Verfahrenshilfeantrag eines subsidiär Schutzberechtigten
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***
betreffend den Antrag des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO im Beschwerdeverfahren zum Bescheid des ***FA*** vom hinsichtlich Rückforderung von Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe für vier Kinder für den Zeitraum 09.2020 - 07.2022
beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I.Verfahrensgang:
Der Verfahrensgang ist in der Entscheidung des BFG RV/1100293/2023, auf die verwiesen wird, wiedergegeben.
II.Gesetzliche Grundlagen:
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2016, BGBl I Nr. 117/2016, wurde ein Anspruch auf Verfahrenshilfe auch im abgabenrechtlichen Beschwerdeverfahren begründet.
§ 292 BAO bestimmt auszugsweise:
"(1) Auf Antrag einer Partei (§ 78) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,
1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und
2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.
…
(5) Offenbar aussichtslos ist eine Beschwerde insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei unbehebbarem Beweisnotstand. Bei einer nicht ganz entfernten Möglichkeit des Erfolges liegt keine Aussichtslosigkeit vor. Mutwillig ist eine Beschwerde dann, wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewusst ist oder bewusst sein muss.
(6) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist bis zur Vorlage der Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung …"
III. Rechtliche Würdigung:
Grundlage für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 Abs. 1 BAO ist, dass die zu entscheidende Rechtsfrage "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" aufweist.
Im dem gegenständlichem Verfahrenshilfeantrag zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die im Spruch genannten Zeiträume zu Recht erfolgte oder nicht.
Dabei sind folgende Problemstellungen zu lösen:
Welche Voraussetzungen sieht das Gesetz für den Familienbeihilfenanspruch eines subsidiär schutzberechtigten Vaters für seine minderjährigen, ebenfalls subsidiär schutzberechtigten Kinder vor?
War der Vater im Streitzeitraum selbständig oder nichtselbständig erwerbstätig?
Bezog der Vater im Streitzeitraum Leistungen aus der Grundversorgung?
War der Vater im Streitzeitraum selbständig oder nichtselbständig erwerbstätig und erhielt keine Leistungen aus der Grundversorgung, stellt sich weitergehend die Frage: Wurden den Kinder aus der Grundversorgung Leistungen beigestellt, die der Deckung des typischen Unterhaltes in den Lebensbereichen der Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und Schule entsprechen?
Nach den Erläuterungen zur RV, 1352 BlgNR 25. GP, 18, geht der Begriff der "besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art" zurück auf § 282 Abs. 1 BAO idF vor BGBl I Nr. 14/2013 (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit 2012) und soll sicherstellen, dass Verfahrenshilfe nur für überdurchschnittlich schwierige, durch die Judikatur nicht geklärte Rechtsfragen gewährt werden soll (Ritz, BAO, § 292 Tz 4 ff).
"Besondere Schwierigkeiten" im Sinne des § 282 Abs. 1 BAO idF vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 liegen vor, wenn die Bearbeitung eines Rechtsstreites Anforderungen stellt, die weit über das übliche Maß hinausgehen. Die Schwierigkeiten müssen erheblich über dem durchschnittlichen Grad liegen. Der Streitwert ist nicht maßgebend, ebenso wenig der bei der Sachaufklärung zu leistende Umfang der Arbeit.
Die Bewilligung von Verfahrenshilfe in Abgabenverfahren erfordert demnach, dass die Beistellung eines Verfahrenshelfers aufgrund der Komplexität der strittigen Rechtsfragen zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Partei notwendig ist, weil es der unvertretenen Partei ansonsten - insbesondere mangels Vorliegens einschlägiger, höchstgerichtlicher Judikatur - nicht zumutbar ist, ihren Rechtsstandpunkt schriftlich bzw. mündlich zu artikulieren (vgl. mit Hinweisen auf die Fachliteratur und die Judikatur des BFG).
Die Beurteilung der oben dargelegten, streitgegenständlichen Rechtsfragen wirft keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Sie kann auf Grundlage klarer gesetzlicher Bestimmungen (§ 3 Abs. 4 FLAG 1967), höchstgerichtlicher Entscheidungen (etwa ; weitere Beispiele in BFG RV/1100293/2023) sowie der Fachliteratur (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG § 3 Rz 275 f) erfolgen.
Unklarheiten im Sachverhalt wurden durch Nachfrage der Richterin bei der Grundversorgungsstelle geklärt.
Da somit nach rechtlicher Würdigung des BFG gegenständlich bereits die Voraussetzung der "Rechtsfrage von besonderer Schwierigkeit" iSd § 292 Abs. 1 BAO nicht vorliegt, waren die weiteren, gemäß § 292 Abs. 1 Z 1 und 2 BAO für die Gewährung der Verfahrenshilfe ausschlaggebenden Kriterien (Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts, Rechtsverfolgung weder mutwillig noch aussichtslos) keiner gesonderten Prüfung mehr zu unterziehen.
Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Auf die in diesem Beschluss zu beurteilenden Rechtsfragen trifft aus den aufgezeigten Gründen keine der genannten Revisionsvoraussetzungen zu.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:VH.1100002.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at