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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2024, RV/7100832/2020

UVA nach Regelbesteuerung ersetzen nicht das Erfordernis einer Optionserklärung, in der ausdrücklich auf die USt-Pauschalierung verzichtet wird

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1004/2024 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision eingebracht. Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/13/0092.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Dieter Fröhlich, den
Richter Mag. Christian Seywald, die fachkundigen Laienrichter Johannes Steiner und
Michael Kamper MSc über die Bescheidbeschwerde vom des ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Woditschka Steuerberatung GmbH, 2130 Mistelbach, Lanzendorfer Hauptstraße 9/1, gegen die Umsatzsteuerbescheide für das Jahr 2017 und das Jahr 2018, vom , des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach (nunmehr FA Österreich), Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Schriftführers Dietmar Gratz

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Landwirt und bewirtschaftet in O. einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau (rund 70 ha) und Weinbau (rd. 15 ha). Im Dezember 2016 fand beim Bf. eine Außenprüfung für die Jahre 2013 bis 2015 statt. Bereits zu Prüfungsbeginn () wurde der Bf. darauf hingewiesen, dass der landwirtschaftliche Betrieb zum die Einheitswert-Grenze von Euro 130.000 für eine Gewinnermittlung durch Teilpauschalierung überschreite (Einheitswert Euro 140.494. Aus diesem Grunde wurde für 2015 und die Folgejahre der Gewinn durch vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermittelt (BP-Arbeitsbogen/Prüfungs-durchführung).

Diese (einzige) Feststellung fand Eingang in den BP-Bericht vom und den Einkommensteuerbescheid 2017 vom . Der geänderten ESt-Bescheid 2017 erwuchs in Rechtskraft und führte zu einer Abgabennachforderung von Euro 1.777.

Am reichte der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter (StV) die Umsatzsteuer- und Einkommensteuererklärungen für 2017 und für 2018 beim Finanzamt ein.

Mit Vorhalt vom forderte die Abgabenbehörde den Bf. auf, zu den Umsatzsteuerjahreserklärungen 2017 und 2018 Stellung nehmen, weil die Steuererklärungen nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes erstellt worden seien. Der Bf. führe einen nichtbuchführungspflichtigen landwirtschaftlichen Betrieb, für den die Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1994 zu erfolgen habe, sofern nicht eine schriftliche Optionserklärung zur Regelbesteuerung bis zum Ablauf des betreffenden Veranlagungsjahres erfolge. Eine solche schriftliche Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 liege dem Finanzamt (FA) aber nicht vor.

Der Bf. brachte in der Vorhaltsbeantwortung vom vor, dass ab 2017 monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen beim FA eingereicht worden seien. Aufgrund der ordnungsgemäßen Verbuchung dieser monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) durch das FA, sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass zusätzlich zur Abgabe einer UVA nach den allgemeinen Vorschriften des UStG auch noch eine schriftliche Optionserklärung erforderlich sei. Auf Grund der ordnungsgemäßen Verbuchung der eingereichten UVA, die nach den allgemeinen Regeln des UStG erstellt worden seien, sei der Bf. davon ausgegangen, dass zu Recht die Regelbesteuerung zur Anwendung gelange. Es werde daher um erklärungsgemäße Erlassung der Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018 ersucht.

Das FA erließ in der Folge die Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018 vom und führte in der Begründung Folgendes aus:

"Im Jahr 2017 und 2018 wurden die Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des UStG erklärt. Es ist jedoch keine schriftliche Optionserklärung zur Regelbesteuerung für das betreffende Veranlagungsjahr beim Finanzamt eingereicht worden. Gem. § 22 Abs. 6 UStG muss ein schriftlicher Regelbesteuerungsantrag aber bis zum Ablauf des betreffenden Veranlagungsjahres gestellt werden. Mangels Vorliegen einer Optionserklärung im Sinne des § 22 Abs. 6 UStG haben daher folgende Abweichungen von den USt-Erklärungen in den USt-Erstbescheides zu erfolgen:

  • Nichtanerkennung der erklärten Vorsteuern,

  • Nichtanerkennung der erklärten Vorsteuern im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 19 Abs. 1 UStG,

  • die erklärten Umsätze mit Normalsteuersatz 20% sind auf die 7%ige Zusatzsteuer für umsatzsteuerpauschalierte Land- und Forstwirte abzuändern (§ 22 Abs. 2 UStG)."

Mit diesen USt-Bescheiden wurde für 2017 Umsatzsteuer von Euro 614 (bisher Gutschrift Euro 11.413) und für 2018 Euro 535 (bisher Gutschrift Euro 12.835) festgesetzt.

