Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2024, RV/7100322/2020

Gegenleistung

Beachte

Revision eingebracht. Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/16/0044. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Vn.Nn.1 in der Beschwerdesache ***Bf1***, Str. 5, PLZ Ort, vertreten durch Fa. GmbH, Str.1 1, PLZ Ort2, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich - Dienststelle Sonderzuständigkeiten) vom betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Werkvertrag vom :

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2016 Alleingesellschafter der B1. GmbH.
Am vereinbarte Herr Vn.Nn mit der B1. GmbH die Errichtung eines Niedrigenergiehauses (Fundament, Bodenaufbau, Holzriegelbauweise) zum angegebenen Gesamtkaufpreis in Höhe von Euro 548.000,00 brutto.

Kaufvertrag vom :

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) erwarb mit Kaufvertrag vom Anteile an der Liegenschaft EZ ***2*** KG ***1*** (Haushälfte mit Garten) und der Liegenschaft EZ ***3*** KG ***1*** (land- und forstwirtschaftliche Flächen), welche im Zeitpunkt des Kaufes verpachtet gewesen sind. Verkäuferin war die Mutter des Auftraggebers, Frau F.N2. Der Sohn Vn.Nn trat dem Kaufvertrag bei und verzichtete auf das zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragene Balastungs- und Veräußerungsverbot (Kaufvertrag, Punkt 4.5). Unter Punkt 2. "Kaufvereinbarung" wurde der Kaufpreis iHv Euro 240.000,00 festgelegt.

Grunderwerbsteuerbescheid vom :

Das Finanzamt setzte mit Grunderwerbsteuerbescheid vom die Grunderwerbsteuer, ausgehend von der Bemessungsgrundlage in Höhe von Euro 240.000,00, gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 in Höhe von Euro 8.400,00 fest.

Selbstanzeige vom :

Die Verkäuferin und deren Sohn erstatteten mit Schriftsatz vom Selbstanzeige an das Finanzamt. Einleitend wurde ausgeführt, dass Sohn Vn.Nn mit Werkvertrag vom die Firma B1. GmbH, deren Gesellschafter der namentlich genannte Bf. sei, beauftragt habe, ein Niedrigenergiehaus zum Gesamtkaufpreis iHv Euro 548.300,00 brutto zu errichten. Ein Teil des Kaufpreises in Höhe von Euro 480.000,00 solle dadurch getilgt werden, dass der Liegenschaftsanteil der Mutter an der Liegenschaft EZ ***2*** KG ***1*** in Höhe von Euro 400.000,00 netto, sohin in Höhe von Euro 480.000,00 brutto, an die B1. GmbH verkauft wird.

Wörtlich wurde wie folgt festgehalten:
"Zwischen mir und meiner Mutter stellte dieser Vorgang die Schenkung eines Geldbetrages in dieser Höhe dar, zumal durch diese Übertragung zu meinen Gunsten das mit dem ob genannten Werkvertrag vereinbarte Werkentgelt reduziert wurde."

Der Beschwerdeführer habe in der Folge die Errichtung eines Vertrages in Auftrag gegeben, in welchem nunmehr dieser persönlich als Käufer aufgetreten ist. Als Kaufpreis der Liegenschaftsanteile sei lediglich der Betrag iHv Euro 240.000,00 anstatt der tatsächliche Gegenwert iHv Euro 480.000,00 angeführt worden.

Wörtlich wurde ausgeführt:
"Da noch weitere Liegenschaftswerte übergeben wurden (Äcker), die das Werkentgelt um weitere € 15.000,00 verringerten, wurden mit diesem Vertrag Gegenleistungen (Werkentgelt) in Höhe von € 495.000,00 bezahlt. Dieser Betrag stellt die für die Versteurung zugrunde liegende Gegenleistung dar."

Der Gesamtrückstand errechne sich daher wie folgt:

"bisher versteuert Gegenleistung: € 240.000,00
tatsächliche Gegenleistung:
€ 495.000,00
Differenz:
€ 255.000,00

Immobilienertragsteuer: 4,2% von € 255.000,00:€ 10.710,00
Grunderwerbsteuer: 3,5% von € 255.000,00
€ 8.925,00

gesamt sohin:€ 19.635,00."

