Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.01.2024, RV/5100545/2022

erhöhte Familienbeihilfe - Zwillinge

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Nenning & Tockner Rechtsanwälte, Stelzhamerstraß 6, 4400 Steyr, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 09.2016-06.2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** (Ordnungsbegriff: ***OB***) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) ***Bf1*** bezieht seit der Geburt (tt.mm.2014) ihrer leiblichen Zwillinge ***K1*** und ***K2***, die beide von Geburt an am Asperger-Syndrom leiden, Familienbeihilfe.

Mit gegenständlichem Erkenntnis wird auch die gleichlautende Beschwerde betr. ***1*** mit demselben Verfahrens- und Krankheitsverlauf, die von der belangten Behörde ebenfalls am vorgelegt wurde (RV/5100546/2022), miterledigt.

Die Bf beantragte die erhöhte Familienbeihilfe wegen dieser Beeinträchtigung für ihre Söhne ***2*** (SVNr. ***SV1***) und ***1*** (SVNr. ***SV2***) am , jeweils ab Juli 2014 mittels Formular Beih3. Auf diesen Anträgen wurde von der Bf handschriftlich vermerkt, dass sie - lt. Auskunft des Autismuszentrums - die erhöhten FB ab dem Geburtsmonat beantragen solle.

Diese Anträge wurden, unter Hinweis auf einen erforderlichen Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent, für den Zeitraum September 2016 - Juni 2021 mit Bescheid vom abgewiesen.

In den fristgerecht erhobenen Beschwerden vom wurde beantragt, den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für den Zeitraum von September 2016 - Juni 2021 zu gewähren. Zudem sei bzgl. des Ausmaßes der Behinderung vor Juli 2021 nur die Wiedergabe eines fachärztlichen Krankenhausbefunds (Barmherzige Schwestern Linz vom ) erfolgt, im Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice (SMS) würden demgegenüber Aussagen über Vorhandensein und Ausmaß der Behinderung fehlen.

Darin wurde eingewendet, dass es sich beim Asperger-Syndrom um eine angeborene Behinderung handle. Für die bescheidmäßige Erledigung der Anträge wäre von der belangten Behörde zu ermitteln gewesen, ab wann die maßgebliche Behinderung vorliegt. Dies gehe aus der BASB-Bescheinigung vom (Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) nicht hervor. Weitere Ermittlungsschritte seien nicht getätigt worden, insbesondere wurde auch die Bf nicht aufgefordert, Nachweise über die Dauer der vorhandenen Beeinträchtigung zu erbringen.

Die Bescheide seien lt Bf auch inhaltlich rechtswidrig, zumal die zugrundeliegende Beeinträchtigung ab Geburt besteht. Dies ergibt sich unter anderem aus einer mit den Beschwerden vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen des Ordensklinikums Barmherzige Schwestern / Linz vom . Insoweit die angefochtenen Bescheide des Finanzamts eine Behinderung vor dem verneinen, wäre der Bescheid aufgrund unrichtiger Tatsachenfeststellung rechtswidrig.

In den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom heißt es in der Begründung, dass in den im Beschwerdeverfahren erstellten Gutachten vom bei den Kindern ab Juli 2021 ein Behinderungsgrad von 50% bescheinigt wurde. Ab diesem Zeitpunkt wird die erhöhte Familienbeihilfe gewährt. Der Grad der Behinderung ist durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice (SMS) auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens festzustellen. Die beiden vom SMS am sowie am (jeweils mit Untersuchung) erstellten Gutachten bescheinigen eine Behinderung im Ausmaß von 50% erst ab Juli 2021. Das Finanzamt wies darauf hin, dass es sich an die Bescheinigung des Sozialministeriumservice zu halten habe und keine eigenen Rückschlüsse ziehen dürfe.

Da die SMS-Gutachten für beide Kinder weitgehend ident sind, werden jene betr. ***K1*** im Folgenden dargestellt und gleichzeitig die ***K2*** betreffenden Abweichungen angeführt.

