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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2024, RV/7102164/2019

Keine Wiederaufnahme, wenn keine Änderung des Sachbescheides erfolgt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gertraud Hausherr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch AT Tax Advisory & Trustee Steuerberatung GmbH, Rudolfsplatz 9, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 sowie Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2010 für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 Steuernummer ***BF1StNr1***

I. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO iVm § 278 Ab s. 1 BAO als gegenstandslos erklärt, das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

An der am gegründeten und Beschwerde führenden ***4*** (Beschwerdeführerin) war als unbeschränkt haftender Gesellschafter ***1***, geboren am ***2***, und als Kommanditist die ***3*** beteiligt.

Der Gesellschaftsvertrag wurde seitens ***3***. ("***7***") von Herrn ***5*** und von Herrn ***6*** unterschrieben.

Die "***7***" war mit einem geringen Anteil im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (mit Euro 100,-) an der KG beteiligt, in weitaus größerem Umfang beteiligte sich die "***7***" jedoch als Treuhänder für den Treugeber Herrn ***8*** (insgesamt mit einem Betrag von Euro 470.000,-), wobei der Treuhandvertrag am abgeschlossen wurde.

Die Beschwerdeführerin ist im Geschäftszweig Immobilienverwaltung tätig. Sie ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG.

Mit Bescheiden über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO

vom für 2010

vom für 2011

vom für 2012

vom für 2013

vom für 2014

wurde die Beschwerdeführerin erklärungsgemäß veranlagt.

In der die Abgabenjahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 betreffenden Außenprüfung gemäß § 149 Abs. 1 BAO hinsichtlich Umsatzsteuer und einheitliche Gewinnfeststellung wurden durch die Prüfung im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

"…Tz 1) Einleitung

Die ***Bf1*** ist im gewerblichen Grundstückshandel tätig. Aufgrund der Tätigkeit befinden sich die erworbenen Grundstücke im Umlaufvermögen des Unternehmens, da diese wieder für den Verkauf bestimmt sind. Durch die Form einer Personengesellschaft und der fehlenden Überschreitung der Buchführungsgrenzen des Unternehmergesetzbuches ermittelt die KG ihren Gewinn nach der Einnahmen- und Ausgabenrechnung gem. § 4 (3) EStG.Der angeführten Sachlage entsprechend, sind Aufwendungen sofort erfolgswirksam. Dies führt vor allem im Gründungsjahr zu großen Verlusten.In der nachfolgenden Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei den geltend gemachten Verlusten It. der Feststellungserklärungen um Verluste handelt, welche gem. § 2 (2a) EStG weder ausgleichsfähig noch gem. § 18 (6) u. (7) vortragsfähig sind. Im Ergebnis handelt sich bei der ***Bf1*** um ein Verlustbeteiligungsmodell.

Tz 2) Allgemeiner Sachverhalt

Die ***Bf1*** wurde am durch Eintragung ins Firmenbuch gegründet1. Als unbeschränkt haftender Gesellschafter war zum Zeitpunkt der Gründung ***1***, geb. am ***2***, eingetragen. Kommanditist war die ***3***. mit einer Komanditisteneinlage iHv € 100,--. Als Geschäftszweig wurde Immobilienverwaltung eingetragen.

Im Firmenbuch wurde eine Erhöhung der Kommanditisteneinlage auf € 470.100,-- mit eingetragen. Die zusätzlichen € 470.000,- werden durch die ***3***. treuhändig für Herrn ***8*** gehalten2. Die ***3***. ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der ***18***.

Im Gründungsjahr wurden 9 Grundstücke (Wohnungen) erworben4. Die Grundstücke wurden mit Kaufdatum von einem Tochterunternehmen der ***19*** (***20***) angeschafft. Unbeschränkt haftender Gesellschafter ist ***21***, welche im Mehrheitseigentum der ***19*** steht. Aufgrund der Organstruktur der ***10*** ***22*** im Jahr 2005 geht die Außenprüfung von einem Nahverhältnis aus:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Organs
Tätigkeit bei ***10***
Tätigkeit bei ***11***
***12***
Vorsitzender Aufsichtsrat
Vorsitzender Aufsichtsrat
***13***
Stv. Vorsitzender Aufsichtsrat
Stv. Vorsitzender Aufsichtsrat
***14***
Mitglied Aufsichtsrat
Mitglied Aufsichtsrat
***15***
Mitglied Vorstand
Mitglied Aufsichtsrat
***16***
Mitglied Vorstand
Mitglied Aufsichtsrat
***17***
Mitglied Vorstand
Mitglied Vorstand

ln der Spalte "Name des Organs" findet sich die natürliche Person. Der Reiter "Tätigkeit bei ***10***" zeigt die Position in der Organstruktur der ***10*** ***22***. Unter "Tätigkeit bei ***11***" findet sich die Funktion des betroffenen Organes bei der ***19***.

