Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2024, RV/5100105/2022

Werbungskosten eines Priesters im Ruhestand

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Josef Kajetan Abfalter, Dornachweg 5, 4291 Lasberg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aufhebung § 299 BAO / ESt 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Abgabepflichtige ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf) brachte am seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 beim Finanzamt elektronisch ein und erklärte darin eine inländische gehalts- oder pensionsauszahlende Stelle, Personenversicherungen [455] in Höhe von 1.950,66 Euro, Wohnraumschaffung [456] in Höhe von 969,34 Euro und Werbungskosten für die Tätigkeit als Priester durch Arbeitsmittel [719] in Höhe von 785,19 Euro, Fachliteratur [720] in Höhe von 1.309,30 Euro, beruflich veranlasste Reisekosten [721] in Höhe von 7.117,19 Euro und sonstige Werbungskosten [724] in Höhe von 5.730,63 Euro.

Nach einem Ergänzungsersuchen vom legte der Bf mit Vorhaltsbeantwortung vom die angeforderten Belege vor.

Die Abgabenbehörde berücksichtigte die in der Erklärung beantragten Werbungskosten in Summe von 14.942,31 Euro im Einkommensteuerbescheid 2018 vom nicht und begründete dies mit einem Verweis auf die Vorjahresbegründung, in welchem ebenfalls ab dem Zeitpunkt der Emeritierung keine Werbungskosten mehr anerkannt wurden.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wurde kein Rechtsmittel eingebracht.

Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist brachte der Bf am einen Antrag auf Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO vom beim Finanzamt ein.

Als Begründung wird im Antrag ausgeführt, dass aufgrund der Emeritierung des Bf keine Pensionierung vorläge und daher auch die Werbungskosten anzuerkennen gewesen wären.

Beigelegt war der Beschwerde ein Schreiben des Bischöflichen Ordinariats vom mit folgendem Inhalt: "Im Schreiben vom haben wir Ihre Emeritierung als Pfarrer von Ort1 mit ausgesprochen und Sie als "Kurat zu Aushilfen im Dekanat Ort2" bestellt. Dabei haben wir hingewiesen, dass wir aus arbeits- und sozialrechtlichen Gründen nicht von "Pensionierung" sprechen. Vergleichbar mit einem Universitätsprofessor, der weiterhin als Forscher tätig sein kann, sind wir Priester weiterhin seelsorglich und liturgisch tätig. Dies wird in der Emeritierungsordnung für Pfarrer (Diözesanblatt vom ) wie folgt beschrieben: "Gemäß dem Wesensverständnis des priesterlichen Dienstes ist es wünschenswert, dass diejenigen, die ihre Verantwortung als Pfarrer zurückgeben, einen begrenzten seelsorglichen Dienst in einem Dekanat oder in der kategoriellen Seelsorge übernehmen. Es wird ihnen angeboten, dies unter dem Titel eines Kuraten... zu tun und auf diese Weise In Abstimmung mit den zuständigen Seelsorgern weiterhin als Priester aktiv zu sein." Diese Klarstellung mögen Ihnen für die Abklärung bei Behörden hilfreich sein."

Mit dem beschwerdegegenständlichen Abweisungsbescheid vom wurde der Antrag auf Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO unter Verweis auf den Vorlagebericht vom betreffend Einkommensteuer 2017 abgewiesen. Nach Ansicht der Abgabenbehörde wurde die Tätigkeit als Kurat nach der Emeritierung freiwillig und ohne Gegenleistung übernommen, damit verbundene Ausgaben sind daher keine Werbungskosten. Die Voraussetzungen für eine Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO waren daher nach Ansicht der Abgabenbehörde nicht gegeben.

In der Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid, rechtzeitig eingebracht am , wird ausgeführt, dass es sich entgegen der Ansicht der Abgabenbehörde bei der Tätigkeit um keine freiwillige Tätigkeit handle, sondern der Abgabepflichtige dazu nach seiner Ansicht nach gegenüber der Diözese verpflichtet sei und daher auch Werbungskosten vorliegen würden.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurden die in der Beschwerde angekündigten weiteren Unterlagen der Diözese angefordert und diese mit Schreiben vom dem Finanzamt vorgelegt. In der Bestätigung des Bischöflichen Ordinariats vom wird bestätigt, dass der Bf nicht pensioniert, sondern emeritiert sei und daher weiterhin aktiv im kirchlichen Dienst für Aushilfsdienste tätig und für diese Aufgaben auch bestellt worden sei.