1. SMS-Gutachten vom lautet:

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2021-07-16 KH BS Linz: kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung mit eingeschränkter sozialer Aufmerksamkeit und geringer Frustrationstoleranz. Kurze Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsschwierigkeiten. Asperger Autismus, Symptomlevel mäßig mit durchschnittlicher kognitiver Leistungsfähigkeit

2020-11-30 ***T1***, Psychologe: Artikulationsschwierigkeiten, umschriebene Entwicklungsstörung nender Fein- und Graphomotorik, Wahrnehmungsverarbeitungsschwierigkeiten und Dyspraxie, Rückstände im Bereich der sozial-emotionalen Entwicklung. Wiederkehrende Konfliktsituationen im Peerkontakt, eingeschränktes psychosoziales Funktionsniveau. Schwierigkeiten im Bereich der Emotions und Stressregulation, mangelnde Impulskontrolle

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: Gut

Ernährungszustand: Übergewicht

Größe: 129,00 cm Gewicht: 36,00 kg

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus: Unauff. interner Befund Cor und Pulmo o.B. Abdomen

Gesamtmobilität-Gangbild: Unauff.

Psycho(patho)logischer Status: Unruhig, zappelig, jähzornig. Mangelnder Blickkontakt

***K2***: Ängstlich, zurückgezogen. Mangelnder Blickkontakt. Gut durchschnittliche kognitive Leistung.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Rahmensätze:

Pos.1 Entwicklungsstörung Aspergersyndrom. Eingeschränktes psychosoziales Funktionsniveau. Schwierigkeiten im Bereich der Emotions- und Stressregulation, mangelnde Impulskontrolle

***K2***: Entwicklungsstörung Aspergersyndrom. Eingeschränkte reziproke soziale Interaktion.

Pos.Nr.: 50 Grad der Behinderung (GdB): 50 %

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Leiden in Nummer 1 bestimmt den Gesamtgrad von 50%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Arachnoidalcyste

***K2***: Es liegen keine weiteren, relevanten Leiden zur Einstufung vor.

Stellungnahme zu Vorgutachten: Erstgutachten

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern: ja

GdB liegt vor seit: 07/2021

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor: Fachärztlicher KH Befund von 7/2021 vorgelegt

Nachuntersuchung: in 3 Jahren

Anmerkung hins. Nachuntersuchung: Verlaufskontrolle unter Therapie, Besserung zu erwarten

2. SMS-Gutachten vom lautet:

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Mitgebrachte Befunde/Bescheide:

Leistungsbescheid, Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land 03/2022: angesucht Leistung: Heilbehandlung in Form von Hippo-Therapie, dem Antrag wird stattgegeben.

Leistungsbescheid, Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land 04/2022: Angesucht Leistung: Nach Chancengleichheitsgesetz Heilbehandlung für Gehörlose, Sinnesbeeinträchtigte, Sprachbeeinträchtigte und Wahrnehmungsbeeinträchtigte Menschen. Heilbehandlung ist eine Hauptleistung, stattgegeben.

Ärztliche Stellungnahme Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 12/2021: Bei meinen Pat. ***K1*** / ***K2***, geb. tt.mm.2014, liegt ein Asperger- Autismus vor. Diesbezgl. ist er bereits auch im Autismus- Kompetenzzentrum der BHB Linz eingegliedert. Bei Störungen aus dem Autismusspektrumbereich, handelt es sich um angeborene Störungen, die sich in einem auffälligen Verhalten, insbesondere in einem auffälligen Sozialverhalten, äußern. Obwohl die Diagnose im Sommer 2021 gestellt worden ist, sind rückblickend derartige Auffälligkeiten bereits in frühem Alter erkennbar gewesen. Unterzeichnet Fachärztin ***A1***

Ambulanzbrief Abteilung Kinder-und Jugendheilkunde Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 07/2021: Diagnosen: Asperger Autismus, Symptomlevel mäßig mit durchschnittlicher kognitiver Leistungsfähigkeit

***K2***: Ambulanzbrief, Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 06/2021: Diagnose: eingeschränkte reziproke soziale Interaktion, exogene Adipositas Therapieempfehlung: Ergotherapie, Logopädie eine ADOS-Testung für 10/2021 vereinbart. Ambulanzbrief 08/2021: Diagnose: Asperger-Syndrom

***K2***: Psychologischer Befund, Kinder-und Jugendheilkunde Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 07/2021: zusammenfassend ergibt sich die Diagnose Autismus. Eine Leistungsdiagnostik wird kommende Woche ergänzt.

Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 07/2021: Diagnosen: Entwicklungsstörung MRT in Narkose mit 4,6 x 2,8 cm Struktur in erster Linie einer Arachnoidalzyste entsprechend.