Aus dem Geschäftsbericht der ***10*** ***22*** für das Jahr 2005 geht des Weiteren hervor, dass das operative Geschäft der ***10*** ***22*** durch die ***10*** ***23*** geführt wird, bei welcher die ***19*** zum fraglichen Zeitpunkt kapitalistisch beteiligt5 war und laut Geschäftsbericht der ***19*** organisatorisch eingegliedert war.

(es folgte eine tabellarische Darstellung der Beteiligungen der ***9***)

Die oben gezeigte Aufstellung zeigt die Geschäftsfelder und wesentlichen Beteiligungen der ***19*** It. dem Geschäftsbericht des Jahres 2005.

Die aus den Käufen entstandenen Verluste wurden entsprechend der kapitalistischen Beteiligungen mittels eines Feststellungsverfahrens gern. § 188 BAO zugewiesen. Im folgenden Ausmaß entwickelte sich die geschäftliche Tätigkeit seit Gründung 2005:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Erworbene Grundstücke
Verkaufte Grundstücke
Steuerliches Ergebnis
2010
9
0
- 1.165.273,82
2011
2
1
- 1.736,38
2012
2
1
- 68.568,99
2013
0
1
92.415,50
Summe
13
3
-1.143.163,69

In der Spalte "Jahr" ist das Geschäftsjahr abgebildet, welches dem Kalenderjahr entspricht. Unter "erworbene Grundstücke" findet sich alle im Geschäftsjahr angeschafften und grundbücherlich eingetragenen Wohnungen, "verkaufte Grundstücke" stellen die im jeweiligen Geschäftsjahr veräußerten Wohnungen dar. Das steuerliche Ergebnis ist die Grundlage des Feststellungsbescheides, welche mittels der jeweiligen Tangenten, entsprechenden dem investierten Kapital, den Gesellschaftern zugewiesen werden.

Die vor allem in den Gründungsjahren geltend gemachten Verluste waren aufgrund der damaligen Rechtslage möglich, da bei gewerblichem Grundstückshandel die entstandenen Aufwendungen sofort ertragsmindern geltend gemacht werden konnten. Mit ist dies erst mit dem Zeitpunkt des Verkaufes möglich, weshalb nur der Saldo in die steuerliche Bilanz einfließt.

Mit Stichtag waren 10 Grundstücke im Besitz der ***Bf1***. Neben der treuhändig gehaltenen Investition des Kommanditisten ist das Unternehmen fremdfinanziert. Die Kontoführung wird durch die ***19*** durchgeführt, bei welcher auch die unbeschränkt haftenden Gesellschafter angestellt waren6:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name
von - bis
angestellt bei
***24***
- laufend
***19***

ln der Spalte "angestellt bei" handelt es sich um die Anstellung während der Tätigkeit als Geschäftsführer (siehe Zeitraum "von - bis").

Tz 3) Steuerliche Auswirkungen und Systematiken

Aufgrund der erwirtschafteten Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der kapitalistischen Gesellschaftsstruktur wurden bis inklusive dem Geschäftsjahr 2012 dem (treuhändig gehaltenen) Kommanditisten Herrn ***8*** 99,96 % der Einkünfte zugewiesen. Dies entspricht einem steuerlich festgestellten Verlust iHv € - 1.235.053,63. Unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte des ***8*** kommen diese im Höchststeuersatz zur Geltung, was somit eine Steuergutschrift iHv € 617.526,82 ergibt. Gerade aufgrund der im Gründungsjahr erwirtschafteten und zugewiesenen Verluste wurden Herrn ***8*** 90 % seiner geleisteten Lohnsteuer erstattet.

Nach Ansicht der Außenprüfung wurde dieses Unternehmen ausschließlich zum Zwecke der Ausnutzung steuerliche Vorteile gegründet. Lt. dem zuständigen Betreuer der ***Bf1***, Herrn ***5***, nahm Herr ***8*** mit diesem lediglich dann Kontakt auf, wenn er einen Betrag für die Höhe der Verlustzuweisung hatte7. Dieser Betrag ergab sich aus der Höhe der Einkünfte des Herrn ***8***, welche mit Jahresende (meist Anfang Dezember) bekannt waren (wie durch einen händischen Aktenvermerk des ***5*** für das Jahr 2010 ersichtlich ist8). In den Folgejahren wurden weitere KGs gegründet, welche wiederum im ersten Jahr hohe Verluste erzielten. Dieses Vorgehen unterstreicht die Ansicht der Außenprüfung, dass es sich um eine steuerfreundliche Planung handelt.

Im Zuge einer Hausdurchsuchung am ***25*** wurden zudem elektronische Unterlagen bezüglich der steuerschonenden Beendigung der Gesellschaft gefunden. In diesen Berechnungen wurde ein Szenario durchgespielt, welches einen begünstigten Steuersatz vorsieht, wenn zwischen der Beendigung der Erwerbstätigkeit und der Auflösung der KG nicht mehr als 6 Monate liegen und die Beteiligung überdies mehr als 7 Jahre bestand9. Die Berechnung dieser Prognose geht von der Annahme steuerlicher Gutschriften in den verlustreichen Jahren aus und somit geplant von Steuerersparnissen.

