Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2024, RV/1100571/2016

Infektionszulagen betreffend Ordinationshilfen

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0030.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Achleitner Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Schweizer Strasse 37, 6845 Hohenems, gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Haftung als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Kalenderjahre 2010 bis 2014 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtenen Bescheide werden wie folgt abgeändert:

  1. Lohnsteuer 2010, für deren Einbehaltung und Abfuhr der Beschwerdeführer gemäß § 82 EStG 1988 haftet € 31,02 (bisher € 653,94)

  2. Lohnsteuer 2011, für deren Einbehaltung und Abfuhr der Beschwerdeführer gemäß § 82 EStG 1988 haftet € 19,53 (bisher € 651,27)

  3. Lohnsteuer 2012, für deren Einbehaltung und Abfuhr der Beschwerdeführer gemäß § 82 EStG 1988 haftet € 19,58 (bisher € 654,61)

  4. Lohnsteuer 2013, für deren Einbehaltung und Abfuhr der Beschwerdeführer gemäß § 82 EStG 1988 haftet € 30,74 (bisher € 694,97)

  5. Lohnsteuer 2014, für deren Einbehaltung und Abfuhr der Beschwerdeführer gemäß § 82 EStG 1988 haftet € 412,22 (bisher € 1.005,84)

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Haftungsbescheiden gemäß § 82 EStG 1988 vom 15. Feber 2016 betreffend die Kalenderjahre 2010 bis 2014 wurde der Beschwerdeführer als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Anspruch genommen und auf den Bericht vom 15. Feber 2016 verwiesen.

In diesem Bericht wurde wie folgt unter anderem ausgeführt:

"…

Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage

Sachverhaltsdarstellung

Bei der Dienstnehmerin wurde die Infektionszulage (Gefahrenzulage) steuerfrei abgerechnet, obwohl sie in ihrer Arbeitszeit nicht entsprechende Tätigkeiten zu verrichten hat, die eine solche Zulage rechtfertigen würde. Die Auswirkungen bei der Arbeitnehmerveranlagung durch die Bescheinigung wird im Haftungsweg dem Arbeitgeber vorgeschrieben.

***1***

Überstundenzuschläge gem. § 68 Abs. 1 und 2

Sachverhaltsdarstellung

Die abgerechneten steuerfreien Überstunden werden nachversteuert. Die Überstunden wären nicht angefallen, wäre auf Arbeitszeitbestimmungen geachtet worden. Zudem sind die Stundenaufzeichnungen im Zusammenhang mit den Öffnungszeiten des Arztes wenig glaubwürdig.

***2***

Laut Lohnkonto

Sachverhaltsdarstellung

Es konnte weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden, dass eine Gefährdung im Sinne des § 68 EStG der Ordinationshilfen beim Kinderarzt besteht. Aus diesem Grund ist die bezahlte Infektionszulage steuerpflichtig nachzurechnen.

***2***

…."

Mit Schriftsatz vom wurde gegen obgenannte Bescheide rechtzeitig Beschwerde erhoben und wie folgt ausgeführt:

"Im Namen und im Auftrag von Herrn ***3*** wird hiermit gegen den Haftungsbescheid für das Jahr 2010 vom 15. Feber 2016 innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und beantragt, die Infektionszulage (936,00 Euro) und die Überstundenzuschläge (770,80 Euro) für die Ordinationshilfe ***4*** steuerfrei zu belassen. Die Aussetzung des zu viel festgesetzten Steuerbetrages in Höhe von 622,92 Euro bis zur Erledigung dieser Beschwerde wird beantragt.

Begründung:

Frau ***4*** ist laut Dienstvertrag vom in der Kinderarztpraxis als Ordinationshilfe angestellt und erhielt für ihre Tätigkeit eine Infektionszulage in der kollektivvertraglichen Höhe. Diese Zulage wurde entsprechend den Bestimmungen des § 68 EStG steuerfrei behandelt. In der Sachverhaltsdarstellung des Prüfberichtes wurde angeführt, dass "weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden" konnte, dass eine Gefährdung i.S. des § 68 EStG für Ordinationshilfen bei einem Kinderarzt besteht. Entsprechende Erhebungen in dieser Sache wurden nicht durchgeführt, weder der Dienstgeber noch die Dienstnehmerin wurden dazu befragt, so dass eine Glaubhaftmachung gar nicht möglich war.

Das Bundesfinanzgericht der Republik Österreich hat mit Erkenntnis RV/3100091/2011 vom in einem ähnlich gelagerten Fall für die Anwendbarkeit des § 68 Abs. 5 EStG 1988 Bezug auf das begünstigungsfähige Element des berufsbedingten Bestehens einer Gefahr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit von Arbeitnehmerinnen Bezug genommen. Dabei wird vom BFG mit Verweis auf das Erkenntnis des die Ansicht vertreten, dass Ordinationshilfen insbesondere in kleinen Arztpraxen in ständigem Patientenkontakt stehen und laufend mit infektiösem Material tatsächlich in Kontakt kommen können. Somit besteht in allen Zeiten, in welchen Patienten behandelt werden, eine entsprechende Gefahr und kommt es nicht darauf an, ob sich diese Gefahr auch tatsächlich in einer konkreten unmittelbaren Gefährdungssituation manifestiert.

Die ausbezahlten und (für jeweils 10 Überstunden pro Monat) steuerfrei abgerechneten Zuschläge wurden durch lückenlose und ausführliche Stundenaufzeichnungen nachgewiesen, in denen die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung der geleisteten Überstunden exakt aufgelistet sind. An der Glaubwürdigkeit dieser Stundenaufzeichnungen kann es keinen Zweifel geben, es besteht kein verwandtschaftliches Naheverhältnis zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber und die Aufzeichnungen wurden laufend und zeitnah von der Mitarbeiterin geführt. Die Arbeitszeiten einer Ordinationshilfe können sich nicht auf die offiziellen Öffnungszeiten der Kinderarztpraxis beschränken. Der BFG weist im bereits zitierten Erkenntnis vom darauf hin, dass nach der allgemeinen Erfahrung die Praxis so lange offen gehalten wird, bis alle wartenden Personen behandelt wurden. Nachdem die Kinderarztpraxis am Donnerstag geschlossen war, war die anfallende Arbeit an nur vier Tagen in der Woche zu leisten und von Frau ***5*** als einziger Vollzeit-Ordinationshilfe zu leisten, die betriebliche Notwendigkeit war damit klar gegeben. Die Arbeitszeitbestimmungen sind nicht maßgeblich für die steuerliche Behandlung der Überstundenzuschläge. Die Dienstnehmerin hat die Überstunden innerhalb der Frist des Kollektivvertrags dem Arbeitgeber gegenüber geltend gemacht, weshalb sie mit Zuschlag zu bezahlen waren."

Betreffend das Jahr 2011 beantragte die steuerrechtliche Vertretung, die Infektionszulage (960,00 Euro) und die Überstundenzuschläge (770,80 Euro) für die Ordinationshilfe ***4*** steuerfrei zu belassen.

Betreffend das Jahr 2012 beantragte die steuerrechtliche Vertretung, die Infektionszulage (960,00 Euro) und die Überstundenzuschläge (779,80 Euro) für die Ordinationshilfe ***4*** steuerfrei zu belassen.

Betreffend das Jahr 2013 beantragte die steuerrechtliche Vertretung, die Infektionszulage (960,00 Euro) und die Überstundenzuschläge (859,80 Euro) für die Ordinationshilfe ***4*** steuerfrei zu belassen.

Betreffend das Jahr 2014 beantragte die steuerrechtliche Vertretung, die Infektionszulage für die Ordinationshilfen ***12***, ***7*** und ***4*** (1.182,15 Euro) und die Überstundenzuschläge (444,23 Euro) für die Ordinationshilfe ***4*** steuerfrei zu belassen.

Von der GPLA-Prüferin erfolgte folgende Stellungnahme:

"Zur Glaubhaftmachung der Infektionszulagen:

Es wurde meinerseits beim Steuerbüro mehrmals nachgefragt, inwiefern eine Gefährdung der Dienstnehmerin im Prüfungszeitraum bestanden hätte, die Antwort darauf bestand immer nur, dass halt eine solche Zulage im Kollektivvertrag vorgesehen sei. Es stimmt, dass ich die Dienstnehmerin dazu nicht befragt habe, diesbezüglich liegt aber kein Verfahrensmangel vor, weil ich nicht beweisen muss, dass eine solche Zulage nicht zusteht, sondern der Dienstgeber den Beweis erbringen muss, dass eine solche Zulage dem Grunde nach zustehen würde.