Der verkürzte Betrag an Immobilienertragsteuer in Höhe von Euro 10.710,00 wurde an das Finanzamt ***5*** und der verkürzte Betrag an Grundsteuer in Höhe von Euro 8.925,00 wurde an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel überwiesen.

Niederschrift vom :

Der Beschwerdeführer wurde von der Finanzstrafbehörde zu diesem Sachverhalt wegen des Verdachtes der Grunderwerbsteuerverkürzung einvernommen.

In der Einvernahme gab er an, dass der Kaufpreis in Höhe von Euro 240.000,00 vereinbart worden ist. Er habe einen Fehler gemacht, indem er einen unrichtigen Werkvertrag aus- und unterfertigt habe. Der Werkvertrag sei lediglich zu dem Zweck errichtet worden, dass der Auftraggeber bei seiner Bank eine Grundlage für eine "Finanzierung" darstellen konnte. Dieser sei nämlich nicht in der Lage gewesen, dass "Schlüsselfertigpacket" zu finanzieren.

Der Werkvertrag, eine schriftliche Kostenzusammenstellung, sowie ein Schätzgutachten würden nachgereicht werden.

Niederschrift vom :

Die Verkäuferin und deren Sohn gaben gegenüber der Finanzstrafbehörde zum Verdacht der Verkürzung von Grunderwerbsteuer an:

"Da wir uns die Renovierung des Kaufobjektes nicht leisten konnten, beschlossen wir den Hälfteanteil der Liegenschaft zu veräußern. Bei ***4*** Immo. wurde das Grundstück um einen Kaufpreis von € 535.000,-- angeboten."

Man habe im Jahr 2016 über ein verbindliches Kaufanbot iHv € 450.000,00 verfügt. Diesbezüglich habe man auf eine Nachbesserung auf Euro ***3***.000,00 hingewirkt. Die Interessentin sei jedoch nach einem Gespräch mit dem weiteren Hälfteeigentümer dazu nicht bereit gewesen. Schließlich wollte diese den Kauf noch im Dezember 2016 durchführen. Dies sei jedoch für die Verkäuferin nicht in Frage gekommen, weil es unmöglich erschien, in einem halben Jahr ein Haus zu bauen.

Der Beschwerdeführer sei zuvor im Juli 2016 aufgrund des Inserates als Interessent an den Sohn der Verkäuferin herangetreten. Nach der Liegenschaftsbesichtigung habe man sich auf einen Kaufpreis iHv Euro 480.000,00 geeinigt.

Die Verkäuferin und deren Sohn gaben zum Kaufpreis an, dass der Vorschlag einen Kaufpreis in Höhe von € 240.000,-- in den Kaufvertrag aufzunehmen, vom Käufer gemacht worden sei, mit der Begründung, "da es sich um ein Tauschgeschäft handelt, wobei die Gegenleistung das neu errichtete Einfamilienhaus ist, ist der Betrag der im Kaufvertrag steht, nicht von Bedeutung.Es muss nur ein realistischer Betrag drinnen stehen." Die Verkäuferin habe dies akzeptiert.

Schließlich habe der Bf. wiederholt Bargeld gefordert, um das Haus fertigzustellen. Nachdem der Sohn von der Bank die Auskunft erhalten habe, dass das Darlehen nur nach Vorliegen von Rechnungen ausbezahlt werde und der Auftragnehmer keine Rechnungen beigebracht habe, habe der Bf. den Bau eingestellt.

Man habe schließlich, nach mehrmaliger erfolgloser Aufforderung durch einen Rechtsanwalt das Haus fertig zu stellen, den Werkvertrag gekündigt.

