Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2024, RV/5100644/2022

Haushaltszugehörigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom Ordnungsbegriff ***ONr.*** betreffend Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) für das Kind ***Name***, SVNr. ***X*** für den Zeitraum 01.2017 bis 07.2017 und 09.2021 bis 11.2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Rückforderungsbescheid vom wurde die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für das Kind ***Name***, SVNr ***X***, für den Zeitraum Jänner 2017 bis Juli 2017 und September 2021 bis November 2021 samt anteiliger Geschwisterstaffel iHv insgesamt € 2.283,10 zurückgefordert. Begründet wurde die Rückforderung wie folgt:

"Anspruch auf Familienbeihilfe hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Laut Aktenlagen und Aussage des Kindes war/ist dieses im Zeitraum Jänner bis Juli 2017 und seit August 2021 nicht in Ihrem Haushalt wohnhaft."

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom die im Wesentlichen damit begründet ist, dass er die Familienbeihilfe nicht zu Unrecht bezogen habe.

"Meine Kinder ***3*** bis 2018, ***1*** bis 2017 und dann wieder seit Mai 2020 fortlaufend bis heute (Aufenthaltsbestimmungs-sowie Erziehungsrecht liegt immer noch bei mir, sowie ist Sie bei mir fortlaufend wohnsitzlich gemeldet) sowie ***2*** durchgehend von 2012 bis heute durchgehend gemeldet sind. […]

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies wie folgt:

"Sachverhalt: Laut Daten des zentralen Melderegisters hatten Sie von Jänner 2017 bis Juli 2017 keinen gemeinsamen Haushalt mit Ihrer Tochter ***1***, geboren am ***Datum***. Seit August 2021 befindet sich Ihre Tochter in einer Kriseneinrichtung. Die Familienbeihilfe wurde in der Folge für den Zeitraum von Jänner 2017 bis Juli 2017 und von September 2021 bis November 2021 rückgefordert.

Im Rückforderungsbetrag enthalten ist auch die anteilige Geschwisterstaffel für ***3*** für den Zeitraum von Jänner 2017 bis Juli 2017 und für ***2*** für die Zeiträume von Jänner 2017 bis Juli 2017 und von September 2021 bis November 2021. […]

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruchs einer Person primär auf die Haushaltszugehörigkeit des Kindes und nur subsidiär darauf ab, dass die Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Dabei geht das Gesetz davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann. Jemand, der die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, ohne dass das Kind bei ihm haushaltszugehörig ist, hat nur dann (nachrangig) Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn das Kind bei keinem anderen Elternteil haushaltszugehörig ist.

Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich die Tatsache einer nachgewiesenen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung (vgl. ). Ein Kind gilt somit dann als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, und dort betreut und versorgt wird. Die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, hängt auch davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt.

***1*** hat von Jänner 2017 bis Juli 2017 nicht in Ihrem Haushalt gelebt, bzw. lebt nicht bei Ihnen seit August 2021. Deshalb bestand nur noch Anspruch auf Familienbeihilfe für zwei Kinder bzw. ein Kind, und somit kein bzw. ein geringerer Anspruch auf die Geschwisterstaffel."

Am wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt und wie folgt ergänzend begründet:

"Ich berufe mich weiterhin auf meine Beschwerde vom und lege als Beweis eine Meldebestätigung aus dem Lokalen Melderegister (Meldehistorie) meiner Kinder ***1***, ***Datum*** (wohnhaft bei mir laufend) (bekäme ich nicht wenn meine Tochter nicht bei mir wohnhaft wäre), keinerlei Meldedaten einer Kriseneinrichtung, sowie ***2***, ***Datum2***, bei mir laufend wohnhaft seit 2012 alleinerziehend.

***3*** bekam ich leider nicht, dass Sie seit Sommer 2018 bei der Mutter lebt, und nur Meldedaten an den zur Zeit Unterkunft gebenden Personen abgegeben werden. Deswegen stelle ich an das Finanzamt einen ANTRAG: dass die Meldedaten von ***3*** seit 2016 herausgegeben werden.

Außerdem wie aus der Historie von ***1*** herauszulesen ist, ist ***1*** von bis nicht in Linz gemeldet gewesen, deswegen stelle ich den ANTRAG auf Anzeige das die Mutter zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen hat, da ***1*** nicht bei Ihr gemeldet gewesen ist.

ANTRAG: Auf Auszahlung der Familienbeihilfe November 2021, Dezember 2021 und Jänner 2022, da ***1*** den Lebensmittelpunkt (siehe Meldebestätigung), weiterhin bei mir hat."