Bei einem Telefonat vor Weihnachten mit dem Kinderarzt selbst, hat dieser am Telefon bestätigt, dass sämtliche Blutabnahmen und Impfungen ausschließlich vom Arzt selbst gemacht werden, deshalb erscheint es mir auch nicht besonders wahrscheinlich, dass die Ordinationshilfe mit Blut, Harn oder Seren in Kontakt kommt, was aber die Voraussetzung für die Gewährung dieser Zulage nach Kollektivvertrag ist.

Nachdem Kleinkinder immer von ihren Eltern begleitet sind, glaube ich auch nicht, dass der Kontakt mit Stuhl oder Harn bei Wickelvorgängen häufig vorkommt. (Da diese Vorgänge doch meist von der Mutter selbst erledigt werden).

Zu den Überstunden ist folgendes zu sagen:

Laut Kollektivvertrag darf der Arbeitsbeginn nicht vor 7 Uhr in der Früh liegen und die gesamten Stunden des Tages nicht mehr als 10 Arbeitsstunden betragen. Nachdem bei diesem Kinderarzt weder Wochenenddienste noch Notdienste erledigt werden und nur vier Tage in der Woche offen ist, kann bei Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen die 40 Stunden in der Woche nicht überschritten werden.

Es stimmt zwar, dass Frau ***5*** ihren Arbeitsbeginn größtenteils mit 6:45 Uhr dokumentiert hat, was aber meines Erachtens auch nicht notwendig gewesen wäre. Denn auch Vorbereitungen können in einer Stunde abgewickelt werden, wenn die Ordination erst um 8 Uhr beginnt. Ich glaube auch nicht, dass das Steuerrecht dazu da ist, dauernde Gesetzesübertretungen steuerlich zu begünstigen.

Auffällig ist, dass alle anderen Ordinationshilfen ihre Arbeit nicht vor 7 Uhr in der Früh beginnen und auch nie länger als 10 Stunden pro Tag arbeiten, also offensichtlich ist das Arbeitspensum durchaus in dieser Zeit zu bewerkstelligen.

Der Verdacht war daher, dass die Arbeitszeiten lediglich für die steuerliche Begünstigung derart aufgezeichnet wurden."

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde wie folgt ausgeführt:

"Werden abgabenrechtliche Begünstigungen in Anspruch genommen, obliegt es dem Steuerpflichtigen einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigungen sprechen.

  1. Überstundenzuschläge 2010 - 2014

Bitte stellen sie die Öffnungszeiten lt. Aushang und die tatsächlichen Öffnungszeiten der Ordination gegenüber (tatsächlicher Kundenkontakt). Bitte legen Sie die betriebliche Notwendigkeit für den früheren Arbeitsbeginn und das späte Arbeitsende und die damit verbundenen Überstunden von Frau ***5*** dar. Wurden die über die Normalarbeitszeit hinausgehenden Stunden in Form von Zeitausgleich konsumiert?

Infektionszulage

Der Kinderarzt hat dem Prüforgan telefonisch bestätigt, dass sämtliche Blutabnahmen und Impfungen ausschließlich vom Arzt selbst gemacht werden.

  1. Bitte zeigen sie auf, welche Arbeitsverrichtungen/Tätigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen eine besondere Erschwernis, Gefahr oder Verschmutzung gegenüber den in dieser Berufssparte sonst üblichen Arbeitsbedingungen darstellen (ev. Aufzeichnungspflichten für andere Institutionen (Arbeitsinspektorat, Arbeitsplatzbeschreibungen, Ausbildungsvoraussetzungen, …)) - nach den strittigen Jahren.

  2. Bitte weisen sie nach, dass die tatsächlich verrichteten Tätigkeiten der Mitarbeiterinnen die strittige(n) Zulage(n) dem Grunde nach im Zeitraum 2010-2014 rechtfertigen (Gefahr je Dienstnehmerin in Stunden und die Gesamtarbeitszeit in Stunden). Sollten Aufzeichnungen für den strittigen Zeitraum nicht vorliegen wäre die Glaubhaftmachung auch durch aktuelle Arbeitszeiterhebungen nach Tätigkeiten der Mitarbeiterinnen über einen Zeitraum von einem Monat möglich. Diese Aufzeichnungen können die Grundlage für eine Steuerfreiheit der gewährten Zulagen bilden und laufende Aufzeichnungen ersetzen. Bei wesentlichen Änderungen in den Abläufen und Arbeitsbedingungen wären pauschale Aufzeichnungen anzupassen.

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis zu monatlich € 360 steuerfrei.

Gemäß § 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988 sind unter anderem Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Als solche Zulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die der Arbeitskraft deshalb gewährt werden, weil die Arbeiten überwiegend unter Umständen erbracht werden, die in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung der Arbeitskraft und ihrer Kleidung bewirken oder im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen oder infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit der Arbeitskraft mit sich bringen.

Betreffend Gefahrenzulage stellt § 68 Abs. 1 iVm Abs. 5 EStG 1988 darauf ab, dass tatsächlich nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls eine Berufsgefahr (überwiegend) besteht. Ist mit einer Tätigkeit nicht zwangsläufig eine typische Berufsgefahr verbunden, sondern eine Allgemeingefahr, steht die Steuerbegünstigung nicht zu (vgl. ).

Eine Arbeitskraft muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die genannte Verschmutzung zwangsläufig bewirken oder eine außerordentliche Erschwernis oder zwangsläufig eine Gefahr darstellen (vgl. ). Dies erfordert nach Rechtsprechung und Lehre, dass der Behörde nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (vgl. bzw. ).

Bei im Empfangsbereich einer Spitalsambulanz oder eines (Fach)Arztes eingesetzten Dienstnehmern ist davon auszugehen, dass diese keiner über das Allgemeinrisiko hinausgehenden Gefährdung ausgesetzt sind. Ausgenommen davon sind Arbeitnehmer, die im Rahmen ihrer Tätigkeit im Empfangsbereich berufsbedingt auch mit fremden Blut oder Harn in Kontakt kommen können. Bei diesen Arbeitnehmern kann eine entsprechende Zulage steuerbegünstigt gewährt werden.

Die Ausübung eines bestimmten Berufes für sich allein rechtfertigt nicht die Steuerfreiheit einer gewährten Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahrenzulage (SEG-Zulage); vielmehr müssen zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen in einer bestimmten Berufssparte im einzelnen Fall Arbeitsverrichtungen treten, die eine besondere Erschwernis, Verschmutzung oder Gefahr gegenüber den in dieser Berufssparte sonst üblichen Arbeitsbedingungen darstellen.

Überstundenarbeit liegt vor, wenn entweder die wöchentliche Normalarbeitszeit oder die Tagesarbeitszeit, die sich auf Grund der Verteilung dieser Wochenarbeitszeit ergibt überschritten wird.

Überstunden, die nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 begünstigt abgerechnet werden, sind aufzuzeichnen. Neben der Normalarbeitszeit ist auch die zeitliche Lagerung der am Sonn-, Feiertag und in der "steuerlichen" Nacht geleisteten Überstunden sowie das betriebliche Erfordernis für das Ableisten derartiger Arbeitszeiten aufzuzeichnen. Die Aufzeichnung ist laufend zu führen, nachträgliche Aufzeichnungen sind nicht zulässig.

Wird für eine geleistete Überstunde nur der Überstundenzuschlag ausbezahlt, der Überstundengrundlohn in Form eines Zeitausgleiches abgegolten, so kann eine Steuerbegünstigung nicht in Anspruch genommen werden. Eine Begünstigung ist nur dann gegeben, wenn neben dem Überstundenzuschlag auch ein Überstundengrundlohn ausbezahlt wird."

Mit Schriftsatz vom gab die steuerrechtliche Vertretung wie folgt an:

"Im Zuge der GPLA wurden Begünstigungen wie die Steuerfreiheit für Überstundenzuschläge und für Infektionszulagen verwehrt. Wir haben dazu eine Stellungnahme vom Dienstgeber eingeholt und diesem Schreiben beigelegt. Ergänzend werden noch die folgenden Anmerkungen vorgebracht.

Überstundenzuschläge: Als einzige Mitarbeiterin betroffen war Frau ***4***, die die geleisteten Arbeitszeiten detailliert aufgezeichnet hat. Die Aufzeichnungen an sich wurden bei der GPLA auch nicht infrage gestellt, es wurde lediglich die betriebliche Notwendigkeit verneint. Und dies, ohne dass der Dienstgeber oder die Dienstnehmerin dazu befragt wurden.