Tz 4) Rechtliche Würdigung

a) Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht

Aus Sicht der Außenprüfung wurde die abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gem. § 119 BAO verletzt. Die in Form einer Beteiligung als Kommanditist bei einer Kommanditgesellschaft angebotene Investitionsmöglichkeit, welche, treuhändig gehalten durch die ***3***., bei der ***26*** allgemein angeboten wird, stellt das Erzielen steuerlicher Vorteile indenVordergrund10. DieseTatsacheunterliegt dem Verlustverwertungsverbot des § 2 (2a) EStG 1988, wonach der ausgewieseneVerlust auf die Wartetaste zu legen ist.

Die Tatsache der Bewerbung des steuerlichen Vorteils ist ein für die Abgabenerhebung bedeutsamer Umstand und war entsprechend offen zu legen.

b) Hinterzogene Abgabe

Der Abgabenhinterziehung gem. § 33 (1) FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oderWahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt (). Somit ergibt sich gem. § 207 (2) BAO die Verjährungsfrist von 10 Jahren.

c) Liebhaberei

Es handelt gem. § 1 (1) LVO um eine Betätigung mit Annahme einer Einkunftsquelle. Der Gewerbebetrieb ist nachweislich auf einen Gesamtgewinn ausgerichtet und das Erscheinungsbild entspricht einem vergleichbaren Betrieb im Immobilienhandel ().

d) § 2 (2a) EStG 1988

Gem. § 2 (2a) EStG 1988 sind negative Einkünfte aus einer Beteiligung an Gesellschaften weder ausgleichsfähig noch vortragsfähig, wenn das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Erwerb oder das Eingehen derartiger Beteiligungen allgemein angeboten wird und auf der Grundlage des angebotenen Gesamtkonzeptes aus derartigen Beteiligungen ohne Anwendung dieser Bestimmung Renditen erreichbar wären, die nach Steuern mehr als das Doppelte der entsprechenden Renditen vor Steuern betragen.

Ziel der Bestimmung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 ist es, dass Verluste aus Betätigungen, bei denen in erster Linie die Erzielung von steuerlichen Vorteilen im Vordergrund steht, nicht mehr mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden können (EB zum StRefG, BGBl I 28/1999; dazu weiters im Bericht des Finanzausschusses zum StRefG 2000: "Verlustbeteiligungsmodellen soll durch neueMaßnahmen begegnet werden und soll ein generelles Verlustausgleichsverbot für Beteiligungsmodelle geschaffen werden, bei denen das Erzielen eines Steuervorteils imVordergrund steht". Zweck der Regelung ist es, unerwünschteSteuergestaltungen, die zu Budgetausfällen führen, zu vermeiden).

Tatbestandsmerkmal des § 2 (2a) EStG 1988 ist das Erzielen steuerlicher Vorteile, wobei im Gesetz selbst keine Kriterien angeführt sind, die zur Verwirklichung des Grundtatbestandes des § 2 (2a) EStG 1988 führen. Ein Verlustausgleich ist jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der Steuervorteil aus der Beteiligung dominiert. Das ist gegeben, wenn das Eingehen der Beteiligung mit Steuervorteilen aus einem zu erwartenden Beteiligungsverlust durch professionelle Anbieter beworben wird. Bloße Hinweise auf Beteiligungsverluste aus Gründen der Prospekthaftung stellen keine Bewerbung dar (Rz 165 EStR 2000).

Die steuerlichen Vorteile beziehen sich nach derzeitigem Bild in einer Steuerstundung, welche nach aktuellem Konzept11 (aufgrund der neuen Rechtslage ab ) zu einer Minderung der Steuerlast führen soll.

In Bezugnahme des § 2 (2a) EStG unterliegt der erwirtschaftete Verlust somit dem Verlustverwertungsverbot und kann nur mit zukünftigen Gewinnen der gleichen Einkunftsquelle gegengerechnet werden. In folgender Aufstellung wird die kumulierte Wartetaste aufgrund der erklärten Überschüsse/Fehlbeträge aufgezeigt.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Einkünfte aus GW
Wartetaste kumuliert
2010
-1.165.273,82
-1.165.273,82
2011
-1.736,38
-1.167.010,20
2012
-68.568,99
-1.235.579,19
2013
92.415,50
-1.143.163,69

In der Spalte "Jahr" wird das jeweilige Geschäftsjahr (in unserem Fall auch Kalenderjahr) angeführt. Die Spalte "Einkünfte aus GW" gibt die in den jeweiligen Steuererklärungen angeführten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wieder. "Wartetaste kumuliert" rechnet die Überschüsse gegen die Verluste und gibtden jeweils im Jahr zu erklärenden Wartetasteverlust gem. § 2 (2a) EStG an.

e) Missbrauch gem. § 22 (1) und (2) BAO

Neben der oben angeführten Ausführung geht die Außenprüfung davon aus, dass die Gründung der Kommanditgesellschaft lediglich den steuerlichen Grund der Ausnutzung von steuerlichen Begünstigungen hatte und dadurch ein Missbrauch iSd. § 22 (1) und (2) BAO vorliegt.