Kinder-und Jugendheilkunde Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 07/2021: Geplante Aufnahme zur Abklärung bezüglich Entwicklungsstörung Diagnosen: kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung mit eingeschränkter sozialer Aufmerksamkeit und geringer Frustrationstoleranz kurze Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsschwierigkeiten Sigmatismus interdentalis und Schetismus Adipositas Empfohlene Maßnahmen: Ergotherapie und Logopädie wie bereits empfohlen fortsetzen bzw. beginnen. Psychologischer Befund 06/2021: In der Norm liegende Intelligenz, individuelle Schwäche zeigt sich im Kurzzeitgedächtnis.

Psychologischer Befund, Gemeinschaftspraxis für klinisch-psychologische Diagnostik, Beratung und Behandlung ***T1***, 11/2020: Achse eins: - Achse zwei: Artikulationsschwierigkeiten, umschriebene Entwicklungsstörung der Fein- und Grafomotorik korrelierend Hinweise auf Wahrnehmungsverarbeitungsschwierigkeiten und Dyspraxie daraus resultierend Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten, rasche Ablenkbarkeit etc.. Achse drei: intellektuelle Fähigkeiten im unteren Durchschnittsbereich der Altersnorm Testbefund IQ = 85 Achse vier:- Achse fünf: belastende Erziehungsbedingungen wiederkehrende Konfliktsituationen im Peerkontakt Achse sechs: eingeschränktes psychosoziales Funktionsniveau

Befund, ***A2*** Facharzt für Kinder-und Jugendpsychiatrie 11/2021: kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung Bei dem Kontakt bildete sich eine neural development disorder ab, mit hoher Impulsivität und verminderter Aufmerksamkeit. Zusätzlich zeigt er sich psychomotorisch angetrieben. Therapeutische Unterstützung in Form von Ergotherapie und Logopädie sind evident.

***K2***:Bei der einmaligen h.o. Konsultation kam eine neural development disorder zur Darstellung, außenanamnestisch untermauert.

Arztbrief, ***A3*** Wahlarzt für Kinder-und Jugendheilkunde 11/2021: Diagnosen: Adipositas, Asperger Autismus, Zustand nach Tonsillitis

***K2***: Diagnosen: Adipositas, Asperger Syndrom, Zustand nach Bronchitis

Zusammenfassung: ***K1*** (***K2***) sind seit dem Patient in meiner Ordination. Die bisherigen Untersuchungen waren unauffällig, wobei es bei der Zwillingskonstellation immer wieder aufgefallen ist, dass beide Kinder Bissspuren aufwiesen. [...] Ein Hortbesuch ist derzeit nicht möglich, da er nach 4-5 Stunden in der Schule sehr reizüberflutet ist und sein gewohntes Umfeld braucht.

Stellungnahme, Befund ***A4*** und ***A5*** Ärzte für Allgemeinmedizin 11/2021: ***K1*** / ***K2*** stehen seit seiner Geburt in unserer Behandlung. Die ersten Lebensmonate gestalteten sich für uns aus allgemeinmedizinischer Sicht unauffällig. Im zweiten Lebensjahr begannen wiederholt und zeitweise langwierige Atemwegsinfekte und schließlich zeigten sich mehrmals Bronchopneumonien. Im April 2019 erfolgte die erste Überweisung zur Ergotherapie aufgrund eines erhöhten Aggressionspotenzials und des Verdachtes auf ein Hyperaktivitätssyndrom. Seither erfolgen regelmäßig Ergotherapeutische Behandlungen.

***K2***: Im April 2019 erfolgte die erste Überweisung zur Ergotherapie aufgrund einer auffallenden Tollpatschigkeit und gehäufte Stürze. Seither erfolgen regelmäßig Ergotherapeutische Behandlungen. Ausgeprägt zeigt sich der Ekel vor Schmutz. Augenkontakt mit anderen Menschen wird vermieden. Der Schulbesuch ist derart anstrengend für ***K2***, dass er mittags nach Hause geholt werden muss und eine Nachmittagsbetreuung nicht vorstellbar ist.

Im Sommer 2021 erfolgte eine Durchuntersuchung im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz welche zur Diagnose eines Asperger-Syndroms kam. Im MRT des Schädels zeigte sich bei ***K1*** eine Zyste. Auffallend ist, dass ***K1*** Schwierigkeiten damit hat, Treppen zu steigen-er selbst erklärt dies mit einer Höhenangst und dass er schwindlig werden würde beim Treppensteigen. Weiterhin werden regelmäßig ergotherapeutische und logopädische Sitzungen notwendig sein und in der Volksschule ist eine Stützkraft aus unserer Sicht anzuraten.