Frau ***5*** hat bei einer Befragung unsererseits die Situation genau gleich geschildert, wie es der Dienstgeber in seiner Stellungnahme beschreibt. Frau ***5*** war in der fraglichen Zeit die einzige Ordinationshilfe und hat die anfallenden Arbeiten in den zahlreichen Arbeitsstunden sehr gewissenhaft erledigt. In der Zwischenzeit sind drei Dienstnehmerinnen beschäftigt, die sich diese Arbeiten aufteilen. Dass natürlich auch außerhalb der Öffnungszeiten Arbeiten zu erledigen sind, ist bei Arztpraxen wohl allgemein üblich und verständlich. Alle bei Ende der Öffnungszeiten noch wartenden Patienten müssen noch gewissenhaft behandelt werden, bevor die Ordination geschlossen werden kann. Und auch danach sind Tests durchzuführen und Befunde zu schreiben. Die betriebliche Notwendigkeit der angefallenen Überstunden liegt eindeutig vor, sie kann eigentlich nur vom Dienstgeber beurteilt werden und nicht einfach vom Prüfungsorgan ohne irgendwelche Erhebungen verneint werden.

Infektionszulagen: An alle Dienstnehmerinnen wurden steuerfreie Infektionszulagen ausbezahlt. Im Falle der beiden Krankenschwestern, die nur fallweise als EEG-Helferinnen eingesetzt waren, war dies nicht gerechtfertigt. Dies wurde bei der GPLA übereinstimmend festgestellt und im Steuerbescheid entsprechend korrigiert. Allerdings wurden ohne unser Einverständnis unter Bezugnahme auf ein Telefongespräch auch bei allen Ordinationshilfen die Zulagen nachversteuert. In § 68 Abs. 5 EStG 1988 wird bereits das Bestehen einer berufsbedingten Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Dienstnehmers als begünstigungsfähiges Element umschrieben, was bei Ordinationshilfen durch den Kontakt mit infektiösem Material ebenso wie durch die laufend notwendige Reinigung der medizinischen Geräte zweifellos gegeben ist.

Im Prüfungszeitraum wurden keine laufenden Aufzeichnungen geführt, welche Tätigkeiten durch die Mitarbeiterinnen tatsächlich verrichtet wurden. Daher wurden für den letzten Monat (Mai 2016) aktuelle Arbeitszeiterhebungen durchgeführt, aus denen sich erkennen lässt, wie häufig und welche Tätigkeiten im Einzelnen durch die Ordinationshilfen verrichtet wurden, bei denen eine Gefährdung durch den Kontakt mit infektiösem Material bestanden hat. ***3*** beschreibt in seiner Stellungnahme, dass alle Mitarbeiterinnen alle in der Ordination anfallenden Tätigkeiten können sollen, was im Interesse des Arbeitgebers, aber genauso im Interesse der Arbeitnehmerinnen und der Patienten liegt. Das ist der Grund, dass bei der Tätigkeit am Empfang unter den Mitarbeiterinnen immer wieder abgewechselt wird. Der Empfang ist auch nur während der Öffnungszeiten laut Aushang besetzt, weil nur in dieser Zeit Patienten angenommen werden. Die tatsächlichen Arbeitszeiten gehen aber deutlich darüber hinaus, wie bereits im Falle der Überstunden erläutert wurde. Dieser Umstand bedingt logischerweise, dass die Zeiten überwiegen, in denen die begünstigungsfähigen Tätigkeiten anfallen. All dies geht auch eindeutig aus den beiliegenden Aufzeichnungen für den Monat Mai 2016 und der Stellungnahme von Herrn ***3*** hervor.

Im Prüfbericht wurde auf ein Telefonat mit dem Dienstgeber verwiesen, in dem er erklärt hat, dass die venösen Blutabnahmen von ihm persönlich vorgenommen werden. Daraus wurde abgeleitet, dass die Ordinationshilfen keiner Gefährdung ausgesetzt sind. Über zahlreiche andere Tätigkeiten wie Impfungen, Tests von Harn- und Stuhlproben udgl. wurde damals aber nicht gesprochen. Diese Arbeiten werden ausschließlich von den Mitarbeiterinnen erledigt und bergen alle die Gefahr in sich, mit infektiösem Material in Kontakt zu kommen. "

In der Stellungnahme vom gab der Beschwerdeführer wie folgt an:

"Überstundenzulage 2010 - 2014

In der Zeit in welcher die Überstunden von Fr. ***5*** angefallen sind, bestand mein Dokumentationssystem noch nicht aus einem automatischen Diktafon, wie ich es derzeit verwende. Das bedeutet, dass sämtliche Berichte, Aufzeichnungen und Arztbriefe in den Karteikarten der Patienten von Frau ***5*** aufgeschrieben werden mussten. Dazu war der Prozess so ausgelegt, dass ich die Daten der Patientin auf ein Diktaphon mit Band eingegeben habe und dann hat Fr. ***5*** in den folgenden Tagen von diesem Band die Aufzeichnungen direkt zu den Patienten in die Computer Karteikarte eingetragen. Aufgrund der notwendigen Dokumentation und der oft recht ausführlichen Befunde, ist dabei ein großes Datenmaterial angefallen. Da das Schreiben während der normalen Arbeitszeiten aufgrund des Patientenaufkommens, natürlich nicht möglich gewesen ist, musste Frau ***5*** oft am Morgen früher beginnen bzw. auch am Abend länger arbeiten, um diese Aufgaben erledigen zu können. Auch war zu dieser Zeit am Donnerstag die Ordination wegen meiner Tätigkeit am Schulheim in ***8*** geschlossen und Fr. ***5*** verwendete oft auch Zeit am Donnerstag, um diese Arbeiten zu bewältigen.

Seit nun das elektronische System verwendet wird (seit Herbst 2014), bei welchem die diktierten Einträge direkt in das Krankenblatt des Computers geschrieben werden, fallen diese Arbeiten und die dadurch begründeten Überstunden, nicht mehr an.

Diese über die Normalarbeitszeit hinausgehenden Stunden wurden sowohl in Form von Zeitausgleich aber auch in Form von Auszahlung dieser Überstunden vergütet.

Tatsächliche Öffnungszeiten:

Aufgrund meines Vertrages mit der ***9*** GKK bin ich verpflichtet, meine Ordination für 20 h/Woche geöffnet zu haben. Während dieser 20 Stunden muss das Telefon besetzt werden. In den darüberhinausgehenden Zeiten ist das Telefon nicht besetzt. Tatsächlich ist es auch so, dass mit diesen 20 Stunden das Auslangen bei weitem nicht gefunden werden kann und die Arbeitszeiten oft an den Wintermonaten sehr lange gehen und zum Teil fast durchgehend von in der Früh bis spät in den Abend hinein.

Da hier eine ausreichende Dokumentation über den Kalender mit den Eintragungen der Patienten vorliegt, müsste ich genau wissen, welche Abschnitte Sie genau haben wollen, da eine Übermittlung der Öffnungszeiten für jeden Tag der Jahre 2010 - 2014 doch sehr aufwendig erscheint.

Infektionszulage 2010 - 2014

Die Assistentinnen, die bei mir in der Ordination arbeiten, sind nicht ausschließlich nur im Sekretariat/Anmeldung oder nur bei der Unterstützung meiner Arbeit eingestellt. Die Arbeitsplätze werden sehr häufig gewechselt, da es in meinem Interesse liegt, dass alle Assistentinnen alle Aufgaben erledigen können. Auch ist es so, dass eine Doppelbesetzung in der Ordination, sprich Assistentin bei der Anmeldung und Assistentin zur Unterstützung meiner Arbeit, nur während der offiziellen Öffnungszeiten gegeben ist, in den übrigen Zeiten, wenn das Telefon nicht besetzt sein muss, arbeite ich oft nur mit einer Assistentin, die dann auch hier in allen Bereichen natürlich tätig sein muss. Damit sind alle Assistentinnen bei ihrer Arbeit mit infektiösem Material in Verbindung und müssen die Arbeiten entsprechend erledigen.

Im Mai 2016 haben wir nun alle diese Tätigkeiten aufgezeichnet, bei welchen die Assistentinnen mit infektiösem Material in Verbindung kommen. Diese Tabelle wird beigelegt.