"(2) Liegt ein Mißbrauch (Abs 1) vor, so sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltungen zu erheben wären."(vgl. § 22 BAO)

Die Gründung der Kommanditgesellschaft beruht auf dem steuerlichen Vorteil des § 4 (3) EStG, aufgrund dessen es möglich war (bis zum ) Grundstücke, welche im Umlaufvermögen waren (gewerblicher Grundstückshandel), sofort als Betriebsausgabenabzusetzen. Aufgrund desDurchgriffprinzipsbeiKommanditgesellschaften konnten somit die Verluste direkt mittels Tangente den Investoren (treuhändig gehaltenen Kommanditanteil) zugewiesen werden.

Feststellungen gem. § 188 BAO, deren Tangenten gem. § 295 (1) BAO zu erfassensind, entfalten beim Tangentenempfänger eine Rechtsbindung, weshalb das Wohnsitzfinanzamt der Gesellschafter diese nicht überprüft.

Vor allem im Gründungsjahr wurden Verluste erwirtschaftet. In den Folgejahren wurden dann, aus Sicht der Außenprüfung, unwesentliche Ergebnisse erzielt (siehe hierzu die Aufstellung auf Seite 3). Um nicht den Status eines gewerblichenGrundstückshändlers zu verlieren, wurden einzelne Grundstücke angekauft bzw. verkauft, immer im Hinblick auf ein möglichst geringes steuerliches Ergebnis.

Zum Zwecke der steuerlichen Optimierung war es notwendig, jährlich zumindest eine neue KG zu gründen. Eine Verlustgenerierung bei nur einer Gesellschaft hätte zu einer Liebhabereiprüfung geführt. Eine weitere mögliche Konsequenz wäre dieNichtanerkennung des gewerblichen Handels und Umstellung auf eine Vermietung und Verpachtung gewesen. Die Wohnungen wären nicht mehr im Umlaufvermögen und die Aufwendungen könnten lediglich im Zuge einer Abschreibung geltend gemacht werden.

Des Weiteren ist die steuerschonende Gestaltung aufgrund des Indizes erkennbar, dass mit Gesetzesänderung vom , wonach die Ausgaben für Immobilien erst beim Verkauf gegenrechnet werden dürfen, keine Grundstücke mehr angeschafft wurden. Es findet nur noch ein "Abverkauf" des bestehenden Portfolios statt. Nach Ansicht der Finanzbehörde ist dieser Weg für einen gewerblichen Immobilienhandel ungewöhnlich.

Für den geschäftsführenden und vollhaftenden Gesellschafter (Komplementär), welcher aufgrund eines Dienstverhältnisses zur ***19*** weisungsgebundengegenüberdem Alleingesellschafterder ***7*** ***27***. ist, wurde ein Hlaftungsausschluss12 (Schad- und Klagloshaltung) abgeschlossen, die bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung die unbeschränkte Haftung ausschließt. Somit würde die Einstandspflicht im Haftungsfall auf die ***19*** fallen. Aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise gem. § 21 BAO ist die Gesellschaftsstruktur einer GmbH & Co KG gleichzusetzen. Gem. § 189 UGB iVm § 124 BAO wäre somit die Buchführungspflicht zu befolgen und die Gewinn wäre nach § 5 (1) EStG zu ermitteln. Der Verlust wäre nicht zuweisbar und würde vorgetragen werden. Die Folgen sind gleich dem § 2 (2a) EStG zu setzen.

Die Folge eines Gestaltungsmissbrauchs gem. § 22 BAO würde in der (steuerlichen) Eliminierung der KG enden. Somit wäre den Gesellschaftern im Ausmaß ihrer Anteileein Gewerbebetrieb (Beilage E1a in der Einkommenssteuererklärung) zuzurechnen. Weitere Überprüfungen wären durch das Wohnsitzfinanzamt durchzuführen.

f) Fremdüblichkeit

Als Vorfrage wurde die Fremdüblichkeit der Einkäufe der Grundstücke näher betrachtet, da diese weit unter den damalig aktuellen Preisen erworben wurde. In Betrachtung der damaligen Verkäufer ist ersichtlich, dass es sich durchgehend um nahestehende Unternehmen handelt, die entweder mittelbar oder unmittelbar unter dem Einfluss der ***19*** stehen oder standen (siehe Ausführung zum Nahverhältnis im Allgemeinen Sachverhalt). Der durchschnittliche m2-Preis für gebrauchte Wohnungen in Wien im Jahr 2011 betrug € 1.928,61. Für die 9 Grundstücke, welche im Gründungsjahr angeschafft wurden, lag der durchschnittliche Preis pro m2 bei € 1.379,95 und somit rund 30 % unter dem üblichen Marktwert. Ein derartiger Preis war somit auf dem freien Markt nicht erzielbar. Die daraus resultierende Preisgestaltung ist somit gem. § 22 BAO iVm § 21 BAO nur durch einen Missbrauch der rechtlichen Formen- und Gestaltungsmöglichkeit erklärbar."

