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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.02.2024, RV/7101980/2023

Keine doppelte Haushaltsführung bei Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101980/2023-RS1
Da die Familie der Stpfl. an den Beschäftigungsort mitübersiedelt ist und die Wohnung geeignet ist, dem Wohnbedürfnis der Familie Rechnung zu tragen, ist die Verlegung des Familienwohnsitzes de facto durchgeführt. Die doppelte Haushaltsführung ist daher trotz Beibehaltung des ausländischen Wohnsitzes nicht anzuerkennen, zumal der Dienstvertrag unbefristet ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr2***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BfStNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

In ihrem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für 2020 machte die Beschwerdeführerin (Bf) Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 22.000 Euro geltend.

In der Beilage führte der steuerliche Vertreter aus, dass der ukrainische Arbeitgeber AG1 die Bf ab nach Österreich versetzt habe. Sie sei mit AG2 ein lokales Dienstverhältnis in Österreich eingegangen.

Die Bf behalte ihren Wohnsitz in der Ukraine und habe ab einen weiteren Wohnsitz in Österreich begründet, wo seitdem der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege. Österreich stehe als Ansässigkeitsstaat gemäß Art 4 DBA Österreich-Ukraine das Besteuerungsrecht am Welteinkommen zu.

Die Kosten für doppelte Haushaltsführung würden sich zusammensetzen wie folgt:
Miete 11.699 Euro, Betriebskosten 402,71 Euro, Haushaltsversicherung 163,05 Euro, GIS 157,99 Euro, Einrichtung 9.577,25 Euro. Der maximal ansetzbare Betrag sei 22.000 Euro (2.000 Euro monatlich).

Das Finanzamt ersuchte mit Schreiben vom um Nachreichung des Dienstvertrages und des Mietvertrages für die Wohnung in Wien, Rechnungen und Einzahlungsbelege zu den Einrichtungskosten und einen Nachweis über die Wohnkosten in der Ukraine ab März 2020.

Die Bf übermittelte den Dienstvertrag vom , den Mietvertrag vom , Rechnungen über Einrichtungsgegenstände und Bankbelege in ukrainischer Sprache.

Im Einkommensteuerbescheid vom für 2020 fanden die geltend gemachten Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung keine Berücksichtigung. In der Bescheidbegründung ist dazu angeführt:

"Sachverhalt:
Beantragt werden Ausgaben für doppelte Haushaltsführung in der Höhe von € 22.000,00. Sie sind bei der Fa.
AG2 seit bis laufend in einem unbefristeten Dienstverhältnis beschäftigt.
Der Dienstvertrag wurde vorgelegt und unter dem Punkt "Laufzeit" ist folgendes festgehalten: "Das Dienstverhältnis beginnt mit . Es wird zunächst für die Dauer eines Monates ab diesem Zeitpunkt auf Probe vereinbart und kann während dieser Zeit von jedem Vertragspartner jederzeit gelöst werden. Wird das Dienstverhältnis über den Ablauf der Probezeit hinaus fortgesetzt, erstreckt es sich auf unbestimmte Zeit."
Für eine befristete Versetzung (Entsendung) von der Ukraine nach Österreich liegt kein Nachweis vor.

Steuerliche Würdigung:
Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (; ; , 2001/13/0216). Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können immer nur so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde (Ausnahme im Falle einer befristeten Entsendung).

Wie in der Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung angeführt wechselte aufgrund der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich Ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen von der Ukraine nach Österreich.
Laut Auskunft aus dem Zentralen Melderegister haben Sie seit Ihren Familienwohnsitz in Österreich. Dies wird auch dadurch untermauert, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Ehegatten und Ihrem Sohn eine den Wohnbedürfnissen für eine Familie entsprechende Wohnung in
***Bf-Adr1*** angemietet haben.
Diese Wohnung verfügt laut Mietvertrag über eine Wohnnutzfläche von 77,16 m2 zuzüglich 18,60 m2 Terrasse.

Mit Beginn Ihrer Beschäftigung in Österreich (März 2020) haben Sie Ihren Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort in Österreich verlegt und es liegt, wie bereits angeführt, keine befristete Versetzung (Entsendung) vor.

Mangels Vorliegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung führen die geltend gemachten Aufwendungen nicht zu Werbungskosten."

In der Beschwerde vom wird begründend ausgeführt:

Die Bf behalte während ihrer Auslandstätigkeit ihren Familienwohnsitz in der Ukraine bei und übernehme nach wie vor die monatlichen Kosten. Die ID-Karte der Bf als Meldebestätigung sei beigelegt.

Aufgrund der Entfernung von 1360 km zwischen ihrem ukrainischen Familienwohnsitz und ihrem österreichischen Arbeitsort sei die Begründung eines beruflich bedingten Wohnsitzes in Österreich notwendig. Die Aufgabe des Familienwohnsitzes sei daher nicht zumutbar (vgl. auch Lohnsteuerrichtlinien Rz 341 ff. insbesondere Rz 346).