Dem Prüforgan habe ich telefonisch bestätigt, dass sämtliche Blutabnahmen durch mich durchgeführt werden. Damit sind aber Blutabnahmen gemeint, bei denen das Blut direkt aus der Vene abgenommen wird. Die anderen Blutabnahmen, bei denen es sich um einfache Blutbilder handelt, werden jedoch von der Assistentin von der Fingerbeere des Patienten entnommen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen und wie folgt begründet:

"….Infektionszulagen:

…Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie auf Grund der im Gesetz genannten "lohngestaltenden Vorschriften" oder innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden. Für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung für eine gewährte Schmutzzulage müssen somit drei Voraussetzungen erfüllt werden:

1. Die Zulage muss auf Grund der im Gesetz genannten "lohngestaltenden Vorschriften" oder innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden (formelle Voraussetzung).

2. Die vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten erfolgen überwiegend unter Umständen, die in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken (materielle Voraussetzung).

3. Es muss sich um eine "Zulage" handeln, die als solche zusätzlich zum regelmäßigen Arbeitslohn gewährt werden muss, und die auch von ihrem Ausmaß her angemessen ist (vgl. dazu z.B. ; , 85/13/0177; , 97/13/0163).

Der Kollektivvertrag Ärzte ***10*** bestimmt, dass den Angestellten der Ärzte in ***10*** eine Infektionszulage zusteht, wenn sie in Ausübung ihrer Tätigkeit mit Blut, Serum, Harn, Stuhl, ätzenden oder giftigen Reagenzien, oder anderem infektiösem Material in Berührung kommen.

Es ist - bezogen auf die gesamte vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten - zu prüfen, ob diese Arbeiten überwiegend zu einer erheblichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr führen (vgl. ). Die Frage einer außerordentlichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr ist nicht allein anhand der Arbeiten zu untersuchen, mit denen diese besonderen Arbeitsbedingungen verbunden sind. Vielmehr ist bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb des Zeitraumes, für den der Arbeitnehmer eine Zulage zu erhalten hat, zu prüfen, ob sie überwiegend (= mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit, für die eine Zulage gewährt wird) eine außerordentliche Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr bewirken.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit ist vom Arbeitgeber nachzuweisen. Wenn ein Steuerpflichtiger abgabenrechtliche Begünstigungen in Anspruch nimmt, besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine erhöhte Nachweis- und Mitwirkungspflicht (vgl. UFSI vom , RV/0285-I/06).

Um das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen prüfen zu können, ist die Kenntnis der Art und des Ausmaßes der Dienstpflichten und der Arbeitsbedingungen eines Arbeitnehmers erforderlich. Für die steuerliche Anerkennung von Zuschlagspauschalen ist darüber hinaus anhand von Aufzeichnungen über die tatsächlich unter zuschlagswürdigen Umständen verrichteten Arbeitsstunden die gerechtfertigte Höhe der Pauschalien nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen (UFSF vom , RV/0261-F/05; ).

Im Ergänzungsersuchen wurden Arbeitsaufzeichnungen für den Monat Mai 2016 übermittelt. Aus dieser Tabelle geht hervor, bei welchen Tätigkeiten von einer Gefährdung im Sinne des § 68 EStG auszugehen ist und bei wie vielen Patienten von den jeweiligen Mitarbeiterinnen diese an einzelnen Tagen durchgeführt wurden.

Das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen (überwiegen der besonderen Arbeitsbedingungen) für die Steuerfreiheit kann durch die im Ergänzungsersuchen übermittelten Aufzeichnungen nicht dargelegt oder glaubhaft gemacht werden, da das Überwiegen der besonderen Arbeitsbedingungen nicht dargelegt wurde.

Überstundenzuschläge Frau ***5***

Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung von SFN-Arbeit ist ein betriebliches Erfordernis ihrer Ableistung. Dieses ist nur dann gegeben, wenn die Arbeitszeiten nicht willkürlich in diese Zeiträume verlagert werden (zB durch "Zusammenkommenlassen von Arbeit").

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 bzw. LStR 2002 Rz 1156 sind nur jene Arbeitnehmer steuerlich zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den dort angeführten Zeiten (Sonntag, Feiertag, Nacht) Leistungen zu erbringen. Hierbei muss auch der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten die Tätigkeiten zu erbringen, nachgewiesen werden. Ansonsten hätten es Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch Verlagerung der (Überstunden)Tätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen (vgl. ).

Aus den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen muss geschlossen werden, dass diese nicht den tatsächlichen Gegebenheiten im Prüfungszeitraum entsprechen. Wie in der Beschwerdeschrift ausgeführt, müssen die am Ende der Öffnungszeiten noch wartenden Patienten noch gewissenhaft behandelt werden. Es ist davon auszugehen, dass die Arbeit nicht immer zu einer vollen der halben Stunde - wie in den Arbeitszeitaufzeichnungen im strittigen Zeitraum dargestellt - für die Mittagspause unterbrochen oder beendet werden konnte."

Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

Mit Schriftsatz vom 1. Feber 2017 wurde der Vorlageantrag wie folgt ergänzt:

"Überstundenzuschläge 2010-2014:

Bei den infrage stehenden steuerfrei abgerechneten Überstundenzuschlägen für die Ordinationshilfe ***4*** handelt es sich um Zuschläge für Überstunden, die an Werktagen geleistet wurden und nach § 68 Abs. 2 EStG steuerfrei abgerechnet wurden. Die Abgabenbehörde stützt sich in ihrer Begründung hingegen ausschließlich auf § 68 Abs. 1 EStG. Dieser gelangt in gegenständlichem Fall jedoch nicht zur Anwendung.

Im Gesetz wird zwischen Überstunden, die an Wochentagen mit Ausnahme der Nachtarbeit erbracht werden ("Normalüberstunden" gem. § 68 Abs. 2 EStG) und Überstunden, die an Sonntagen, Feiertagen oder während der Nacht geleistet werden ("qualifizierte Überstunden" gem. § 68 Abs. 1 EStG) unterschieden.

Als Überstunde gilt gemäß § 68 Abs. 4 EStG jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde. Eine Überstunde liegt somit dann vor, wenn entweder die Grenzen der zulässigen wöchentlichen Normalarbeitszeit (40 Stunden pro Woche) oder die tägliche Normalarbeitszeit, die sich aufgrund der (betrieblichen) Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit ergibt, überschritten werden. Da § 68 Abs. 4 EStG in seiner Legaldefinition einer steuerlichen Überstunde lediglich auf jene Arbeitsbestimmungen Bezug nimmt, die die Normalarbeitszeit regeln, sind darüberhinausgehende Arbeitszeitbestimmungen wie zb. für die Höchstgrenzen der Arbeitszeit für die steuerliche Behandlung der Überstundenzuschläge nicht maßgeblich.

Die von der Abgabenbehörde angeführte Voraussetzung des betrieblichen Erfordernisses wurde von der Judikatur zu § 68 Abs. 1 EStG entwickelt und kann nicht in gleichem Maße auf § 68 Abs. 2 EStG übertragen werden. Die Gründe wieso von Frau ***4*** Überstunden geleistet wurden, wurden von Herrn ***11*** in seiner Stellungnahme vom ausführlich dargelegt. Allein schon aufgrund dieser Angaben kann von einer willkürlichen Verlagerung der (Überstunden)Tätgikeit durch Frau ***4*** nicht ausgegangen werden. Wie sich aus den Arbeitszeitaufzeichnungen ergibt hat Frau ***5*** selbst an ihrem freien Tag, den Donnerstag, Arbeiten erledigt, die an den Vortagen von ihr nicht mehr abgeschlossen werden konnten. Für die Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung nach § 68 Abs. 2 EStG liegen jedenfalls alle rechtlichen Voraussetzungen vor.

Soweit die Abgabenbehörde die inhaltliche Richtigkeit der Arbeitsaufzeichnungen in Abrede stellt, sei festgehalten, dass Privaturkunden hinsichtlich ihrer inhaltlichen Richtigkeit zwar der freien Beweiswürdigung unterliegen, die Abgabenbehörde aber die Gründe darzulegen hat, wieso ein Beweismittel als nicht geeignet, zweckmäßig oder ausreichend erachtet wird. Sie hat ihre Erwägungen, Wertungen und Einsichten, die sie letztlich im Rahmen der freien Beweiswürdigung zur Überzeugung vom Zutreffen eines bestimmten Sachverhaltes geführt haben, darzulegen. Diese vorgenommenen Erwägungen müssen schlüssig sein.

