Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2024, RV/3100228/2023

Zwangsstrafe iZm verspäteter WiEReG-Meldung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Zwangsstrafen 2023 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin eine Zwangsstrafe von EUR 1.000,- fest und führte dazu aus: "Sie haben am eine Erinnerung zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) erhalten. In diesem Schreiben wurde Ihnen eine Nachmeldefrist unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von Euro 1.000,00 gesetzt. Da Sie es verabsäumt haben, innerhalb der festgelegten Nachfrist die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer durchzuführen, wird gemäß § 111 Bundesabgabenordnung (BAO) die Zwangsstrafe mit Euro 1.000,00 festgesetzt. … Zwangsstrafen bezwecken, bei einem objektiven Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Anordnungen den Abgabenpflichtigen zur Befolgung selbiger zu verhalten und die durch Gesetz oder Behörde auferlegte Verpflichtung zu erfüllen. Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer iSd § 5 WiEReG dient dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. § 16 WiEReG sieht vor, dass die Abgabenbehörde die Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen kann, wenn diese nicht oder nicht vollständig erstattet wird. Da diese Meldung von Ihnen nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet wurde, wird die Zwangsstrafe in Höhe von Euro 1.000 festgesetzt."

In ihrer Beschwerde gegen den Festsetzungsbescheid vom brachte die Beschwerdeführerin vor: "Die im Bescheid erwähnte Erinnerung vom über eine abzugebende Meldung wurde entweder gar nicht zugestellt oder an eine nicht existente email-Adresse; unserer Mandantin liegt kein entsprechendes Schreiben vor. Im USP ist die Adresse xxx@yyy hinterlegt, an diese Adresse erfolgte keine Mitteilung. Es wird daher ersucht, die Zwangsstrafe aufzuheben, es war keinerlei Zwang erforderlich, es handelte sich nur um ein Versehen. Die Meldung wurde inzwischen erstattet…".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies wie folgt: "… Am wurde die Androhung einer Zwangs- und Ordnungsstrafe elektronisch an die ***Bf1*** zugestellt und eine Frist bis eingeräumt. Der Bescheid über die Zwangs- und Ordnungsstrafe erging am und wurde ebenfalls elektronisch zugestellt. Eine Bestätigung der gemeldeten Daten erfolgte erst am ."

Die Beschwerdeführerin beantragte am die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte weiter vor: "Unsere Mandantin hat die Androhung der Zwangs- und Ordnungsstrafe nicht erhalten. In der Beschwerde wurde darauf hingewiesen, daß keine Zustellung erfolgt ist; auf diesen Umstand wird in der BVE nicht eingegangen. Es wird ersucht, einen entsprechenden Zustellnachweis zu erbringen. Unsere Mandantin hat lediglich die fällige Abgabe der Bestätigungsmeldung übersehen, es bestand keinerlei Veranlassung bzw. Interesse ihrerseits keine Meldung abzugeben, somit auch kein Raum für irgendeinen benötigten Zwang. Eine dennoch verhängte Strafe entspricht nicht dem Sinn einer Zwangs- und Ordnungsstrafe, ein bewusst nicht gesetztes Verhalten zu erzwingen, und ist daher rechtswidrig, im übrigen infolge des verhängten Betrags auch völlig überschießend. Es wird um ersatzlose Aufhebung sowie Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über diesen Vorlageantrag ersucht."

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und brachte weiter vor, dass eine dem steuerlichen Vertreter erteilte Zustellungsbevollmächtigung am storniert und erst am wieder erteilt und in FinanzOnline angemerkt worden sei. Die elektronische Zustellung über FinanzOnline sei aktiviert gewesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Ausweislich des Firmenbuches zu FN_1 betreibt die Beschwerdeführerin eine Tischlerei in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschafter sind A und die X GmbH (FN_2) jeweils mit einer voll einbezahlten Stammeinlage von EUR 17.500,-. Jeweils selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer sind seit A und B.

Die Beschwerdeführerin ist seit FinanzOnline-Teilnehmerin und hat seit die Zustellung über FinanzOnline angemerkt. Ein Zustellungsbevollmächtigter war bzw. ist gegenüber dem Finanzamt nur im Zeitraum 10.12.- und seit dem namhaft gemacht worden.

Das Erinnerungsschreiben des ***FA*** vom hinsichtlich Meldung der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG wurde der Beschwerdeführerin am über FinanzOnline zugestellt. Es wurde am gelesen. Dieses Erinnerungsschreiben hat folgenden Wortlaut: "Sie haben offenbar übersehen, die von Ihnen zu erstattende Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen. Sie werden daher aufgefordert, dies bis längstens nachzuholen. Falls Sie der Aufforderung nicht Folge leisten, wird gemäß § 111 Bundesabgabenordnung (BAO) eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro festgesetzt werden…".

Der angefochtene Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe wurde der Beschwerdeführerin am elektronisch über FinanzOnline zugestellt. Dieses Dokument wurde am gelesen. Die Beschwerdeführerin hat am die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG erstattet.

Die Beschwerdeführerin war bereits hinsichtlich der Erstmeldung der wirtschaftlichen Eigentümer mit Schreiben vom seitens des Finanzamtes erinnert und zur Nachholung unter Androhung einer Zwangsstrafe aufgefordert worden. Diese Erinnerung war per Post zugestellt worden. Die Beschwerdeführerin hat die Erstmeldung am erstattet.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Verfahrensablauf gründen sich auf das Register der Wirtschaftlichen Eigentümer sowie auf die Einsichtnahme der Richterin in die elektronischen Verfahrensdokumentationen "Zentrale Anwendungen", "WIEREGZOS" und "Grunddatenverwaltung".

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 1 Abs. 2 Z 4 WiEReG sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung Rechtsträger iSd WiEREG.

