Prozesskosten als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/5100463/2020-RS1 | Betreffen bei Vermietung und Verpachtung Prozess- und Anwaltskosten den Vermögensstamm, liegen keine Werbungskosten vor. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Susanne Haim, die Richterin Mag. Gisela Praschl LL.M. sowie die fachkundigen Laienrichter Michael Hinterreiter LLB und Mag. Klemens Schimpl in der Beschwerdesache Tochter, Sohn1 und Sohn2 als Erben nach ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Reisinger & MMag. Kornprat Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungs GmbH & Co Steuerberatungs KG, Hietzinger Kai 133, 1130 Wien, und Tochter, Sohn1 und Sohn2 als Erben nach Dr. Ernst Biel, vertreten durch Sohn2, Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***1*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** in seiner Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin Kerstin Nicole Schinagl zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der mittlerweile verstorbene Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Beschwerdezeitraum Einkünfte aus V+V für 2 Objekte, einerseits Objekt 2, Ort1, andererseits Objekt 1, Ort2.
In der am elektronisch eingebrachten Einkommensteuererklärung wurden beim Objekt Objekt 1, Ort2, € 63.946,04 als sofort abgesetzte Instandhaltungs- und/oder Instandsetzungskosten (Kennzahl 9520) geltend gemacht. Als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurde ein Gesamtsaldo iHv € 41.099,66 erklärt. Dieser setzte sich aus einem Einnahmenüberschuss des Objektes Objekt 2 iHv € 71.570,03 und einem Werbungskostenüberschuss beim Objekt Objekt 1 iHv € 30.470,37 zusammen.
Bei den nichtselbständigen (Pensions-)Einkünften wurden Werbungskosten iHv € 2.051,52 mit der Berufsbezeichnung "Vermietung und Verpachtung" erklärt
Am wurde mittels Ergänzungsansuchen der Beschwerdeführer ersucht, die Instandhaltungskosten zu belegen bzw. detailliert aufzuschlüsseln. Ebenfalls sollte bekanntgegeben werden, ob und in welcher Höhe öffentliche Subventionen beansprucht wurden und entsprechende Nachweise solcher Subventionen beizulegen. Weiters wurde um eine Aufstellung sowie Belege zu den sonstigen Werbungskosten gebeten. Bei Nichtbeantwortung könnten die Kosten nichtanerkannt werden.
Am wurde das Ergänzungsersuchen elektronisch beantwortet. Es wurde ausgeführt, dass in der Kennziffer 9520 irrtümlich Aufwendungen für Rechtsberatung und einen Vergleich mit der Gemeinde Ort2 erklärt wurden. Die tatsächlichen Instandhaltungsaufwendungen 2017 würden EUR 10.283,92 betragen. Beigelegt wurden die Abrechnung der Hausverwaltung für 2017 iHv € 10.283,92 sowie eine Aufstellung über bezahlte Gerichtskosten iHv Gesamt € 45.031,15 sowie eine Honorarnote non Sohn2 über € 10.000,- darin enthalten USt iHv € 1.666,67. Bei Bedarf könnten weitere Belege zur Verfügung gestellt werden.
Als weitere Beilage wurde eine Berechnung der Kennzahlen für die Beilage E1b Ort2 übermittelt. Aus dieser war als Berechnung der Kennzahl 9520 die Summe der Konten
Konto 7260 Instandhaltung Ort2 € 10.283,92
Konto 7998 Rechtsanwalt und Porti Ort2 € 8.630,97
Konto 7999 Kosten f. Vergleich Gemeinde € 45.031,15
sohin gesamt € 63.946,04 ersichtlich.
Am langte beim FA ***1*** die Überschussrechnung 2017 ein. In dieser wurden beim Objekt Ort2 € 67 615,62 als übrige Abschreibungen verbucht. In den übrigen Abschreibungen waren, neben anderen, die Konten 7581 Beratungsaufwand iHv € 1.400,-, 7998 Rechtsanwalt und Porti Ort2 iHv € 8.630,97 sowie 7999 Kosten für Vergleich Gemeinde iHv € 45.031,15 eingerechnet.