***K2***:

Logopädin ***T2*** Bescheid, ohne Datum: Anmerkung-die Compliance beider Kinder ist leider sehr schlecht ich kann therapeutisch nur passiv mit den Kindern arbeiten und dies auch nur mit der Mithilfe der Mutter die versucht beide Kinder doch Ablenkung mit Videos auf dem Handy so eine gewisse Zeit lang ruhig zu halten damit ich notwendige logopädische Therapie durchführen kann.

Ergotherapeutische Kurzbericht ***T3*** 06/2020: ***K2*** kommt im April 2019 erstmals zur Ergotherapie.

Volkshilfe Oberösterreich Logopädin ***T4*** - ohne Datum: Im Jänner 2019 wurde bei ***K2*** und ***2*** aufgrund einer im Kindergarten festgestellten Sprachentwicklungsverzögerung der Versuch einer logopädischen Therapie gestartet, diese wurde jedoch im April beendet, da das Verhalten der Buben noch keine zielführende therapeutische Intervention zuließ. Logopädin ***T2*** Bescheid, ohne Datum: Anmerkung-die Compliance beider Kinder ist leider sehr schlecht ich kann therapeutisch nur passiv mit den Kindern arbeiten und dies auch nur mit der Mithilfe der Mutter die versucht beide Kinder doch Ablenkung mit Videos auf dem Handy so eine gewisse Zeit lang ruhig zu halten damit ich notwendige logopädische Therapie durchführen kann. Ergotherapeutischer Kurzbericht ***T3*** 06/2020: ***K1*** kommt im April 2019 erstmals zur Ergotherapie, es zeigten sich eine Wahrnehmungsstörung im Bereich der Körperwahrnehmung, Defizite in der grob-und Feinmotorik, starke motorische Unruhe, sowie eine sehr kurze Aufmerksamkeits- und Konzentrationsspanne;

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut Ernährungszustand: adipös

Größe: 128,00 cm Gewicht: 36,00 kg

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus: Pupillen: rund, isokor, mittelweit, prompte direkte Lichtreaktion Thorax: symmetrisch Herz: Herztöne rein rhythmisch, normofrequent Lunge: vesikuläres Atmen beidseits, sonorer Klopfschall, keine feuchten, keine obstruktiven Atemgeräusche Nierenlager: frei, kein Klopfschmerz Abdomen: weich keine Resistenzen tastbar, keine Druckschmerzen, Darmgeräusche in 4 Quadranten gut hörbar Wirbelsäule: keine Klopfschmerzen an BWS/LWS, FBA 0 cm in Hockstellung ,Seitwärtsneigung frei, unauffällige Rumpfstabilität Halswirbelsäule: Rotation und Lateralflexion beidseits frei Die großen Gelenke der oberen und unteren Extremitäten frei beweglich. Neurologie: grobneurologisch unauffällig insbesondere Koordinationstest unauffällig (Hände gegengleich drehen);

Gesamtmobilität-Gangbild: Symmetrisches, sicheres Gehen ohne Abweichen von der Ganglinie. Unauffälliges Gehtempo. Einbeinstand kann bds. gut gehalten werden. Keine Einschränkung der Koordination und Motorik beim Gehen ersichtlich.

Psycho(patho)logischer Status: Es besteht Orientiertheit, Stimmungslage unauffällig, Antrieb gesteigert, adäquate Kommunikation möglich, erzählt von seinem Lieblingsspiel, seinem Sitznachbarn, Blickkontakt möglich, bleibt nicht am Stuhl sitzen während der Anamneseführung;

***K2***:Es besteht Orientiertheit, Stimmungslage unauffällig, Antrieb normal, adäquate Kommunikation gut möglich, spricht sehr schön in Standardsprache, gut verständlich, Blickkontakt möglich;

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Rahmensätze:

Pos.1

Entwicklungsstörung, Asperger Autismus, Symptomlevel mäßig mit durchschnittlicher kognitiver Leistungsfähigkeit 07/2021, 50% bei erhöhtem Aufwand, bei der Untersuchung keine signifikanten motorischen Defizite;