Gemäß der LStR Rz 346 können die Kosten für eine beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden, auch wenn die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung (Rz 344 und Rz 345), wie als Begründung im Bescheid angeführt, nicht vorliegen. Dabei sei von einer Frist von zwei Jahren für verheiratete mit einem minderjährigen Kind lebende Arbeitnehmer auszugehen.

Die Bf habe mit einen österreichischen Wohnsitz begründet. Sie trage alle anfallenden Kosten des österreichischen Wohnsitzes selbst, der Arbeitgeber übernehme keine Kosten. Unterlagen betreffend den österreichischen Wohnsitz und die Haushaltskosten in der Ukraine seien bereits übermittelt worden.

Des weiteren werde angemerkt, dass die Bf von Ihrem Arbeitgeber gebeten wurde, in Österreich zu arbeiten und sie nur deshalb in Österreich sei. Sie sei nach Österreich versetzt worden. Die Bf habe zwar einen unbefristeten Vertrag in Österreich, aber ihre Aufenthaltsgenehmigung sei befristet (bis gemäß Beilage).

Sie sei ukrainische Staatsbürgerin, könne jederzeit zurückkehren und könne auch jederzeit vom Unternehmen aufgefordert werden, zurückzugehen oder in ein anderes Land zu ziehen. Da der Arbeitgeber sie jederzeit wieder versetzen könne, sei die Begründung eines beruflich bedingten Wohnsitzes in Österreich eindeutig notwendig und der Familienwohnsitz bleibe somit in der Ukraine.

Wie bereits angeführt, habe die Bf einen Wohnsitz in der Ukraine und dementsprechend sei sie auch öfter in die Ukraine geflogen und werde dies auch weiterhin tun. Die ukrainischen Personalausweise der Bf und ihres Gatten seien beigelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte eine Zurückweisung als verspätet.

Nach Aufhebung des Bescheides gemäß § 299 BAO erging am eine neue Beschwerdevorentscheidung. Begründend führte das Finanzamt aus, dass Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bei einem Familienwohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort nur dann steuerliche berücksichtigt werden können, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt sei. Sei die Wahl oder die Beibehaltung eines solchen Familienwohnsitzes auf Gründe, die der privaten Sphäre zuzuordnen seien, zurückzuführen, seien die Aufwendungen nicht abzugsfähig.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in unüblicher Entfernung durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Aufwendungen werde aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten sei.

Es sei Sache des Steuerpflichtigen Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansehe. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung könne ihre Ursachen aber auch in der privaten Lebensführung haben. Die Frage der Unzumutbarkeit sei für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen. Sie sei nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraums abhängig, sondern es seien die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen, wonach dem Steuerpflichtigen in aller Regel die Verlegung des Familienwohnsitzes in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte nach einer gewissen Zeit zumutbar sei.

Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung seien nur so lange anzuerkennen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde (Ausnahme im Fall einer befristeten Entsendung).

Die Bf habe seit März 2020 in Österreich ein unbefristetes Dienstverhältnis. Die ganze Familie verfüge über einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel in Österreich (Rot-Weiß-Rot-Karten gültig bis Februar 2025).

Laut Zentralem Melderegister habe die Bf seit ihren Familienwohnsitz in Österreich. Sie habe mit Ehegatten und Sohn eine den Wohnbedürfnissen einer Familie entsprechende Wohnung in ***Bf-Adr1***, gemietet. Die Wohnung verfüge laut Mietvertrag über eine Wohnnutzfläche von 77,16 m² zuzüglich 18,60 m² Terrasse.

Da jede doppelte Haushaltsführung mit Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ende, sei die Beibehaltung des Wohnsitzes in der Ukraine privat veranlasst. Die in der Beschwerde angeführten Gründe und Möglichkeiten eines freiwilligen Wechsels der unbefristeten Beschäftigung seien keine Kriterien, die zu berücksichtigen seien.

Im Vorlageantrag vom ergänzte die Bf, dass aufgrund der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich sei. Als Ansässigkeitsstaat stehe Österreich das Besteuerungsrecht am Welteinkommen der Bf zu. Die Ukraine könne lediglich bestimmte Einkunftsquellen in der Ukraine besteuern.

Die Kosten eines zweiten Haushaltes würden vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden können, wobei von einer Frist von zwei Jahren auszugehen sei. Die Übersiedlung des Haushaltes sei in Etappen erfolgt. Es sei durch die COVID-19-Pandemie die zügige Verlegung des Wohnsitzes verzögert worden, da es aufgrund der Lockdowns nur erschwert, wenn überhaupt, möglich gewesen sei, zwischen Österreich und der Ukraine zu pendeln und eine Übersiedlung durchzuführen.