Nach § 3 Abs. 1 WiEReG haben die Rechtsträger die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen und angemessene Maßnahmen zur Überprüfung seiner Identität zu ergreifen, so dass sie davon überzeugt sind zu wissen, wer ihr wirtschaftlicher Eigentümer ist; dies schließt die Ergreifung angemessener Maßnahmen mit ein, um die Eigentums- und Kontrollstruktur zu verstehen. […] Nach Abs 3 leg. cit. haben die Rechtsträger die Sorgfaltspflichten gemäß Abs. 1 zumindest jährlich durchzuführen und dabei angemessene, präzise und aktuelle Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer, einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse, einzuholen und zu prüfen haben, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind.

Nach § 5 Abs. 1 WiEReG haben Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 WiEReG von der Meldepflicht befreit sind, binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung gemäß § 3 Abs. 3 WiEReG, die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.

Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind nur dann von der Meldepflicht befreit, wenn alle Gesellschafter natürliche Personen sind (§ 6 Abs. 2 WiEReG). Letzteres trifft auf die Beschwerdeführerin nicht zu.

Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht. Nach Abs. 2 leg cit muss vor Verhängung einer Zwangsstrafe der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden.

§ 16 WiEReG lautet: "(1) Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann das ***FA*** deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.

(2) Zwangsstrafen gemäß Abs. 1 gelten als Abgaben im Sinne des § 213 Abs. 2 BAO.

(3) Die Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe ist an einen, dem ***FA*** oder dem Finanzamt für Großbetriebe in einem Verfahren betreffend Abgaben gemäß § 213 Abs. 1 BAO bekannt gegebenen Zustellungsbevollmächtigten zuzustellen. Dieser gilt solange als zur Empfangnahme der Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe ermächtigt, als nicht ein anderer Zustellungsbevollmächtigter für Angelegenheiten dieser Bestimmung namhaft gemacht wird. Ist kein Zustellungsbevollmächtigter im Sinne dieses Absatzes vorhanden, so sind die Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe an den Rechtsträger zuzustellen."

Somit waren sowohl die Androhung der Zwangsstrafe als auch der Bescheid über deren Festsetzung an die Beschwerdeführerin zuzustellen. Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen (§ 5b Abs. 1 der FinanzOnline-Verordnung 2006). Jeder FinanzOnline-Teilnehmer hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung von Erledigungen wird durch die Nichtangabe, die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert (§ 5b Abs. 2 FOnV 2006). Auch eine unterbliebene Information über eine im Wege von FinanzOnline erfolgte Zustellung ändert nichts an deren Wirksamkeit (Ritz/Koran, BAO, 7.A., Rz 4 zu § 98 mit Judikaturhinweisen). In diesem Sinn ist das Beschwerdevorbringen, im Unternehmensserviceportal sei eine E-Mailadresse hinterlegt gewesen, jedoch sei an diese keine Verständigung erfolgt, nicht geeignet, die Unwirksamkeit der Zustellung der Aufforderung zur Erstattung der Meldung nach dem WiEReG darzutun.

Die Beschwerdeführerin hat die Meldung gemäß § 5 WiEReG trotz vorangegangener Erinnerung unter Androhung einer Zwangsstrafe nicht fristgerecht erstattet. Daher ist der Tatbestand des § 16 Abs. 1 WiEReG erfüllt. Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Ermessensübung hat innerhalb jener Grenzen zu erfolgen, welche das Gesetz festlegt (§ 20 BAO). Ermessensentscheidungen sind nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen und haben sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren ().

Sinn und Zweck der Regelung des § 5 WiEReG über die Meldung der Daten über die wirtschaftlichen Eigentümer ist es, einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu leisten (vgl ErlRV 1660 BlgNR XXV. GP, 1). In Umsetzung der 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie sollen dadurch die hinter Unternehmen und Vermögensmassen stehenden Eigentümer transparent und überprüfbar gemacht werden. Das Register der wirtschaftlichen Eigentümer erfordert, dass es mit den notwendigen Daten befüllt wird, was ohne Meldepflichten wohl unmöglich wäre. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit ist daher die zeitgerechte Einhaltung der Meldeverpflichtungen gemäß § 5 WiEReG durch die Androhung und gegebenenfalls die Festsetzung von Zwangsstrafen durchzusetzen. Die zentrale Bedeutung, die der Gesetzgeber der Meldung gemäß § 5 WiEReG beimisst, kommt insbesondere in den strengen Strafbestimmungen des § 15 WiEReG zum Ausdruck, denen zufolge Meldepflichtverletzungen mit Geldstrafen bis zu € 200.000,- zu ahnden sind (; ; , ). Das Interesse der Beschwerdeführerin, nicht durch eine Zwangsstrafe finanziell belastet zu werden, steht im gegenständlichen Fall hinter dem Gewicht der Zweckmäßigkeit zurück. Dem Grunde nach war daher eine Zwangsstrafe festzusetzen.

Gemäß § 111 Abs 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von EUR 5.000,- nicht übersteigen. Zweck der Zwangsstrafe ist es insbesondere, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten. Hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe spricht die Zweckmäßigkeit für eine deutlich spürbare Höhe. Durch das Erinnerungsschreiben der Abgabenbehörde im Jahr 2021 und angesichts der am erfolgten erstmaligen Meldung war der Beschwerdeführerin zweifelsfrei bekannt, dass die wirtschaftlichen Eigentümer und auch die jährlichen Überprüfungen der Abgabenbehörde zu melden sind. Daher ist die Höhe der verhängten Zwangsstrafe von 20 % des gesetzlichen Höchstbetrages angemessen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gegenständlich waren Sachverhaltselemente sowie die Ermessensübung im Einzelfall zu beurteilen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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