Im am erlassenen Einkommensteuerbescheid wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv € 94.761,78 berücksichtigt. Begründet wurde die Abweichung neben der Begrenzung von Kirchenbeitrag und Sonderausgabenpauschale mit "Die Veranlagung erfolgte unter Zugrundelegung der von Ihnen bzw. Ihrem Vertreter aufgenommenen Niederschrift bzw. unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Vorhalteverfahrens". Bei den nichtselbständigen Einkünften wurden Werbungskosten iHv € 2.051,52 berücksichtigt.
Am wurde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 Beschwerde elektronisch eingebracht. Begründet wurde dies, da Ausgaben nicht berücksichtigt worden seien. In Zuge einer Vorhaltsbeantwortung sei eine Verschiebung von Ausgaben von der Kennzahl 9520 in die Kennzahl 9530 nicht berücksichtigt worden. Die fehlenden Ausgaben seien nun erfasst worden. Es werde beantragt, den Einkommensteuerbescheid mit einer festgesetzten Einkommensteuer iHv € 7.474,00 aufzuheben und die Einkommensteuer auf Basis der tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen mit € - 19.917,- festzusetzen. In der Beilage E1b des Objekte Straße wurden gegenüber der ersten Erklärung die Kennzahlen 9520 (von ursprünglich 63.946,04 auf 10.283,92) und 9530 (von ursprünglich 3.669,58 auf 57.331,70) geändert.
In einer Beilage über die Berechnungen der Kennzahlen zu E1b wurde neuerlich aufgeschlüsselt, welche Konten nun zu welchen Kennzahlen führten. Die Konten 7581 Beratungsaufwand iHv € 1.400,-, 7998 Rechtsanwalt und Porti Ort2 iHv € 8.630,97 sowie 7999 Kosten für Vergleich Gemeinde iHv € 45.031,15 waren nun bei der Kennzahl 9530 eingerechnet.
Gegenüber der Berechnung im Einkommensteuerbescheid ist nur Kennzahl 9530 verändert, Kennzahl 9520 war bereits von der Behörde mit € 10.283,92 berücksichtigt worden.
Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Klageschriften und Urteile, für welche Werbungskosten geltend gemacht worden seien, vorzulegen.
Am wurden die Klage vom gegen die Marktgemeinde Ort2, das dazu vom LG Ort3 GZ 12324 am ergangene Urteil sowie die dazu abweisende Berufungsentscheidung des OLG Ort1 23456 vom der belangten Behörde vorgelegt. Die Klage vom gegen das Land Bundesland, sowie die dazu an das LG Ort3 ergangene gemeinsame Ruhensanzeige vom wurde ebenfalls vorgelegt.
Am wies die Behörde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid mit Beschwerdevorentscheidung ab.