Grunderwerbsteuerbescheid vom :

Das Finanzamt nahm in der Folge mit dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid das Verfahren zur Festsetzung der Grunderwerbsteuer betreffend dem Kaufvertrag vom gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO wieder auf und setzte die Grunderwerbsteuer, ausgehend von der nunmehr bekannt gewordenen Gegenleistung in Höhe von Euro 495.000,00 mit Euro 17.325,00 fest.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Kenntniserlangung vom Vorliegen eines Werkvertrages zum Kaufvertrag für dieses Steuerverfahren eine neu hervorgekommene Tatsache oder Beweismittel darstellt, die dem Finanzamt bisher nicht bekannt gewesen ist. Die Kenntnisse der aus dem Werkvertrag gewonnenen Umstände allein oder i.V.m. dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens hätten nämlich bereits bei erstmaliger Veranlagung zu einen im Spruch anderslautenden Bescheid geführt.
Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessenabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen. Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden.

Ansuchen um Fristverlängerung:

Nachdem der Bf. mit Schriftsatz vom um Fristverlängerung zwecks Einbringung einer Beschwerde ersucht hat, erhob er mit Schriftsatz vom Beschwerde.

Beschwerde vom :

In der Beschwerde vom wendet der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des Inhaltes infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ein, da die belangte Behörde den den gegenständlichen Bescheiden zugrunde gelegten Sachverhalt mangelhaft ermittelt hat. Die Behörde habe das Parteiengehör verletzt, weil eine im Jänner dieses Jahres stattgefundene Befragung des Bf. von der Behörde in keinster Weise berücksichtigt und gewürdigt wurde. Der Bescheid sei mangelhaft begründet.

Die Beschwerde richte sich weiters gegen die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, da die benannte Behörde sich nur auf Behauptungen einer Selbstanzeige stützt, für die es keine Grundlage gibt, und da die Bemessungsgrundlage des Spruches nicht mit der Bemessungsgrundlage der Begründung übereinstimme.

Der Sachverhalt sei mangelhaft ermittelt worden:

"Die für die Berechnung der Grunderwerbsteuer maßgebliche Gegenleistung für den Ankauf der gegenständlichen Liegenschaftsanteile stützt sich auf einen nicht näher definierten Werkvertrag. Es gibt im angefochtenen Bescheid keine Hinweise darüber zwischen welchen Personen dieser Werkvertrag abgeschlossen sein soll, sowie welche Werkleistungen in diesem Vertrag beinhaltet sein sollen. Da unserem Klienten auch kein Werkvertrag mit Frau F.N2 über den im angefochtenen Bescheid angeführten Werklohn bekannt ist, scheint mangels Erklärung der angeführte Preis iHv 498.300;-- willkürlich angenommen zu sein."

Es ergebe sich aus den Ausführungen der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers, dass mit Frau F.N2 kein Werkvertrag über Euro 498.300,-- oder Euro 480.000,-- abgeschlossen wurde.

Hinsichtlich des der Bemessungsgrundlage habe die Behörde den Kaufpreis die Bemessungsgrundlage unrichtig dargestellt.

Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

"Es sei zu vermuten, dass die Bescheid erlassende Behörde im angefochtenen Bescheid von der von ***4*** und seiner Mutter eingebrachten Selbstanzeige und dem dort aufgestellten Behauptungen ausgeht.
Im Bescheid finden sich nämlich Ausführungen dieser Selbstanzeige wieder, ohne jedoch darauf hinzuweisen, was ebenfalls auch einen Begründungsmangel darstellt
."

Die Ausführungen in dieser Selbstanzeige entsprechen aber ebenfalls nicht den Tatsachen. Bezeichnend hierfür ist, dass der in der Selbstanzeige angeführte Werkvertrag vom nicht zur Vorlage gebracht oder auf eine andere Art und Weise nachgewiesen wird.

Dennoch übernehme das Finanzamt im angefochtenen Bescheid ungeprüft diese Darstellung der Selbstanzeige. Diese ungeprüft getroffene Feststellung, die vom Beschwerdeführer als nicht richtig erklärt wurde stelle einen ergänzungsbedürftigen Sachverhalt dar.

Die Selbstanzeige von ***4*** habe seine Ursache in einem seit Herbst 2017 bestehenden Rechtsstreit zwischen der B1. GmbH in der ***Bf1***, der 100 %iger Gesellschafter ist. Grundlage dieses Rechtsstreites sei eine Werklohnforderung, die Herr Vn.Nn nicht bedienen will oder nicht bedienen kann.