***K2***:Entwicklungsstörung Asperger-Syndrom; Eingeschränkte reziproke soziale Interaktion, 50 % bei entsprechendem Aufwand, bei der Untersuchung keine signifikanten motorischen Defizite;

Pos.Nr.: 50 Grad der Behinderung (GdB): 50 %

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Leiden in Nummer 1 bestimmt den Gesamtgrad von 50%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Adipositas, nicht signifikant einschränkend. Zustand nach Tonsillitis (Mandelentzündung). MRT in Narkose mit 4,6 x 2,8 cm Struktur in erster Linie einer Arachnoidalzyste entsprechend. Keine Fachbefunde mit daraus abgeleiteten neurologischen Defiziten, keine spezielle Therapie. Bezugnehmend auf die anamnestisch erhobene Medikation liegen keine Fachbefunde auf, bei der Untersuchung keine pathologischen Lungengeräusche.

***K2***:Adipositas, nicht signifikant einschränkend. Z.n. Bronchitis, abgeheilt. Bezugnehmend auf die anamnestisch erhobene Medikation liegen keine Fachbefunde auf, bei der Untersuchung keine pathologischen Lungengeräusche.

Stellungnahme zu Vorgutachten: Es besteht unverändert ein Asperger Autismus. Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt gleich (50%).

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern: ja

GdB liegt vor seit: 07/2021 GdB 30 liegt vor seit: 04/2019

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor: 50% laut Vorgutachten und Ambulanzbrief Abteilung Kinder-und Jugendheilkunde Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 07/2021.

***K2***:50% laut Vorgutachten und psychologischem Befund, Kinder-und Jugendheilkunde Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern Elisabethinen 07/2021.

30% laut Stellungnahme, Befund ***A4*** und ***A5*** Ärzte für Allgemeinmedizin 11/2021 mit Beginn der Aufwände (Ergotherapie). Laut fachärztlicher Stellungnahme ist die Diagnose im Sommer 2021 gestellt worden, es seien derartige Auffälligkeiten rückblickend bereits im frühen Alter erkennbar gewesen, daher Würdigung und Anrechnung der Aufwände mit Beginn 04/2019.

Nachuntersuchung: in 3 Jahren Anmerkung hins. Nachuntersuchung: Verlaufskontrolle wegen möglicher Besserung bei laufenden Therapiemaßnahmen.

In den rechtzeitig eingebrachten Vorlageanträgen vom wird - wie bereits in der Beschwerde - darauf hingewiesen, dass das Asperger-Syndrom eine angeborene Behinderung sei. Im Gutachten wird diese mit 50% laut Punkt der Einschätzungsverordnung bewertet. Es wird jedoch nicht ausgeführt, weshalb - bei unveränderter angeborener Diagnose Asperger-Syndrom - rückwirkend mit Beginn der Aufwendungen für eine Ergotherapie lediglich ein GdB von 30% festgestellt wird, obwohl es bei der Behinderung - im Vergleich zum aktuellen Zustand - keinen qualitativen Unterschied gebe. Entgegen der offenkundigen Annahme des Gutachters bestimme sich der Beginn der Ergotherapie nicht am Zeitpunkt der Erforderlichkeit derselben, sondern an der faktischen Verfügbarkeit von Therapien. Der Beginn der Ergotherapie hänge vielmehr davon ab, wann eine korrekte ärztliche Diagnose erfolgt und eine ergotherapeutische Behandlung praktisch möglich sei. Wie in der Anamnese auch ausgeführt, gab es bereits im Kindergarten Versuche einer Logopädie, die jedoch scheiterten.

Die gutachterliche Stellungnahme des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen sei insofern in sich unschlüssig und komme zu einem schon dem ersten Anschein nach unrichtigen Ergebnis. Sie sei nicht geeignet, ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren über den Grad der Behinderung der betroffenen Kinder zu erbringen. Die belangte Behörde müsse daher bei der Beweiswürdigung ein Gutachten eines Sachverständigen - der die fachlichen Voraussetzungen erfüllt (der begutachtende Sachverständige ***A6*** ist Arzt für Allgemeinmedizin) - aus dem betreffenden Fachgebiet Neurologie und / oder Psychiatrie zugrunde legen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf beantragte am die erhöhte Familienbeihilfe ab der Geburt (tt.mm.2014), versehen mit dem Hinweis, dass ihr bewusst sei, dass die Familienbeihilfe nur höchstens fünf Jahre rückwirkend ab Antragsstellung gewährt werden könne. Da man aber mit Asperger Syndrom geboren werde, sei dieses Datum eingetragen worden.