Die begehrten Werbungskosten im Gesamtumfang von € 53.662,12 beträfen Prozesskosten iHv € 45.031,15 und Rechtsanwaltskosten iHv € 8.630,97, die im Zuge der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Objektes Objekt 1 in Ort2 geltend gemacht worden wären. Diese Prozesskosten beträfen zwei Klagen vom und des Beschwerdeführers gegen die Marktgemeinde Ort2 bzw. das Land Bundesland. Gegenstand der Klagen sei die Einfriedung des Vermietungsobjektes, welche umzustürzen drohte, weswegen ein baupolizeilicher Auftrag für Sofortmaßnahmen seitens der Gemeinde ergangen sei, gewesen. Begehrt sei im Wesentlichen die Wiederherstellung der Einfriedungsmauer sowie der ursprüngliche Zustand der Bepflanzung und der Ersatz der Kosten iHv € 12.606,- bzw. € 12.715,- gewesen. Der Klage vom sei mit Entscheidung vom des OLG Ort1 als Berufungsgericht nicht stattgegeben worden. Hinsichtlich der zweiten Klage vom sei beim LG Ort3 am ewiges Ruhen vereinbart worden. Prozesskosten als Werbungskosten im Zuge von Vermietungseinkünften könnten nur anerkannt werden, wenn die Vermietungstätigkeit kausal für die Entstehung der konkreten Aufwendungen sei. In casu würden die Prozesskosten aber nicht direkt mit den Vermietungseinkünften zusammenhängen, sondern mit dem Vermögenobjekt bzw. Vermögensstamm. Im Bereich der außerbetrieblichen Einkünfte würde der Vermögensstamm nicht bei den Einkünften erfasst, folglich würden auch Aufwendungen dafür keine steuerlichen Werbungskosten darstellen. Da die Einfriedung auch ohne Vermietungstätigkeit wiederhergestellt werden hätte müssen, läge kein direkter Zusammenhang mit der Vermietung vor. Noch weniger stünden folglich die Prozesskosten zur Rückforderung der entstandenen Kosten mit der Vermietung in einem Konnex. Aus diesem Grund seien die Rechtsanwalts- und Prozesskosten nicht als Werbungskosten aufgrund von Vermietungstätigkeiten zu berücksichtigen.
Am suchte der Beschwerdeführer um Fristverlängerung bis an.
Am langte der Antrag auf Vorlage an das BFG ein.
Der Beschwerdeführer ergänzte seine bisherigen Anträge mit einer umfangreichen Stellungnahme. Der an die Mauer anschließende Gartenteil sei vermietet. Die behördliche Anordnung habe direkt in die Rechte der Mieter eingegriffen. Die gegenständlichen Prozesskosten seien daher jedenfalls mit der Vermietungstätigkeit in Zusammenhang gestanden. Die Kosten seien kausal mit der Vermietungstätigkeit verbunden. Die Gesamtliegenschaft bestehe aus einem Bauteil A, auf welchem sich das Zinshaus befinde, und einem unbebauten Bauteil B. Die baupolizeiliche Anordnung hätte beide Bauteile betroffen. Bauteil B sei bis auf Widerruf den Mietern zur Verfügung gestellt, der an die Mauer direkt anschließende Garten von Bauteil A an zwei Mieter, einer davon ein Kindergarten, der andere eine Ärztin vermietet. Durch die Anordnung wurde bei der einen Mieterin direkt im Bereich hinter der Veranda abgesperrt und gepölzt. Da es sich bei dem anderen Mieter um einen Kindergarten handle, sei es offenkundig, dass für einen solchen ein Garten essentiell sei, der Beschwerdeführer hätte für die gefahrlose Benutzbarkeit einstehen müssen. Der Beschwerdeführer hätte nach Erhalt des Bauauftrages ein Privatgutachten erstellen lassen, welches auch im späteren Verfahren durch den Gerichtsgutachter bestätigt worden wäre. Dieses zeige, dass die Schiefstellung der Mauer durch eine Anschüttung von 1,10 m während des Ausbaues der Straße erfolgte, entstanden sei. Die Mauer sei vor hundert Jahren errichtet worden, und es sei niemals vorgesehen gewesen, dass sie als Stützmauer fungiere. Der Erddruck, welcher von Gehsteig und Straße ausgehe, bewirke die Schiefstellung der Mauer. Dies würde noch dadurch verstärkt, dass keine ausreichende Entwässerung vorhanden sei, und daher Wasser zwischen Mauer und Gehsteig eindringe. Würde man die Mauer wegreißen, würde der Gehsteig samt Teilen der Straße in den Garten rutschen. Ohne Beseitigung des Erddruckes, Be- und Entwässerung der Straße und des Gehsteiges sei eine sinnvolle Sanierung der Einfriedung nicht möglich. Im Gerichtsverfahren sei die Ursache der Schiefstellung festgestellt, und der Klage nur deshalb nicht stattgegeben worden, weil der Unterlassungsanspruch bereits verjährt gewesen sein. Bei Bau der Straße war ein Rechtsweg gesetzlich ausgeschlossen, nach Änderung der Rechtslage hätte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers klagsweise vorgehen müssen, um einer Verjährung vorzubeugen, nun sei das Recht auf Unterlassung verjährt.