Nach Ansicht des bischöflichen Ordinariats würden daher auch weiterhin steuerlich zu berücksichtigende Werbungskosten vorliegen.

Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass die anfallenden Kosten nach der Emeritierung unter Verweis auf den Vorlagebericht vom betreffend Einkommensteuer 2017 keine Werbungskosten darstellen und damit auch keine Gründe vorliegen, die eine Bescheidaufhebung notwendig machen.

Am wurde von der steuerlichen Vertretung des Bf rechtzeitig der Vorlageantrag an das Finanzamt übermittelt. Im Vorlageantrag vom wurde eine nähere Begründung angekündigt.

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom wurde der Bf. durch die Richterin aufgefordert, die angekündigte nähere Begründung vorzulegen.

In der Folge wurde mit Mail vom die Bestätigung des Bischöflichen Ordinariats vom neuerlich vorgelegt und ausgeführt: "Wie Sie aus beiliegender Bestätigung der Diözese ersehen können, ist Herr Dr. Bf. nicht pensioniert, sondern emeritiert. Das bedeutet, dass er für die Leistungen, die er von der Diözese erhält auch weiterhin seine ihm übertragenen Aufgaben erledigen muß. Es ist daher nicht verständlich, warum er für sein Einkommen mit dem er auch Verpflichtungen übernimmt, keine Werbungskosten absetzen dürfte. Die Situation ist vergleichbar mit emeritierten Universitätsprofessoren, die ebenfalls die Werbungskosten geltend machen dürfen."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der am Geb.Dat. geborene Bf ist österreichischer römisch-katholischer Priester und Theologe. Mit (im Alter von 77 Jahre) wurde der Bf von der Tätigkeit als Priester in der Pfarre Ort1 entpflichtet. Zur Betreuung der Pfarre Ort1 wurde ein Nachfolger bestimmt. Wie dem Schreiben des Bischöflichen Ordinariats vom zu entnehmen ist, hat sich der Bf bereit erklärt - als Kurat - zu Aushilfen im Dekanat zur Verfügung zu stehen. Aus diesem Grund wird nicht von einer Pensionierung, sondern von einer Emeritierung gesprochen.

Can. 538 § 3 CIC bestimmt: "Ein Pfarrer, der das fünfundsiebzigste Lebensjahr vollendet hat, ist gebeten, dem Diözesanbischof den Amtsverzicht zu erklären, über dessen Annahme oder Verschiebung dieser nach Abwägen aller persönlichen und örtlichen Umstände zu entscheiden hat, für einen angemessenen Lebensunterhalt und für eine Wohnung des Verzichtenden ist vom Diözesanbischof Vorsorge zu treffen, und zwar unter Beachtung der von der Bischofskonferenz erlassenen Bestimmungen."

Eine Vergütung (remuneratio iSd. Can. 281 § 1 CIC) für die trotz bereits erfolgten Amtsverzichts erbrachten Aushilfen hat der Bf. nach den vorliegenden Unterlagen nicht erhalten

Dem Bf wurden für seine Tätigkeit als Priester (bis ) und anschließend als angemessener Lebensunterhalt gem. § 2 Emeritierungs- und Pensionsregelung für Priester (vgl LDBl 154, 2008, Art 33 -Vergütung gem. can. 281 § 2 CIC) im Jahr 2018 von der Bischöflichen Ordinariat Diözesanfinanzkammer steuerpflichtige Bezüge in der Höhe von 42.217,67 Euro ausbezahlt.

Als Kurat leitet der Bf im Unterschied zu seiner Tätigkeit als Priester keine Pfarre mehr, sondern führt als Aushilfe begrenzte seelsorgliche Dienste im gesamten Dekanat Ort2 (umfasst laut wikipedia.org zwölf Pfarren und eine Expositur) durch.

Der Bf hält nach eigenen Angaben Gottesdienste (jeden Sonntag zwei Gottesdienste, ebenso wie an fünf Tagen der Woche), Trauungen, Begräbnisse und Taufen ab und bietet zudem jede Woche auch sonstige seelsorgerische Angebote (Beichtmöglichkeiten, Segnungen etc.) an (vgl Schreiben des Bf vom zur Beschwerde 2017; Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid).

Durch diese Tätigkeiten treten keine Änderungen an den steuerpflichtigen Bezügen ein und ist diese freiwillig ausgeübte Tätigkeit nicht auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig.