Der Bf. erhob gegen die Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018 mit Schriftsatz vom frist- und formgerecht Beschwerde mit dem Antrag die Umsatzsteuerjahresbescheide vom , zugestellt am , wegen Rechtswidrigkeit ersatzlos aufzuheben. Begründend wurde vorgebracht, dass eine gültige Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG in schriftlicher Form vorliege und zwar nachweislich in Gestalt von ab Februar 2017 beim FA eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen. Diese Einreichung von vollständigen USt-Voranmeldungen beinhalte die Anträge auf Besteuerung der Umsätze des Bf. nach den allgemeinen Vorschriften des UStG und auf Abzug von Vorsteuern.

Dieser Sachverhalt lasse sich anhand der einzelnen Voranmeldungen nachvollziehen. Genau genommen sei jede einzelne UVA als Option zur Regelbesteuerung zu betrachten. Das Umsatzsteuergesetz schreibe keine besondere Form des Verzichts auf die USt-Pauschalierung vor, sodass die Einreichung von laufenden UVA nach Regelbesteuerung als schriftlicher Antrag zu werten sei.

Insbesondere sei durch die Verbuchung der USt-Gutschriften gemäß den in den UVA erklärten Vorsteuern auf dem Abgabenkonto dem Steuerpflichtigen signalisiert worden, dass er die Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des UStG besteuere. Wäre ein Umsatzsteuersignal für pauschalierte Landwirte hinterlegt gewesen, hätten diese Vorsteuern nicht gutgeschrieben werden dürfen. Aufgrund der Gutschrift der Vorsteuer - bereits im Februar 2017 mit einem Vorsteuerguthaben von € 3.877,07 - habe der Bf. darauf vertrauen können, dass ihm diese Vorsteuer auch tatsächlich zustehe. Es liege daher ein eindeutiger schriftlicher Verzicht auf die Pauschalierungsregelung in schriftlicher Form - durch die termingerechte Abgabe der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen - vor.

Die Handlung des Bf. sei auch aus einer anderen Sichtweise nachvollziehbar. Im Februar 2017 sei die Betriebsprüfung für die Jahre 2013 - 2015 abgeschlossen und im Rahmen dieser Prüfung festgestellt worden, dass die Einheitswert-Grenze für die Teilpauschalierung ab überschritten sei und daher die Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft in Zukunft im Rahmen einer vollständigen Einnahmen- Ausgabenrechnung abzugeben seien. Eine vollständige Einnahmen- Ausgabenrechnung setzte wiederrum die Erfassung aller Geschäftsfälle voraus und werde üblicherweise im Nettoverfahren vorgenommen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom wurden die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018 unter Hinweis auf die eindeutige Rechtsprechung des VwGH und BFG als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde ergänzend dargelegt:

Aus dem ausdrücklichen Wortlaut des § 22 Abs. 6 UStG "dem Finanzamt ist schriftlich zu erklären, dass die Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen" ergebe sich das unabdingbare Erfordernis einer streng formgebundenen (schriftlichen) Erklärung ganz bestimmten Inhaltes (VwGH, , 89/15/0157, mit Hinweis auf E , 87/15/0055).

Die von einem Unternehmer abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung oder Umsatzsteuererklärung vermag allerdings eine schriftliche Optionserklärung nicht zu ersetzen (vgl. ausdrücklich ). Ebenso vermag ein in einem Fragebogen anlässlich der Betriebseröffnung angekündigter Regelbesteuerungsantrag gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 einen Antrag nach § 22 Abs. 6 UStG 1994 nicht zu substituieren (VwGH, , 2002/14/0106). Nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Judikatur ist eine ausdrückliche und damit jeden Zweifel ausschließende Erklärung des Steuerpflichtigen erforderlich, dass er auf die Durchschnittssatzbesteuerung verzichtet; es genügt eben nicht, wenn aus anderen Angaben die Absicht des Verzichtes zu entnehmen ist ().

Damit im Einklang steht auch die Rechtsprechung des BFG. Im Erkenntnis vom , RV/7101074/2015, wird ebenfalls entschieden, dass für eine Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG eine eigene schriftliche Erklärung erforderlich ist und eine Umsatzsteuervoranmeldung nicht für eine Option in die Regelbesteuerung ausreichend ist. Ein Abgehen von der Durchschnittssatzbesteuerung bei einem nichtbuchführungspflichtigen Land- und Forstwirt erfordert eine schriftliche Erklärung gegenüber dem zuständigen Finanzamt, aus welcher der Parteiwille, die Umsätze nach den allgemeinen Regeln des UStG 1994 versteuern zu wollen, eindeutig hervorgeht; es genügt nicht, wenn aus anderen Angaben die Absicht des Verzichtes auf Besteuerung nach § 22 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 zu entnehmen ist (BFG, , RV/4100018/2014, RS 1).