Am wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf.) hat seinen Wohnsitz im Bundesgebiet.

Die Tochter des Bf., ***Name***, geb. am ***Datum*** war jedenfalls ab Jänner 2017 bis Juni 2020 bei der Kindesmutter haushaltszugehörig.

Die Tochter des Bf. war vom bis im ***4*** in Linz untergebracht.

Die Kindesmutter war in diesem Zeitraum zu einem Unterhalt/Kostenersatz in der Höhe von monatlich € 350,00 verpflichtet und kam dieser Verpflichtung zur Gänze nach.

Der Bf./Kindesvater war in diesem Zeitraum zu einem Unterhalt/Kostenersatz in der Höhe von monatlich € 260,00 verpflichtet und kam dieser Verpflichtung nicht nach.

2. Beweiswürdigung

Im Beschwerdefall ist strittig, ob im hier maßgeblichen Zeitraum "Jänner 2017 bis Juli 2017" und "September 2021 bis November 2021" eine Haushaltszugehörigkeit des Kindes zum Bf. bestanden hat.

Im Beschluss BG Linz vom ist der hauptsächlicher Aufenthalt der Tochter bei der Kindesmutter beschlossen worden, es wurde auch festgehalten, dass sich der hauptsächliche Aufenthalt der Tochter bereits seit sechs Monaten bei der Kindesmutter befand.

Auf Anfrage an die Kriseneinrichtung ***4*** in Linz, teilte diese mit, dass die Tochter des Bf vom bis im ***4*** untergebracht war (vgl E-Mail vom ). Die Auskunft deckt sich mit der Vorhaltsbeantwortung der Kindesmutter und den Angaben der Tochter.

Bei der vorliegenden Sach- und Beweislage ist für das Bundesfinanzgericht aufgrund der Würdigung der vorliegenden Beweismittel ausreichend erwiesen, dass das anspruchsvermittelnde Kind im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 01.2017 bis 07.2017 zum Haushalt der Kindesmutter zugehörig war und im Zeitraum 09.2021 bis 11.2021 in der Kriseneinrichtung ***4*** untergebracht war. Der Bf. wurde zu einem monatlichen Kostenbeitrag iHv EUR 260,-verpflichtet. Dieser Verpflichtung kam er nicht einmal teilweise nach.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 - Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Ein Kind gilt gemäß § 2 Abs. 5 letzter Satz FLAG 1967 bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Für ein Kind wird Familienbeihilfe nur einer Person gewährt (§ 7 FLAG 1967).

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Gleiches gilt für zu Unrecht bezogene und gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlte Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 3 EStG 1988 i.V.m. § 26 FLAG 1967).

Erwägungen

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).

§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Auf die Unterhaltspflicht der diese Unterhaltskosten überwiegend tragenden Person kommt es nicht an (vgl. ).

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 5 FLAG 1967 teilt, ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen in Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (z.B. Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt ().

Rückforderung Jänner 2017 bis Juli 2017

Die Tochter des Bf. war jedenfalls ab Jänner 2017 bis Juni 2020 bei der Kindesmutter haushaltszugehörig.

Die Rückforderung im Zeitraum Jänner 2017 - Juli 2017 (Anmerkung: ab August 2017 wurde die Familienbeihilfe ohnehin an die Kindesmutter ausbezahlt) erfolgte daher mangels Haushaltszugehörigkeit zu Recht.

Rückforderung September 2021 bis November 2021

Die Tochter des Bf. war vom bis im ***4*** in Linz untergebracht.

Fehlt es an einer Haushaltszugehörigkeit zu einem Elternteil kommt es darauf an, wer überwiegend die Kosten für den Unterhalt der Kinder getragen hat.

Während der Zeit des Aufenthalts im ***4*** Linz, war der Bf. zu einem monatlichen Kostenbeitrag iHv EUR 260,-verpflichtet. Dieser Verpflichtung kam er nicht einmal teilweise nach. Der Bf. hat somit in diesem Zeitraum keine (zumindest wesentlichen) Unterhaltskosten der Tochter getragen.

Da im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 01/2017 bis 07/2017 aufgrund der Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt der Kindesmutter ein vorrangiger Anspruch derselben gegeben war und im Zeitraum 09/2021 bis 11/2021 die Tochter des Bf. im ***4*** Linz untergebracht war und kein Unterhalt vom Bf. geleistet wurde, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Voraussetzungen, unter denen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge gewährt werden bzw. bei zu Unrecht erfolgtem Bezug zurückzufordern sind, waren bereits Gegenstand der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und lassen sich zudem in klarer Weise aus dem Gesetz ableiten. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100644.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at