Beschwerdevorentscheidung vom :

Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde vom als unbegründet ab.

Begründend führte das Finanzamt aus, dass Frau F.N2 den ihr gehörigen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***2*** KG ***1*** mit der Adresse ***4***Str. 7 sowie land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (EZ ***3*** KG ***1***) um den Kaufpreis von Euro 240.000 an den Bf. verkauft habe.
Im Rahmen der Selbstanzeige hätten die Verkäuferin sowie Ihr Sohn offengelegt, dass der im Vertrag angeführte Kaufpreis nicht der tatsächlichen Gegenleistung entspricht und entsprechende Unterlagen vorgelegt.

Aus diesen Unterlagen sei zu entnehmen, dass der Grundstücksverkauf mit der Errichtung eines Hauses durch die B1. GmbH, deren 100%-Gesellschafter der Bf. war, auf dem Grundstück des Sohnes zusammenhänge.

Dem Finanzamt liege der Werkvertrag vom , der sowohl vom Sohn als auch von der B1. GmbH unterfertigt wurde, vor. Der darin angeführte Kaufpreis für das zu errichtende Haus - Formulierung: "in Zahlungnahme ½-Anteil Villa netto € 400.000" - ergebe zzgl. 20 % Umsatzsteuer den Betrag in Höhe von Euro 480.000. Der Kaufpreis für die weiteren land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke betrage Euro 15.000. Die gesamte Gegenleistung betrage daher Euro 495.000,00.

Diesbezüglich sei in der Begründung des Wiederaufnahmebescheides ein Schreibfehler unterlaufen. Zum Antrag auf neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Finanzamt wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bereits bei der ersten Einvernahme in der Strafsachenstelle im Finanzamt ausreichend Möglichkeit zur Stellungnahme und Vorlage von Unterlagen gegeben wurde.

Überdies lägen dem Finanzamt Unterlagen der ***4*** Immo. vor, in welchen die Haushälfte um den Kaufpreis von Euro 535.000 angeboten worden sei. Außerdem habe es im Mai 2016 ein verbindliches Kaufangebot um Euro 450.000,00 gegeben.

Es widerspräche den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass angesichts solcher Beträge der Kaufpreis für die Haushälfte, derart niedrig, wie er im Kaufvertrag angegeben wurde, gewesen sein soll.

Dass gegenüber dem Auftraggeber eine Werklohnforderung der B1. GmbH bestehe, werde in der Beschwerde sogar schriftlich festgehalten. Streitigkeiten über die Begleichung dieser Werklohnforderung mögen zwar zur Selbstanzeige geführt haben, die dem Finanzamt vorgelegten Unterlagen sind aber für die Beurteilung und die Ermittlung der Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage ausreichend gewesen, sodass von einer weiteren Einvernahme des Bf. Abstand genommen werden konnte.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt.

Fristverlängerungsansuchen:

Das Finanzamt wies das Fristverlängerungsansuchen vom , eingelangt am , zwecks Einbringung eines Vorlageantrages, mit Bescheid vom ***2***.08.2019, ab. Dieser Bescheid wurde nachweislich am zugestellt.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das BFG.
Mit Ergänzungsschriftsatz vom beantragte der Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO.

Das Finanzamt beantragte mit Vorlagebericht vom die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im vorliegendem Fall geht der Richter aufgrund der vorliegenden Verträge von folgendem Sachverhalt aus.
Die Mutter hat ihren Hälfteanteil an einem Grundstück (Haus- und Gartenanteil) an den Bf. laut Kaufvertrag vom verkauft. Der Kaufpreis wurde in Höhe von Euro 240.000,00 vereinbart. Der Sohn verzichtete im Kaufvertrag auf das zu seinen Gunsten grundbücherlich einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot.
Zuvor wurde die Liegenschaft um Euro 535.000,00 über gewerbliche Immobilienmakler angeboten. Es gab ein verbindliches Kaufanbot über Euro 450.000,00 (Mai 2016). Der Beschwerdeführer (Käufer) war zu 100 Prozent Gesellschafter der B1. GmbH.
Der Sohn beauftragte zuvor mit Werkvertrag vom die B1. GmbH mit der Errichtung eines Niedrigenergiehauses auf seinem Grundstück.
Ausgehend von einem ursprünglichen Pauschalfixpreis in Höhe von Euro 548.300,00 wurde ein Betrag in Höhe von Euro 400.000,00 als "in Zahlungnahme ½ -Anteil Villa" vom Kaufpreis abgezogen, sodass ein Betrag in Höhe von Euro 98.300,00 verblieben ist (Werkvertrag vom ).