Der Bf. brachte gegen die BVE betreffend Umsatzsteuer 2017 und 2018 - ohne weiteres Vorbringen - den Vorlageantrag vom ein und beantragte in diesem die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.

In der mündlichen Verhandlung vom wurde ergänzend Folgendes vorgebracht:

"Vom StV wurde ein Ausdruck über die im FinanzOnline erfassten Grunddaten des Bf. vorgelegt aus dem zu ersehen ist, dass ein Regelbesteuerungsantrag gemäß § 6 Abs. 3 UStG ab dem Jahr 2017 beim Stpfl. angemerkt wurde. Die Anmerkung dieses Regelbesteuerungsantrages beim Bf. hatte zur Folge, dass die UVA nach den allgemeinen Regeln des UStG ordnungsgemäß verbucht haben werden können. Wäre nämlich beim Bf. das U-Signal "U-0" für einen USt-pauschalierten Landwirt im elektronischen Steuerakt des Bf. gesetzt gewesen, wären die eingereichten UVA im Widerspruch zu diesem Ust-Signal U-0 gestanden und hätte dem FA zumindest sofort das Fehlen einer schriftlichen Optionserklärung auffallen müssen. Das U-Signal U-0 bedeutet, dass keine UVA abzugeben sind, sondern nur eine USt-Jahreserklärung. Dies ist unecht steuerbefreiten Kleinunternehmern genauso der Fall wie bei Landwirten, für die die Ust-Pauschalierung gilt.

Die Amtsvertreterin teilt mit, dass sie die Anmerkung eines Regelbesteuerungsantrages gemäß § 6 Abs. 3 UStG (Verzicht auf die unechte Steuerbefreiung) im Steuerakt des Bf. umfassend nachgeprüft habe. Ein solcher Regelbesteuerungsantrag existiert nicht und wäre auch widersinnig, weil der Bf. mit einer USt-Bemessungsgrundlage von € 208.366 die Kleinunternehmergrenze weit überschritten hat und daher eindeutig gar kein Kleinunternehmer habe sein können. Die Anmerkung im elektronischen Steuerakt ist irrtümlich und durch einen Fehler passiert. Die Amtsvertreterin habe aber den gesamten Steuerakt des Bf. nochmals durchgesehen und es wurde mit Sicherheit auch kein Antrag auf Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG eingereicht. Dass der StV vergessen habe einen ausdrücklichen schriftlichen Optionsantrag gemäß § 22 Abs. 6 UStG beim Finanzamt für das Veranlagungsjahr 2017 und Folgejahre einzureichen, sei von diesem in seiner Vorhaltsbeantwortung vom auch eingeräumt worden. Er habe die Möglichkeit gehabt auch nach Einreichung der UVA 2017, bzw. UVA 2018 diese Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG bis zum für 2017 und bis zum für 2018 nachzureichen. Der StV habe es schlichtweg übersehen oder vergessen, diese gesetzlich erforderliche schriftliche Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 bis spätestens zum für das Veranlagungsjahr 2017 und spätestens bis zum für das Veranlagungsjahr 2018 einzureichen.

Die Amtsvertreterin teile die Rechtauffassung des StV, dass die nach dem erfolgte Verbuchung der UVA 11/2017 und 12/2017 rechtswidrig war, weil vom StV für seinen Mandanten bis zu diesem möglichen Stichtag auch nicht nachträglich die Optionserklärung auf Regelbesteuerung eingereicht worden. Durch diesen Umstand sind auch die davor für 2017 nach Regelbesteuerung eingereichten und verbuchten UVA rechtswidrig geworden. Gleiches gelte auch für das Jahr 2018.

Da unstrittig der StV übersehen habe, diesen unabdingbar erforderlichen schriftlichen Regelbesteuerungsantrag gemäß § 22 Abs. 6 UStG beim Finanzamt spätestens bis zum für das Veranlagungsjahr 2017 und spätestens bis zum für das Veranlagungsjahr 2018 einzureichen, mussten vom FA gesetzmäßige Umsatzsteuerjahresbescheide auf Grundlage der geltenden Ust-Pauschalierung erlassen werden.