Der Beschwerdeführer sei den Mietern gegenüber verpflichtet die zugesagten Eigenschaften, hier die gefahrlose Nutzung des Gartens, zu gewährleisten. Dies sei ein verschuldensunabhängiger Gewährleistungsanspruch. Die Prozesskosten seien unmittelbar mit der Vermietungstätigkeit verbundene Aufwendungen und ursächlich im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit zu sehen. Wäre der Garten nicht vermietet, wäre der Aufwand keine Werbungskosten. Die vom Einsturz der Ziegelmauer bedrohte Gartenfläche sei vermietet, der Beschwerdeführer hätte Maßnahmen ergreifen müssen um den ordnungsgemäßen Gebrauch des Mietobjektes sicherzustellen. Hätte der Beschwerdeführer die Mauer reparieren bzw. erneuern lassen, hätte es kein Problem gegeben, solche Kosten als Werbungskosten geltend zu machen. Eine Sanierung sei aber ohne Vorkehrungen dritter Seite (Marktgemeinde Ort2, BL) nicht möglich. Da die Marktgemeinde Ort2 bauliche Abhilfe verweigert hätte und stattdessen dem Beschwerdeführer einen technisch nicht zu erfüllenden Bauauftrag erteilt habe, sei der Beschwerdeführer zur Klagsführung genötigt worden.
Der Beschwerde wurden die Mietverträge mit dem Kindergarten und der Ärztin beigelegt.
Mit Ergänzungsansuchen vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Belege, aus denen der Zahlungszeitpunkt der Rechtsanwalts- bzw. Prozesskosten ersichtlich sei, den baupolizeilichen Bescheid vom sowie die Mietverträge des Objektes Objekt 1 aus den Jahren 2012 - 2015/16 vorzulegen.
Am beantragte der Beschwerdeführer Erstreckung der Frist zur Vorlage der mit Vorhalt vom geforderten Unterlagen.
Am legte der Beschwerdeführer Bestätigungen von zwei Rechtsanwälten samt Eingangsbelegen über den Erhalt der Zahlungen iHv € 23.425,09, € 1.988,40 sowie € 21.606,06, weiters eine Honorarnote von Sohn2 iHv € 8.333,33 zzgl USt € 1.666,66 vor.
Auch 4 Mietverträge mit Mietern des Objektes Objekt 1 wurden vorgelegt.
Schließlich wurde der Bescheid der Marktgemeinde Ort2 vom über den baupolizeilichen Auftrag vorgelegt.
In der Vorhaltsbeantwortung wurde beantragt, die bis dato vom Beschwerdeführer noch nicht berücksichtigten € 1.988,40, welcher Fehler nun bekannt wurde, ebenfalls bei den Werbungskosten zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Die Klagen seien aufgrund eines baupolizeilichen Auftrages eingebracht worden. Dieser wäre auch an den Beschwerdeführer ergangen, wenn das Gebäude nicht vermietet gewesen wäre. Es läge somit kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Vermietung und Prozesskosten vor. In casu beträfen die Prozesskosten den Vermögensstamm selbst, nicht die Einkünfte aus Vermietung. Dies sei vergleichbar mit Prozesskosten zur Erhaltung des Eigentumes oder wegen Wertminderung eines Gebäudes, welche ebenfalls nicht abzugsfähig seien.
Mit Beschluss vom wurde den Parteien der Verfahrenslauf zur Ergänzung und Stellungnahme übermittelt.