In vorliegendem Fall wird ohne Durchführung eines konkreten Beweisverfahrens die inhaltliche Richtigkeit der Arbeitsaufzeichnungen mit dem Argument, dass davon auszugehen sei, dass die Arbeit nicht immer zu einer vollen oder halben Stunde für die Mittagspause unterbrochen oder beendet werden könnte, verneint. Darüber wie die Behörde zu dieser Feststellung gekommen ist, lässt Sie den Steuerpflichtigen im Dunkeln bzw. finden sich keine Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

Nur aufgrund des Umstandes, dass die Ruhepausen immer zur gleichen Zeit und in der gleichen Länge abgehalten und aufgezeichnet werden, kann keinesfalls geschlossen werden, dass die gesamten Arbeitszeitaufzeichnungen unrichtig seien. Zu viele Gründe kommen dafür in Betracht, die von Einzelfall zu Einzelfall divergieren können und aufgrund derer nicht auf eine allgemeingültige Annahme geschlossen werden kann. So ist es zB. nicht unüblich, dass in einem Betrieb in Viertelstunden-Intervallen die Arbeitsaufzeichnungen geführt und abgerechnet werden. Ob in solchen Fällen um fünf vor zwölf oder fünf nach Zwölf die Ruhepause angetreten wird lässt sich daraus naturgemäß nicht mehr erkennen.

Schaut man sich die Arbeitszeitaufzeichnungen von Frau ***4*** an, so lässt sich zwar feststellen, dass die Ruhepausen stets um 12 Uhr für eine halbe Stunde gehalten wurden, doch lässt sich daraus ebenso ablesen, dass es Tage gab, an denen sie keine Ruhepause gehalten hat. Dies kann zB. darauf zurückgeführt werden, dass an Tagen mit erhöhtem Patientenaufkommen keine Ruhepausen gehalten werden konnten. Die genauen Gründe für die Lage der Ruhepausen werden aber wohl nur durch Befragung von Frau ***4*** und Herrn ***11*** in Erfahrung gebracht werden können.

Infektionszulagen 2010-2014

In § 68 Abs. 5 EStG sind zwei Tatbestände normiert, nach der eine aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift ausbezahlte Gefahrenzulage steuerlich begünstigt abgerechnet werden kann. Nach dem zweiten Tatbestand können auch potenzielle Gefährdungen ("infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr …"), die ein Risiko für Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen, steuerlich begünstigt sein.

In einem ähnlich gelagerten Fall bezüglich einer Infektionszulage an eine Ordinationshilfe einer kleinen Arztpraxis hat das BFG zu RV/3100091/2011 vom zum zweiten Tatbestand des § 68 Abs. 5 EStG ausgeführt, dass es für die Anwendung dieses zweiten Begünstigungstatbestandes nicht unbedingt notwendig ist, dass sich diese Gefahr durch eine konkrete Beeinträchtigungssituation zeigt. Vielmehr reiche es aus, dass diese Gefahr real bestehe. In diesem Erkenntnis wird vom BFG die Ansicht vertreten, dass beim Hantieren mit (möglicherweise) infektiösem Material (Blut, Harn, usw.) auch dann eine reale Gefahr bestehe, welche die Auszahlung einer steuerfreien Zulage dem Grunde nach rechtfertigt, wenn bei Einhaltung der Sicherheitsnormen ein unmittelbares "In-Kontakt-Kommen" nicht regelmäßig der Fall sein wird. Die Bezugnahme auf den Begriff "Gefahr" bedeute nämlich, dass eine tatsächlich schädliche Einwirkung (noch) nicht erfolgt sei, dies aber möglich sei.

In der Begründung führt die Abgabenbehörde aus, dass das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen (überwiegen der besonderen Arbeitsbedingungen) für die Steuerfreiheit durch die im Zuge der GPLA-Prüfung bzw. der Bescheidbeschwerde vorgelegten Unterlagen nicht dargelegt oder glaubhaft gemacht worden seien. Auch hier fehlen wieder nähere Ausführungen, wie die Abgabenbehörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu dieser Feststellung gelangt ist.

Zur Voraussetzung des Überwiegens hat das bereits zitierte BFG-Erkenntnis ebenso Stellung genommen. Unter Berufung auf die höchstgerichtlichen Erkenntnisse des VwGH zu 2006/08/0225 und 2003/08/0266 kommt das BFG zum Schluss, dass die Ansicht vertreten werden kann, dass Ordinationshilfen - insbesondere in kleinen Arztpraxen, in welchen eine strikte Aufteilung der Aufgaben nicht möglich ist - in ständigem Patientenkontakt stehen und laufend mit (möglicherweise) infektiösem Material auch tatsächlich und real in Kontakt kommen können. Somit bestehe in allen Zeiten, in welchen Patienten behandelt werden, eine entsprechende Gefahr und es komme nicht darauf an, ob sich diese Gefahr auch tatsächlich in einer konkreten unmittelbaren Gefährdungssituation manifestiere.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zb. ) sind bestimmte Arbeitszeiten bei der Betrachtung des Überwiegens auszuklammern. In Anlehnung an diese Judikatur wurde vom BFG im eingangs zitierten Erkenntnis in Bezug auf Beschäftigte in Arztpraxen die Ansicht vertreten, dass Zeiten, in welchen Telefonate geführt oder sonstige notwendige Verwaltungstätigkeiten erledigt werden, für die Prüfung des Überwiegens nicht zu berücksichtigen seien.

Wie sich aus der Stellungnahme von Herrn ***11*** vom ergibt, hat seine Ordination für 20 h/Woche geöffnet, wobei dies vor allem in den Wintermonaten nicht immer ausreichend sei. Des weiteren führt er aus, dass die Arbeitsplätze (Sekretariat, ärztliche Assistenzleistung) der Ordinationshilfen häufig wechseln, da es in seinem Interesse liege, dass alle Assistentinnen alle Aufgaben erledigen können. Dadurch würden auch alle Assistentinnen bei ihrer Arbeit mit infektiösem Material in Verbindung kommen.

Beim vorliegenden Sachverhalt steht bezüglich Frau ***4*** fest, dass Sie bereits alleine aufgrund der Öffnungszeiten der Ordination (mind. 20 h/Woche) und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es der allgemeinen Erfahrung entspricht, dass die Ordination so lange offen gehalten wird, bis alle wartenden Personen behandelt wurden, bereits während mehr als 50 % ihrer tatsächlichen Arbeitszeit im direkten Patientenkontakt steht. Werden zudem noch jene Zeiten herausgerechnet, die für Telefonate oder sonstige Hilfs- und Verwaltungstätigkeiten aufgewendet werden, so ist klar zu errechnen, dass jene Zeiten die für die Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung relevant sind weit mehr als 50 % der gesamten Arbeitszeit betragen. Nichts anderes gilt in Bezug auf die ab 2014 angestellten Ordinationshilfen ***12*** und ***7***."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Laut vorliegenden Dienstverträgen war

  1. Frau ***5*** seit 11. Feber 2002 als Ordinationshilfe beim Beschwerdeführer für 40 Stunden pro Woche angestellt,

  2. Frau ***12*** seit als Ordinationshilfe beim Beschwerdeführer für 20 Stunden pro Woche angestellt und

  3. Frau ***7*** seit als Arztassistentin für 40 Stunden pro Woche angestellt.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden obgenannte Ordinationshilfen bzw. Arztassistentinnen Gefahrenzulagen steuerfrei ausbezahlt. Zwei Ordinationshilfen standen in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Eine Ordinationshilfe arbeitete 20 Stunden in der Woche. Die Arbeitnehmerinnen waren wechselweise für die Anmeldung, Telefonate, sonstige Verwaltungstätigkeiten sowie vor allem für die ärztliche Assistenzleistung tätig und standen vorwiegend in Kontakt mit den Patienten. Alle Assistentinnen hatten alle Aufgaben zu erledigen und sind dabei auch mit infektiösem Material in Verbindung gekommen.

An die Ordinationshilfe ***5*** wurden außerdem Überstundenzuschläge ausbezahlt, die gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 steuerfrei abgerechnet wurden. Die im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum abgerechneten Überstundenzuschläge gingen aus den detaillierten Arbeitszeitaufzeichnungen hervor.

In Streit steht das Vorliegen des Überwiegens jener Arbeitszeit, welche eine Steuerfreiheit der ausbezahlten Gefahrenzulagen gemäß § 68 Abs. 5 EStG 1988 begründet sowie die steuerfreie Auszahlung der Überstundenzuschläge an die Ordinationshilfe ***5***.