Die Verbuchung der UVA erfolgt - sofern wie gegenständlich nicht bestimmte Grenzwerte überschritten werden - auch bei USt-Gutschriften vollelektronisch. Das USt-Signal U-0 schließt diese vollautomatisierte Verbuchung der UVA nicht aus, auch wenn sie von einem Kleinunternehmer oder nichtbuchführungspflichtigen Landwirt, der nicht zur Regelbesteuerung optiert hat, abgegeben werden. Auf die Möglichkeit der Antragsnachholung bis zum Ablauf des Kalenderjahres wurde bereits auch hingewiesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist nichtbuchführungspflichtiger Landwirt. Der Gewinn wird infolge Überschreitens der Einheitswertgrenze von Euro 130.000 zum seit 2015 durch Einnahmen-Ausgabenrechnung gemäß § 4 Abs. 3 iVm. § 17 Abs. 5a Z. 1 EStG 1988 ermittelt.

Der Bf. hat ab 2017 UVA abgegeben, in denen er die Umsätze und Vorsteuern nach den allgemeinen Vorschriften des USt erklärte. Diese UVA wurden vom FA verbucht, sodass auf dem Abgabenkonto des Bf. auch entsprechende Steuergutschriften eintraten.

Eine schriftliche Erklärung des Steuerpflichtigen, mit dem objektiven Erklärungsinhalt, dass er seine Umsätze - nicht nach Durchschnittssätzen gemäß § 22 Abs. 1 bis 5 UStG - sondern nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes versteuern will, wurde in den Veranlagungszeiträumen 2017 und 2018 nicht abgegeben (förmlicher Regelbesteuerungsantrag).

2. Beweiswürdigung

Das BFG hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und Würdigung der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Parteienvorbringen. Der Sachverhalt ist eindeutig erwiesen und wird von den Parteien nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist lediglich die Rechtsfrage, ob die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen nach den allgemeinen Vorschriften des UStG durch den nichtbuchführungspflichtigen Landwirt und die fortlaufende unbeanstandete Verbuchung dieser UVA mit Umsatzsteuergutschriften auf dem Abgabenkonto des Bf., einer Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG gleichzuhalten ist.

Zu den Formalvoraussetzungen für eine wirksame Verzichtserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG besteht eine langjährige, einhellige und konsistente Rechtsauffassung in Lehre (Ruppe/Achatz, UStG, § 22 Tz. 53; Jlich, Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte, Seite 744ff, auch zur Unwirksamkeit von UVA und USt-Erklärungen als Optionserklärung [Jilch, Seite 747 mwH]; Schuchter in Melhardt/Tumpel, UStG, 2. Aufl. 2015, § 22, Rz 100) und Rechtsprechung (ausdrücklich auch zur UVA, VwGH, , 89/15/0157; E. , 2002/14/0106 sowie BFG, , RV/5100601/2013; , RV/7101074/2015; , RV/410018/2014; , RV/3100319/2016).

Die Bestimmung des § 22 UStG 1994 idF BGBl. 118/2015 lautet auszugsweise:

"(1) Bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, deren im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführte Umsätze 400 000 Euro nicht übersteigen, wird die Steuer für diese Umsätze mit 10% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden oder der ermäßigte Steuersatz nach § 10 Abs. 3 anzuwenden ist, wird die Steuer für diese Umsätze mit 13% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden jeweils in gleicher Höhe festgesetzt.

(2) Unternehmer im Sinne des Abs. 1 haben für die Lieferungen von Getränken und alkoholischen Flüssigkeiten, die weder in § 10 Abs. 3 Z 11 noch in den Anlagen angeführt sind, eine zusätzliche Steuer von 10% der Bemessungsgrundlage, soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, eine zusätzliche Steuer von 7% der Bemessungsgrundlage zu entrichten. Für diese zusätzliche Steuer sowie für Steuerbeträge, die nach § 11 Abs. 12 und 14 oder § 12 Abs. 10 bis 12 geschuldet werden oder die sich nach § 16 ergeben, gelten die allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes mit der Einschränkung sinngemäß, dass ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt.

(6) Der Unternehmer kann bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass seine Umsätze vom Beginn dieses Kalenderjahres an nicht nach den Abs. 1 bis 5, sondern nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes besteuert werden sollen. Diese Erklärung bindet den Unternehmer für mindestens fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären."

Identisch ist die Regelung der formalen Voraussetzungen für die Optionserklärung von Kleinunternehmern zum Verzicht auf die unechte Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 UStG:

"Der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 befreit sind, kann bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, daß er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären."