Das daraufhin von der belangten Behörde angeforderte SMS-Gutachten bescheinigte einen Grad der Behinderung (GdB) von 50% ab . In weiterer Folge wurde ab 07/2021 der Erhöhungsbetrag gewährt und eine entsprechende Mitteilung zugestellt.

Hinsichtlich des Beschwerdezeitraumes ergingen am Abweisungsbescheide. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben. Ein daraufhin beim SMS in Auftrag gegebenes weiteres Gutachten bestätigte den Grad der Behinderung von 50% ab und stellte weiters einen GdB von 30% ab fest. Aufgrund der im Gutachten getroffenen Feststellungen wurden die Beschwerden vom Finanzamt abgewiesen.

In der abweisenden BVE vom heißt es in der Begründung, dass in dem im Beschwerdeverfahren erstellten Gutachten vom bei den Söhnen der Bf ab Juli 2021 ein Behinderungsgrad von 50% bescheinigt wurde. Ab diesem Zeitpunkt wird die erhöhte Familienbeihilfe für die beiden Kinder gewährt.

Dagegen richten sich die rechtzeitig eingebrachten Vorlageanträge. Darin wird die inhaltliche Unrichtigkeit der SMS-Gutachten eingewendet, weshalb von der belangten Behörde davon abgesehen wurde, ein weiteres Gutachten anzufordern.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen sowie den von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Unterlagen, insb. aus den unter Punkt I.) angeführten ärztlichen Sachverständigengutachten vom sowie vom . Das Bundesfinanzgericht sah es als erwiesen an, dass bei den Kindern ***2***, VNR ***SV1*** und ***1***, VNR ***SV2*** für den beschwerderelevanten Zeitraum ein Behinderungsgrad von mindestens 50 % nicht gegeben war.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 8 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 93/2022 lautet:

(4)Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, (Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten) (Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten) 3. ab um 155,9 €.

(5)Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

(6)Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

(1)Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2)Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3)Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

§ 2 der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) lautet:

(1)Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2)Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3)Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Ausmaß der Behinderung

Gem. § 2 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Durch die Bestimmung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 hat der Gesetzgeber die Feststellung des Grades der Behinderung der eigenständigen Beurteilung der Finanzämter als Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (). Daraus resultiert de facto eine Bindung an die Feststellungen der im Wege des SMS (Sozialministeriumservice) erstellten Gutachten und darf die belangte Behörde die auf Basis des Gutachtens erstellte Bescheinigung nur insoweit überprüfen, ob diese als schlüssig, vollständig und nicht einander widersprechend anzusehen ist (z.B. mit Hinweis auf , und ; Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, Rz 29 zu § 8). Das Bundesfinanzgericht (BFG) sieht bei der gegenständlichen Sach- und Beweislage keinen Grund bei den mit vollständigem Text übermittelten Sachverständigengutachten, an deren Schlüssigkeit sowie am festgestellten prozentuellen Ausmaß der Behinderung (50 %) zu zweifeln.

In den Beschwerden wird eingewendet, dass die angefochtenen Bescheide die Abweisung mit einem pauschalen Hinweis auf eine vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (BASB) erstellte Bescheinigung über das Ausmaß der Behinderung vom begründet, laut der der Grad der Behinderung 50 % ab betrage. Wie aus diesen Bescheinigungen jedoch hervorgeht, beziehe sich diese lediglich auf einen fachärztlichen Krankenhausbefund vom Juli 2021. Eine Aussage über Vorhandensein und Ausmaß der Beeinträchtigung vor Juli 2021 würde die Bescheinigung des BASB nicht treffen und beschränke sich auf die Wiedergabe des einzigen eingeholten Befunds des Krankenhauses Barmherzige Schwestern / Linz vom und der Sozialanamnese.

In der Zusammenfassung relevanter Befunde wird der fachärztliche Krankenhausbefund vom im SMS-Gutachten vom aufgeführt und darauf in der Begründung für einen rückwirkend vorliegenden GdB von 50% verwiesen.