Beigelegt waren ein Firmenbuchauszug (FN1), ein Aktenvermerk über ein Telefongespräch mit dem Treugeber (FN9), Zusammenfassung über Immobilienhandel (FN10(1)), Auszug aus der Homepage der Privatbank über Immobilienveranlagung (FN10(2)), Information der ***7*** an den Treugeber zur Immobilienhandelsgesellschaft (FN11), Schad- und Klagloshaltung - Muster (FN12).

Das Finanzamt folgte der Rechtsauffassung der Außenprüfung und setzte nach Wiederaufnahme der Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellungen von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 vom , die Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter Ausspruch der Nichtverrechnungs- und Vortragsfähigkeit für diese Abgabenjahre in Anlehnung und die Feststellungen der Außenprüfung - der Verluste - mit Bescheiden gleichen Datums () neuerlich fest.

Die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich einheitlicher und gesonderter Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 begründend führte das Finanzamt aus, dass die Wiederaufnahme der Verfahren aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind, erfolgt sei. Daraus sei auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme werde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiege das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen würden auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden.

Mit Schriftsatz - samt Beilagen - vom erhob die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin gegen die im Spruch angeführten Bescheide Beschwerde und brachte zusammengefasst im Wesentlichen vor:

Zur Wiederaufnahme der Verfahren:

Die Begründung für die Rechtswidrigkeit des Wiederaufnahmebestandes des Einkünftefeststellungsverfahrens für 2010 ergebe sich jedenfalls aus der Argumentation der Außenprüfung.

Demnach können für dieses Jahr gar keine Tatsachen neu hervorgekommen sein, da sämtliche von der Außenprüfung angeführten Unterlagen und angeblich steuerlich relevante Tatsachen, nicht mehr existent oder aus Zeitpunkten nach dem , dem Datum des Ergehens des Feststellungsbescheides 2010, stammen. Es sei untauglich eine Wiederaufnahme für das Jahr 2010 auf Tatsachen oder Beweismittel zu stützen, welche erst nach Bescheiderlassung vom entstanden seien.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stützen nachstehende Argumente diese Auffassung:

• "Aus dem in der Fußnote 7 aufgelisteten Protokoll zur Einvernahme vom ***25*** ergeben sich hinsichtlich des § 2 Abs. 2a 1. Teilstrich EStG keine rechtlich relevanten Tatsachen und schon gar keinehinsichtlich des Feststellungsverfahrens des Jahres 2010 neu hervorgekommenen Tatsachen.

• Die Gründungen neuer Kommanditgesellschaften können keine neu hervorgekommenen Tatsachen sein, da diese dem zuständigen Finanzamt gegenüber immer offengelegt wurden.

• Bei dem in der Fußnote 8 erwähnten händischen Aktenvermerk besteht überhaupt keinerlei Konnex zur gegenständlichen KG.

• Der in der Fußnote 10 (2) erwähnte - auf der Homepage der ***19*** - veröffentlichte Artikel stammt aus dem Jahr 2007 und war im Jahr 2010 nicht mehr online-geschalten.

• Das in der Fußnote 11 erwähnte Informationsschreiben stammt aus dem Jahre 2012, betrifft eine andere, nicht verfahrensgegenständliche Gesellschaft und ist darüber hinaus für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2a 1.Teilstrich EStG vollkommen irrelevant.

• Bei den in der Fußnote 12 erwähnten nicht unterfertigten Schad- und Klagloserklärungen handelt es sich um Muster aus dem Jahr 2011 ohne jeglichen inhaltlichen Konnex zur verfahrensgegenständlichen Gesellschaft. Diese Muster können für die Wiederaufnahme auch deswegen nicht von Relevanz sein, weil sie - wie bereits erwähnt - im Bescheidspruch nicht berücksichtigt wurden. Damit können diese per se schon nicht geeignet sein, die Wiederaufnahme zu begründen."

Somit entbehre eine Wiederaufnahme des Jahres 2010 auf Grund von Tatsachen aus den Jahren bis 2012 jedweder normativen Grundlage.

Da die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2014 durch die Rechtsansicht der Außenprüfung, die Im Jahr 2010 erworbene Beteiligung unterliege dem Verlustverwertungsverbot gem. § 2 Abs. 2a 1. Teilstrich EStG und die Verluste des Jahres 2010 wären vorzutragen, bedingt sei, liege für diese Jahre ebenfalls kein Wiederaufnahmegrund vor.

Sämtliche von der Betriebsprüfung angeführten Unterlagen und angeblich steuerlich relevanten Tatsachen der Jahre 2007 bis 2012 sind ohne Relevanz für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Jahre 2010 bis 2014, sodass es bedingt durch die Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens für das Jahr 2010 keine Rechtsgrundlage für die Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 2011 bis 2014 gebe.

