Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.02.2024, RV/5100040/2024

Zurückweisung einer Beschwerde wegen Verspätung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahren

Der Beschwerdeführer übermittelte die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 und 2020 am elektronisch. Das Finanzamt erließ die Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020 am . Die Zustellung der Bescheide erfolgte am selben Tag in die Databox des Beschwerdeführers.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer jeweils wegen der Nichtberücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros am elektronisch Beschwerde, die das Finanzamt als nicht fristgerecht zurückwies (Beschwerdevorentscheidungen vom ). Die Vorlageanträge erfolgten am elektronisch.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erstellte sowohl seine Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung als auch Beschwerden und Vorlageanträge mittels FinanzOnline. Die Zustellung der Einkommensteuerbescheide (, 21:39:25 Uhr bzw. 21:39:33 Uhr) und der Beschwerdevorentscheidungen ( 18:00:59 Uhr bzw. 18:01:03 Uhr) erfolgte ebenfalls elektronisch ("Databox").

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.

Rechtslage

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO idF BGBl I 14/2013 ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Gemäß § 97 Abs. 3 BAO idF BGBl I 212/2012 kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung im Sinne des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I 165/1999. § 96 letzter Satz gilt sinngemäß.

Die FinanzOnline-Verordnung ist eine Verordnung iSd § 97 Abs. 3 zweiter Satz.

Nach § 5b Abs. 1 FinanzOnline-Verordnung, BGBl II 97/2006, zuletzt geändert durch BGBl II 373/2012, haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Nach § 5b Abs. 2 FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl II 97/2006, zuletzt geändert durch BGBl II 373/2012, kann jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

Nach § 5b Abs. 3 FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl II 97/2006, zuletzt geändert durch BGBl II 373/2012, kann ein Teilnehmer in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

Gemäß § 98 Abs. 2 erster Satz BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Rechtliche Erwägungen

Strittig ist, ob die Zurückweisung der Beschwerden als verspätet rechtens war.

Im beschwerdegegenständlichen Fall wurden die Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020 vom dem Beschwerdeführer am in die Databox seines FinanzOnline-Kontos zugestellt und sind somit in seinen elektronischen Verfügungsbereich gelangt. Mit dem Eingang in die Databox wurde automatisch die einmonatige Antragsfrist auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht in Gang gesetzt, die - entsprechend der Bestimmung des § 108 Abs. 2 BAO mit Ablauf des endete.

Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerden erst am , somit nach Ablauf der oben dargestellten Frist, beim Finanzamt elektronisch eingebracht.

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer sowohl seine Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung als auch seine Beschwerden und Vorlageanträge mittels FinanzOnline eingebracht hat und durch Aktivierung der Zustimmung zur elektronischen Zustellung die Voraussetzungen für die elektronische Zustellung der gegenständlichen Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020 erfüllt sind. Mit dem Einlangen in der "Databox", das ist der elektronische Briefkasten des Steuerpflichtigen in FinanzOnline, gelten die Bescheide vom als zugestellt. Damit ist dem Beschwerdeführer eine schriftliche Entscheidung über seine Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung zugekommen. Der Einstieg in FinanzOnline oder das konkrete Auslesen (Öffnen) der Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020 ist dabei unmaßgeblich.

Die Beschwerden waren daher als nicht fristgerecht eingebracht zu beurteilen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 5b Abs. 3 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
FOnV, FinanzOnline-Verordnung, BGBl. II Nr. 71/1998
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100040.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at