Es ist aber zu berücksichtigen, dass in einem weiteren SMS-Gutachten vom ein GdB von 30% ab festgestellt und somit auch über den beschwerde-gegenständlichen Zeitraum abgesprochen wurde. Diesbzgl. ist zu erwähnen, dass gem. § 10 Abs. 3 FLAG 1967 eine erhöhte FB höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werden kann. Auf diesen Umstand hat die Bf in ihren Anträgen bereits selber hingewiesen, wobei das Geburtsdatum der Kinder - als Beginn für den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe - auf Anraten des Autismus-Kompetenzzentrums - eingefügt wurde. Für den erkennenden Richter ist in diesem Zusammenhang wesentlich, dass in beiden SMS-Gutachten (jeweils mit Untersuchungen der Kinder) der Zeitpunkt, ab dem ein GdB von 50% vorliegt, von zwei unterschiedlichen Ärzten übereinstimmend mit Juli 2021 diagnostiziert wurde. Es kann bei den vorliegenden SMS-Gutachten nicht schlüssig davon ausgegangen werden, dass der maßgebliche Zeitpunkt () für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe - trotz zweimaliger Untersuchung - lediglich vom gegenständlichen Krankenhaus-Befund übernommen wurde.

Im Übrigen ist die Bezugnahme auf den vorliegenden Krankenhaus-Befund naheliegend, weil die Kinder nach der im Sommer 2021 gestellten Diagnose Asperger- Autismus im Zeitpunkt der ärztlichen Stellungnahme am durch die Fachärztin ***A1*** bereits im Autismus-Kompetenzzentrum der Barmherzigen Schwestern in Linz eingegliedert waren.

Im Gutachten wird der GdB mit 50% laut Punkt der Einschätzungsverordnung bewertet. Es wird jedoch nicht ausgeführt, weshalb - bei unveränderter angeborener Diagnose Asperger-Syndrom - rückwirkend mit Beginn der Aufwände für eine Ergotherapie lediglich ein GdB von 30% festgestellt worden sei, obwohl es bei der Behinderung - im Vergleich zum aktuellen Zustand - keinen qualitativen Unterschied gebe.

Entgegen der offenkundigen Annahme des Gutachters bestimme sich lt. Vorlageantrag der Beginn der Ergotherapie nicht am Zeitpunkt der Erforderlichkeit derselben, sondern an der faktischen Verfügbarkeit von Therapien. Der Beginn der Ergotherapie hänge vielmehr davon ab, wann eine korrekte ärztliche Diagnose erfolgt und eine ergotherapeutische Behandlung praktisch möglich sei. Wie in der Anamnese auch ausgeführt, gab es bereits im Kindergarten Versuche einer Logopädie, die jedoch scheiterten.

Die gutachterliche Stellungnahme des BASB sei lt. Bf nicht geeignet, ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren über den Grad der Behinderung der betroffenen Kinder zu erbringen. Die belangte Behörde müsse daher bei der Beweiswürdigung ein Gutachten eines Sachverständigen - der die fachlichen Voraussetzungen erfüllt (der begutachtende Sachverständige ***A6*** ist Arzt für Allgemeinmedizin) - aus dem betreffenden Fachgebiet Neurologie und / oder Psychiatrie zugrunde legen.

Zur fachlichen Eignung des Sachverständigen ***A6*** ist auszuführen, dass von der Judikatur auf im Wege des SMS erstellte ärztliche Gutachten abgestellt wird (; ). Von der Bf wurde nicht nachvollziehbar dargelegt, welche Mängel die gutachterliche Stellungnahme aufweise und warum der Sachverständige ein Facharzt auf dem Gebiet Neurologie und / oder Psychiatrie sein müsse. Für den erkennenden Richter ist als erwiesen anzusehen, dass ein für das Sozialministeriumservice als Gutachter bestellter Arzt über das erforderliche Fachwissen verfügt, unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Arzt für Allgemeinmedizin oder einen Facharzt handelt.

Die Erstellung eines Befundes mit Asperger-Syndrom würde lt. Bf naturgemäß nicht unbedingt den Beginn der Behinderung darstellen. Im Gegenteil handle es sich bei der diagnostizierten Beeinträchtigung um eine angeborene Entwicklungsstörung, die von Geburt an vorgelegen sei. Dies wäre eine zwingende Folge der Diagnose Asperger-Syndrom, da Störungen aus dem Autismusspektrumbereich angeborene Störungen seien.