2. Rechtliche Beurteilung

Infektions- und Gefahrenzulage

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (SEG-Zulagen) bis € 360 monatlich steuerfrei. Gemäß § 68 Abs. 5 EStG 1988 sind unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen,

  1. die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken (Schmutzzulage),

  2. im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen (Erschwerniszulage), oder

  3. infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen (Gefahrenzulage).

Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie

1. auf Grund gesetzlicher Vorschriften,

2. auf Grund von seitens Gebietskörperschaften erlassenen Dienstordnungen,

3. auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst- (Besoldungs-) Ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,

4. auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,

5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,

6. auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,

7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmers gewährt werden.

Voraussetzungen für die Begünstigung sind daher (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 10):

1. die Zahlung neben dem Grundlohn (funktionelle Voraussetzung),

2. die im Gesetz umschriebene Arbeitserschwernis (materielle Voraussetzung),

3. die Zahlung aufgrund einer sogenannten lohngestaltenden Vorschrift oder Zahlung an alle bzw bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern (formelle Voraussetzung),

4. der Nachweis der tatsächlichen Arbeitsverrichtung,

5. die Angemessenheit der Zulage.

Die funktionelle, materielle sowie formelle Voraussetzung müssen gleichzeitig erfüllt sein. Liegt nur eine Voraussetzung nicht vor, kommt eine Begünstigung nicht in Betracht (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 10; Müller, ecolex 1995, 833; Sailer/Bernold, Mertens, Die Lohnsteuer 2010, 807; -I/04; -F/05; -F/09).

Die formellen Voraussetzungen (Zahlung neben dem Grundlohn etc.) sind im vorliegenden Beschwerdefall unbestritten erfüllt.

In Streit steht jedoch die materielle Voraussetzung. Und zwar müssen die Arbeiten unter erschwerten Umständen verrichtet werden. Dies ist sowohl inhaltlich als auch zeitlich zu verstehen (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 12). Diese Begünstigung setzt somit unter anderem voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, die die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllen. Der Arbeitnehmer muss also während der (gesamten) Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die genannte Verschmutzung zwangsläufig bewirken oder eine außerordentliche Erschwernis oder Gefahr darstellen (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 12; ). Dies bedeutet, dass die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten mehr als die Hälfte der Arbeitszeit, für die eine Zulage gewährt wird, eine außerordentliche Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr bewirken (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 12; ).

Der Arbeitnehmer muss die den Zulagen zugrundeliegenden Arbeiten tatsächlich verrichten; dies gilt auch für den Fall, in dem der Zulagenanspruch aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift unabhängig von der tatsächlichen Arbeitserbringung zusteht (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 18; ). Der Behörde ist weiters der Nachweis zu erbringen, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 18; , ; ). Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung eines Sachverhaltes, der unter § 68 Abs. 1 iVm Abs. 5 fällt, kann nicht nur durch nachprüfbare Grundaufzeichnungen, sondern auch in anderer Weise erbracht werden (vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 68 Rz 18; ; ; ).

Laut Stellungnahme des Beschwerdeführers vom seien die Ordinationsassistentinnen nicht ausschließlich und zeitlich konkret abgrenzbar im Sekretariat/Anmeldung oder zur Unterstützung seiner Arbeit eingestellt. Die Arbeitsplätze würden sehr häufig gewechselt, da es in seinem Interesse liege, dass alle Assistentinnen alle Aufgaben erledigen können. Eine Doppelbesetzung in der Ordination (Assistentin bei der Anmeldung und Assistentin zur Unterstützung seiner Arbeit) sei nur während der offiziellen Öffnungszeiten gegeben. In den übrigen Zeiten, wenn das Telefon nicht besetzt sein muss, arbeite er oft nur mit einer Assistentin, die dann auch in allen Bereichen tätig sein muss. Alle Assistentinnen seien daher bei ihrer Arbeit mit infektiösem Material in Verbindung. Im Mai 2016 habe er all diese Tätigkeiten aufgezeichnet, bei welchen die Assistentinnen mit infektiösem Material in Verbindung kommen. Er habe dem Prüforgan bestätigt, dass alle Blutabnahmen direkt aus der Vene durch ihn selbst durchgeführt werden. Andere Blutabnahmen, bei denen es sich um einfache Blutbilder handelt, würden von den Assistentinnen von der Fingerbeere der Patienten entnommen.

Laut Tabelle ergebe sich für Mai 2016 folgendes Bild:

Assistentin ***13***:

14 Harnkontakte in 7 Tagen

7 Stuhlkontakte in 7 Tagen

15 Kontakte bei venöser Blutabnahme in 7 Tagen

8 Kontakte bei kapillärer Blutabnahme in 7 Tagen

2 Streptokokken A-Tests in 7 Tagen

7 Kontakte betreffend oraler Impfungen in 7 Tagen

45 Kontakte betreffend Impfungen in 7 Tagen

Assistentin ***7***:

13 Harnkontakte in 12 Tagen

4 Stuhlkontakte in 12 Tagen

13 Kontakte bei venöser Blutabnahme in 12 Tagen

7 Kontakte bei kapillärer Blutabnahme in 12 Tagen

0 Streptokokken A-Tests in 12 Tagen

7 Kontakte betreffend oraler Impfungen in 12 Tagen

62 Kontakte betreffend Impfungen in 12 Tagen

Assistentin ***14***:

8 Harnkontakte in 8 Tagen

6 Stuhlkontakte in 8 Tagen

9 Kontakte bei venöser Blutabnahme in 8 Tagen

7 Kontakte bei kapillärer Blutabnahme in 8 Tagen

1 Streptokokken A-Tests in 8 Tagen

6 Kontakte betreffend oraler Impfungen in 8 Tagen

40 Kontakte betreffend Impfungen in 8 Tagen

Laut Ausführungen des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom ist er aufgrund seines Vertrages mit der GKK verpflichtet, seine Ordination für mindestens 20 Stunden pro Woche geöffnet zu haben. In dieser Zeit muss auch das Telefon besetzt sein. Mit diesen 20 Stunden sei aber bei weitem nicht das Auslangen zu finden. Die Arbeitszeiten gingen in den Wintermonaten oft sehr lange, und zwar zum Teil fast durchgehend von in der Früh bis spät in den Abend hinein.

Dass die Ordinationshilfen bzw. Arztassistentinnen mit infektiösem Material wie Blut, Stuhl, Harn usw. in Kontakt kommen, blieb im vorliegenden Beschwerdefall auch in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes unbestritten. Diese Tatsache geht jedenfalls auch aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Tabellen betreffend den Monat Mai 2016 hervor. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Angestellten die angeführten Tätigkeiten im hier strittigen Zeitraum (2010 bis 2014) nicht durchgeführt haben könnten.

In Streit steht im Gegenstandsfall jedoch die überwiegende Zeitinanspruchnahme für anspruchsbegründende Tätigkeiten.

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten oben dargestellten Tabellen betreffend der drei Assistentinnen sind kein geeigneter Nachweis betreffend die hier ausschlaggebende Zeitinanspruchnahme für anspruchsbegründende Tätigkeiten. Der Inhalt dieser Tabellen will lediglich die Erbringung der im Monat Mai 2016 ausgewiesenen Tätigkeiten durch die jeweilige namentlich genannte Assistentin glaubhaft machen. Wieviel Zeit für diese Tätigkeiten benötigt wird, und inwieweit diese anspruchsbegründenden Tätigkeiten in der gesamten Arbeitszeit überwiegen, geht daraus jedenfalls nicht hervor.

Im Falle einer Gefahrenzulage für eine Ordinationshilfe sah das Bundesfinanzgericht "das Bestehen einer möglichen Gefahr des "In-Kontakt-Kommens" als ausreichend an, um die Steuerfreiheit der Zulage zu rechtfertigen (). Im entschiedenen Fall war die Arbeitnehmerin während mehr als 50 % ihrer tatsächlichen Arbeitszeit im direkten Patientenkontakt und konnte laufend mit (möglicherweise) infektiösem Material auch tatsächlich und real in Kontakt kommen. Sie hatte daher Anspruch auf eine steuerfreie Gefahrenzulage. Es war nicht erforderlich, durch Detailaufzeichnungen nachzuweisen, dass sie während der überwiegenden Arbeitszeit Behälter mit Harnproben, Blutproben oder Abstrichen in der Hand gehabt hätte oder mit blutigen Verbänden in Berührung gekommen wäre. Es war ausreichend, dass während der Patientenbetreuung aufgrund ihres Tätigkeitsbildes die Möglichkeit des "In-Kontakt-Kommens" mit infektiösen Substanzen gegeben war.

