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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.01.2024, RV/7100139/2024

Keine Zahlungserleichterung gem § 212 BAO bei anhängigem, höchstgerichtlichen Verfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Peter Wolf Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, Lehargasse 3A Tür 14, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens des ***FA*** vom zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde war in einem anderen Verfahren strittig, ob er mit seinen ausländischen Einkünften in Österreich steuerpflichtig ist oder ob ihm als Ehegatten einer pensionierten UNIDO-Angestellten eine im Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) über den Amtssitz der UNIDO, BGBl. III Nr. 100/1998, vorgesehene Steuerbefreiung für Angehörige von Angestellten der UNIDO zugutekommt. Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7102959/2022, wurde ausgesprochen, dass diese Steuerbefreiung nicht zur Anwendung gelangt und wurden demnach Einkommensteuer für die Jahre 2016-2020 sowie Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 2022 und die Folgejahre festgesetzt. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Beschwerde vor dem VfGH unter der Geschäftszahl E 3053/2023 anhängig.

Mit Antrag vom stellte der Beschwerdeführer ein Stundungsansuchen für die Steuerschuld von EUR 124.500,53, die aus dem oben beschriebenen Verfahren resultiert.

Mit Antrag vom beantragte der Beschwerdeführer auch den Säumniszuschlag von EUR 94,19 zu stunden.

Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde das Ansuchen um Bewilligung einer Zahlungserleichterung abgewiesen. Als Begründung führt die belangte Behörde aus, dass die Ansuchen keine Begründung enthalten hätten und das Finanzamt daher das Vorliegen der gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht prüfen konnte.

Mit Schreiben vom wurde gegen den Bescheid Beschwerde erhoben. Als Begründung führte der Beschwerdeführer aus, dass er nicht in der Lage sei, den vermeintlich geschuldeten und für seine Vermögenslage überaus beträchtlichen Betrag von insgesamt EUR 124.594,72 unverzüglich bzw bis in einem Betrag in der zu kurz bemessenen Frist aufzubringen. Es werde daher beantragt, den strittigen Betrag bis zur rechtskräftigen endgültigen Entscheidung durch die zuständigen Behörden bzw. Gerichtshöfe in voller Höhe zu stunden bzw. auszusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde zurück. Als Begründung führt die Beschwerdevorentscheidung zusammengefasst aus, dass die Beschwerde gegen den Bescheid wegen "res iudicata" unzulässig sei, da das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis vom (RV/7103637/2023) die Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom abgewiesen hat. Dieser Bescheid hat ursprünglich über das Zahlungserleichterungsansuchen vom abgesprochen.

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer den Vorlageantrag gem § 264 BAO. Im Vorlageantrag wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Entscheidung wegen "res iudicata" unzulässig sei. Außerdem verweist der Vorlageantrag auf die eingebrachte Verfassungsgerichtshofbeschwerde in Bezug auf das oben erwähnte Veranlagungsverfahren und beantragt die Stundung des strittigen Abgabebetrag iHv EUR 124.594,72 bis zur endgültigen Entscheidung durch die Höchstgerichte.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Antrag vom stellte der Beschwerdeführer ein Stundungsansuchen mit folgendem Wortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

da sowohl die Frage ob ich überhaupt steuerpflichtig bin als auch deren Höhe rechtsmittelverfangen sind, beantrage ich, die vermeintliche Steuerschuld iHv EUR 124.500,53 biszu den rechtskräftigen Rechtsmittelentscheidungen zu stunden"

Mit Antrag vom stellte der Beschwerdeführer ein ergänzendes Stundungsansuchen mit folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

aus prozessökonomischen Gründen beantrage ich auch, den Säumniszuschlag iHv EUR 94,14 bis zu den rechtskräftigen Rechtsmittelenscheidungen zu stunden"

Beide Ansuchen enthalten keine, konkreten Ausführungen oder Nachweise zu den Tatbestandsmerkmalen des § 212 BAO, dass die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und aus den zitierten Schriftsätzen des Beschwerdeführers.