Mit Schreiben vom wurde seitens der steuerlichen Vertretung mitgeteilt, dass der Bf. am verstorben sei. Die Verlassenschaft sei noch unvertreten.
Mit Schreiben vom stellte die Amtspartei nochmals ihre Rechtsansicht dar.
Mit Mail vom teilte Sohn2, Sohn des Bf., mit, dass die Verlassenschaft nunmehr den Erben, Sohn2, Sohn1 und Tochter eingeantwortet worden sei. (Einantwortungsbeschluss vom Datum). Sohn2 sei von den Erben bevollmächtigt worden.
Mit Fax vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Strittig sind im gegenständlichen Verfahren Werbungskosten im Gesamtumfang von € 53.662,12 betreffend der Vermietung und Verpachtung des Objektes Objekt 1 in Ort2.
Die strittigen Aufwendungen betreffen Prozesskosten iHv € 45.031,15 und Rechtsanwaltskosten iHv € 8.630,97.
Nach dem bisherigen Vorbringen sind die Aufwendungen wie folgt entstanden:
Beim Vermietungsobjekt Objekt 1, Ort2 ist der Garten vermietet. Alle vier Mietern haben das Recht zur Mitbenützung von Teilen, zwei Mieter haben ihnen zur alleinigen Nutzung vermietete Bereiche.
Die Einfriedung des Grundstückes besteht aus einer etwa 100 Jahre alten Ziegelmauer (Errichtung 1907). Die an die beiden Mieter zur alleinigen Nutzung vermieteten Gartenteile grenzen an diese Mauer an.
Im Zuge von Bauarbeiten (Ausbau der Straße) und Errichtung eines Gehsteigs kam es zu einer straßenseitigen Niveauerhöhung.
Bereits ab diesem Zeitpunkt war eine Schiefstellung erkennbar. (Entscheidung des OLG vom )
Die Ziegelmauer war jedenfalls 2012 in Schieflage. Am fand ein Lokalaugenschein der Marktgemeinde Ort2 statt. Am wurde auf Auftrag des Beschwerdeführers ein baustatisches Gutachten erstellt, in welchem als Grund für die Schiefstellung die nachträgliche Erhöhung des straßenseitigen Niveaus (Aufschüttung) festgestellt wurde. Als technische Lösung wurde gehsteigseitige Baumaßnahmen empfohlen, aber ebenso darauf hingewiesen, dass auch gartenseitige Stützkonstruktionen technisch taugliche Möglichkeiten wären.
Die Marktgemeinde Ort2 ließ ebenfalls ein Gutachten um den Zustand der Einfriedungsmauer erstellen, welches mit erstellt wurde, und bei der Gemeinde eingelangt ist. Am erließ die Marktgemeinde Ort2 einen Bescheid über einen baupolizeilichen Auftrag der als Sofortmaßnahme eine Schrägpolzung der Mauer entlang der Bundesstraße sowie eine Sperrung des Bereiches bis zu 5m Entfernung dieser Mauer enthielt.
Der Beschwerdeführer klagte 2014 die Marktgemeinde Ort2 und begehrte die Wiederherstellung der Mauer, die Zahlung von € 12.606,- für die Kosten der Abstützung und Reparatur sowie Feststellung, dass die beklagte Partei für zukünftige Schäden welche der Gehsteig der Mauer zufüge, aufzukommen hätte. Gesamtstreitwert war € 117.606,-.
Dieses Verfahren endete durch Abweisung in der Berufungsinstanz OLG Ort1. Der Beschwerdeführer zahlte 2017 an Verfahrenskosten € 3.308,52 für den Kostenzuspruch des Berufungsverfahrens sowie € 18.297,54 für die aus der ersten Instanz entstandenen Kosten, sohin gesamt € 21.606,06 an das Land Bundesland, € 3.308,52 für den Kostenzuspruch des Berufungsverfahrens sowie € 20.116,57 für die aus der aus der ersten Instanz entstandenen Kosten, sohin € 23.425,09 an die Marktgemeinde Ort2.