Es muss aber - wie oben bereits ausgeführt -, bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb eines Lohnzahlungszeitraums, nachgewiesen werden, dass überwiegend eine solche Gefahrenlage bestanden hat (). Gehören zum Aufgabengebiet auch administrative Tätigkeiten ohne Patientenkontakt, wie Telefondienst, Büroarbeiten oder Berichtspflichten, muss nachgewiesen werden, welchen Teil der Tätigkeit diese nicht gefährdenden Tätigkeiten ausmachen. Idealerweise sollte dieser Nachweis durch laufende Aufzeichnungen erfolgen.

Das Vorliegen von Aufzeichnungen ist kein unabdingbares Formalerfordernis für die Zuerkennung der Steuerbegünstigung, sondern ein Beweismittel, wie der Verwaltungsgerichtshof im "Dachdeckererkenntnis" vom , 94/13/0008, festgehalten hat.

In der von der steuerrechtlichen Vertretung ins Treffen geführten Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zu RV/ 3100091/2011 wird folgendes vorgetragen:

"… Im Erkenntnis , hat sich der Gerichtshof näher mit der Thematik "Überwiegen" auseinandergesetzt und festgehalten, dass Voraussetzung für die Gewährung der Begünstigung für Zulagen ua ist, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, die in erheblichem Maße eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirken oder im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Der Arbeitnehmer muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die genannte Verschmutzung zwangsläufig bewirken oder eine außerordentliche Erschwernis darstellen (vgl , mwN).

Dass die eigentliche (Reinigungs-)Tätigkeit der Arbeitnehmer der (damaligen)Beschwerdeführerin unter erschwerenden und verschmutzenden Bedingungen im Sinn des § 68 Abs 5 EStG 1988 stattfand, wird von der belangten Behörde - zu Recht - nicht in Frage gestellt. Ebenso wie etwa Arbeitspausen bei der Überprüfung der Ausschließlichkeit oder des Überwiegens einer Tätigkeit nach § 68 Abs 5 EStG 1988 außer Betracht zu bleiben haben, gilt dies - insoweit anders als im Fall - auch für die mit den qualifizierten Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Hilfstätigkeiten, wie - auf den damaligen Beschwerdefall bezogen - die notwendigen Fahrten zu bzw zwischen verschiedenen Tätigkeitsorten. Diese Fahrzeiten hindern somit nicht die Zuordnung der Tätigkeit insgesamt zu den begünstigten Arbeiten nach § 68 Abs 5 EStG 1988 (und waren daher insofern auch keine Aufzeichnungen über die im einzelnen geleisteten Tätigkeiten erforderlich). Da dies die (damals) belangte Behörde, welche errechnete, dass in maximal 38% der Arbeitszeit begünstigungsfähige Tätigkeiten verrichtet werden, verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Aus diesem Erkenntnis ist somit klar ableitbar, dass bestimmte Arbeitszeiten bei der Betrachtung des Überwiegens auszuklammern sein können, um zu einem sachgerechten Ergebnis zu kommen.

Im Erkenntnis , hat der Gerichtshof zu einer Sozialversicherungsentscheidung, jedoch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 68 Abs 5 EStG 1988 ausgeführt, dass es nach der Rechtsprechung bei der Prüfung der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzung des § 68 Abs 5 EStG 1988 für die Gewährung einer (damals) Schmutzzulage gegeben ist, in Fällen, in denen die Kollektivvertragspartner die Gewährung der Schmutzzulage davon abhängig gemacht haben, dass Arbeiten geleistet werden, die ihrer Auffassung nach üblicherweise (typischerweise) eine außerordentliche Verschmutzung des Arbeitnehmers verursachen, zunächst darauf ankommt, ob diese Einschätzung der Kollektivvertragspartner richtig ist, dh - vor dem Hintergrund des § 68 Abs 5 EStG 1988 - ob Arbeiten wirklich üblicherweise (typischerweise) zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung in erheblichem Maß bewirken. Ist dies der Fall, so ist es unmaßgeblich, ob auch in einem konkreten Einzelfall Arbeiten eine solche Verschmutzung bewirkt haben (vgl ).

Dem letztgenannten Erkenntnis auch für den Bereich des Steuerrechts und der Gefahrenzulagen folgend, kann die Ansicht vertreten werden, dass Ordinationshilfen - insbesondere in kleinen Arztpraxen, in welchen eine strikte Aufteilung der Aufgaben nicht möglich ist - in ständigem Patientenkontakt stehen und laufend mit (möglicherweise) infektiösem Material auch tatsächlich und real in Kontakt kommen können. Somit besteht in allen Zeiten, in welchen Patienten behandelt werden, eine entsprechende Gefahr und kommt es nicht darauf an, ob sich diese Gefahr auch tatsächlich in einer konkreten unmittelbaren Gefährdungssituation manifestiert."

Auch im vorliegenden Beschwerdefall wird seitens des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung vom nicht bestritten, dass die in Rede stehenden Assistentinnen bzw. Ordinationshilfen zumindest zum Teil mit Arbeiten betraut sind, die zwangsläufig auf Grund der Möglichkeit einer Infektion eine Gefährdung von Leben und Gesundheit mit sich bringen. Das Finanzamt geht aber davon aus, dass im Gegenstandsfall nicht vom Überwiegen begünstigungsrelevanter Tätigkeiten auszugehen sei, was eine Steuerfreiheit der gewährten Gefahrenzulagen ausschließt.

Wie vom Bundesfinanzgericht in der genannten Entscheidung ausgeführt ist der Verwaltungsgerichtshof im obgenannten Erkenntnis vom zum Schluss gekommen, dass, wenn eine an sich begünstigungsrelevant verschmutzende Tätigkeit vorliegt, bestimmte Zeiten bei der Prüfung des Überwiegens nicht zu berücksichtigen bzw. nicht begünstigungsschädlich sind. Dies müsse nach den Ausführungen im mehrmals genannten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes auch umso mehr für Beschäftigte in Arztpraxen gelten, welche tatsächlich während des überwiegenden Teiles ihrer gesamten Arbeitszeit in direktem Kontakt mit den Patienten stehen. Auch hier seien Zeiten, in welchen Telefonate geführt oder sonstige notwendige Verwaltungstätigkeiten erledigt werden, für die Prüfung des Überwiegens nicht zu berücksichtigen.

Wendet man diese Ausführungen auf den hier vorliegenden Beschwerdefall an, so stehen die in Rede stehenden Assistentinnen bzw. Ordinationshilfen schon alleine wegen der offiziellen Öffnungszeiten der Ordination (mindestens 20 Stunden pro Woche verpflichtend, jedoch weitaus mehr laut Angaben des Beschwerdeführers und des Beschwerdevorbringens insgesamt) während mehr als 50 % ihrer tatsächlichen Arbeitszeit in direktem Patientenkontakt. Wie von der steuerrechtlichen Vertretung und vom Beschwerdeführer ausgeführt, hat sich die Patientenbetreuung regelmäßig nicht auf die rein offiziellen Öffnungszeiten beschränkt. Die Ordination sei vor allem auch in den Wintermonaten von früh morgens bis spät abends - jedenfalls bis alle Patienten behandelt werden konnten -, geöffnet gewesen.

Vom Vorlegen detaillierter Aufzeichnungen betreffend einzelner Arbeiten pro Arbeitnehmerin kann daher im vorliegenden Beschwerdefall für den Streitzeitraum abgesehen werden.

Aufgrund vorliegender Aussagen und dargestellter Ausführungen geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass eine Gefährdung überwiegend vorlag und die ausbezahlte Gefahrenzulage zu Recht steuerfrei abgerechnet wurde.

Überstundenzuschläge:

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.

Laut Abs. 2 dieser gesetzlichen Bestimmung sind zusätzlich zu Abs. 1 Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50 % des Grundlohnes, insgesamt höchstens jedoch 86 Euro monatlich, steuerfrei.

Das Gesetz unterscheidet somit zwischen Überstunden, die an Wochentagen mit Ausnahme der Nachtarbeit erbracht werden (§ 68 Abs. 2 EStG 1988) und Überstunden, die an Sonntagen, Feiertagen oder während der Nacht geleistet werden (§ 68 Abs. 1 EStG 1988).