Zu den Feststellungsbescheiden:

Auch wenn man von der Verfassungskonformität des § 2 Abs. 2a 1. Teilstrich EStG ausgehe, war die Beteiligung des Herrn ***8*** an der Beschwerdeführerin "an dieser Gesellschaft aufgrund des hohen außersteuerlichen Risikos und vor allem aufgrund der erlasskonformen Renditeberechnung, aus der klar ersichtlich ist, dass der Hauptteil der Rendite nicht auf steuerliche Effekte zurückzuführen ist, objektiv nicht dazu geeignet, ertragsteuerliche Vorteile in den Vordergrund treten zu lassen."

Der Grundtatbestand des § 2 Abs. 2a 1. Teilstrich EStG könne gar nicht erfüllt sein, wenn aufgrund der Renditeberechnung die Beteiligung objektiv nicht geeignet ist steuerliche Vorteile in den Vordergrund zu stellen, weil aus der Berücksichtigung des ertragsteuerlichen Vorteils keine Verdoppelung der Rendite erzielbar sei.

Die Beschwerdeführerin beantrage daher die ersatzlose Aufhebung der Einkünftefeststellungsbescheide der Jahre 2010 bis 2014 sowie der Wiederaufnahmebescheide für die Feststellungsverfahren der Jahre 2010 bis 2014.

Beschwerdevorentscheidung:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Die Wiederaufnahme der (Einkünftefeststellungs-)Verfahren sei gerechtfertigt gewesen, da eine Offenlegung der Bewerbung der steuerlichen Vorteile stattfinden hätte müssen. Diese neuen Tatsachen waren somit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung der Abgabenbehörde nicht bekannt. Die neu hervorgekommenen Tatsachen gründen sich auf Dokumente, welche im Zuge einer Hausdurchsuchung am ***25*** in den Räumlichkeiten der Bank, gefunden worden seien. Vorgefunden worden sei sowohl eine PowerPoint-Präsentation, als auch ein Konzept zum Immobilienhandel in einer Personengesellschaft. In beiden Dokumenten finde sich unter dem Punkt "WARUM ZEICHNET EIN ANLEGER EINE BETEILIGUNG" folgende Begründung: "Möglichkeit der steuerlichen Verwertung von negativen Einkünften zur Reduzierung der Einkommensteuer." Auf derselben Seite folge eine Berechnung der Steuerersparnis.

Eine Bewerbung mit einem zu erwartende Beteiligungsverlust führe zu einer Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs. 2a EStG (). Stehe auf Grund der Intensität der Bewerbung der steuerliche Vorteil aus der Beteiligung im Vordergrund, seien weitere Überprüfungen des allgemeinen Angebotes sowie des Verhältnisses von Rendite vor Steuern und Rendite nach Steuern nicht mehr anzustellen. Es liege dann jedenfalls eine Beteiligung vor, die unter den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2a EStG 1988 falle.

"…Tatbestandsmerkmal des § 2 (2a) EStG 1988 ist das Erzielen steuerlicher Vorteile, wobei im Gesetz selbst keine Kriterien angeführt sind, die zur Verwirklichung des Grundtatbestandes des § 2 (2a) EStG 1988 führen. Ein Verlustausgleich ist jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der Steuervorteil aus der Beteiligung dominiert. Das ist gegeben, wenn das Eingehen der Beteiligung mit Steuervorteilen aus einem zu erwartenden Beteiligungsverlust durch professionelle Anbieter beworben wird. Bloße Hinweise auf Beteiligungsverluste aus Gründen der Prospekthaftung stellen keine Bewerbung dar (Rz 165 EStR 2000). Entsprechend den Richtlinien sind somit weitere Überprüfungen des allgemeinen Angebotes der Beteiligung sowie des Verhältnisses von "Rendite vor Steuern" und "Rendite nach Steuern" nicht mehr anzustellen. Der Einwand des Beschwerdeführers, dass im vorliegenden Modell ein hohes

außersteuerlichen Risiko vorliegt und somit die Anwendung des § 2 (2a) EStG verwehrt wäre, ist insoweit nicht nachvollziehbar, da der treuhändig gehaltene Kommanditist nur mit der Haftungseinlage haftet und der Komplementär eine Haftungsfreistellung seines Dienstgebers zugesichert bekommt."

Mit Schriftsatz vom beantragt die Beschwerdeführerin die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und dabei eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

Nach Vorlage der Beschwerde und der Bezug habenden Aktenteile übermittelte das Bundesfinanzgericht der Amtspartei mit Beschluss vom einen Ermittlungsauftrag. Das Finanzamt wurde beauftragt anhand der im Rahmen von weiteren gleichgelagerten demselben Rechtsthema befassten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes dem Finanzamt zur Kenntnis gebrachten Berechnungsmodellen eine dem § 2 Abs. 2a EStG entsprechende Renditeberechnung vorzulegen und nachzuweisen, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren der Quotient Nachsteuerrendite/Vorsteuerrendite den Wert 2 übersteige und damit ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 2a EStG vorliege.