Der Beschwerdeführer klagte 2015 das Land Bundesland und begehrte die Zahlung von € 12.715,- für die Gutachtenerstellung, die Abstützung und die Reparatur der Mauer, weiters die Wiederherstellung der Mauer so dass diese wieder gerade und ausreichend tragsicher sei, in eventu die Niveauwiederherstellung so dass kein Erddruck mehr stattfände, sowie die Feststellung, dass die beklagte Partei für alle von der Straße ausgehenden Schäden hafte. Gesamtstreitwert dieses Verfahrens war € 18.715,-. Dieses Verfahren endete mit vereinbartem ewigen Ruhen. Der Beschwerdeführer zahlte 2017 wegen dieses Verfahrens € 1.988,40.
Für seine Vertretung in beiden Verfahren wurde dem Beschwerdeführer im September 2017 € 8.333,33 zzgl. USt iHv € 1.666,67 durch RA Sohn2 berechnet.
Der Sachverhalt ist in diesen Punkten nach Ansicht der verfahrensführenden Richterin unstrittig.
Strittig ist, ob die gegenständlichen Aufwendungen Werbungskosten darstellen.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies ausdrücklich zugelassen ist.
Zu den Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung zählen alle Aufwendungen, die durch die Vermietungstätigkeit veranlasst sind (Doralt, EStG9, § 28 Tz 87). Das Vermögen im Rahmen der außerbetrieblichen Einkunftsarten (wozu auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zählen) gehört zum Privatvermögen; die Veräußerung unterliegt - von Ausnahmen abgesehen - nicht der Einkommensteuer (Doralt, EStG9, § 28 Tz 87).
Eine Änderung der Rechtslage hat sich insoweit ergeben, als ab im Bereich der Immobilienbesteuerung nach der Regelung der §§ 30 ff idF seit dem 1. StabG 2012 Grundstücke ausnahmslos steuerhängig sind.
Weiters nicht im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abziehbar sind Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erhaltung oder Verteidigung des Eigentums am Grundstück (Prozesskosten im Eigentumsstreit; Prozesskosten wegen Wertminderung des Grundstücks; , 0143); diese Aufwendung sind jedoch im Rahmen der Besteuerung privater Grundstücksgeschäfte nach § 30 relevant, allerdings aufgrund des § 30 Abs. 3 sowie § 20 Abs. 2 nur bei Wahl der Option zur Regelbesteuerung nach § 30a Abs. 2 und wenn die nicht die Pauschbesteuerung des § 30 Abs. 4 zur Anwendung kommt (vgl. Zorn/Stanek in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 16 Tz 34).
Werbungskosten müssen durch die Einnahmenerzielung veranlasst sein. Daher wird in den außerbetrieblichen Einkunftsarten der Vermögensstamm grundsätzlich nicht erfasst. So sind beispielsweise Versicherungsleistungen, die für die Minderung der Vermögenssubstanz geleistet werden, im außerbetrieblichen Bereich nicht steuerbar.
Dementsprechend sind Aufwendungen für den Vermögensstamm nicht als Werbungskosten abzugsfähig (§ 20 Abs. 2 EStG 1988).
Unter diese Aufwendungen fallen
- Die Anschaffungs- und Herstellungskosten auf den Vermögensstamm,
- der Verlust oder die Wertminderung des Vermögensstammes und
- die Kosten im Zusammenhang mit der Verteidigung oder der Erhaltung des Eigentums am Vermögensstamm.
Aufwendungen oder Ausgaben für den Erwerb oder die Wertminderung von Wirtschaftsgütern im außerbetrieblichen Bereich sind nur insoweit abzugsfähig, als dies ausdrücklich vorgesehen ist. Dies ist beispielsweise bei der Afa der Fall. Werbungskosten liegen damit dann vor, wenn die Aufwendungen vordergründig mit der Nutzung und nicht mit dem Vermögensstamm selbst im Zusammenhang stehen.