Der Sachverhalt kann daher der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass eine Zurückweisung der Beschwerde aufgrund von "res iudicata" im vorliegenden Fall nicht rechtmäßig ist. Die Beschwerde vom richtet sich gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom . Soweit ersichtlich wurde gegen diesen Bescheid außer der streitgegenständlichen Beschwerde kein weiteres Rechtsmittel erhoben, über das rechtskräftig abgesprochen wurde.

Wenn die belangte Behörde davon ausgeht, dass im vorliegenden Fall "res iudicata" vorliegt, weil das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis RV/7103637/2023 über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom , der ebenfalls aufgrund des Ansuchens auf Zahlungserleichterung vom erlassen wurde, bereits entschieden hat, verkennt sie die Rechtslage.

Anders als in der Beschwerdevorentscheidung impliziert, ist im Beschwerdeverfahren nicht über die ursprünglichen Ansuchen auf Zahlungserleichterung zu entscheiden, sondern im konkreten Fall gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom , der unzweifelhaft im Rechtsbestand ist und daher von der betroffenen Partei auch mit Beschwerde gem § 234 BAO bekämpfbar ist. Die belangte Behörde hätte daher in der Beschwerdevorentscheidung in der Sache selbst entscheiden müssen, und die Beschwerde nicht zurückweisen dürfen.

Aus diesem Grund entscheidet das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Fall in der Sache selbst und weist die Beschwerde nicht mit einer Formalerledigung zurück.

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer Einbringungsmaßnahmen in Betracht kommen, u.a. den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung), wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Daher hat der Begünstigungswerber die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Stundung aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen (; , 2008/13/0224).

Er hat hierbei nicht nur das Vorliegen einer erheblichen Härte, sondern auch darzulegen, dass die Einbringlichkeit der Abgabenschuld nicht gefährdet ist (; , 2001/15/0056); dies hat er konkretisiert anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage überzeugend darzulegen (; , 2000/17/0252).

Die beiden Ansuchen auf Zahlungserleichterung, die dem Bescheid vom zugrunde lagen, erfüllen in keinster Weise die Anforderungen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Auch in der Beschwerde wird lediglich die Behauptung aufgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei die ausstehende Abgabe zu leisten, ohne aber konkrete Nachweise über seine persönliche, wirtschaftliche Lage zu erbringen. Auf Basis dieser Anträge ist es im konkreten Fall weder möglich, darüber zu entscheiden, ob die sofortige Entrichtung der Abgabe mit erheblichen Härten verbunden ist, noch zu beurteilen ob die Einbringlichkeit der Abgabenschuld nicht gefährdet ist. Dazu hätte der Beschwerdeführer in seinem Anbringen konkrete Aufstellungen zu seiner Einkommens- und Vermögenlage vorlegen müssen, um sein Ansuchen entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu begründen.

Der Beschwerdeführer begründete das Stundungsansuchen und die Beschwerde in erster Linie damit, dass er gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7102959/2022, Rechtsmittel bei den Höchstgerichten eingebracht hat. Nach ständiger Rechtsprechung dient die Bestimmung des § 212 Abs 1 BAO nach ihrem klaren Wortlaut nicht dazu, dem Steuerpflichtigen während der Zeit, in der eine Beschwerde bei einem Höchstgericht anhängig ist, einen Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über seine Beschwerde zu verschaffen, zumal dieses Ziel bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen durch das Rechtsinstitut der aufschiebenden Wirkung (Hinweis § 85 Abs 2 VfGG bzw § 30 Abs 2 VwGG) erreicht werden kann. (vgl ; , 95/13/0190).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass ein Abgabepflichtiger, der eine Zahlungserleichterung anstrebt, die in § 212 Abs. 1 BAO genannten Voraussetzungen (erhebliche Härte und Nichtgefährdung der Einbringlichkeit) von sich aus überzeugend darzustellen hat und dass ein bei einem Höchstgericht anhängiges Rechtsmittel eine Zahlungserleichterung nicht rechtfertigt, ist durch die o.a. Rechtsprechung klargestellt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100139.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at