Am übermittelte die Amtspartei dem Bundesfinanzgericht ihre Stellungnahme wonach sich "Wie zu erwarten war, ist die Rendite nach Steuern nicht doppelt so hoch wie vor Steuern (der Quotient Nachsteuerrendite/Vorsteuerrendite übersteigt in keinem Fall den Wert 2), womit auch in diesem gleichgelagerten Fall somit kein Anwendungsfall des § 2 Abs. 2a EStG 1988 vorliegt. "

Mit Schriftsatz vom zog die steuerliche Vertretung den Antrag auf eine mündliche Senatsverhandlung zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist auf dem Gebiet des gewerblichen Grundstückhandels tätig und ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG.

Ausgehend von den vorgelegten Unterlagen hat die Beschwerdeführerin in den Jahren 2010 bis 2014 13 Wohnungen erworben und die Anschaffungskosten dafür in den jeweiligen Jahren sofort gemäß § 4 Abs. 3 EStG als Betriebsausgaben abgesetzt.

Abhängig von den Marktgegebenheiten erwirtschaftete die Beschwerdeführerin in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 Gewinne als auch Verluste. Sie veräußerte bis 2014 3 Wohnungen. Die Einkünftefeststellungen gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 wurden erklärungsgemäß durchgeführt.

Durch diese Vorgehensweise der (gesetzmäßigen) Gewinnermittlung der Beschwerdeführerin - Investitionen in Wohnungen als Sofortaufwand - rückte für die Außenprüfung und folglich für das Finanzamt das Erzielen steuerlicher Vorteile der Beschwerdeführerin in den Vordergrund und beurteilte die Außenprüfung in weiterer Folge die Beteiligung an der Beschwerdeführerin als eine gemäß § 2 Abs. 2a EStG - siehe Tz 4 des Berichtes der Außenprüfung.

Weder die Amtspartei noch die Beschwerdeführerin legten ein dem Gesetz (§ 2 Abs.2 lit a EStG) entsprechende Renditeberechnung vor, sodass das Bundesfinanzgericht veranlasst war der Amtspartei aufzutragen anhand der bereits angestellten Berechnungen und Grundsätzen in anderen gleichgelagerten Fällen eine dementsprechende Renditeberechnung vorzunehmen.

Im Erkenntnis des BFG RV/7102646/2019 vom wird dazu ausgeführt:

"Voraussetzung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 ist das im Vordergrund stehende Erzielen steuerlicher Vorteile. Dies ist gemäß der Bestimmung dann der Fall, wenn Renditen erreichbar wären, die nach Steuern mehr als das Doppelte der entsprechenden Renditen vor Steuern betragen. Unter Rendite wird, den erläuternden Bemerkungen folgend, der nach der Methode des internen Zinsfußes abgezinste Barwert der Zahlungsströme verstanden, wobei Wiederveranlagungen mit dem marktüblichen Zinssatz zu verrechnen wären. Der interne Zinsfuß ist jener Zinsfuß, bei dem der Barwert der Zahlungsströme aus der zu beurteilenden Investition Null beträgt.

Ausgangspunkt der Überlegungen zur Berechnung des internen Zinsfußes durch das Bundesfinanzgericht war daher, dass der steuerliche Vorteil aus der sofortigen Absetzung der Anschaffungskosten herrührt und der dadurch ausgelöste Zahlungsstrom die Rendite "Nach Steuern" darstellt, wohingegen der Zahlungsstrom ohne sofortiger Abschreibungsmöglichkeit zur Rendite "Vor Steuern" führt. Übersteigt der Quotient - Interner Zinsfuß der Rendite nach Steuern versus interner Zinsfuß der Rendite vor Steuern - den Wert 2, liegt, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 2a EStG 1988 vor.

Mit der Novellierung des § 4 Abs. 3 EStG 1988 - wirksam mit - sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten oder der Einlagewert von Gebäuden und Wirtschaftsgütern, die keinem regelmäßigen Wertverzehr unterliegen, bei Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen nunmehr erst bei Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen abzusetzen. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergebe sich, dass durch diese Regelung Steuerlücken geschlossen werden sollen, die durch gezieltes Ausnützen der Möglichkeiten dieser Gewinnermittlungsart in der Vergangenheit aufgetreten sind.

Daraus ergibt sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes eine ("vereinfachende") Berechnung der Zahlungsströme:

- Anschaffungen und Veräußerungen von Wohnungen/Liegenschaftsanteilen die nach dem angeschafft wurden, können bei der Berechnung des internen Zinsfußes außer Ansatz bleiben, da kein Steuervorteil durch die Sofortabschreibung mehr lukriert werden kann und die daraus resultierenden Zahlungsströme (vor bzw. nach Steuer) gleich sind. Gleiches gilt für die laufenden Einnahmen bzw. Ausgaben It. Einnahmen-/Ausgabenrechnung, die in keiner Beziehung zu den Anschaffungen bzw. Veräußerungen, verbunden mit dem beschriebenen Steuervorteil, stehen.

- Maßgeblich für die Berechnung des internen Zinsfußes sind daher ausschließlich die Anschaffung bzw. Veräußerung der bis angeschafften und bereits veräußerten (oder noch nicht veräußerten) Wohnungen.