Nachweispflicht für Überstunden:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (s ; , 99/13/0222, jeweils mwN) kommt die Steuerbegünstigung für Überstundenzuschläge nur in Betracht, wenn die genaue Anzahl und zeitliche Lagerung aller im Einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden und die genaue Höhe der dafür über das sonstige Arbeitsentgelt hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen. Von den erstgenannten Erfordernissen kann nur abgesehen werden, wenn eine klare, nach der Sachlage wirtschaftlich fundierte Vereinbarung über eine Pauschalabgeltung der Überstundenleistungen in bestimmter Höhe getroffen ist. Wegen der unterschiedlichen Begünstigungen besteht weiters die Notwendigkeit, zwischen "Normalüberstunden" und "qualifizierten Überstunden" (s Rz 13, 14) zu unterscheiden. Weiters muss auch der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen die Tätigkeiten zu erbringen, nachgewiesen werden. Insbesondere dann, wenn es um eine Vielzahl von Überstunden in mehreren Jahren geht, ist dieser Nachweis in der Regel nur durch zeitnah erstellte Aufzeichnungen zu erbringen, aus denen hervorgeht, an welchem Tag zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer die Überstunden geleistet hat. Nachträgliche Rekonstruktionen der zeitlichen Lagerung der Überstunden können solche Aufzeichnungen im Allgemeinen nicht ersetzen.

Verwaltungspraxis: Nach LStR 1161 sind für die Berücksichtigung von steuerfreien Zuschlägen nach Abs. 2 grundsätzlich keine gesonderten Aufzeichnungen erforderlich, sofern bereits in früheren Lohnzahlungszeiträumen Überstunden in diesem oder einem höheren Ausmaß erbracht und gezahlt wurden. Bei Beginn des Dienstverhältnisses bzw. erstmaliger Ableistung von Überstunden sind diese jedenfalls über einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuzeichnen. Überstundenzuschläge nach Abs. 1 können hingegen nur dann als steuerfrei behandelt werden, wenn die Ableistung dieser Überstunden durch entsprechende Aufzeichnungen nachgewiesen wird (LStR 1163; s Rz 17).

(Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 68 Rz 15)

Das Finanzamt verweist in seiner Beschwerdevorentscheidung vom auf die Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 und das Vorliegen eines betrieblichen Erfordernisses ihrer Ableistung. Die Arbeitszeiten dürften nicht willkürlich in diese Zeiträume (Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit) verlagert werden. Außerdem werde aus den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen geschlossen, dass diese nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Es sei nämlich davon auszugehen, dass die Arbeit nicht immer zu einer vollen der halben Stunde für die Mittagspause unterbrochen oder beendet werden konnte.

Zu Recht verweist der steuerrechtliche Vertreter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Feber 2017 darauf, dass es sich im vorliegenden Beschwerdefall um Überstunden handelt, die an Werktagen geleistet und nach § 68 Abs. 2 EStG und nicht - wie vom Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung angeführt - um sogenannte "qualifizierte" Überstunden nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 handelt. Er führt auch aus, dass die Voraussetzung des betrieblichen Erfordernisses von der Judikatur einzig zu § 68 Abs. 1 EStG entwickelt wurde. Der Beschwerdeführer habe außerdem die Gründe der Überstundenleistung bereits ausführlich dargelegt. Nur aufgrund des Umstandes, Ruhepausen würden immer zur gleichen Zeit und in der gleichen Länge abgehalten und aufgezeichnet, kann keinesfalls auf die Unrichtigkeit der gesamten Aufzeichnungen geschlossen werden. Es sei nicht unüblich, dass in einem Betrieb in Viertelstunden-Intervallen Arbeitszeitaufzeichnungen geführt und abgerechnet werden. Ob diesfalls die Ruhepause um fünf vor oder fünf nach zwölf angetreten wird, lasse sich naturgemäß nicht mehr erkennen. Aus den Aufzeichnungen lasse sich aber auch feststellen, dass es Tage ohne Ruhepause gab. Dies könne darauf zurückgeführt werden, dass an diesen Tagen ein erhöhtes Patientenaufkommen vorlag. Zur begründeten jeweiligen Lage der Ruhepausen könnten jedenfalls nur Frau ***5*** und der Beschwerdeführer Angaben machen.

Dass und in welchem Ausmaß tatsächlich gearbeitet wurde, ist vom Arbeitgeber nachzuweisen. Das Einkommensteuergesetz enthält hinsichtlich der Form des Nachweises jedoch keine zwingenden Festlegungen. Zu den Anforderungen, die an die Erbringung des Nachweises über Anzahl und zeitliche Lagerung der Überstunden zu stellen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof - siehe oben - ausgesprochen, dass diesen (insbesondere) dann, wenn es um eine Vielzahl von Überstunden in mehreren Jahren geht, in aller Regel nur zeitnah erstellte Aufzeichnungen zu erbringen vermögen, aus denen hervorgeht, an welchem Tag zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer die Überstunden leistete (vgl sowie ).

Wie dieser Nachweis konkret ausgestaltet sein muss oder ob allenfalls bei insgesamt nur wenigen ArbeitnehmerInnen und immer im Wesentlichen gleich gelagerten wenigen Überstunden in einem Betrieb der Nachweis auch mit weniger ins Detail gehenden Unterlagen erbracht werden kann, lässt der Gerichtshof in Kenntnis der Unbeschränktheit der Beweismittel und der Pflicht zur freien Beweiswürdigung mangels konkreter gesetzlich determinierter Beweismittelvorgaben offen.

In diesem Zusammenhang ist - wie von der steuerrechtlichen Vertretung bereits ausgeführt - auf § 166 BAO zu verweisen, nach dem als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Das Beweisverfahren im Abgabenrecht wird somit beherrscht vom Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel. Nach Durchführung der durch § 115 Abs. 1 BAO gebotenen Ermittlungen ist nach § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer die festgelegten Arbeitsstunden der in Rede stehenden Dienstnehmerin durch entsprechende Arbeitsaufzeichnungen dokumentiert. Diese auch während der Prüfung vorgelegten Unterlagen stellen Urkunden iSd § 168 BAO dar, welche als Privaturkunden hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit der freien Beweiswürdigung unterliegen (vgl Ritz, BAO6, § 169 Tz 9).

Vom Finanzamt wurde diesen Aufzeichnungen die Beweiskraft abgesprochen, da "davon auszugehen war, dass die Arbeit nicht immer zu einer vollen der halben Stunde für die Mittagspause unterbrochen oder beendet werden konnte."

Diese Sachverhaltsfeststellung des Finanzamtes ergibt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keinen konkreten Anhaltspunkt an der Richtigkeit der Arbeitsaufzeichnungen zu zweifeln bzw. anzuzweifeln, dass die Dienstnehmerin die Zeiten, für welche sie bezahlt wurde, nicht geleistet hätte.

Noch dazu ist aus Sicht des Einkommensteuergesetzes nicht zu beurteilen, ob die Auszahlung von Zuschlägen entsprechend arbeitsrechtlicher Vorschriften oder auf Grund innerbetrieblicher Übung erfolgte. Vielmehr ist ausschließlich von Bedeutung, ob die ausbezahlten Überstundenzuschläge einer Begünstigung nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 zugänglich sind.

Wie in der ergänzenden Stellungnahme zum Vorlagebericht vom 1. Feber 2017 ausgeführt, kann auch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der vom Finanzamt dargestellte Umstand, Ruhepausen seien immer zur gleichen Zeit und in der gleichen Länge abgehalten worden, die Unrichtigkeit sämtlicher Arbeitsaufzeichnungen jedenfalls nicht begründen. Noch dazu wurde festgehalten, dass Frau ***5*** an gewissen Tagen überhaupt keine Ruhepause eingetragen und somit auch keine Ruhepause gehalten hat.

Aus den dargestellten Überlegungen und Ausführungen ergibt sich, dass die vorgelegten detailliert geführten Stundenaufzeichnungen vom Bundesfinanzgericht uneingeschränkt als Nachweis anerkannt werden, und demzufolge die strittigen Überstundenzuschläge im Rahmen der gesetzlichen Bestimmung des § 68 Abs. 2 EStG 1988 steuerfrei belassen werden können.

Der Beschwerde war daher insgesamt Folge zu leisten und es war - wie im Spruch ausgeführt - zu entscheiden.

2.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ist das Bundesfinanzgericht der zitierten bestehenden und einheitlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, war daher nicht zu lösen, weshalb eine (ordentliche) Revision gegen diese Entscheidung nicht zulässig ist.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 68 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 68 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 68 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 168 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise










-I/06
-F/05

-I/04
-F/09












LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 1156

-F/05
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100571.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at