Um den Formerfordernissen zu entsprechen muss ein pauschalierter Landwirt, der auch unter die Kleinunternehmergrenze fällt, deshalb zeitgerecht zwei Optionserklärungen zur Regelbesteuerung bei unterschiedlichen Fristen abgegeben. Optiert ein Kleinlandwirt zur Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG, dann kommt für ihn zunächst die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung, sofern er nicht auch zudem eine weitere schriftliche Optionserklärung zum Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 UStG abgibt (Ruppe/Achatz, UStG 5, § 22, TZ 39/1).

Gemäß § 22 Abs. 1 UStG werden die Umsätze nichtbuchführungspflichtiger Land- und Forstwirte pauschaliert besteuert. Die Umsatzsteuerpauschalierung besteht darin, dass die Vorsteuern grundsätzlich in der gleichen Höhe festgesteht werden, wie die Steuer für die Umsätze. Der Unternehmer kann gemäß § 22 Abs. 6 UStG durch schriftliche Erklärung bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes auf diese pauschalierte Besteuerung verzichten.

Bereits aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes in Verbindung mit der verfassungsgesetzlich normierten strikten Bindung der Vollziehung an Gesetze, erweist sich die Meinung des Bf. seine laufenden nach Regelbesteuerung abgegebenen UVA's und deren Verbuchung durch das FA seien als Verzichtserklärung iSd § 22 Abs. 6 zu beurteilen als unzutreffend.

Nötig für die Verzichtserklärung iSd § 22 Abs. 6 UStG ist eine rechtzeitige schriftliche Erklärung, aus der sich der Parteiwille zur Regelbesteuerung klar ergibt ().

UVAs und Umsatzsteuererklärungen können diese ausdrückliche Erklärung nicht ersetzen (), vielmehr ist eine ausdrückliche und jeden Zweifel ausschließende Erklärung erforderlich. Selbst die erkennbare Absicht des Steuerpflichtigen in sonstigen Angaben kann die ausdrückliche Erklärung nicht ersetzen (). Eine mündliche Erklärung und konkludente Handlungen sind nicht ausreichend.

Der Verwaltungsgerichtshof ist von der oben angeführten zum UStG 1972 ergangenen Rechtsprechung auch im Wirkungsbereich des UStG 1994 nicht abgegangen ( ).

Die Tatsache, dass das FA wegen des Fehlens einer schriftlichen Verzichtserklärung iSd § 22 Abs. 6 UStG in gesetzwidriger Weise eine Verbuchung der Vorsteuer entsprechend den abgegebenen UVA und nicht nach Durchschnittssätzen vorgenommen hat, bewirkt keinen Rechtsanspruch auf Erlassung rechtswidriger Umsatzsteuerbescheide. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen (; , 2003/15/0136).

§ 22 Abs. 6 UStG setzt Art 296 Abs. 3 MwStSyst-RL um, der den Mitgliedstaaten die Ausgestaltung der Formalvoraussetzungen für die Optionsausübung überlässt. § 22 Abs. 6 UStG steht in keinem Widerspruch mit dem Neutralitätsgrundsatz, indem die Ausübung der Option unnötig erschwert werde. Wie sich aus RS Uudenkaupungin kaupunki () ergibt, steht es den Mitgliedstaaten frei, zu normieren, dass der Abzug von Vorsteuern erst nach formgebundener Optionsausübung möglich sein soll.

Gemäß § 113 BAO haben die Abgabenbehörden den Parteien, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.

§ 113 BAO begründet gegebenenfalls nur dann eine Pflicht zur Rechtsbelehrung, wenn der Steuerpflichtige nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten ist. Dr Bf. war ab Beginn des Veranlagungsjahres 2017 durch einen berufsbefugten Steuerberater vertreten, sodass schon aus diesem Grunde aus dieser Bestimmung nichts für den Standpunkt des Bf. zu gewinnen ist.

Da im gegenständlichen Fall unbestritten keine ausdrückliche schriftliche Optionserklärung auf Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG abgegeben wurde und die nach den allgemeinen Vorschriften des UStG eingereichten und verbuchten UVA eine solche formgebundene Parteienerklärung nach stRsp des VwGH nicht zu ersetzten vermögen, wurde mit der Beschwerde eine Rechtswidrigkeit der Umsatzsteuerbescheide nicht aufgezeigt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG folgt mit der Entscheidung der zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH (E. , 89/15/0157; , 84/15/0231). Es war somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen und die Revision für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100832.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at