- Die "Vorsteuerrendite" ist anhand eines Zahlungsstromes unter Außerachtlassung der sofortigen Abschreibung der Anschaffungskosten zu errechnen und der "Nachsteuerrendite" gegenüberzustellen.

Maßgebliche Variablen der Berechnung:

a) Die Höhe der Veräußerungserlöse jener Wohnungen, die noch nicht veräußert wurden;

b) Den Zeitpunkt der Veräußerung dieser Wohnungen;

c) Die Höhe des marktüblichen Zinsfußes bei der Wiederveranlagung der durch den Steuervorteil lukrierten Gelder."

Mit der Stellungnahme und der Renditeberechnung vom schloss sich das Finanzamt im beschwerdegegenständlichen Fall den Berechnungsmodellen an und kam im vorliegenden gleichgelagerten Fall zu dem Ergebnis, dass kein Anwendungsfall des § 2 Abs. 2a EStG 1988 vorliege. Der Quotient Nachsteuerrendite/Vorsteuerrendite übersteige in keinem Fall den Wert 2.

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amtswegen die Abgabenbehörde I. Instanz.

Gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO hat ein Bescheid eine Begründung zu enthalten. Diese Begründung muss erkennen lassen welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Wird mit einem Bescheid die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO verfügt, so hat die Begründung dieser Maßnahme eine nach Lage des Falles (ausreichende) Darstellung der neu hervorgekommenen entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweise, worin diese bestanden haben und wann sie neu hervorgekommen sind, zu enthalten.

Neben dem Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes ist zweite Tatbestandsvoraussetzung einer erfolgreichen Wiederaufnahme, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens auch einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Kann dies für den vorgebrachten Wiederaufnahmegrund aus materiellrechtlichen Gründen ausgeschlossen werden, kann der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Verfahren von Amtswegen schon deswegen stattgegeben und muss der Wiederaufnahmegrund erst gar nicht näher verfahrensrechtlich geprüft werden (etwa ; weiters Stoll, BAO-Kommentar, 2917; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 303 TZ 11; Stoll Kommentar, BAO, Rzesut/Tanzer/Unger, § 303 Rz 48, 49). Schon im Wiederaufnahmeverfahren ist auf die materiellrechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid einzugehen. Ist die Möglichkeit eines Einflusses des geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes auf die Sachentscheidung zu verneinen, dann ist das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren nicht wiederaufzunehmen (Stoll, BAO-Kommentar, 2918).

Werden sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Sachbescheid mit Beschwerde bekämpft, so ist nach der auch für das Beschwerdeverfahren sinngemäß geltenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Beschwerden gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden (vgl. zB , ).

Im gegenständlichen Verfahren enthalten die angefochtenen Wiederaufnahmebescheide selbst keine Begründung, sondern verweisen diesbezüglich auf die "Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen Bescheid zu ersehen." Ein im Wiederaufnahmebescheid enthaltener Verweis auf die Ausführungen in einem Außenprüfungsbericht ist rechtlich zulässig, wenn aus diesem Bericht die Wiederaufnahmegründe hervorgehen (vgl. ; , ).

Betrachtet man den Sachverhalt unter dem Blickwinkel obiger Ausführungen, so ergibt sich für das Bundesfinanzgericht, dass das Finanzamt im Rahmen der Außenprüfung die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 deswegen verfügte, weil es die Ansicht vertrat, die Beteiligung an der Beschwerdeführerin erfülle die Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 2a EStG und deswegen die erzielten Verluste aus dem gewerblichen Grundstückshandel nur mit positiven Einkünften aus eben dieser Betätigung zu verrechnen seien.

Mit Stellungnahme vom hielt die Amtspartei ihre Rechtsansicht nicht mehr aufrecht und stellte klar, dass beschwerdegegenständlich kein Anwendungsfall des § 2 Abs. 2a EStG 1988 vorliegt.

Somit ergibt sich aus materiellrechtlichen Gründen für den von der Amtspartei herangezogenen Wiederaufnahmegrund, dass die zweite Tatbestandsvoraussetzung - Herbeiführen im Spruch anders lautender Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 - für eine erfolgreiche Wiederaufnahme nicht vorliegt. Die angefochtenen Wideraufnahmebescheide waren sohin aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II.

Durch die Aufhebung der die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheide tritt das Verfahren gemäß § 307 Abs. 3 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat, der neue Sachbescheid scheidet ex lege aus dem Rechtsbestand aus und der alte Sachbescheid lebt wieder auf ().

Die am im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens neu erlassenen Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 gehören somit nicht mehr dem Rechtsbestand an. Die Beschwerde gegen diese Bescheide war vom Bundesfinanzgericht gemäß § 261 Abs. 2 BAO iVm § 278 BAO als gegenstandslos zu erklären.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt (vgl etwa ). In weiterer Folge ergibt sich die Gegenstandsloserklärung unmittelbar aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 2a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102164.2019

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