Aus dem objektiven Nettoprinzip des § 2 Abs. 4 EStG 1988 ergibt sich, dass der Werbungskostenbegriff bei allen außerbetrieblichen Einkunftsarten gleich ist und sich grundsätzlich auch nicht vom Begriff der Betriebsausgaben unterscheidet. Die Unterschiede zwischen Betriebsausgaben und Werbungskosten liegen lediglich im Umfang der Einkunftstatbestände begründet. So sind, wie bereits ausgeführt, Aufwendungen oder Ausgaben für den Erwerb oder die Wertminderung von Wirtschaftsgütern im außerbetrieblichen Bereich nur insoweit abzugsfähig, als dies ausdrücklich vorgesehen ist.
Soweit Aufwendungen daher als Betriebsausgaben Anerkennung finden würden, sind sie auch als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sich nicht aus der Reichweite des Einkunftstatbestandes Einschränkungen ergeben.
Kosten eines Zivilprozesses sind Betriebsausgaben, sofern der Prozessgegenstand objektiv mit dem Betrieb zusammenhängt (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 4 Abs. 4 allgemein Stichwort "Prozesskosten").
Diese Definition kann für den außerbetrieblichen Bereich mit Einschränkungen übernommen werden.
Bei der Beurteilung der streitgegenständlichen Frage, der Berücksichtigung von Prozesskosten als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, ist demnach zu unterscheiden,
- ob diese das Vermögensobjekt
- oder dessen Vermietung und Verpachtung betreffen (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 28 Tz 17.1).
Im Fall einer Klage wie im gegenständlichen Fall, ist also zunächst zu beurteilen, ob diese die steuerpflichtigen Einkünfte betrifft.
Die vom Beschwerdeführer eingebrachten Klagen betrafen die Einfriedung seines vermieteten Objektes. Die Einfriedung, hier in Form einer Mauer, ist Teil des Wirtschaftsgutes. Bei erfolgreicher Klagsführung wäre dem Beschwerdeführer die Durchsetzung von Maßnahmen auf dem Nachbargrundstück möglich gewesen, um die Mauer vor weiterer Beschädigung zu schützen. Ebenfalls wäre die Beklagte verpflichtet worden, den Urzustand wiederherzustellen. All dies betrifft nach Ansicht des Senates den Vermögensstamm, eine gesetzliche Regelung, die diese Kosten abzugsfähig erklärt, existiert nicht.
Der Bf. beruft sich im Vorlageantrag bezüglich der Absetzbarkeit auf die Mitvermietung des Gartens. Der Garten war während der Arbeiten insoweit beeinträchtigt, als ein 5m-Streifen an der Gartenmauer unbenützbar war. Dies wird auch nicht bestritten. Wird die Gartenbenützung den Mietern gegenüber eingeräumt, so gehören die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen zwar grundsätzlich zu den Werbungskosten, im gegenständlichen Fall sind jedoch Prozesskosten strittig. Diese haben den Vermögensstamm zum Inhalt, keine Fragestellungen zur Vermietung und Verpachtung. Dies ist auch daran erkennbar, dass das Unterliegen im Zivilprozess bzw. das ewige Ruhen keinerlei Auswirkungen auf die Mieterträge und damit auf die Vermietungstätigkeit hatten. Die Mieterträge des strittigen Objektes sind konstant geblieben. Auch dass ein Mietvertrag wegen der Arbeiten im Garten vorzeitig gekündigt worden sei, wurde nicht vorgebracht.
Die gegenständlichen Ausgaben wären aber auch ohne Vermietung des Gebäudes und des Gartens entstanden und haben ihre Ursache nicht in der Vermietungstätigkeit.
Ein Werbungskostenabzug der strittigen Prozesskosten kann daher nicht erfolgen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Ehgartner/Knechtl in SWK 12/2024, 566 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100463.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at