Soweit auf die Arbeitnehmerveranlagung 2017 verwiesen wird, wurden die Ausführungen dem Akt RV/5100598/2021 des Bundesfinanzgerichtes entnommen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gem. § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 299 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Es muss für das Vorliegen von Werbungskosten im steuerlichen Sinn ein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang zwischen den erzielten Einnahmen und den Aufwendungen gegeben sein (vgl. zu einem emeritierten Hochschulprofessor).

Ein objektiver (wirtschaftlicher) Zusammenhang zwischen den von der Finanzkammer der Diözese gemeldeten Pensionsbezügen und den geltend gemachten Aufwendungen ist nicht erkennbar. Eine Abhängigkeit der Bezüge des Bf von der weiteren Mitarbeit konnte die Richterin ebenfalls nicht feststellen.

Nach katholischem Kirchenrecht ist dem Bf. zwar zuzustimmen, dass er Priester bis zu Tod ist, das Einkommensteuerrecht lässt jedoch einen Abzug von Ausgaben nur bei einem Veranlassungszusammenhang mit den entsprechenden Einnahmen zu. Die Rechtsgrundlage für die Ausübung des (ehemaligen) Berufes ist dabei nicht von Bedeutung. Die Weihe eines katholischen Priesters stellt - neben ihrem sakramentalen Charakter - einen kirchenrechtlichen Rechtsakt dar, der im Ergebnis der Ernennung zum Beamten vergleichbar, welche ebenfalls auf Lebenszeit erfolgt und nicht mit der Ruhestandsversetzung endet.

Sowohl der Unabhängige Finanzsenat als auch das Bundesfinanzgericht waren bereits mehrfach mit der Frage von Werbungskosten emeritierter Priester befasst. Auf die Ausführungen in den diesbezüglichen Entscheidungen /Erkenntnissen wird verwiesen (ZB UFS RV/0083-W/08; RV/1530-W/10; Erkenntnis des ).

So führte der UFS in der Entscheidung RV/0083-W/08 nach Ansicht der Richterin zutreffend aus: "Wird der von der Diözese ausbezahlte Ruhegenuss an einen Pfarrer betragsmäßig unabhängig von allfälligen übernommenen priesterlichen Aufgaben ausbezahlt, stellen die dafür angefallenen Aufwendungen keine Werbungskosten sondern nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung dar."

Zum Im Mail vom vorgebrachten Einwand, dass die Tätigkeit des Bf. mit dem eines emeritierten Hochschulprofessors vergleichbar sei, wird ausgeführt:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 97/15/0011, ausgesprochen hat, stellen die Bezüge eines emeritierten Hochschulprofessors, ebenso wie zB Pensionen der Bediensteten der Gebietskörperschaften, Bezüge aus einem früheren Dienstverhältnis im Sinne des § 25 Abs 1 Z 1 lit. a EStG 1988 dar, weil der Emeritus zur Erbringung von Dienstleistungen nicht mehr verpflichtet ist. Zwischen den Aufwendungen eines emeritierten Hochschulprofessors für Forschungszwecke und den Emeriten­bezügen besteht kein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang. Denn ebenso wie ein pensionierter Beamter erhält der Emeritus seine Bezüge unabhängig davon, ob er eine Tätigkeit ausübt oder nicht. Seine freiwillig ausgeübte Tätigkeit ist nicht auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet.

Aus diesem Vergleich vermag der Bf. also nichts zu gewinnen.

Nach Ansicht der Richterin liegt daher kein Aufhebungsgrund vor, da keine Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid 2018 anzuerkennen wären. Es erübrigt sich daher auch auf die beantragten Werbungskosten näher einzugehen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass in den zu 2018 vorgelegten Belegen zahlreiche Ausgaben der privaten Lebensführung enthalten sind, welche nach § 20 EStG ohnehin nicht abzugsfähig wären.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass eine Berücksichtigung von Aufwendungen als Werbungskosten gem. § 16 EStG 1988 bereits dem Grunde nach eine auf Einnahmenerzielung gerichtete außerbetriebliche Tätigkeit voraussetzt und bei Fehlen eines wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen den in Frage stehenden Bezügen (hier Pension/Emeritierung) und den geltend gemachten Aufwendungen ein Werbungskostenabzug nicht in Betracht kommt, ist in der Rechtsprechung geklärt (vgl. u.a. ).

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen demnach nicht vor. Eine ordentliche Revision an den VwGH ist daher unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100105.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at