Der Werkvertrag wurde von B1. GmbH unterfertigt, deren 100%Gesellschafter der Bf., gewesen ist. Der Inhalt des Werkvertrages ist dem Bf. somit bekannt.

Strittig ist die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer.

2. Beweiswürdigung

Der Entscheidung liegen der Werkvertrag vom , der Kaufvertrag vom , die Selbstanzeige der Verkäuferin und ihres Sohnes vom , die Protokolle über die niederschriftliche Einvernahme des Bf. vom und der Verkäuferin und ihres Sohnes vom , sowie ein rechtsverbindliches Angebot einer Kaufinteressentin über Euro 450.000,00 vom und ein Inserat bei einer gewerblichen Immobilienfirma, in welchem die Liegenschaftshälfte um Euro 535.000,00 angeboten wird (Jahr 2016), vor.

Daraus leitet sich denklogisch, schlüssig ab:

Die Verkäuferin und deren Sohn gaben in ihrer Einvernahme schriftlich übereinstimmend niederschriftlich vor der Finanzstrafbehörde am an, dass der Bf. im Juli 2016 aufgrund dieses Inserates an die Eigentümerin herangetreten sei und sein Kaufinteresse an der Haushälfte (Liegenschaftsanteil) bekundet habe.

Aus dem Werkvertrag und dem Kaufvertrag leitet sich schlüssig ab, dass für die Errichtung des Niedrigenergiehauses (Werkvertrag), der Haus- und Grundanteil an der Liegenschaft mit einem Betrag in Höhe von Euro 480.000,00 an Zahlung statt vereinbart und geleistet werde. Dieser Betrag wurde von den Werkvertragsparteien (Bf., Sohn) vereinbart.

Sowohl die Verkäuferin als auch deren Sohn gaben in der Selbstanzeige übereinstimmend an, dass ein Teil des schlussendlich reduzierten Kaufpreises in Höhe von Euro 498.300,00 dadurch getilgt werden solle, dass die Liegenschaftshälfte von der Mutter an die B1. GmbH verkauft werde.

Insoweit stimmen die Aussagen der Verkäuferin und ihres Sohnes auch mit der rechnerischen Darstellung der Bezahlung (Tilgung) des Kaufpreises im Werkvertrag für die Errichtung des Niedrigenergiehauses überein (Selbstanzeige, Werkvertrag vom ).

Soweit der Bf. wiederholt einwendet, dass die vereinbarten Euro 240.000,00 dem Kaufpreis entsprechen, ist zu bedenken, dass es unlogisch erscheint, eine Liegenschaft um nahezu der Hälfte des möglicherweise erzielbaren Kaufpreises zu verkaufen.

3. Rechtliche Beurteilung

Nach § 303 Abs. 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegt unter anderem ein Kaufvertrag der Grunderwerbsteuer, soweit er sich auf ein inländisches Grundstück bezieht. Unter Grundstücken iSd GrEStG 1987 sind dabei nach § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes Grundstücke iSd bürgerlichen Rechtes zu verstehen.

Gegenstand eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorganges kann insbesondere ein Grundstück (§ 2 Abs. 1 GrEStG 1987) oder ein Anteil an einem Grundstück (§ 2 Abs. 3 Satz 2 GrEStG 1987) sein. Gegenstand eines Kaufvertrages kann auch eine künftige Sache oder eine Sache sein, hinsichtlich welcher zur Erfüllung des Vertrages bestimmte Eigenschaften durch den Verkäufer erst geschaffen werden müssen ().

Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

§ 5 GrEStG 1987 lautet auszugsweise wie folgt:

"Abs. 1: Gegenleistung ist
1. bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen,
2. Bei einem Tausch
die Tauschleistung des ander3een Vertragsteiles eiunschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung,
3. Bei einer Leistung an Erfüllungs Statt, der Wert zu dem die Leistung an Erfüllungs Statt angenommen wird
."

"Abs. 2: Zur Gegenleistung gehören
1.Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt,
2.Belastungen …
Abs. 3 : Der Gegenleistung ist hinzuzurechnen
1.Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes anderen Personen als dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, dass sie auf den Erwerb des Grundstückes verzichten,
2.Leistungen, die ein ander als der Erwerber
des Grundstückes dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, dass der Veräußerer dem Erwerber das Grundstück überlässt."

Der Begriff der "Gegenleistung" ist ein notwendiges Definitionselement für jeden synallagmatischen (dh zweiseitig verbindlich entgeltlichen Vertrag). Im Grunderwerbsteuerrecht muss dieser aber modifiziert angewendet werden, zumal dem GrEStG 1987 nicht nur synallagmatische Verträge unterliegen. Da der Gegenleistungsbegriff in § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend definiert ist, gilt die Grundregel des § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987, wonach beim Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen die Gegenleistung bildet.

Überall dort, wo die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu berechnen ist, weil eine solche vorliegt und ermittelt werden kann, bildet jede nur denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, einen Teil der Bemessungsgrundlage ().

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Der grunderwerbsteuerliche Gegenleistungsbegriff umfasst alle Leistungen, die der Erwerber für das Grundstück erbringt. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Gegenleistung iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist somit die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, damit er das Grundstück erhält ().

Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuergesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) auszulegen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist.

Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu zahlen ist. Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG 1987 anzusehen. Entscheidend für die Qualifikation einer Leistung als Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist, dass die Verpflichtung zur Leistung auf den Erwerb des Grundstücks in dem Zustand, in dem es zum Erwerbsgegenstand gemacht wurde, bezogen ist. Maßgebend ist nicht, was die Vertragschließenden als Kaufpreis bezeichnen, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages der Käufer als Wert der Gegenleistung im maßgebenden Zeitpunkt des Erwerbsvorganges zu erbringen hat.

Zu den sonstigen Leistungen iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 zählen alle Leistungen, die der Käufer dem Verkäufer oder für diesen an Dritte leistet, um das Kaufgrundstück erwerben zu können und deren Erbringung in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes steht.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , 2001/16/0353 dazu wie folgt ausgeführt:

"Beim Kauf gehört neben dem Kaufpreis weiters der Wert der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen zur Gegenleistung. Gegenleistung ist alles, was der Erwerber über den Kaufpreis hinaus für das Grundstück aufwenden muss, um es zu erhalten. Übernommene Leistungen im Sinne dieser Bestimmung sind auch Leistungen an Dritte, die dem Verkäufer - sei es auf Grund des Gesetzes oder auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen (Fellner, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 64 und 66 zu § 5 GrEStG 1987)."

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Vorweg wird festgestellt, dass der im Verfahren vorgelegte Werkvertrag vom eine neu hervorgekommene Tatsache und Beweismittel für die Ermittlung des tatsächlichen Kaufpreises darstellt. Die Kenntnis der wahren Sachlage hätte zu einem im Spruch anders lautenden Grunderwerbsteuerbescheid vom geführt. Das Finanzamt hat die Ermessensübung begründet.

Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Schriftsatz vom ) wird festgestellt, dass gemäß § 274 Abs. 1 BAO über die Beschwerde die mündliche Verhandlung stattzufinden hat, wenn dies in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt wird. Im vorliegenden Sachverhalt wurde die mündliche Verhandlung mit ergänzendem Schriftsatz vom beantragt. Damit ist der Antrag als verspätet eingebracht nicht zu berücksichtigen.