Aus dem SMS-Gutachten ist ersichtlich, dass erstmals im April 2019 eine Ergotherapie verordnet wurde, die seitdem als eine der Behandlungsformen fortgeführt wird. Dieser Umstand spricht gegen den Einwand der Bf, wonach der gegenständlichen Verordnung eine nicht korrekte ärztliche Diagnose zugrunde liegen soll. Zudem wurde vom Ordensklinikum Linz (Abt. Kinder-und Jugendheilkunde) im Juli 2021 ebenfalls die Fortsetzung der Ergotherapie empfohlen. Es ist für den erkennenden Richter auch schlüssig, wenn ab 04/2019 der GdB zunächst mit 30% festgelegt wurde, weil das Asperger-Syndrom erst bei einer im Sommer 2021 durchgeführten Untersuchung im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz diagnostiziert wurde. Daran ändert auch der in der fachärztlichen Stellungnahme vom erwähnte Umstand, wonach rückblickend derartige Auffälligkeiten bereits in frühem Alter erkennbar gewesen sind, nichts. Dies deshalb, weil die belangte Behörde - ohne entsprechendes Gutachten - nicht schon vor dem einen GdB von 50% berücksichtigen konnte.

Auch wenn es sich beim Asperger-Syndrom lt. ärztlicher Stellungnahme um eine angeborene Entwicklungsstörung handelt, kann wegen der nach der Judikatur bestehenden de facto Bindung an die SMS-Gutachten die erhöhte Familienbeihilfe von der belangten Behörde nicht schon ab September 2016 (frühestmöglicher Zeitpunkt gem. § 10 Abs. 3 FLAG 1967) zuerkannt werden.

Rückwirkende Geltendmachung der erhöhten Familienbeihilfe

In der abweisenden BVE vom heißt es in der Begründung, dass in dem im Beschwerdeverfahren erstellten Gutachten vom bei den Kindern ab Juli 2021 ein Behinderungsgrad von 50% bescheinigt wurde und folglich erst ab diesem Zeitpunkt die erhöhte Familienbeihilfe gewährt werden könne.

In der Beschwerde wurde es als inhaltlich rechtswidrig erachtet, dass im Bescheid des Finanzamtes nach unrichtiger Tatsachenfeststellung eine Aussage dahingehend getroffen worden sei, wonach vor keine Behinderung bestanden hätte. Es sei nicht zulässig, ohne entsprechende Ermittlungen, im Umkehrschluss aus der BASB-Bescheinigung, die den Grad der Behinderung ab feststellt, über den davorliegenden Zeitraum abzusprechen.

Diesbzgl. wurde von der Bf übersehen, dass in einem späteren SMS-Gutachten vom ein GdB von 30% ab festgestellt und somit auch über den vor Juli 2021 liegenden Zeitraum abgesprochen wurde. Dabei erfolgte ein Hinweis auf die Untersuchung der Fachärztin ***A1*** des Ordensklinikums Linz, die in ihrer Stellungnahme vom erwähnte, dass rückblickend derartige Auffälligkeiten bereits in frühem Alter erkennbar gewesen sind.

Weiters ist auch das Beschwerdevorbringen, wonach für den Zeitraum vor 07/2021 lediglich auf einen Krankenhausbefund abgestellt wurde, nicht zutreffend, zumal auch ein Befund von ***A4*** und ***A5*** vom November 2021 vorliegt, worin auf die ab April 2019 verordnete Ergotherapie (vgl. ergotherapeutischer Kurzbericht ***T3*** - 06/2020) hingewiesen und dieser Befund für das SMS-Gutachten herangezogen wurde.

Da von der Bf bei den gegenständlichen SMS-Gutachten keine Widersprüche bzw. fehlende Schlüssigkeit aufgezeigt werden konnten, besteht nach der Judikatur () eine Bindung an die genannten Gutachten. Es können demnach die beiden Gutachten hinsichtlich des diagnostizierten GdB sowie des genannten Zeitpunktes () als verbindlich angesehen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Sowohl der mit Hinweis auf , und als auch der VfGH bejahen eine Bindung an die im Wege des Sozialministeriumservice erstellten Gutachten. Die vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Schlüssigkeitsprüfung betraf keine Rechtsfrage. Das vorliegende Erkenntnis beruhte im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung (Schlüssigkeitsprüfung), ob und seit wann bei den Söhnen der Bf eine erhebliche Behinderung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 vorlag. Die Revision war daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 10 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010
§ 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100545.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at