag vermittelt. Die Regelbesteuerungsoption kann nur für sämtliche Einkünfte, die einem besonderen Steuersatz gemäß Abs. 1 unterliegen, ausgeübt werden.
Wird eine Regelbesteuerungsoption vom Steuerpflichtigen gestellt, sind nach § 27a Abs. 5 dritter Satz EStG sämtliche Kapitaleinkünfte in die Veranlagung miteinzubeziehen. Durch die Regelbesteuerungsoption gemäß § 27a Abs. 5 EStG wird sichergestellt, dass bei der Besteuerung die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen ausreichend Berücksichtigung finden (vgl. Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Zorn EStG, § 27a, Rz. 174). Die Regelbesteuerungsoption ist für den Steuerpflichtigen dann vorteilhaft, wenn sein Durchschnittssteuersatz nach dem progressiven Einkommensteuertarif geringer als der besondere Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG iHv 25% ist.
Ergibt sich durch die Ausübung der Regelbesteuerungsoption eine höhere Steuerlast (allenfalls auch bei zusätzlicher Ausübung der Verlustausgleichsoption gemäß § 97 Abs. 2 EStG), ist eine Rückziehung der Regelbesteuerungsoption auch im Rechtsmittelverfahren möglich (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG, § 27a, Rz. 23, S. 23). Da die Regelbesteuerungsoption nur auf Antrag des Steuerpflichtigen anzuwenden ist, ist diese Option auch zurücknehmbar (vgl. Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 27a, Rz. 174, s. 36).
Der Bf. hat in seiner Steuererklärung gemäß § 27a Abs. 5 EStG beantragt, dass bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen anstelle des besonderen Steuersatzes gemäß Abs. 1 von 27,5% der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption), diesen Antrag aber im Laufe des Beschwerdeverfahrens zurückgezogen.
Es war daher der Beschwerde in diesem Beschwerdepunkt teilweise Folge zu geben und dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Rücknahme des Regelbesteuerungsantrages gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 hinsichtlich der erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen zu entsprechen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist das Bundesfinanzgericht nicht von der einschlägigen, oben dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weswegen auszusprechen war, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 27a Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7105255.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at