Die Voraussetzungen für die Gewährung der vorübergehenden doppelten Haushaltsführung seien daher erfüllt und es liege eine Unzumutbarkeit der kurzfristigen Verlegung des Familienwohnsitzes vor.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf bewohnt ab mit ihrem Ehegatten und dem Sohn eine Mietwohnung in Österreich. Die 3-Zimmer Wohnung in ***Bf-Adr1***, hat eine Wohnnutzfläche von 77,16m² zuzüglich 18,60m² Terrassen. Die Meldung des Wohnsitzes erfolgte für die Familienmitglieder am . Ab ist die Bf in ***Bf-Adr2***, gemeldet (siehe Melderegisterauszug). Die Bf trägt neben den Kosten für die Wohnung in Wien auch die Kosten für eine Wohnung in der Ukraine.

Die Bf steht seit in einem unbefristeten Dienstverhältnis zu AG2 CEE mit Dienstort in Wien. Die vorliegenden Aufenthaltsgenehmigungen der Bf, ihres Ehegatten und des Sohnes waren bis befristet.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unbestritten.

2. Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

In Streit steht, ob die Kosten der Wohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn die Wohnung im Ausland beibehalten wird.

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind hingegen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abzugsfähig.

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss, und die Verlegung des (Familien-) Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG.

Unbestritten ist der Wohnort in der Ukraine vom Tätigkeitsort der Bf so weit entfernt, dass eine tägliche Rückkehr nicht möglich ist.

Wie der steuerliche Vertreter betont, hat der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf aufgrund der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen nach Österreich gewechselt.

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten (mit oder ohne Kind) einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (Schubert in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 16 Anm 25 "doppelte Haushaltsführung").

Da die Bf ab mit Ehegatten und Sohn in Wien wohnt, ab in Wien nichtselbständig beschäftigt ist und somit an diesem Ort auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt, ist ab der Wohnsitz in Wien als Familienwohnsitz zu bezeichnen.

Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können immer nur so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde (JAKOM, EStG, § 16 Werbungskosten ABC "doppelte Haushaltsführung").

Bei Prüfung der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung wird der Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort, dem Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen, maßgebliche Bedeutung beigemessen (, mwN).

Da die Familie der Bf an den Beschäftigungsort mitübersiedelt ist und die Mietwohnung mit einer Wohnnutzfläche von 77,16m² für einen Dreipersonenhaushalt unbestritten geeignet ist, ist die Verlegung des Familienwohnsitzes de facto durchgeführt und damit keinesfalls unzumutbar. Daran kann auch der Einwand des steuerlichen Vertreters nichts ändern, wonach die Übersiedlung des Haushaltes nach Österreich wegen der pandemiebedingten Lockdowns in Etappen erfolgt sei.

Von einer Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich wäre lediglich dann nicht auszugehen, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist (; s auch mwN). Auch wenn die Familie des Steuerpflichtigen ihn auf die Dauer seiner Entsendung an den Beschäftigungsort begleitet, ist eine Verlegung des Mittelpunktes der Lebensinteressen an den Ort der Berufsausübung, also die Aufgabe des Familienwohnsitzes, diesfalls nicht zu unterstellen (; ).

Der Fall einer von vornherein befristeten Beschäftigung liegt angesichts des unbefristeten Dienstvertrages der Bf nicht vor. Die abstrakte Möglichkeit einer Abberufung reicht aber nicht aus, es muss sich vielmehr um eine konkret, ernsthaft und latent drohende Möglichkeit handeln (). Der steuerliche Vertreter brachte vor, dass die Aufenthaltsgenehmigungen der Bf und ihrer Familie bis befristet waren. Dass konkret mit einer Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigungen nicht zu rechnen gewesen sei, wurde nicht behauptet. Die Bf hält sich auch nach wie vor in Österreich auf. Die vage Möglichkeit einer Versetzung bzw einer Übersiedelung der Bf zurück in die Ukraine oder in ein anderes Land ist daher nicht geeignet, den Standpunkt der Bf zu stützen, wonach der Familienwohnsitz in der Ukraine geblieben sei.

Die Rechtsansicht des steuerlichen Vertreters, dass bei verheirateten Steuerpflichtigen die Kosten einer doppelten Haushaltsführung jedenfalls in den ersten zwei Jahre anzuerkennen seien, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es nach einer gewissen Zeit - abhängig von den Verhältnissen des Einzelfalls - dem Steuerpflichtigen zumutbar ist, den Familienwohnsitz in den Nahbereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (). Diese Rechtsansicht setzt erkennbar voraus, dass der Familienwohnsitz tatsächlich noch nicht in die Nähe des Arbeitsplatzes verlegt wurde. Nur dann kommt in einem vorübergehenden Zeitraum eine Anerkennung der doppelten Haushaltsführung in Betracht.

Da im vorliegenden Fall der Familienwohnsitz im Jahr 2020 am Ort der Berufsausübung gelegen ist, sind Mehraufwendungen für doppelten Haushaltsführung nicht als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 anzuerkennen. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung geklärt sind, liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

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