Der Begriff der Gegenleistung, wie er in § 5 Abs. 1 umschrieben ist, wird durch die Bestimmungen des Abs 2 und Abs 3 erweitert. Nach Abs. 2 gehören zur Gegenleistung jene Leistungen, die der Erwerber dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt; nach Abs 3 sind der Gegenleistung Leistungen des Erwerbers an Dritte oder Leistungen dritter Personen an den Veräußerer hinzuzurechnen.

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der weit über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Der grunderwerbsteuerliche Gegenleistungsbegriff umfasst alle Leistungen, die der Erwerber für das Grundstück erbringt. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Die Gegenleistung umfasst insbesondere auch Leistungen Dritter, die für den Erwerb des Grundstückes erbracht werden. Zusätzlich erfasst der Begriff Gegenleistungen auch Leistungen an Dritte.

Dass eine Leistung an den Sohn der Verkäuferin erbracht wird, ändert im konkreten Sachverhalt nichts daran, dass das errichtete Niedrigenergiehaus zum überwiegenden Teil durch den Verkauf von Liegenschaftsanteilen der Mutter finanziert wurde. Es liegt somit eine Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinn vor.

Die Bezahlung des Niedrigenergiehauses sollte durch die "In -Zahlungnahme ½ Hälfte Anteil Villa netto € 400.000,--", welche im Eigentum der Mutter gestanden ist, erfolgen. Als Bemessungsgrundlage wurde der Betrag in Höhe von Euro 400.000,00 netto, sohin Euro 480.000,00 brutto vereinbart.

Damit verpflichtete sich die GmbH als dritte Person, zur Errichtung eines Niedrigenergiehauses gegen Überlassung des Liegenschaftsanteiles der Mutter. Damit steht fest, dass die Errichtung des Wohnhauses zum Teil durch die "In Zahlungnahme" der ½-Villa, welche mit einem Betrag iHv Euro 480.000,000 bewertet wurde, finanziert worden ist. Dieser Betrag stellt die Gegenleistung für den Verkauf der Liegenschaft dar.

Der Kaufvertrag und der Werkvertrag stehen in einem unmittelbaren tatsächlichen inneren wirtschaftlichen Zusammenhang. Dies war von den Vertragsparteien von Beginn an gewollt. Schließlich bekundete der Bf. bereits im Sommer 2016 gegenüber dem Sohn sein Interesse an der Haushälfte.

Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG 1987 anzusehen.

Es war von Anfang an für die Vertragsparteien klar, dass die Errichtung des Niedrigenergiehauses durch den Verkauf der Liegenschaftshälfte an Zahlungs Statt finanziert werden sollte (Selbstanzeige; In Zahlungnahme). Daraus leitet sich denklogisch ab, dass der Verkauf des Hauses als Teil des Entgeltes für die Errichtung des Niedrigenergiehauses vereinbart gewesen ist.

Soweit der Bf. meint, der Sachverhalt entspreche nicht dem tatsächlichen Geschehen, ist zu entgegnen, dass aus den Vertragsurkunden und den übereinstimmenden Aussagen der Verkäuferin und ihres Sohnes, der Sachverhalt schlüssig erwiesen werden kann.

Hinsichtlich der Höhe des Kaufpreises gilt zu berücksichtigen, dass es für den Anteil an der Liegenschaft ein rechtsverbindliches Angebot über Euro 450.000,00 gegeben hat. Es erscheint mit der Erfahrung des täglichen Lebens nicht in Einklang zu bringen, dass eine Liegenschaft nahezu um die Hälfte des tatsächlichen Wertes (Euro 225.000,00) verkauft wird, zumal die Verkäuferin über ein doppelt so hoch dotiertes verbindliches Angebot verfügt hat. Schließlich wurde das Kaufobjekt zum Kaufpreis in Höhe von Euro 535.000,00 bei einem Professionisten beworben.

Der Grundsteuerbemessungsgrundlage errechnet sich sohin aus dem tatsächlichen Kaufpreis für die Haushälfte in Höhe von Euro 480.000,00 zuzüglich des Anteiles in Höhe von Euro 15.000,00 für den Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, sohin insgesamt in Höhe von Euro 495.000,000.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Erkenntnis steht im Einklang mit der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision ist daher nicht zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100322.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at